TE Vwgh Erkenntnis 2001/11/21 2000/12/0054

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Veröffentlicht am 21.11.2001
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/08 Sonstiges allgemeines Dienstrecht und Besoldungsrecht;

Norm

BDG 1979 §23;
BDG 1979 §75 Abs3 idF 1990/447;
BDG 1979 §75 Abs3 Z1;
VerwaltungsakademieG §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Bayjones und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 19. Jänner 2000, Zl. 4623.220956/4-III/D/16/1999, betreffend Anrechnung eines Karenzurlaubes nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 (aF), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht als Mittelschulprofessorin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; ihre Dienststelle ist das Bundesrealgymnasium W. An dieser Schule unterrichtet die Beschwerdeführerin "Biologie/Umwelterziehung" sowie "Chemie".

Mit Schreiben vom 29. August 1996 ersuchte die Beschwerdeführerin um Gewährung einer "unbezahlten Karenz" vom 16. September 1996 bis 31. August 1997 mit der Begründung, dass sich für sie die Möglichkeit zur fachlichen und beruflichen Weiterbildung im Bereich des Umweltprojektmanagements, der Konzipierung und Erstellung von umweltbezogenem Unterrichtsmaterial sowie der Wissensvermittlung und Öffentlichkeitsarbeit im Pflichtschulbereich bei der NÖ Landesregierung ergeben habe.

Diesem Ansuchen gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 18. September 1996 statt; unter "Sonstige Bemerkungen" enthielt dieser Bescheid folgenden Satz:

"Die Zeit dieses Karenzurlaubes ist gemäß § 75 Abs. 2 leg. cit. für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, nicht zu berücksichtigen, soweit in den Besoldungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist."

Nach dem von der Beschwerdeführerin im Dienst des Amtes der NÖ Landesregierung absolvierten Karenzurlaub trat sie wieder ihren Dienst als Mittelschulprofessorin an und ersuchte um Anrechnung ihrer Karenzurlaubszeit nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 (in der bis 30. Juni 1997 geltenden Fassung = aF).

Das von der Behörde hiezu befasste (damals) zustimmungsberechtigte Bundesministerium für Finanzen vertrat die Rechtsauffassung, im Hinblick auf die mit der ersten BDG-Novelle 1997 eingetretene Änderung der Rechtslage sei eine Verfügung gemäß § 75 Abs. 3 BDG 1979 in der bis 30. Juni 1997 geltenden Fassung nachträglich unmöglich.

Nach neuerlichem Antrag der Beschwerdeführerin mit dem ausdrücklichen Ersuchen um bescheidmäßige Absprache und schließlich Erhebung einer Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof (Zl. 99/12/0263) erging der angefochtene Bescheid, mit dem wie folgt abgesprochen wurde:

"Ihr Antrag auf Anrechnung des mit Bescheid des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 18. September 1996, Zl. 229.578/7-III/15/96, gewährten Karenzurlaubes wird gemäß § 75 Abs. 3 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, in der bis zu 30. Juni 1996 geltenden Fassung (aF), abgewiesen."

Zur Begründung wird nach Darstellung des Verfahrensablaufes und der Rechtslage im Wesentlichen weiter ausgeführt, der seinerzeitigen Gewährung des Karenzurlaubes seien keine zwingenden dienstlichen Gründe entgegen gestanden. Da nach dem Ermittlungsverfahren weder "andere als private Interessen" für die Gewährung des Karenzurlaubes noch berücksichtigungswürdige Gründe im Sinne der zweiten Voraussetzung des § 75 Abs. 3 BDG 1979 vorgelegen seien, sei in den "Sonstigen Bemerkungen" bereits darauf hingewiesen worden, dass die Zeit des Karenzurlaubes gemäß § 75 Abs. 2 BDG 1979 für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhingen, nicht zu berücksichtigen seien, soweit in den Besoldungsvorschriften nichts anderes bestimmt sei. Eine bescheidmäßige Absprache im Bewilligungsbescheid sei jedoch nicht erfolgt, sodass dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Absprache nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 (aF) Berechtigung zukomme.

Die Beschwerdeführerin sei während des Karenzurlaubes als Vertragsbedienstete im wissenschaftlichen Dienst beim Amt der NÖ Landesregierung beschäftigt gewesen. Auf Grund des am 29. August 1997 ausgestellten Dienstzeugnisses sei die Beschwerdeführerin in der Abteilung Umweltrecht und Umweltkoordination/Koordinierungsstelle für Umweltschutz im wissenschaftlichen Dienst tätig gewesen. Sie sei für die Organisation von Schulprojekten im Rahmen des Umweltschutzes, die Erweiterung des Fortbildungsangebotes für Lehrer und Multiplikatoren, Erstellung von Seminarunterlagen, Kooperation bei Aktionen im Bereich der Abteilung, Sponsorenakquisition für umweltpädagogische Projekte, Kontaktstelle zu landesinternen und externen Institutionen zuständig gewesen. Vorrangige Zielsetzung sei es auf Grund des ausgestellten Dienstzeugnisses gewesen, ein Unterstützungssystem für Schulen im Bereich der "Ökologisierung" aufzubauen.

Nach Wiedergabe der Rechtslage führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter aus, bei der Prüfung der ersten Tatbestandsvoraussetzung des § 75 Abs. 3 BDG 1979 (aF) sei zunächst an Hand des Bescheides, mit dem der Karenzurlaub gewährt worden sei, zu prüfen gewesen, ob für dessen Genehmigung private Gründe im Vordergrund gestanden seien. Dem Antrag der Beschwerdeführerin sei zu entnehmen gewesen, dass sie ein Angebot der NÖ Landesregierung habe wahrnehmen wollen und sich im Bereich des Umweltprojektmanagements, der Konzipierung und Erstellung von umweltbezogenem Unterrichtsmaterial sowie der Wissensvermittlung und Öffentlichkeitsarbeit im Pflichtschulbereich der NÖ Landesregierung habe weiterbilden wollen. Hiezu sei zu bemerken, dass im Schuljahr 1996/97 im Bereich der Aus- und Weiterbildung an den Pädagogischen Instituten Lehrerfortbildungskurse angeboten worden seien, die diese Fort- und Weiterbildung ermöglicht hätten. Eine berufliche Weiter- bzw. Fortbildung wäre der Beschwerdeführerin daher im Bundesdienst zur Verfügung gestanden. Die von ihr auf Grund eines Angebotes der NÖ Landesregierung wahrgenommene Möglichkeit einer Tätigkeit im wissenschaftlichen Dienst habe zu dem im Vergleich zur Lehrpraxis an Schulen bzw. einer Fortbildung an einem Pädagogischen Institut bzw. der Verwaltungsakademie vorwiegend nur im administrativen Bereich Bedeutung gehabt. Wenngleich ein inhaltlicher Konnex zu den Unterrichtsfächern der Beschwerdeführerin abzuwägen sei, liege der Schwerpunkt der von der Beschwerdeführerin geleisteten Tätigkeit in der Administration, Koordination und der Projektorganisation.

Hinsichtlich der Ausführungen der Beschwerdeführerin im Schreiben vom 11. Juni 1997, wonach sie ihren Antrag auf volle Anrechnung damit begründet habe, dass es im Bundesbereich keine Dienstzuteilung eines Bundesbeamten zum Landesdienst gebe, sei zu bemerken, dass auch die Inanspruchnahme eines Karenzurlaubes zum Zwecke des Eingehens eines vertraglichen Dienstverhältnisses mit einem anderen Dienstgeber sowie eine verglichen mit ihrer Tätigkeit als Professorin sehr unterschiedliche Tätigkeit als Vertragsbedienstete im wissenschaftlichen Dienst einer anderen Gebietskörperschaft die Annahme berechtigt erscheinen lasse, dass sehr wohl private Interessen der Beschwerdeführerin für den angestrebten Karenzurlaub im Vordergrund gestanden seien. Hier helfe auch nicht die gedankliche Überlegung, dass eine Landesdienstzeit bei einer erstmaligen Aufnahme in ein Bundesdienstverhältnis bei der Festsetzung des Vorrückungsstichtages ex lege zur Gänze zu berücksichtigen sei. Die Rechtswohltat der Verfügung nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 (aF) stelle eine Begünstigung eines einzelnen Bediensteten gegenüber anderen dar; deren Voraussetzung sei lediglich auf Grund der gesetzlich genannten beiden Tatbestandsvoraussetzungen zu prüfen.

Was das Vorliegen von berücksichtigungswürdigen Gründen als zweiter Tatbestandsvoraussetzung betreffe, habe die Beschwerdeführerin ins Treffen geführt, dass sie die erworbenen zusätzlichen Fähigkeiten und Kenntnisse im Unterricht habe einsetzen können. Dem sei entgegen zu halten, dass auf Grund der vorwiegend wissenschaftlichen und administrativen Tätigkeit während des Karenzurlaubes die von der Beschwerdeführerin gesammelten Erfahrungen im Verwaltungsdienst des Landes keine Auswirkungen auf die Qualität ihrer Unterrichtstätigkeit als Professorin hätten haben können, sodass der von ihr genannte Erfahrungsgewinn nicht als berücksichtigungswürdiger Grund habe herangezogen werden können. Es treffe zu, dass im Bescheid der belangten Behörde vom "18. September 1997" (richtig wohl: 18. September 1996) lediglich in den "Sonstigen Bemerkungen" über die Anrechnung der Zeit dieses Karenzurlaubes abgesprochen worden sei und nur der Spruch eines Bescheides in Rechtskraft erwachse. Es dürfe aber darauf hingewiesen werden, dass bereits zum damaligen Zeitpunkt die Voraussetzungen des Abs. 3 des § 75 geprüft worden seien und auf Grund des Überwiegens von privaten Interessen bzw. des Nichtvorhandenseins von berücksichtigungswürdigen Gründen eine Anrechnung dieser Zeit auf Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängig seien, nicht für möglich erachtet worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Entscheidung nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 in der bis zum 30. Juni 1997 geltenden Fassung dahingehend, dass die Zeit ihres Karenzurlaubes vom 16. September 1996 bis 31. August 1997 für die Rechte, die von der Dauer ihres Dienstverhältnisses abhängen, zu berücksichtigen sei, durch unrichtige Anwendung der vorgenannten Normen sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, die Feststellungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides entbehrten der erforderlichen Vollständigkeit. Nach dem "Dienstzeugnis" wären als ihre Aufgaben im Rahmen der Verwendung beim Amt der NÖ Landesregierung festzustellen gewesen:

"Organisation von Schulprojekten im Rahmen des Umweltschutzes für Pflichtschulen und allgemeinbildende höhere Schulen

Erweiterung des Fortbildungsangebotes für Lehrer und Multiplikatoren an den pädagogischen Instituten in NÖ im Bereich Umweltbildung

Erstellen von Unterrichtsbehelfen und Ökopädagogik - Seminarunterlagen

Kooperation bei anderen schulrelevanten Aktionen im Bereich der Umweltbildung der Koordinierungsstelle für Umweltschutz

Akquisition von Sponsoren für umweltpädagogische Projekte Kontaktstelle auf dem Gebiet der Umweltbildung zu

landesinternen wie externen Institutionen."

Was andererseits die schulische Tätigkeit der Beschwerdeführerin seit Beendigung des Karenzurlaubes betreffe, hätte die Öffentlichkeitsarbeit zusätzlich berücksichtigt werden müssen. Zwar habe sie diesbezüglich im Verfahren kein Vorbringen erstattet, doch hätte dies bei vollständiger Durchführung des amtswegigen Ermittlungsverfahrens als Tatsache eruiert und berücksichtigt werden müssen. Außerdem mache sie geltend, dass bei Gewährung des Parteiengehörs von ihr dieser Aspekt vorgebracht worden wäre. Der Mangel der Gewährung des Parteiengehörs betreffe auch die behördliche Behauptung, die Beschwerdeführerin hätte die Kenntnisse und Fähigkeiten, die sie während ihres Karenzurlaubes erworben habe, auch ohne Karenzurlaub durch Besuch von Seminaren erwerben können. Diese Annahme sei ihr erstmals aus der Bescheidbegründung zur Kenntnis gelangt und sei eindeutig falsch. Sie kenne die betreffenden Lehrveranstaltungen und habe selbst einschlägige Seminare besucht. Daher wisse sie aus unmittelbarer Erfahrung, dass der dadurch erzielbare Fortbildungseffekt nicht auch nur ansatzweise dem gleichkomme, den sie während ihres Karenzurlaubes erreicht habe. Dies hätte sie unter Beweis gestellt, wenn ihr zu dieser Thematik Parteiengehör gewährt worden wäre. Entsprechendes gelte auch für die behördliche Behauptung der vorwiegend wissenschaftlichen und administrativen Ausrichtung ihrer Tätigkeit während des Karenzurlaubes. Hiebei handle es sich um eine geradezu "unglaubliche Falschbehauptung", die die Frage aufwerfe, welches Grundverständnis der Gesamtangelegenheit bei Verfassung des angefochtenen Bescheides bestanden habe. Auch hiezu sei ihr kein Parteiengehör gewährt worden; andernfalls hätte sie den richtigen Sachverhalt dargetan und bewiesen.

Zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt die Beschwerdeführerin auf das Wesentlichste zusammengefasst vor, dass die im Karenzurlaubsbewilligungsbescheid enthaltenen "Sonstigen Bemerkungen" keine rechtliche Wirkung hätten, habe die belangte Behörde zutreffend erkannt. Die Frage, ob ihre Karenzurlaubszeit für ihren Dienst von Vorteil gewesen sei, hätte erst im Nachhinein wirklich beurteilt werden können. Die belangte Behörde habe ihre Entscheidung nicht im Ermessensbereich getroffen, sondern habe das Vorliegen der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 75 Abs. 3 BDG 1979 (aF) verneint. Sie habe von privaten Gründen der Beschwerdeführerin für ihren Antrag auf Karenzurlaub gesprochen, obwohl das Gesetz nicht darauf, sondern auf die "Motivation des Dienstgebers" für die Gewährung des Karenzurlaubes abstelle. Es müsse angenommen werden, dass ihre Tätigkeit beim Amt der NÖ Landesregierung jedenfalls den öffentlichen Interessen gedient habe, die von dieser Stelle im Rahmen ihres Vollzugsbereiches wahr zu nehmen seien. Selbstverständlich sei im Rahmen der Einheit des Staates und der Rechtsordnung ein solches öffentliches Interesse auch zu berücksichtigen und nicht etwa von einem Interessensegoismus einer bestimmten staatlichen Einrichtung als rechtmäßigem Beurteilungsmaßstab auszugehen. Hiezu komme außerdem noch, dass von vornherein auch ein wesentlicher Vorteilseffekt für die spätere Tätigkeit der Beschwerdeführerin im Bundesdienst zu erwarten gewesen sei, was ebenfalls ein öffentliches Interesse darstelle. Es seien mit Ausschluss jedes Zweifels für die Gewährung des Karenzurlaubes Interessen und Überlegungen wesentlich gewesen, die über die privaten Interessen der Beschwerdeführerin weit hinausgegangen seien. Das Vorliegen "berücksichtigungswürdiger Gründe" sei aus der Verwaltungspraxis dann zu bejahen, wenn während des Karenzurlaubes Fähigkeiten und Kenntnisse erworben worden seien, die für die anschließende Dienstverrichtung wertvoll seien, wobei offensichtlich an § 12 Abs. 3 GG 1956 angeknüpft werde. Auch unter diesem Aspekt sei die Vollanrechnung eindeutig zu bejahen. Die Beschwerdeführerin habe während des Karenzurlaubes in Relation zu ihren Unterrichtsfächern unmittelbar facheinschlägig gearbeitet, allerdings in einer Vertiefung der Auseinandersetzung mit der Umweltproblematik, die weit über das diesbezügliche übliche Maß hinausgehe, wie es bei der Lehrerausbildung aber auch bei der Lehrerfortbildung vermittelt werde. Sie habe daher in einem wichtigen Wissenszweig einen wesentlichen Zugewinn an Kenntnissen erzielt, den sie unmittelbar nach Wiederantritt des Dienstes habe verwerten können. Es sei schon erwähnt worden, dass es völlig unverständlich sei, wie die belangte Behörde auch nur auf den Gedanken habe kommen können, dass wegen einer vorwiegend wissenschaftlich und administrativen Tätigkeit während des Karenzurlaubes die Verwertbarkeit der Kenntnisse für den Lehrerdienst nicht entsprechend gegeben gewesen sei. Auch die administrative Tätigkeit während des Karenzurlaubes habe aber für ihre anschließende Lehrtätigkeit große positive Bedeutung gehabt (wird näher ausgeführt).

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde zum Ergebnis gelangen müssen, dass im Beschwerdefall sogar besonders nachhaltige Gründe für die Vollanrechnung gegeben seien und zwar nach beiden gesetzlichen Kriterien, also sowohl was das Vorliegen anderer als privater Gründe wie auch was das Vorliegen berücksichtigungswürdiger Gründe betreffe.

Die Beschwerde ist im Ergebnis aus folgenden Überlegungen berechtigt.

Im Beschwerdefall ist nach § 241a BDG 1979 der § 75 leg. cit. in der Fassung vor der ersten BDG-Novelle 1997, BGBl. I Nr. 61, anzuwenden.

§ 75 BDG 1979 aF, BGBl. Nr. 333 (Abs. 3 idF der BDG-Novelle 1990, BGBl. Nr. 447) lautet - soweit dem für den Beschwerdefall Bedeutung zukommt - auszugsweise:

"(1) Dem Beamten kann auf sein Ansuchen ein Urlaub unter Entfall der Bezüge (Karenzurlaub) gewährt werden, sofern nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen.

(2) Die Zeit des Karenzurlaubes ist für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, nicht zu berücksichtigen, soweit in den Besoldungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

(3) Sind für die Gewährung eines Karenzurlaubes andere als private Interessen des Beamten maßgebend und liegen berücksichtigungswürdige Gründe vor, so kann die zuständige Zentralstelle mit Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen verfügen, dass die gemäß Abs. 2 mit der Gewährung des Karenzurlaubes verbundenen Folgen nicht oder nicht im vollen Umfang eintreten."

§ 75 Abs. 3 BDG 1979 aF sieht eine im Ermessen liegende Personalmaßnahme vor, bei der die Ermessensübung allerdings an zwei - in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilende - Voraussetzungen geknüpft ist, nämlich

1. dass für die Gewährung des Karenzurlaubes andere als private Interessen des Beamten maßgebend (überwiegend) sind und

2. berücksichtigungswürdige Gründe für die Nachsichtsgewährung vorliegen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 6. Juni 1990, Zl. 89/12/0182, oder vom 24. September 1997, Zl. 97/12/0178).

Fehlt auch nur eine dieser beiden Tatbestandsvoraussetzungen, ist die Nachsicht von den Rechtsfolgen nach § 75 Abs. 2 BDG 1979 nicht zu gewähren.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Prüfung der ersten Tatbestandsvoraussetzung des § 75 Abs. 3 BDG 1979 aF zunächst an Hand des Bescheides, mit dem der Karenzurlaub gewährt wurde, zu prüfen, ob für dessen Genehmigung private Gründe des Beamten im Vordergrund standen. Wenn der diesbezügliche Bescheid keine Feststellungen darüber enthält, welche Gründe hiefür maßgebend waren, ist auf den Antrag auf Gewährung des Karenzurlaubes sowie auf sonstige Unterlagen, die diesem Verfahren zu Grunde lagen, zurückzugreifen (vgl. dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1995, Zl. 94/12/0104).

Zu dem Begriff "andere als private Interessen" hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. März 1999, Zl. 97/12/0291, im Wesentlichen ausgeführt:

Die zustimmungsberechtigten Behörden und mit ihnen die belangte Behörde sei (damals) von einem zu engen Begriff des "öffentlichen Interesses" ausgegangen. Abgesehen davon, ob nicht unter "andere als private Interessen" auch andere als die der Behörde vorschwebenden öffentlichen Interessen zu verstehen seien, umfasse der Begriff "öffentliches Interesse" jedenfalls mehr als das rein arbeitsplatzbezogen gesehene und zur Wertung von den Behörden herangezogene dienstliche Interesse an der Besorgung des vom Beschwerdeführer jetzt innegehabten Arbeitsplatzes. Es sei vielmehr nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes von vornherein unzutreffend, ein öffentliches Interesse an einer über die vom Dienstgeber institutionalisierte Grundausbildung hinausgehenden weiteren Ausbildung mit dem Hinweis auf die bestehende Grundausbildung abzutun. Wäre dies zutreffend, so könnten wohl auch die im § 23 BDG 1979 gesetzlich verankerten sonstigen Ausbildungsmaßnahmen wie auch sonstige externe Ausbildungsmaßnahmen des Bundes nicht im öffentlichen Interesse gelegen sein. Im Übrigen zeige - selbst ausgehend von dem zu engen Verständnis der Behörden hinsichtlich des öffentlichen Interesses -

bereits eine Gegenüberstellung der Aufgaben des Beschwerdeführers und der dem Beschwerdeführer nach seinen Angaben in der Zeit seines Karenzurlaubes vermittelten Kenntnisse deren dienstliche Verwertbarkeit. Für ein rein persönliches Interesse des Beschwerdeführers an der Erwerbung dieser Kenntnisse (z.?. als Vorbereitung einer Berufstätigkeit außerhalb des Bundesdienstes oder im Rahmen einer Nebenbeschäftigung) habe das Verfahren keine Anzeichen geboten.

Ausgehend vom § 75 Abs. 1 BDG 1979, nach dem ein Karenzurlaub antragsbedürftig sei, zeige sich bereits daraus, dass in der Regel auch ein gewisses persönliches Interesse des Karenzurlaubswerbers gegeben sein werde. Dieses persönliche Interesse dürfe aber nicht die wesentliche Voraussetzung für die Entscheidung der Dienstbehörde, nämlich für die Gewährung des Karenzurlaubes, sein.

Zur ersten Tatbestandsvoraussetzung des § 75 Abs. 3 BDG 1979 (aF) hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass die Formulierung "andere als private Interessen" nicht in dem Sinne zu verstehen sei, dass auf Grund dessen das Vorliegen eines dienstlichen Interesses verlangt werde bzw. diese Tatbestandsvoraussetzung mit "öffentlichem Interesse" gleichgesetzt werden dürfe (hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1999, Zlen. 97/12/0289, 0290).

Im vorliegenden Beschwerdefall teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der belangten Behörde, dass mit dem Karenzurlaubsbewilligungsbescheid vom 18. September 1996 weder der Ausschluss einer allfälligen späteren Vollanrechnung verbindlich ausgesprochen worden ist noch, dass auf dieser Grundlage gesagt werden kann, dass für die Genehmigung dieses Karenzurlaubes überwiegend private Gründe maßgebend gewesen wären. Davon ausgehend hat die belangte Behörde zu Recht auf den Antrag der Beschwerdeführerin zurückgegriffen. Dem ist zu entnehmen, dass das Motiv der Beschwerdeführerin die Möglichkeit einer einschlägigen beruflichen Weiterbildung gewesen ist. An dieser beruflichen Weiterbildung besteht aber - objektiv betrachtet - zweifellos auch ein dienstliches Interesse, wie etwa im § 23 BDG 1979 zum Ausdruck kommt, der die Erweiterung und Vertiefung der für die dienstlichen Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten als Ziel nennt. Dieses dienstliche Interesse kommt auch im § 27 des Verwaltungsakademiegesetzes, BGBl. Nr. 122/1975, zum Ausdruck und kann im Beschwerdefall durch den Hinweis der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides, es habe für die Beschwerdeführerin auch die Möglichkeit zum Besuch von Lehrerfortbildungskursen gegeben, nicht in Abrede gestellt werden. Die von der Beschwerdeführerin initiierte und wahrgenommene Möglichkeit ihrer beruflichen Weiterbildung ohne unmittelbare Kosten für ihren Dienstgeber ist vielmehr ein deutliches Indiz dafür, dass - bei der gebotenen objektiven Betrachtung - für die Gewährung ihres Karenzurlaubes jedenfalls auch andere als private Gründe entscheidungswesentlich gewesen sind.

Dies hat die belangte Behörde vor dem Hintergrund eines zu engen Verständnisses der dienstlichen Interessen verkannt und ausgehend von dieser unrichtigen Rechtsauffassung eine konkrete Auseinandersetzung (allenfalls nach Durchführung weiterer Ermittlungen) hinsichtlich der Abwägung der Interessenslage, aber auch mit der Bedeutung der Verwendung der Beschwerdeführerin während des Karenzurlaubes für ihre nunmehrige berufliche Tätigkeit unterlassen.

Was die zweite Tatbestandsvoraussetzung des § 75 Abs. 3 BDG 1979 (aF) "berücksichtigungswürdige Gründe" betrifft, meint die belangte Behörde, dass die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die angeblich vorwiegend wissenschaftlich und administrative Tätigkeit im Verwaltungsdienst eines Landes während ihres Karenzurlaubes keinen als berücksichtigungswürdig in Frage kommenden Erfahrungsgewinn für ihre berufliche Tätigkeit im Bundesbereich gezogen habe.

Diese Behauptung entbehrt aber - wie die Beschwerdeführerin auch diesfalls zutreffend vorbringt - entsprechend sachverhaltsmäßiger und in einem ordnungsgemäßen Dienstrechtsverfahren zu treffender Feststellungen.

Der angefochtene Bescheid war daher aus dem vorher genannten Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Pauschalierungsverordnung BGBL. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. November 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000120054.X00

Im RIS seit

22.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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