TE Vwgh Erkenntnis 2002/2/28 2000/09/0123

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Veröffentlicht am 28.02.2002
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E2D Assoziierung Türkei;
E2D E02401013;
E2D E05204000;
E2D E11401020;

Norm

ARB1/80 Art7 Abs1;
ARB1/80 Art7;
EURallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde der Z KEG in W, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 58/14, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 25. Mai 2000, Zl. 10/13113/194.1022/2000, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei als Arbeitgeber (sie betreibt einen Obst- und Gemüsestand am M-Markt in W) stellte am 20. Dezember 1999 beim Arbeitsmarktservice Wien (regionale Geschäftsstelle) den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für S, einen türkischen Staatsangehörigen, für die berufliche Dauertätigkeit als Obst- und Gemüseverkäufer um einen Bruttomonatslohn von ATS 8.500,-- bei 20 Wochenstunden. Als spezielle Anforderungen wurden "Sprachkenntnisse (fremdsprachige Kunden), freundliches Auftreten, guter Kundenkontakt, Vertrauensstellung" genannt.

Mit Bescheid vom 3. Februar 2000 lehnte das Arbeitsmarktservice Wien diesen Antrag gemäß § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 4c Abs. 1 AuslBG ab. Begründend ging die Behörde erster Rechtsstufe auf Grund der Ergebnisse des von ihr gepflogenen Ermittlungsverfahrens davon aus, die beschwerdeführende Partei habe mehrfach vermittelte und geeignete Ersatzkräfte begründungslos abgelehnt, damit habe die Voraussetzung nach § 4 Abs. 1 AuslBG nicht bejaht werden können. Auch die Voraussetzungen nach § 4c AuslBG lägen nicht vor.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung mit der Behauptung, der beantragte Ausländer sei türkischer Staatsangehöriger, lebe seit dem 17. November 1990 im Bundesgebiet und verfüge über eine Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber; er sei "daher" Konventionsflüchtling und (unmittelbar) berechtigt, auf Grund der Bestimmungen des Assoziationsabkommens mit der Türkei in Österreich zu arbeiten.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4c Abs. 1, § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG keine Folge.

Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde nach Darlegung der maßgebenden Rechtslage im Wesentlichen aus, der beantragte Ausländer habe mit C am 6. November 1996 in W die Ehe geschlossen; diese sei anerkannter Flüchtling nach der Genfer Konvention, somit nicht mehr "türkische" Staatsangehörige. Sie lebe jedenfalls seit Dezember 1994 in Österreich, der beantragte Ausländer gar seit 1990. Er sei somit vor seiner späteren Ehegattin in Österreich gewesen, was ausschließe, dass er "die aufenthaltsrechtliche Genehmigung erhalten" habe, zu ihr als einem Familienangehörigen im Sinne des Art. 7 ARB zu ziehen. Er gehöre auch nicht einem bevorzugten Personenkreis des § 4b AuslBG an, zumal vermittelte, besser integrierte Ersatzkräfte unberechtigt abgelehnt worden seien. Infolge ständiger Überschreitung der Landeshöchstzahl für das Jahr 2000 habe ferner das erschwerte Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG Anwendung zu finden gehabt, doch habe es keinen Anhaltspunkt dafür gegeben, dass der beantragte Ausländer die Kriterien des § 4 Abs. 6 Z. 3 AuslBG erfüllt hätte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der (lediglich) Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht, den beantragten Ausländer als Arbeitnehmer "entsprechend dem unmittelbar wirksamen Art 7 des Beschlusses des Assoziationsrates 1/80 zu beschäftigen", verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Begründung der Beschwerde erschöpft sich in folgenden

Ausführungen:

"Art 7 des Beschlusses 1/80 des Assoziationsrates, der auf Grund des Assoziierungsabkommens zwischen der EG und der Türkei, Abkommen vom 12.9.1963, ABl. 217 vom 29.12.1964, beschlossen wurde, räumt Familienangehörigen von türkischen Arbeitnehmern das Recht ein, in Österreich zu arbeiten, wenn sie mehr (als) drei bzw. fünf Jahre in Österreich den ordnungsgemäßen Wohnsitz haben und die "Bezugsperson" ein(e) dem regulären Arbeitsmarkt angehörende türkischer Arbeitnehmer(in) ist.

Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall vor. Die Reihenfolge des Zuzuges nach Österreich ist irrelevant. Dies wurde von der belangten Behörde sogar in ihrem restriktiven Erlass, der vom Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis vom 16.6.1998 - V6- 8/98- aufgehoben wurde, ebenfalls als unerheblich betrachtet (zitiert aus EuGRZ 1999, Seite 69 oben).

Auch das Argument, ein Konventionsflüchtling könne nicht als türkischer Staatsangehöriger betrachtet werden, ist unzutreffend. Ein Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit von C ist nicht eingetreten.

Die belangte Behörde übersieht vor allem den leitenden Gedanken des Assoziierungsabkommens, dass nämlich gewährleistet werden soll, dass türkische Staatsbürger, die eine gewisse Zeit in den Arbeitsmarkt integriert sind, (und ihre Angehörigen) nicht gegenüber anderen EU-Bürgern diskriminiert werden dürfen."

Gemäß der mit 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen Bestimmung des § 4c Abs. 1 AuslBG (in der Fassung BGBl. I Nr. 78/1997) ist für türkische Staatsangehörige eine Beschäftigungsbewilligung vom Amts wegen zu erteilen oder zu verlängern, wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 erster und zweiter Unterabsatz oder nach Art. 7 erster Unterabsatz oder nach Art. 7 letzter Satz oder nach Art. 9 des Beschlusses des Assoziationsrates EWG-Türkei - ARB-Nr. 1/1980 erfüllen.

Der beantragte Ausländer ist nach der Aktenlage türkischer Staatsangehöriger, seine Ehegattin anerkannter Konventionsflüchtling.

Das Nichtvorliegen der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 und 6 AuslBG wird von der beschwerdeführenden Partei nicht in Abrede gestellt. Auch ist nicht zweifelhaft, dass die Voraussetzungen des Art. 6 ARB im Beschwerdefall nicht vorliegen.

Die beschwerdeführende Partei macht jedoch - ausgehend vom oben wiedergegebenen Beschwerdepunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG - das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 7 ARB geltend.

Art. 7 des Beschlusses des Assoziationsrates Nr. 1/80 lautet:

"Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen,

-

haben vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumen Vorrangs das Recht, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn sie dort seit mindestens drei Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben;

-

haben freien Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis, wenn sie dort seit mindestens fünf Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben.

Die Kinder türkischer Arbeitnehmer, die im Aufnahmeland eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, können sich unabhängig von der Dauer ihres Aufenthalts in dem betreffenden Mitgliedstaat dort auf jedes Stellenangebot bewerben, sofern ein Elternteil in dem betreffenden Mitgliedstaat seit mindestens drei Jahren ordnungsgemäß beschäftigt war."

Als "Bezugsperson" in diesem Sinne nennt auch die beschwerdeführende Partei die Ehegattin des beantragten Ausländers.

Die Voraussetzung des genehmigten Zuzugs setzt aber - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - einen im Zeitpunkt der Einreise bereits im Bundesgebiet "aufhältigen Verwandten" voraus. Auch hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt dargelegt (vgl. insoweit die hg. Erkenntnisse vom 26. Mai 1999, Zl. 97/09/0179, und vom 31. Jänner 2001, Zl. 98/09/0267), dass nach der Textierung des Art. 7 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 die "ursprüngliche" Bezugsperson nicht durch eine andere (einen anderen Familienangehörigen) "ersetzt" werden kann, weil im Sinne dieser Bestimmung doch weitere Voraussetzung ist, dass der betroffene Familienangehörige (hier: der beantragte Arbeitnehmer) die Genehmigung erhalten haben muss, zu dem dem regulären Arbeitsmarkt des Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmer zu ziehen, und nur zu diesem, nicht auch zu anderen in Österreich wohnhaften und beschäftigten Familienmitgliedern.

Geht man aber davon aus, dass nicht einmal nach einem Wechsel der Bezugsperson mehr Rechte auf Grundlage des Art. 7 ARB begründet werden dürfen, dann gilt dies umso mehr, wenn es die angegebene "Bezugsperson" bei der Einreise des beantragten Ausländers in das Bundesgebiet hier noch gar nicht gegeben hat. Die belangte Behörde hat daher zu Recht einen "Zuzug" des beantragten Ausländers iS des Art. 7 ARB verneint. Im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes erweist sich die Abweisung des darauf gestützten Antrages als mit der Rechtslage im Einklang stehend.

Die Beschwerde war aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 28. Februar 2002

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Auslegung Allgemein EURallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000090123.X00

Im RIS seit

23.05.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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