TE Vwgh Erkenntnis 2002/7/30 2002/05/0083

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Veröffentlicht am 30.07.2002
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Index

L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Kärnten;
L82002 Bauordnung Kärnten;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs1;
BauO Krnt 1996 §17 Abs1;
BauO Krnt 1996 §18 Abs1;
BauO Krnt 1996 §23 Abs3 lite;
BauO Krnt 1996 §23 Abs3;
BauO Krnt 1996 §34 Abs3;
BauO Krnt 1996 §36;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde des Kurt Bernert und der Irmgard Bernert in Klagenfurt, beide vertreten durch Dr. Herbert Felsberger und Dr. Sabine Gauper-Müller, Rechtsanwälte in Klagenfurt, Waaggasse 17, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 3. August 2001, Zl. 8 B-BRM-397/4/2001, betreffend eine Bausache (mitbeteiligte Parteien: 1. Marktgemeinde Maria Saal, vertreten durch den Bürgermeister,

2. Karin Köstenberger und 3. Robert Murolt, beide in Klagenfurt, beide vertreten durch Mag. Eva Lanker-Wiedenig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, St. Veiter Straße 3/II), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat den Beschwerdeführern zusammen Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 10. Mai 1994 war den Zweit- und Drittmitbeteiligten die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses mit Garage auf dem Grundstück Nr. 1830/15, KG Maria Saal, erteilt worden.

Mit Eingabe vom 6. April 1997 gaben die Zweit- und Drittmitbeteiligten der Baubehörde erster Instanz bekannt, dass sie auf ihrem Grundstück eine ca. 15 m lange Stützmauer von der östlichen Seite ausgehend entlang der nördlichen Seite errichten. Die Mauer habe eine Maximalhöhe von 1 m über dem Niveau der angrenzenden Parzelle. Ebenso werde ein Geräteschuppen in Leichtbauweise mit 16 m2 Grundfläche errichtet.

Mit Eingabe vom 23. Mai 1997, gerichtet an die mitbeteiligte Marktgemeinde erklärten die Beschwerdeführer, bei dem Garagenzubau auf dem Grundstück Nr. 1830/15 würden die gesetzlich geregelten Abstände zur Grundstücksgrenze der Beschwerdeführer unterschritten, da dies Interessen der Beschwerdeführer verletze, beantragen sie die Unterlassung dieses Bauvorhabens.

Einem Aktenvermerk vom 2. Juni 1997 zufolge, der vom Bürgermeister, von Ing. J. L. sowie von W. Z. unterfertigt ist, sei die Errichtung einer Stützmauer in der Länge von 15 m und einer Maximalhöhe von 1 m sowie ein Geräteschuppen in Leichtbauweise mit 16 m2 Grundfläche und einer Höhe von maximal 2,80 m, angebaut an die bestehende Garage, nur mitteilungspflichtig im Sinne des § 7 der Kärntner Bauordnung 1996. Dieser Aktenvermerk wurde den Beschwerdeführern in Ablichtung zur Kenntnis gebracht.

Mit Antrag vom 16. Juni 1997, eingelangt bei der Behörde am 20. Juni 1997 begehrten die Beschwerdeführer die Erlassung eines Baueinstellungsbescheides, dies mit dem Hinweis, dass es sich um ein baubewilligungspflichtiges Vorhaben handle, für das keine Baubewilligung erteilt worden sei.

Mit Stellungnahme vom 26. Juni 1997 führte der Sachverständige Ing. J. L. in einem Schreiben an die mitbeteiligte Marktgemeinde aus, beim Ortsaugenschein am 25. Juni 1997 habe in Anwesenheit der Eigentümer und des W. Z. als Bausachbearbeiter der mitbeteiligten Marktgemeinde eine Überprüfung stattgefunden. Es sei festgestellt worden, dass im östlichen Anschluss an die bestehende Garage mit der Errichtung des Geräteschuppens in Leichtbauweise dahingehend begonnen worden sei, dass auf Grund des Niveauunterschiedes zur östlichen Anrainerparzelle mit der Errichtung einer Sockelmauer, die nicht höher als 1 m sei, begonnen worden sei. Weiters sei im nördlichen Anschluss eine Zugangsstiege zum Geräteschuppen betoniert worden. Mit der Errichtung des Geräteschuppens auf dem Sockelmauerwerk sei noch nicht begonnen worden. Ebenso sei mit der Errichtung der 15 m langen Stützwand noch nicht begonnen worden. Festgehalten werde, dass das bisher errichtete Sockelmauerwerk als Bestandteil des zu errichtenden Geräteschuppens in Leichtbauweise anzusehen sei und aus technischen Gründen unbedingt erforderlich erscheine. Hinsichtlich eines von den Beschwerdeführern monierten Türdurchbruches in der östlichen Garagenwand wurde festgehalten, dass diese Türe nach Errichtung des Geräteschuppens nicht als Außentür gewertet werde und somit keine Änderung der Fassade darstelle, weshalb diese Maßnahme auch nicht als bewilligungspflichtig anzusehen sei.

Diese Stellungnahme wurde den Beschwerdeführern zur Kenntnis gebracht, die mit Eingabe vom 2. September 1997, eingelangt bei der Behörde am 4. September 1997, beantragten, einen Baueinstellungsbescheid zu erlassen und weiters den Zweitmitbeteiligten gemäß § 36 KBO die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes aufzutragen. Die Errichtung von Sockelmauerwerken ab einer Höhe von 0,5 m falle nicht mehr unter die Bestimmung des § 7 KBO und sei damit bewilligungspflichtig. Bewilligungspflichtig sei jedenfalls auch die im nördlichen Anschluss zum Geräteschuppen errichtete Zugangsstiege, die unmittelbar an die östliche Grundgrenze der Beschwerdeführer grenze. Die Errichtung dieser Stiege sei der Baubehörde nicht angezeigt worden. Die vorgenommenen Baumaßnahmen seien keinesfalls bewilligungsfrei.

Mit einer weiteren Eingabe vom 14. Oktober 1997 wiesen die Beschwerdeführer darauf hin, dass die Zweit- und Drittmitbeteiligten auch Dachaufbauten in Angriff genommen hätten, ihre Anträge auf Erlassung eines Baueinstellungsbescheides sowie den Antrag auf Erlassung eines Bescheides zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes wurden weiterhin aufrecht erhalten.

Neben einem Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides, der vom Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde zurückgewiesen wurde, brachten die Beschwerdeführer eine Aufsichtsbeschwerde ein. Hierauf hat die belangte Behörde der mitbeteiligten Marktgemeinde mitgeteilt, die im Akt enthaltenen Lichtbilder zeigten, dass das als Geräteraum bezeichnete Bauwerk an die Garage angebaut und mit dieser durch eine Tür verbunden sei. Zwischen dem Zubau und der Garage bestehe ein solcher bautechnischer und funktioneller Zusammenhang, insbesondere durch die Herstellung der Tür, dass beide als Einheit betrachtet werden müssten. Das habe aber zur Folge, dass auch die Garage in die Beurteilung miteinbezogen werden müsse, in Anbetracht der Garage und des Zubaues die Fläche von 16 m2 bei weitem überschritten werde und somit der Zubau gemäß § 6 lit. b KBO einer Baubewilligung bedürfe.

In der Folge haben die Zweit- und Drittmitbeteiligten mit Eingabe vom 10. März 1998 die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Lagerraumanbaues und Änderung der Attika der bestehenden Garage beantragt.

In der über dieses Baugesuch durchgeführten mündlichen Verhandlung sprachen sich die Beschwerdeführer gegen die Erteilung der Baubewilligung aus, die in den Plänen und der Baubeschreibung angegebenen Grenzabstände zum Grundstück der Beschwerdeführer würden von den Bewilligungswerbern nicht eingehalten. Überdies sei die Höhe des Zubaues zu überprüfen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 9. September 1998 wurde den Zweit- und Drittmitbeteiligten die beantragte Baubewilligung erteilt. In der Folge hat die Berufungsbehörde eine mündliche Verhandlung über die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Baubewilligungsbescheid für den 24. April 1999 anberaumt. In dieser Verhandlung hat der Amtssachverständige Ing. T. ausgeführt, der Errichtung des gegenständlichen Garagengebäudes inklusive des Lagerraumes könne nach Einhaltung folgender Auflagen zugestimmt werden: 1. Die Situierung habe laut Lageplan so zu erfolgen, dass der Grenzabstand an der Nordwestecke von 34 cm bzw. an der Nordostecke 54 cm betrage. Die Gesamthöhe an der Nordwestecke des Gebäudes habe maximal 2,80 m zu betragen und es sei das Gebäude zur Gänze auf Eigengrund zu errichten. 2. Der gegenständliche Einreichplan weise eine Gesamthöhe von 2,85 m auf und sei entsprechend abzuändern.

Die Berufung der Beschwerdeführer hat der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 6. Mai 1999 dahingehend erledigt, dass der erstinstanzliche Bescheid insofern abgeändert wurde, als drei Auflagen vorgeschrieben wurden: 1. Die Situierung habe so zu erfolgen, dass ein Grenzabstand an der Nordwestecke von 34 cm und an der Nordostecke von 54 cm erreicht werde. Die Abstände werden jeweils vom äußersten Gebäudeteil gemessen. 2. Die Gesamthöhe an der Nordwestecke des Gebäudes habe maximal 2,80 m zu betragen. 3. Eine Unterschreitung der Abstandsflächen nach den Kärntner Bauvorschriften dürfe jedenfalls nicht erfolgen.

Dieser Bescheid blieb unbekämpft.

Zwischenzeitig, nämlich am 28. Oktober 1998 ist beim Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde ein Devolutionsantrag der Beschwerdeführer betreffend die Anträge auf Baueinstellung und zur Erlassung eines Auftrages zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes eingegangen. Mit Bescheid vom 25. November 1998 (zugestellt am 30. November 1998) hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde den Zweit- und Drittmitbeteiligten den Auftrag erteilt, binnen zwei Monaten nach Rechtskraft das konsenslos errichtete Bauwerk (Lagerraumanbau und Änderung der Attika bei der bestehenden Garage) zu beseitigen. Dieser Bescheid erwuchs infolge der Berufung der Zweit- und Drittmitbeteiligten nicht in Rechtskraft.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 1. September 1999 wurde der Devolutionsantrag der Beschwerdeführer vom 27. Oktober 1998 als unbegründet abgewiesen. Wie eindeutig aus der Aktenlage ersichtlich, sei der Devolutionsantrag zu früh und nicht zu Recht gestellt worden. Mit Bescheid vom 25. November 1998 sei den Bauwerbern die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes aufgetragen worden. Durch das ordnungsgemäße Einbringen eines Bauantrages und durch den Abschluss des Verfahrens sei eine weitere Verfolgung in dieser Hinsicht hinfällig. Das Ermittlungsverfahren im gegenständlichen Bauverfahren sei mit der Erlassung des Berufungsbescheides vom 6. Mai 1999 rechtskräftig abgeschlossen worden.

Weiters findet sich im Akt ein Aktenvermerk vom 8. November 1999, unterfertigt vom Amtssachverständigen Ing. J. L. und dem Bausachbearbeiter der mitbeteiligten Marktgemeinde W. Z., mit folgendem Wortlaut:

"Der Gegenstand des Ortsaugenscheines ist die Überprüfung des Lagerraumanbaues und Änderung der Attika bei der bestehenden Garage auf der Parzelle 1830/15, KG Maria Saal, der Bauwerber, Frau Karin Köstenberger und Herr Robert Murolt, welches mit Berufungsbescheid Zl. 131/8211/98-004-3/1999/Gv als Berufungsbehörde genehmigt wurde und rechtskräftig ist. In diesem Bescheid sind drei Auflagenpunkte vorgeschrieben worden, diese wurden im Zuge des heutigen Ortsaugenscheines überprüft, wobei vom ASV festgestellt wird, dass sie bescheidmäßig ausgeführt wurden und insgesamt für das gegenständliche Gebäude kein weiterer Grund zur Beanstandung vorliegt."

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. November 1999 wurde der Vorstellung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 1. September 1999 Folge gegeben, die Angelegenheit wurde zur neuerlichen Entscheidung an die Marktgemeinde zurückverwiesen. Zusammengefasst wurde ausgeführt, auf Grund der Aktenlage stehe fest, dass der Antrag der Beschwerdeführer vom 14. Oktober 1997 am 17. Oktober 1997 bei der Gemeinde eingelangt sei. Die Behörde hätte daher spätestens am 17. April 1998 über den Antrag entscheiden und einen Bescheid erlassen müssen. Es sei daher nicht nachvollziehbar, weshalb der Devolutionsantrag, der am 28. Oktober 1998 bei der mitbeteiligten Marktgemeinde eingelangt sei, verfrüht gestellt sein sollte. Sollte der Gemeindevorstand der Auffassung sein, dass sich auf Grund des Bescheides betreffend die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes vom 25. November 1998 die Entscheidung über den Antrag vom 17. Oktober 1997 erübrigt hätte, befände sie sich damit im Irrtum. Dies deshalb, weil dieser auf § 36 Abs. 1 der Kärntner Bauordnung 1996 gestützte Bescheid erst nach Ablauf der Entscheidungsfrist erlassen worden sei und dieser Bescheid offensichtlich von Amts wegen ergangen sei. Verfehlt sei weiters die Auffassung des Gemeindevorstandes, dass durch die ordnungsgemäße Einbringung des Bauantrages eine "weitere Verfolgung in dieser Hinsicht" hinfällig geworden wäre. Hiebei werde übersehen, dass das Baubewilligungsverfahren und das baupolizeiliche Verfahren zwei voneinander völlig verschiedene Verfahren seien und der Auftrag auf Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes auch dann erteilt werden könne, wenn ein nachträgliches Bauansuchen gestellt werde.

Mit Bescheid vom 17. Mai 2000 hat der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde einen fast wörtlich gleich lautenden Bescheid wie jenen vom 1. September 1999 erlassen. Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 20. Juni 2000 unter Hinweis auf die Bindungswirkung aufsichtsbehördlicher Bescheide den Bescheid des Gemeindevorstandes neuerlich aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Marktgemeinde zurückverwiesen.

Mit Bescheid vom 14. August 2000 hat der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde unter Punkt 1. dem Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde (Gemeindevorstand) Folge gegeben. Unter Punkt 2. wurde ausgesprochen, den Anträgen der rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer vom 2. September 1997 und 14. Oktober 1997 sei in der Sache mit rechtskräftigem Bescheid des Gemeindevorstandes vom 6. Mai 1999 Rechnung getragen worden, auf Grund entschiedener Sache sei eine weitere Entscheidung unzulässig.

Zur Begründung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens auch der Aktenvermerk vom 8. November 1999 in vollem Wortlaut wiedergegeben. Die Einbringung des Devolutionsantrages sei zulässig gewesen, über den Antrag sei aber bereits entschieden worden, damit sei allen Anträgen entsprochen und wegen entschiedener Sache sei eine weitere Entscheidung rechtlich unzulässig.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung führten die Beschwerdeführer aus, es sei unrichtig, dass ein Zustand erreicht sei, der den in der Baubewilligung erteilten Auflagen entspreche. Die Bescheidbegründung erscheine mehr als bedenklich, der besagte Amtssachverständige habe anlässlich eines Ortsaugenscheines vom 13. Oktober 1997 in seinem Gutachten ausgeführt, dass für die Errichtung des gegenständlichen Geräteschuppens und der Zugangsstiege und Stützmauer keine Baubewilligung erforderlich sei. Derselbe Amtssachverständige habe auch festgehalten, dass der Geräteschuppen eine maximale Höhe von 2,7 m aufweisen würde und eine Breite von ca. 1 bis 3,30 m, sowie eine maximale Länge von ca. 5,5 m und eine verbaute Fläche von nicht mehr als 12 m2 habe. Im Zuge des nunmehr drei Jahre währenden Verfahrens sei festgestellt worden, dass diese Ausführung des Amtssachverständigen zumindest bewusst unvollständig gewesen seien. Anlässlich der Augenscheinsverhandlung vom 2. April 1999 bei welcher Ing. A. T. als Amtssachverständiger anwesend gewesen sei, sei festgestellt worden, dass das rechtskräftig bewilligte Bauvorhaben in natura eine andere Situierung aufweise, als der Amtssachverständige Ing. J. L. dies am 8. November 1999 festgestellt habe. Diese (schriftlich nicht festgehaltene) Tatsache sei Grund für einen Einigungsversuch gewesen (den Beschwerdeführern sei eine Zahlung von S 30.000,-- für Anwaltskosten angeboten worden). Vor diesem Hintergrund erscheine es bedenklich, dass den Beschwerdeführern keine Gelegenheit gegeben worden sei, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und hiezu Stellung zu nehmen.

Auf Grund der Vorstellung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde nunmehr im dritten Rechtsgang mit Bescheid vom 13. Februar 2001 den Bescheid des Gemeindevorstandes vom 14. August 2000 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Marktgemeinde zurückverwiesen. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, der Gemeindevorstand habe dem Begriff "entschiedene Sache" offensichtlich missverstanden, wenn er meine, dass über einen bereits entschiedenen Antrag eine weitere Entscheidung unzulässig sei. Sei über einen Antrag sachlich entschieden worden, dann dürfte über ein und denselben Antrag bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage keine Entscheidung in der Sache mehr erfolgen. Keineswegs bedeute dies, dass über einen solchen Antrag überhaupt nicht mehr zu entscheiden wäre, sondern es sei über einen solchen Antrag in der Weise zu entscheiden, dass dieser wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sei.

Im vierten Rechtsgang hat der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 5. Juni 2001 die mit Schriftsätzen der Beschwerdeführer vom 16. Juni 1997, 2. September 1997 und 14. Oktober 1997 eingebrachten Anträge wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens wurde zusammengefasst ausgeführt, der in der Verhandlung vom 24. April 1999 beigezogene Amtssachverständige habe in seiner Stellungnahme ausgeführt, dass aus seiner fachlichen Sicht bei Einhaltung der von ihm zu Protokoll gegebenen Auflagen und sonstiger plan- und baubeschreibungsgemäßer Ausführung dem Vorhaben zugestimmt werde. Er habe damit die tatsächliche Bauausführung fachlich bestätigt. Auf Grund des abschließenden Bescheides der Berufungsbehörde vom 6. Mai 1999 (Baubewilligung) seien die Anträge der Beschwerdeführer vom 16. Juni 1997, 2. September 1997 und 14. Oktober 1997 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 3. August 2001 als unbegründet abgewiesen.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 26. November 2001, Zl. B 1298/01-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführer hätten nicht bestritten, dass die mit Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes erteilte Baubewilligung vom 6. Mai 1999 rechtskonform sei, sie hätten aber immer darauf hingewiesen, dass die Auflagen dieses Bescheides nicht eingehalten worden seien und das tatsächlich errichtete Bauwerk weder die erforderlichen Abstände zu den Grundstücksgrenzen der Beschwerdeführer einhalte, noch die im Berufungsbescheid festgesetzte Gebäudehöhe.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und ebenso wie die Zweit- und Drittmitbeteiligten die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Beschwerdegegenständlich sind allein die Anträge der Beschwerdeführer vom 16. Juni 1997, 2. September 1997 und 14. Oktober 1997, mit welchen die Erlassung baupolizeilicher Aufträge an die Zweit- und Drittmitbeteiligten 1. zur Einstellung der Arbeiten und 2. zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes begehrt wurden.

§ 34 Abs. 3 der Kärntner Bauordnung 1996 hat folgenden Wortlaut:

"(3) Wird durch eine bescheidwidrige oder nicht bewilligte Ausführung eines bewilligungspflichtigen Vorhabens ein subjektivöffentliches Recht eines Anrainers im Sinn des § 23 Abs. 3 lit. a bis g, des § 23 Abs. 4 oder des § 24 lit. h verletzt, so hat dieser innerhalb eines Monats ab dem Zeitpunkt, in dem er bei gehöriger Sorgfalt Kenntnis von der Ausführung haben musste, das Recht der Antragstellung auf behördliche Maßnahmen nach den §§ 35 und 36 und anschließend Parteistellung in diesen behördlichen Verfahren."

Gemäß § 23 Abs. 3 lit. e KBO 1996 sind subjektiv-öffentliche Nachbarrechte die Abstände von den Grundgrenzen und von Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen auf Nachbargrundstücken, nach lit. f dieser Bestimmung die Bebauungshöhe.

Die Beschwerdeführer haben rechtzeitig einen Antrag auf Baueinstellung und Erlassung eines Bescheides betreffend die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes eingebracht. Da sie die Verletzung ihnen in § 23 Abs. 3 KBO 1996 eingeräumter subjektivöffentlicher Rechte geltend gemacht haben, stand ihnen ein Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung zu. § 34 Abs. 3 KBO 1996 legt auch ausdrücklich fest, dass auch dann, wenn zwar ein Baubewilligungsbescheid erteilt wurde, aber die Ausführung des Bauvorhabens nicht im Sinne der Baubewilligung erfolgte, den Nachbarn das Recht der Antragstellung auf behördliche Maßnahmen nach den §§ 35 und 36 zukommt.

Da die Arbeiten zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Gemeindevorstandes vom 5. Juni 2001 bereits abgeschlossen waren kam eine Baueinstellung nicht mehr in Betracht.

Anders verhält es sich mit dem Antrag der Beschwerdeführer, Maßnahmen nach § 36 KBO 1996 (Herstellung des rechtmäßigen Zustandes) zu ergreifen.

Festzuhalten ist, dass über den Antrag der Beschwerdeführer inhaltlich nie abgesprochen wurde, die Zurückweisung ihres Antrages gemäß § 68 Abs. 1 AVG war schon deshalb rechtswidrig, weil zwar über den Antrag der Zweit- und Drittmitbeteiligten um Erteilung der Baubewilligung rechtskräftig abgesprochen wurde, aber nicht über den Antrag der Beschwerdeführer, den rechtmäßigen Zustand wieder herzustellen. Es handelte sich bei diesen Anträgen nicht um dieselbe Sache, weil der Antrag der Zweit- und Drittmitbeteiligten auf Erteilung der Baubewilligung für ein Projekt gerichtet war (auch wenn es sich um eine nachträgliche Baubewilligung handelte) und dieses Projekt mit Berufungsbescheid genehmigt wurde. Etwas gänzlich anderes ist aber der Antrag der Beschwerdeführer, einen Auftrag nach § 36 KBO 1996 zu erlassen, weil, wie sie wiederholt ausgeführt haben, das tatsächliche Bauvorhaben nicht so ausgeführt worden sei, wie im Berufungsbescheid vom 6. Mai 1999 bestimmt. Insbesondere haben die Beschwerdeführer wiederholt ausgeführt, dass die Auflagen hinsichtlich der Abstände und der Gebäudehöhe nicht eingehalten wurden. Stünde daher fest, dass das Bauvorhaben so ausgeführt wurde, wie es dem Berufungsbescheid vom 6. Mai 1999 entspricht, d. h. einschließlich der darin enthaltenen Auflagen, so wäre der Antrag der Beschwerdeführer auf Durchführung einer behördlichen Maßnahme nach § 36 KBO 1996 abzuweisen, aber nicht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen gewesen, da, wie bereits ausgeführt, über den Antrag der Beschwerdeführer noch nicht entschieden wurde. Diese Rechtsansicht steht auch mit der im Bescheid der belangten Behörde vom 13. Februar 2001 geäußerten Rechtsansicht nicht im Widerspruch, da nur abstrakt ausgeführt wurde, dass über ein und denselben Antrag bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage keine Entscheidung in der Sache mehr erfolgen dürfe sondern über einen solchen Antrag in der Weise zu entscheiden sei, dass dieser wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist. Diese Aussage, deren Bindungswirkung auch der Verwaltungsgerichtshof zu beachten hat, ist auch rechtskonform, es wird darin zutreffend ausgeführt, dass über ein und denselben Antrag bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage keine Entscheidung in der Sache mehr erfolgen darf. Wie bereits oben ausgeführt, handelt es sich aber im Beschwerdefall beim Antrag der Zweit- und Drittmitbeteiligten um Erteilung der Baubewilligung und dem Antrag der Beschwerdeführer auf Erlassung eines Auftrages gemäß § 36 KBO 1996 nicht um ein und denselben Antrag.

Der Bescheid der belangten Behörde erweist sich damit schon deshalb als rechtswidrig, weil die belangte Behörde nicht erkannt hat, dass der Gemeindevorstand den Antrag der Beschwerdeführer nicht gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückweisen durfte.

Ausschließlich aus Gründen der Verfahrensökonomie weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass die Sachlage, nämlich ob das Bauvorhaben der Zweit- und Drittmitbeteiligten entsprechend dem Baubewilligungsbescheid vom 6. Mai 1999 einschließlich der darin enthaltenen Auflagen ausgeführt wurde, nicht restlos geklärt ist: Diesbezügliche Aussagen finden sich im Aktenvermerk vom 8. November 1999, in welchem ausgeführt wurde, die Auflagenpunkte des Bescheides vom 6. Mai 1999 seien überprüft worden, "wobei vom ASV festgestellt wird, dass sie bescheidmäßig ausgeführt wurden und insgesamt für das gegenständliche Gebäude kein weiterer Grund zur Beanstandung vorliegt". Eine derartige Beurteilung ist mangels konkreter Angaben über die vorgenommenen Messungen nicht nachvollziehbar; überdies haben die Beschwerdeführer bereits in ihrer Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes vom 14. August 2000 Einwände gegen die Person des Amtssachverständigen Ing. J. L. vorgetragen, auf die jedenfalls einzugehen wäre.

Entgegen den Ausführungen im Bescheid des Gemeindevorstandes vom 5. Juni 2001 hat der Amtssachverständige T. während der Verhandlung vom 24. April 1999 nicht bestätigt, dass das Bauvorhaben entsprechend dem erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid ausgeführt wurde, er hat vielmehr die Vorschreibung zweier Auflagen beantragt, insbesondere dass die Situierung laut Lageplan so zu erfolgen habe, dass der Grenzabstand an der Nordwestecke 34 cm bzw. an der Nordostecke 54 cm und die Gebäudehöhe an der Nordwestecke des Gebäudes maximal 2,80 m zu betragen habe. Wie aus § 18 Abs. 1 KBO 1996 hervorgeht, sind dann, wenn das Vorhaben den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 (dort ist u.a. die Lage des Bauvorhabens angeführt) nicht entspricht, diese durch Auflagen herzustellen. Der Umstand, dass der Amtssachverständige T. die Vorschreibung der o.a. Auflagen für notwendig erachtete, lässt nicht den Schluss zu, dass das Vorhaben, für das die nachträgliche Baubewilligung beantragt worden war, so ausgeführt wurde, wie im Plan dargestellt.

Aus den oben angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil im pauschalierten Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer enthalten ist und im Anwendungsbereich des VwGG keine Grundlage für die Zuerkennung eines Streitgenossenzuschlages existiert.

Wien, am 30. Juli 2002

Schlagworte

Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002050083.X00

Im RIS seit

18.10.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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