TE Vwgh Erkenntnis 2002/12/19 99/16/0400

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Veröffentlicht am 19.12.2002
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Index

yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnen
sind;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

B-VG Art140;
KVG 1934 §18 Abs2 Z3;
KVG 1934 §21 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der S HandelsgesmbH (vormals W GmbH) in W, vertreten durch Brauneis, Klauser & Prändl, Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Bauernmarkt 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 18. Mai 1999, Zl. RV-676-09/96, betreffend Börsenumsatzsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin erwarb mit dem in der Rechtsform eines Notariatsaktes vom 18. Juni 1996 abgeschlossenen Abtretungsvertrag von A dessen Geschäftsanteil an der Beschwerdeführerin im Nennbetrag von S 200.000,-- um S 4,000.000,-- . Vereinbart war, dass u.a. die Übernehmerin eine Erklärung einer bestimmten Bank zu übergeben hätte, wonach der Verkäufer A mit sofortiger Wirkung von jeglicher Haftung für die Kreditverbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber dieser Bank freigestellt sei.

Ausgehend von der Erklärung der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren, dass die im Abtretungsvertrag genannte Haftung gegenüber jener Bank auf S 2,000.000,-- beschränkt sei, setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien mit Berufungsvorentscheidung vom 7. Oktober 1996 die Börsenumsatzsteuer mit 2,5 % von S 6,000.000,--

fest.

In ihrem Vorlageantrag brachte die Beschwerdeführerin vor, Zahlungen aus der Haftungsübernahme seien nicht geflossen, weshalb die bloße Haftungssumme nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden dürfe. Die Bemessung der Börsenumsatzsteuer hätte daher ausschließlich auf Grundlage der tatsächlichen Gegenleistung in Höhe des Abtretungspreises von S 4,000.000,-- erfolgen sollen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde (unter Bedachtnahme auf eine Abänderung durch die Berufungsvorentscheidung bezüglich der Höhe der Haftungsübernahme) die Berufung als unbegründet ab. Die belangte Behörde verwies auf die Bestimmung des § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG, wonach als Anschaffungsgeschäfte auch bedingte oder befristete Anschaffungsgeschäfte gelten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehöre auch die Übernahme von Haftungen, sofern sie ziffernmäßig bestimmt sei, zum vereinbarten Preis, wenn die Haftungsübernahme Voraussetzung für den Erwerb des Geschäftsanteiles ist. Die hier getroffene Vereinbarung sei Teil des Anschaffungsgeschäftes und könne in Ermangelung einer gesetzlichen Differenzierung nicht von diesem lösgelöst und rechtlich anders behandelt werden als das Anschaffungsgeschäft insgesamt. Durch die Regelung des § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG bestehe im Bereich der Börsenumsatzsteuer keine Gesetzeslücke, die eine analoge Anwendung des § 6 Bewertungsgesetz rechtfertigen würde.

Der Verfassungsgerichtshof hat - nach Durchführung eines Vorverfahrens - die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom 16. Oktober 1999, B 1098/99, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Er verwies darin auf seinen Beschluss vom 28. September 1999, VfSlg. 15.565, mit welchem ein Antrag des Verwaltungsgerichtshofes, die Worte "bedingte oder" im § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG als verfassungswidrig aufzuheben, zurückgewiesen worden war, weil der Verfassungsgerichtshof die Präjudizialität dieser Bestimmung verneinte. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes sei die richtige Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Börsenumsatzsteuer allein unter Heranziehung des § 21 KVG zu beurteilen.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte die Beschwerdeführerin die Beschwerde; die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, was die Beschwerdeführerin zum Anlass einer Stellungnahme nahm.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin verweist in der Beschwerdeergänzung darauf, dass der Verfassungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 1. Oktober 1999, G 6/99, jene Wortfolge im § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG als verfassungswidrig aufgehoben hat, auf die sich die bisherige Judikaturlinie des Verwaltungsgerichtshofes gestützt hat. Eingeräumt werde, dass der Beschwerdefall kein Anlassfall im Sinne des Art. 140 B-VG sei. Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Zurückweisungsbeschluss VfSlg. 15.565 allerdings die Rechtsauffassung vertreten, dass allein § 21 KVG heranzuziehen sei.

In ihrer Stellungnahme zur Gegenschrift geht die Beschwerdeführerin auf diesbezügliche Judikaturdivergenz zwischen den beiden Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts ein. Da der Verwaltungsgerichtshof auch § 21 Z. 1 KVG anwende (Hinweis auf das Erkenntnis vom 25. November 1999, Zl. 99/16/0399), werde angeregt, der Verwaltungsgerichtshof möge einen Antrag auf Aufhebung des § 21 Z. 1 KVG an den Verfassungsgerichtshof richten.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlasst, von seiner im genannten Erkenntnis vom 25. November 1999 ausführlich begründeten Auffassung abzurücken, wonach auch dann, wenn ein Kaufpreisteil unter eine Bedingung gestellt ist, die die Bedingung regelnde Bestimmung des § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG anzuwenden ist. Der Begriff "vereinbarter Preis" im § 21 Z. 1 KVG ist durch die Anwendung des § 18 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. dahin zu ergänzen, dass auch ein bedingt vereinbarter Kaufpreisteil als Teil des Anschaffungsgeschäftes zu verstehen und damit als Steuermaßstab heranzuziehen ist.

Zu der geforderten Anfechtung des § 21 Z. 1 KVG besteht kein Anlass, weil der Verwaltungsgerichtshof nicht erkennen kann, inwiefern diese Bestimmung, wonach die Steuer "regelmäßig von dem vereinbarten Preis" berechnet wird, verfassungswidrig sein sollte.

Zuletzt hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 21. März 2002, 2001/16/0555, zur Vorschrift des § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG in der bis 30. Juni 2000 geltenden Fassung seine Auffassung wiederholt, dass nach der klaren Anordnung des Gesetzes auch bedingte Anschaffungsgeschäfte als Anschaffungsgeschäfte und somit als unbedingt abgeschlossen gelten, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob eine Verbindlichkeit zur Erfüllung des Geschäftes überhaupt begründet wird, oder, falls sie begründet wird, ob eine solche Verpflichtung auch von Bestand ist.

Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. November 2000, Zl. 97/16/0354, wurde neuerlich ausgesprochen, dass eine vertraglich übernommene Haftungsverpflichtung ohne Rücksicht darauf in die Bemessungsgrundlage für die Börsenumsatzsteuer einzubeziehen ist, ob der Erwerber des Geschäftsanteils letztlich überhaupt als Haftender herangezogen wird.

Damit erweist sich die vorliegende Beschwerde aber als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war. Mit Rücksicht auf die durch die hg. Judikatur klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 19. Dezember 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999160400.X00

Im RIS seit

30.04.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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