Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des K in L, Tschechische Republik, vertreten durch Dr. Brigitte Weirather, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 34/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 23. Oktober 2001, Zl. VwSen-110277/9/Le/La, betreffend 1. Vorschreibung einer Sicherheitsleistung, und 2. Antrag auf Rückerstattung einer erlegten Sicherheitsleistung,
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Hinsichtlich des Abspruches über die Vorschreibung einer Sicherheitsleistung (Spruchpunkt 1.) wird die Beschwerde zurückgewiesen.
2. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Abspruches über den Antrag auf Rückerstattung einer erlegten Sicherheitsleistung (Spruchpunkt 2.) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben;
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1 Im Zuge einer Amtshandlung der Zollwachabteilung Freistadt am 24. April 2001 um 14.50 Uhr wurde vom Beschwerdeführer von einem Beamten dieser Abteilung eine vorläufige Sicherheit gemäß § 37a Abs. 2 Z. 2 VStG in der Höhe von S 20.000,-- eingehoben. Dies deshalb, weil der Beschwerdeführer in Verdacht stand, als Lenker eines Lastkraftwagens (mit deutschem Kennzeichen) eine Transitfahrt durchgeführt zu haben, ohne die hiefür erforderlichen Ökopunkte entrichtet zu haben. Dabei wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer deutscher Staatsangehöriger sei, in Deutschland jedoch keinen Wohnsitz besitze, sondern in der Tschechischen Republik wohne. In der Folge wurde von der Erstbehörde ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 eingeleitet.
1.2. Mit Bescheid der Erstbehörde vom 5. Juni 2001 wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, eine Sicherheitsleistung in der Höhe von S 20.000,-- (entspricht EUR 1.453,46) bei der Erstbehörde zu hinterlegen. In der Begründung dieses Bescheides wurde auf die Anzeige der Zollwachabteilung Freistadt sowie auf den Umstand hingewiesen, dass von Organen dieser Zollwachabteilung am 24. April 2001 eine Sicherheitsleistung von S 20.000,-- eingehoben worden sei. Bei dem Beschwerdeführer handle es sich um einen deutschen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in der Tschechischen Republik. Da es mit dieser kein Übereinkommen betreffend die Vollstreckbarkeit von Verwaltungsstrafen gebe, erscheine der Vollzug der Strafe unmöglich.
Gegen diesen Erstbescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung und beantragte, den genannten "Bescheid ersatzlos aufzuheben und die erlegte Sicherheitsleistung an den Beschuldigten zurückzuerstatten".
1.3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurden 1.) gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24 und 37 VStG der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Erstbescheid Folge gegeben und der Erstbescheid aufgehoben, und 2.) der Antrag auf Rückerstattung der erlegten Sicherheitsleistung gemäß § 58 AVG iVm §§ 37 und 37a VStG zurückgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass bei der Amtshandlung am 24. April 2001 in Anwendung des § 37a Abs. 2 Z. 2 VStG bereits eine vorläufige Sicherheit in der Höhe von S 20.000,-- von einem Beamten der Zollwachabteilung festgesetzt und tatsächlich eingehoben worden sei. Es sei kein Hinweis dafür ersichtlich, dass dieser vorläufig eingehobene Betrag dem Beschwerdeführer wieder ausgefolgt worden sei. Weiters habe die Erstbehörde bislang keinen der im § 37a Abs. 5 VStG genannten Verfahrensschritte zum Freiwerden der genannten vorläufigen Sicherheit gesetzt. Ein Bescheid, mit dem eine Sicherheit im Sinn des § 37 Abs. 1 VStG vorgeschrieben werde, gleichsam als "Besicherung" der bereits eingehobenen vorläufigen Sicherheit", sei im Regelungszusammenhang der §§ 37, 37a VStG nicht vorgesehen. Dies habe zur Folge, dass der dennoch erlassene Erstbescheid somit den Erlag einer weiteren Sicherheitsleistung in der Höhe von S 20.000,-- vorgeschrieben habe. Dies sei aber in den Bestimmungen des VStG über die Sicherheitsleistung nicht vorgesehen und stehe auch in einem Widerspruch zu § 24 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, weil nicht für ein und dieselbe Übertretung zweimal eine Sicherheit "in der vollen Höhe" vorgeschrieben werden dürfe. Der Erstbescheid sei daher als rechtswidrig aufzuheben gewesen.
Der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung vom 12. Juni 2001 beantragt, den Erstbescheid ersatzlos aufzuheben und die erlegte Sicherheitsleistung an ihn zurückzuerstatten. Er habe damit zwei Dinge vermischt, nämlich die Berufung gegen den Auftrag zum Erlag einer Sicherheitsleistung einerseits, und die tatsächliche Leistung einer vorläufigen Sicherheit andererseits. Zum Auftrag der Erstbehörde mit Bescheid vom 5. Juni 2001, gestützt auf § 37 VStG, habe der Beschwerdeführer tatsächlich keine Sicherheit erlegt, weshalb eine solche auch nicht zurückerstattet werden könne. Hinsichtlich der gemäß § 37a Abs. 2 Z. 2 VStG vorläufigen Sicherheit seien die Gründe, aus welchen diese Sicherheit wieder frei werde, im § 37a Abs. 5 VStG taxativ aufgezählt. Eine Rückerstattung auf Antrag sei darin nicht vorgesehen, ein solcher wäre überdies nicht an die belangte Behörde, sondern die Erstbehörde zu richten.
1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
1.5. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Unter Spruchpunkt 1.) des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde den bei ihr bekämpften, den Beschwerdeführer belastenden Erstbescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben. Nach der hg. Rechtsprechung konnte der Beschwerdeführer durch diesen Abspruch in keinem subjektiven Recht verletzt werden (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 20. Dezember 1993, Zl. 93/02/0188). Bezüglich des Spruchpunktes 1.) war die vorliegende Beschwerde daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zur Erhebung zurückzuweisen. Ungeachtet dessen ist der Vollständigkeit halber anzumerken, dass nach der hg. Rechtsprechung der Auftrag zum Erlag einer Sicherheitsleistung nach § 37 VStG "durch Bescheid" der Behörde auszusprechen ist, während die Festsetzung und Einhebung einer vorläufigen Sicherheit nach § 37a VStG durch Verfügung des amtshandelnden Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes eine Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellt (vgl. das Erkenntnis vom 30. Jänner 1985, Slg. 11.660 A/1985), die gemäß § 67a Z. 2 AVG bei den unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern bekämpft werden kann. Im vorliegenden Fall hatte die belangte Behörde unter Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides über eine nach § 37 Abs. 1 durch Bescheid der Erstbehörde vorgeschriebene Sicherheitsleistung, nicht aber im Bezug auf eine nach § 37a VStG von einem besonders geschulten Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes eingehobene vorläufige Sicherheit zu entscheiden.
2.2. Bezüglich des Spruchpunktes 2.) des bekämpften Bescheides ist der Beschwerde aber Erfolg beschieden. Nach § 6 Abs. 1 AVG hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu verweisen. Dies gilt insbesondere auch für die Berufungsbehörde (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. Mai 1996, Slg. Nr. 14475 A/1996). Dadurch, dass die belangte Behörde den in der Berufung gestellten Antrag des Beschwerdeführers auf Zurückerstattung der von ihm nach § 37 a VStG erlegten Sicherheitsleistung zurückwies, anstatt ihn an die (wie in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend ausgeführt) dafür zuständige Erstbehörde weiterzuleiten, belastete sie daher den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
2.3. Von daher war der angefochtene Bescheid in dem im Spruch genannten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zur Erhebung mit Beschluss zurückzuweisen.
2.4. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 3. September 2002
Schlagworte
Wahrnehmung der Zuständigkeit von Amts wegen Zurückweisung wegen UnzuständigkeitInhalt der Berufungsentscheidung KassationMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONGrundsätzliches zur Rechtmäßigkeit und zur RechtsverletzungsmöglichkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001030416.X00Im RIS seit
18.10.2002Zuletzt aktualisiert am
16.12.2011