TE Vwgh Erkenntnis 2003/4/29 97/14/0039

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Veröffentlicht am 29.04.2003
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
FinStrG §114 Abs1;
FinStrG §23;
FinStrG §29;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und den Senatspräsidenten Dr. Karger sowie den Hofrat Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde der E S S in M, vertreten durch Dr. Hermann Aflenzer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Lessingstraße 40, gegen den Bescheid des Berufungssenates II als Organ der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz, vom 15. Jänner 1997, 942/1-10/T-1996, 947/1-10/T- 1996 und 947/2-10/T-1996, betreffend Abgabenhinterziehung und Finanzordnungswidrigkeit zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 8. August 1990 erwarben die Beschwerdeführerin und ihr langjähriger Lebensgefährte (in der Folge nur: Lebensgefährte), der bis Ende Juni 1990 als Dienstnehmer in einer Detektei angestellt gewesen war, je zur Hälfte ein Einfamilienhaus, wobei sie die Absicht hatten, in diesem Einfamilienhaus zu wohnen und eine Detektei zu betreiben. Seit 16. Juli 1993 ist die Beschwerdeführerin alleinige Eigentümerin des Einfamilienhauses.

Im September 1990 zogen die Beschwerdeführerin und der Lebensgefährte in das Einfamilienhaus ein und wurde der Gewerbebetrieb Detektei aufgenommen. Der Betrieb der Detektei wurde weder der Gewerbebehörde noch dem Finanzamt angezeigt. Die in der Detektei beschäftigten Dienstnehmer wurden auch nicht bei der Krankenkasse angemeldet. Für den Gewerbebetrieb wurden ebenso wenig Bücher und Aufzeichnungen geführt wie Lohnkonten für die Dienstnehmer. Konsequenterweise wurden daher auch keine Abgaben entrichtet.

Am 5. März 1991 gründeten die Beschwerdeführerin und der Lebensgefährte eine GmbH mit einem Stammkapital von 500.000 S und dem Sitz im Einfamilienhaus. An der GmbH war die Beschwerdeführerin zu 99,8 % und der Lebensgefährte zu 0,2 % beteiligt. Der Lebensgefährte gab für seinen Anteil an der GmbH eine Abtretungserklärung zu Gunsten der Beschwerdeführein ab, die von dieser am 6. Mai 1991 angenommen wurde. Gegenstand des Unternehmens der GmbH war wie bereits der des im September 1990 gegründeten Gewerbebetriebes die Ausübung einer Detektei. Ab Gründung der GmbH war der Lebensgefährte deren alleiniger Geschäftsführer. Ab 26. November 1991 war die Beschwerdeführerin alleinige Geschäftsführerin der GmbH. Erst nach Aufforderung des Finanzamtes zeigte der Lebensgefährte am 12. Juni 1991 die Gründung der GmbH und die Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit an, legte jedoch die verlangte Eröffnungsbilanz nicht vor. Wie bereits in dem im September 1990 aufgenommenen Gewerbetrieb Detektei wurden zunächst keine Bücher und Aufzeichnungen geführt. Konsequenterweise wurde daher bis Dezember 1992 unter anderem keine Umsatzsteuer entrichtet. Erst nach einer im Jänner 1992 durchgeführten Nachschau, anlässlich derer die Höhe der bisher von der GmbH nicht entrichteten Umsatzsteuer festgestellt wurde, entrichtete die Beschwerdeführerin in ihrer Stellung als Geschäftsführerin die Umsatzsteuer für die Monate April bis Dezember 1991. Trotz einer vom 9. Juli 1992 bis 1. April 1993 für die Jahre 1990 und 1991 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung unterließ es die Beschwerdeführerin, die Umsatzsteuer für die Monate Juli bis Dezember 1992 zu entrichten. Für die Monate Juli bis Oktober 1993 unterließ es die Beschwerdeführerin wiederum, die Umsatzsteuer zu entrichten. Erst ab Dezember 1991 liegen Bücher und Aufzeichnungen vor, die allerdings weder laufend noch ordnungsmäßig geführt wurden. Auch die für die Jahre 1991 bis 1993 verspätet eingereichten Bilanzen entsprechen nicht dem Rechnungslegungsgesetz.

Die GmbH bezahlte ab April 1991 für die Nutzung des Erdgeschosses im Einfamilienhaus Miete. Für die Vermietung wurden ebenfalls keine Aufzeichnungen geführt, daher konsequenterweise auch keine Abgaben entrichtet.

Auf Grund der Ergebnisse der bereits erwähnten, im Jänner 1992 durchgeführten Nachschau, leitete das Finanzamt als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen die Beschwerdeführerin ein Finanzstrafverfahren wegen Verkürzung der Umsatzsteuer für die Monate Oktober bis Dezember 1991 mit der Begründung ein, sie habe ihre abgabenrechtlichen Verpflichtungen in ihrer Stellung als Geschäftsführerin der GmbH verletzt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Am 3. Juli 1992 stellte der Vorsitzende des Spruchsenates einen in Rechtskraft erwachsenen Hausdurchsuchungsbefehl aus, der am 9. Juli 1992 mit Durchsuchung des Einfamilienhauses vollzogen wurde. Hiebei wurden zahlreiche Unterlagen beschlagnahmt und mit der Beschwerdeführerin eine Niederschrift aufgenommen. Die Beschwerdeführerin bestritt, in der Detektei vor ihrer Bestellung zur Geschäftsführerin eine leitende Stellung gehabt zu haben. Sie habe erst nach ihrer Bestellung zur Geschäftsführerin Kenntnis vom argen Zustand der Buchhaltung erhalten. Es sei sodann eine Buchhalterin beauftragt worden, das Chaos zu bereinigen, was jedoch nicht zur Gänze gelungen sei. Sie allein habe die von der GmbH für die Nutzung des Einfamilienhauses bezahlte Miete kassiert.

Unter Auswertung der bei der Hausdurchsuchung beschlagnahmten Unterlagen wurden abgabenbehördliche Prüfungen durchgeführt, wobei der Prüfer seine Berichte insofern gliederte, als er einen für den Zeitraum September 1990 bis März 1991, somit für die ohne Rechtsform betriebene Detektei (in der Folge 1. Bericht), einen für den Zeitraum April 1991 bis Dezember 1992, somit für die in Form einer GmbH betriebene Detektei (in der Folge 2. Bericht), und einen für den Zeitraum April 1991 bis Dezember 1992 betreffend die Vermietung des Einfamilienhauses an die GmbH (in der Folge 3. Bericht) erstattete. Im 1. Bericht vertrat der Prüfer nach der Feststellung, es seien keine Bücher und Aufzeichnungen geführt worden, die Ansicht, die ohne Rechtsform betriebene Detektei sei der Beschwerdeführerin zuzurechnen. Die Beschwerdeführerin sei nämlich an der am 5. März 1991 gegründeten GmbH zu 99,8 % beteiligt gewesen. Da mit der GmbH der bereits im September 1990 gegründeten Gewerbebetrieb Detektei fortgeführt werden sollte, sei anzunehmen, dass der wirtschaftliche Vorteil aus der vorher betriebenen Detektei der Beschwerdeführerin zugeflossen sei. Mangels Unterlagen schätzte der Prüfer unter Berücksichtigung der beschlagnahmten Kontoauszüge die der Beschwerdeführerin zuzurechnenden Umsätze für die Jahre 1990 und 1991. Darüber hinaus berechnete der Prüfer die von der Beschwerdeführerin nicht erklärte Einkommensteuer für das Jahr 1991. Im 2. Bericht schätzte der Prüfer nach der Feststellung, es seien - wenn überhaupt - nur mangelhafte Bücher und Aufzeichnungen vorhanden, unter Berücksichtigung der beschlagnahmten Kontoauszüge die der GmbH zuzurechnenden Umsätze und verweigerte geltend gemachten Aufwendungen die steuerliche Anerkennung. Er sah den von ihm für das Jahr 1991 errechneten Verlust als nicht vortragsfähig an. Im

3. Bericht vertrat der Prüfer nach der Feststellung, es seien keine Aufzeichnungen geführt worden, die Ansicht, die bezahlte Miete sei angemessen zu reduzieren und hiefür Umsatzsteuer zu entrichten. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung schätzte er mit Null.

Die Beschwerdeführerin sah die Feststellungen des Prüfers als richtig an, weswegen sie gegen dessen Ansichten keine Einwendungen erhob, worauf das Finanzamt in Rechtskraft erwachsene prüfungskonforme Bescheide erließ. Die so vorgeschriebenen Abgaben entrichtete die Beschwerdeführerin zum Großteil.

Im Juli 1993 führte das Finanzamt wiederum eine Nachschau betreffend Umsatzsteuer für die Monate März bis Mai 1993 durch, wobei der Prüfer insbesondere zu hoch geltend gemachte Vorsteuerbeträge feststellte. Die daraufhin erlassenen Bescheide erwuchsen in Rechtskraft.

Auf Grund der Ergebnisse der bereits erwähnten, nach der Hausdurchsuchung durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfungen erweiterte das Finanzamt als Finanzstrafbehörde erster Instanz das gegen die Beschwerdeführerin bereits eingeleitete Finanzstrafverfahren wegen Verkürzung der Umsatzsteuer für die Jahre 1990 und 1991 sowie der Einkommensteuer für das Jahr 1991 aus der von ihr ohne Rechtsform betriebenen Detektei, wegen Verkürzung der Umsatzsteuer für die Monate Juli bis Dezember 1992 in ihrer Stellung als Geschäftsführerin der GmbH, wegen Verkürzung der Umsatzsteuer für die Jahre 1991 und 1992 aus der Vermietung des Einfamilienhauses sowie wegen der nicht ordnungsmäßig geführten Bücher und Aufzeichnungen der GmbH. Auch dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Auf Grund der erst am 22. Dezember 1993 eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Juli bis Oktober 1993 und der nicht entrichteten Umsatzsteuer für diese Monate erweiterte das Finanzamt als Finanzstrafbehörde erster Instanz nochmals das gegen die Beschwerdeführerin bereits eingeleitete Finanzstrafverfahren wegen Verkürzung der Umsatzsteuer für die Monate Juli bis Oktober 1993, wobei es zur Begründung ausführte, in der verspäteten Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldungen sei mangels Entrichtung der Abgabenschuld keine strafbefreiende Selbstanzeige zu erblicken. Dieser Bescheid erwuchs ebenfalls in Rechtskraft.

Auf Grund der Ergebnisse einer im April 1993 durchgeführten Lohnsteuerprüfung erweiterte das Finanzamt als Finanzstrafbehörde erster Instanz nochmals das gegen die Beschwerdeführerin bereits eingeleitete Finanzstrafverfahren wegen Verkürzung der abzuführenden Lohnsteuer, des Dienstgeberbeitrages und des Dienstgeberzuschlages für die Monate September 1990 bis März 1991, wobei es zur Begründung ausführte, die Beschwerdeführerin habe es als Dienstgeberin unterlassen, für ihre Dienstnehmer Lohnkonten zu führen und die lohnabhängigen Abgaben zu entrichten. Auch dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Zu Beginn ihrer erstmaligen Vernehmung als Beschuldigte erklärte die Beschwerdeführerin, "ich weiß noch immer nicht, weshalb ich hier zur Verantwortung gezogen werde; es betrifft mich nicht; ich habe nur aus Zweckmäßigkeitgründen die Abgaben übernommen". Die Beschwerdeführerin stellte sodann jegliche Tätigkeit für die Detektei, die über einfache Büroarbeiten hinausgegangen sei, in Abrede, behauptete, der Lebensgefährte habe "sich um alles gekümmert", konnte sich jedoch trotz Vorhaltes, weshalb sie zu 99,8 % an der GmbH beteiligt gewesen sei und ab wann sie tatsächlich die Geschäfte der GmbH geführt habe, an nichts mehr erinnern.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat beim Finanzamt Linz als Organ des für das Finanzstrafverfahren zuständigen Finanzamtes bekannte sich die Beschwerdeführerin als nicht schuldig. Wie bereits in der eben erwähnten Vernehmung behauptete die Beschwerdeführerin, sie habe die Steuernachzahlungen "lediglich aus Gründen der Zweckmäßigkeit und ohne Schuldanerkenntnis" übernommen. Hätte sie dies nicht getan, "wäre es zur bescheidmäßigen Vorschreibung und damit zur sofortigen Fälligstellung (trotz Rechtsmittel kein Aufschub)" an die GmbH oder an sie gekommen, was zur Eröffnung von Konkursverfahren geführt hätte. Die Beschwerdeführerin führte aus, sie sei für die Detektei vor ihrer Bestellung zur Geschäftsführerin nur als organisatorische und sonstige betriebliche Hilfskraft tätig geworden. Es gebe auch keine gegenteiligen Beweise. Ihr Lebensgefährte habe sich als "Haushaltsvorstand des Einfamilienhauses" bezeichnet, weswegen ihm die Vermietung des Einfamilienhauses an die GmbH zuzurechnen sei. In der Nichtentrichtung der Umsatzsteuer könne trotz ihrer Stellung als Geschäftsführerin der GmbH kein finanzstrafrechtlich relevantes Verhalten erblickt werden. Gleich nach der im Jänner 1992 durchgeführten Nachschau habe sie unter Bekanntgabe der nicht entrichteten Umsatzsteuer ein Ratenansuchen gestellt, somit eine strafbefreiende Selbstanzeige erstattet. Hinsichtlich der Nichtentrichtung der Umsatzsteuer für die Monate Juli bis Dezember 1992 könne ihr kein Vorsatz unterstellt werden. Der Prüfer habe ihr nämlich gesagt, sie bekomme eine Gutschrift, weswegen sie keine Abgaben mehr entrichtet habe. Für die für die Monate Juli bis Oktober 1993 nicht entrichtete Umsatzsteuer habe sie mit dem Finanzamt eine mündliche Ratenvereinbarung getroffen, somit ebenfalls eine strafbefreiende Selbstanzeige erstattet. Auf Befragen des Vorsitzenden gab die Beschwerdeführerin bekannt, sie habe die Handelsakademie und sodann ein viersemestriges Fremdenverkehrskolleg absolviert. Sie habe sich im Juli 1991 vom Lebensgefährten, der bis dahin die Detektei alleine geführt habe, getrennt. Trotz Vorhaltes des Vorsitzenden, alle für die Strafbemessung in Frage kommenden Bescheide seien in Rechtskraft erwachsen, bestritt die Beschwerdeführerin jegliche Schuld an der Nichtentrichtung der Abgaben. Sie konnte auch keine Erklärung dafür geben, weswegen sie an der GmbH bereits ab deren Gründung de facto zu 100 % beteiligt gewesen sei. Der bei der mündlichen Verhandlung ebenfalls als Beschuldigter anwesende Lebensgefährte gab bekannt, die Beschwerdeführerin und er "hatten eine Arbeitsteilung dahin gehend, dass sie sich um den organisatorischen Bereich, also auch um die Steuererklärungen kümmert und ich um den Außendienst". Auf Vorhalt des Vorsitzenden, die Beschwerdeführerin habe sich um Steuererklärungen gar nicht kümmern brauchen, weil ohnedies zunächst beabsichtigt gewesen sei, den Betrieb der Detektei dem Finanzamt nicht anzuzeigen, gab der Lebensgefährte bekannt, die Beschwerdeführerin habe ihm auf seine Fragen betreffend die Entrichtung von Abgaben mitgeteilt, dies "sei im Laufen". Es sei ihm nur bewusst gewesen, dass Schwierigkeiten mit Gläubigern, insbesondere mit der Sozialversicherung bestanden hätten. Auf den Konten der Detektei sei die Beschwerdeführerin stets zeichnungsberechtigt gewesen. Der Lebensgefährte konnte sich nicht mehr erinnern, wie lange er als Geschäftsführer der GmbH tätig gewesen sei und aus welchen wirtschaftlichen Gründen er diese Funktion übernommen habe. Ebenso konnte er die Frage, wer die von der GmbH für das Einfamilienhaus bezahlte Miete kassiert habe, nicht beantworten. Die als Zeugin vernommene Buchhalterin der GmbH führte aus, sie sei vom Lebensgefährten im Dezember 1990 beauftragt worden, wegen einer bevorstehenden Prüfung Lohnkonten zu führen. Sie habe die Beschwerdeführerin damals kaum gekannt und auch für nicht geeignet gehalten, eine eigenverantwortliche Tätigkeit in der Detektei auszuüben. Auf Befragen des Vorsitzenden gab die Buchhalterin bekannt, sie habe die ihr übergebenen Unterlagen stets in ihrer Wohnung aufgearbeitet. Sie habe sich mit dem Lebensgefährten im Frühjahr 1991 zerstritten, weswegen sie erst wieder auf Ersuchen der Beschwerdeführerin im Herbst 1991 begonnen habe, das "im Büro herrschende einzige Chaos" trotz Fehlens vieler Unterlagen zu bereinigen. Die Beschwerdeführerin wäre zu diesem Zeitpunkt dazu nicht fähig gewesen. Die Beschwerdeführerin habe "ja wirklich von nichts eine Ahnung gehabt". Ab ihrer Bestellung zur Geschäftsführerin habe sich die Beschwerdeführerin "Stück für Stück hineingekniet, damit sie sich auskennt und klar kommt". Es habe auch keine Lohnkonten gegeben. Abgabenerklärungen habe sie nie verfasst. Der in der Detektei als "Konsulent" tätig gewesene nunmehrige Ehemann der Beschwerdeführerin gab als Zeuge vernommen bekannt, er habe bis Sommer 1990 eine Detektei geführt, in der der Lebensgefährte Dienstnehmer gewesen sei. Der Lebensgefährte habe einige seiner ehemaligen Kunden weiter betreut, wobei er ihm diesbezüglich unentgeltlich Ratschläge erteilt habe. Er wisse nicht genau, welche Tätigkeit die Beschwerdeführerin in der Detektei ausgeübt habe. Sie sei jedenfalls "gleichsam Hilfskraft und Feuerwehr" gewesen. Den genauen Hintergrund, weswegen die Beschwerdeführerin an der GmbH bereits ab deren Gründung de facto zu 100 % beteiligt gewesen sei, kenne er nicht. Vor Schluss der mündlichen Verhandlung zog die Beschwerdeführerin ihren vorher gestellten Antrag auf Einvernahme des namentlich genannten Prüfers als Zeugen zum Beweis dafür, dass sie unpräjudiziell die in den prüfungskonformen Bescheide festgesetzten Abgaben übernommen habe, zurück.

Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Linz als Organ des für das Finanzstrafverfahren zuständigen Finanzamtes (in der Folge nur: Spruchsenat) wurde die Beschwerdeführerin für schuldig erkannt,

1.) als verantwortliche Leiterin der ohne Rechtsform in den Monaten September 1990 bis März 1991 betriebenen, ihr zuzurechnenden Detektei vorsätzlich

1.1.) unter Verletzung ihrer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht die Anzeige der Aufnahme dieser gewerblichen Tätigkeit sowie die Abgabe von Umsatz- und Einkommensteuerklärungen für die Jahre 1990 und 1991 unterlassen und dadurch eine Verkürzung von Abgaben von insgesamt rund 460.000 S insofern bewirkt zu haben, als sie die aus dieser Tätigkeit in den Monaten September 1990 bis März 1991 erzielten Umsätze und Einkünfte dem Finanzamt nicht offen gelegt habe, wobei es hinsichtlich der Verkürzung im Jahr 1991 (von rund 230.000 S) beim Versuch geblieben sei,

1.2.) unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von Lohnkonten für die Monate September 1990 bis März 1991 eine Verkürzung von Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Dienstgeberzuschlag von insgesamt rund 35.000 S dadurch bewirkt zu haben, als sie für die genannten Zeiträume weder Lohnkonten geführt noch lohnabhängige Abgaben entrichtet habe;

2.) in ihrer Stellung als Geschäftsführerin der GmbH

2.1.) vorsätzlich unter Verletzung ihrer Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Oktober bis Dezember 1991, Juli bis Dezember 1992 und Juli bis Oktober 1993 eine Verkürzung von Umsatzsteuer von insgesamt rund 334.000 S dadurch bewirkt zu haben, als sie für diese Voranmeldungszeiträume weder Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht noch Umsatzsteuer entrichtet habe,

2.2.) sowie darüber hinaus  - ohne hiedurch den Tatbestand eines anderen Finanzvergehens zu erfüllen - die abgabenrechtliche Buchführungspflicht dadurch verletzt zu haben, als sie im Zeitraum Jänner 1991 bis Juli 1992 für die GmbH keine laufende Buchhaltung geführt habe;

3.) als Abgabepflichtige und Miteigentümerin des Einfamilienhauses vorsätzlich

3.1.) unter Verletzung ihrer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen für das Jahr 1991 unterlassen und dadurch eine Verkürzung von Umsatzsteuer von rund 5.000 S dadurch zu bewirken versucht zu haben, als sie die aus der Vermietung des Einfamilienhauses an die GmbH erzielten Umsätze dem Finanzamt nicht offen gelegt habe,

3.2.) unter Verletzung ihrer Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Jänner bis Dezember 1992 eine Verkürzung von Umsatzsteuer von insgesamt rund 13.000 S dadurch bewirkt zu haben, als sie für diese Voranmeldungszeiträume weder Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht noch Umsatzsteuer entrichtet habe.

Hiefür verhängte der Spruchsenat über die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf § 33 Abs 5 und § 49 Abs 2 FinStrG eine Geldstrafe von 70.000 S und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen.

Zur Begründung führte der Spruchsenat im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführerin, die ebenso wie der Lebensgefährte die Handelsakademie mit Matura abgeschlossen habe, müssten die steuerlichen Verpflichtungen, die sich aus der Führung eines Gewerbebetriebes bzw aus der Vermietung eines Einfamilienhauses ergäben, bekannt sein. Es sei daher davon auszugehen, dass sowohl die Beschwerdeführerin als auch der Lebensgefährte von vornherein die Absicht gehabt hätten, die von ihnen ab September 1990 ausgeübte Tätigkeit zu verheimlichen, um so ihren steuerlichen Verpflichtungen zu entgehen. In ihrem Bestreben, ihre Tätigkeit gegenüber der Abgabenbehörde zu verheimlichen, hätten die Beschwerdeführerin und der Lebensgefährte auch die Vermietung des Einfamilienhauses an die GmbH gegenüber der Abgabenbehörde nicht offen gelegt. Unbestritten sei, dass die Beschwerdeführerin für den organisatorischen Bereich und der Lebensgefährte für den Außendienst der Detektei zuständig gewesen seien. Unbestritten sei weiters, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Stellung als Geschäftsführerin der GmbH Umsatzsteuer nicht abgeführt habe, wobei sie dieses rechtswidrige Verhalten trotz des bereits laufenden Strafverfahrens beibehalten habe. Die Bücher und Aufzeichnungen der GmbH seien nicht ordnungsmäßig geführt worden, was sich insbesondere aus der Aussage der Buchhalterin in der mündlichen Verhandlung ergebe. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie sei für die Detektei vor ihrer Bestellung zur Geschäftsführerin nur als organisatorische und sonstige betriebliche Hilfskraft tätig geworden, sei auf Grund des festgestellten Sachverhaltes als widerlegt anzusehen. Für die über die Stellung einer bloßen Hilfskraft hinausgehende Tätigkeit der Beschwerdeführerin spreche auch die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin auf den Konten der Detektei stets zeichnungsberechtigt gewesen sei. Dazu komme, dass die Beschwerdeführerin die Feststellungen des Prüfers als richtig angesehen, gegen dessen Ansichten daher keine Einwendungen erhoben und die Steuernachzahlungen übernommen habe. Aus dem Gesamtbild der Verhältnisse (gemeinsamer Erwerb eines Einfamilienhauses, um darin zu wohnen und eine Detektei zu betreiben, gemeinsame unternehmerische Tätigkeit, gemeinsame Missachtung steuerlicher Vorschriften, um so ihren steuerlichen Verpflichtungen zu entgehen), sei zu schließen, dass die Beschwerdeführerin und der Lebensgefährte ein gemeinsames Unternehmen aufbauen wollten. Insofern die Beschwerdeführerin dies leugne, sei ihre Verantwortung keineswegs glaubwürdig. In dem nach der im Jänner 1992 durchgeführten Nachschau für Abgabenschulden der GmbH gestellten Ratenansuchen könne keine strafbefreiende Selbstanzeige erblickt werden. Es gebe keine Anhaltspunkte für die von der Beschwerdeführerin behauptete Äußerung des Prüfers, die GmbH erhalte eine Gutschrift. Die Nichtentrichtung der Umsatzsteuer der GmbH für die Monate Juli bis Dezember 1992 sei daher rechtswidrig gewesen. In der mündlichen Ratenvereinbarung betreffend die für die Monate Juli bis Oktober 1993 nicht entrichtete Umsatzsteuer der GmbH könne ebenfalls keine strafbefreiende Selbstanzeige erblickt werden. Überdies hafteten noch Abgaben der GmbH von rund 152.000 S aus, was ebenfalls gegen die strafbefreiende Wirkung der behaupteten Selbstanzeigen spreche.

Zur Strafbemessung führte der Spruchsenat aus, als mildernd sei der bisher unbescholtene Wandel der Beschwerdeführerin sowie die relativ weit gehende Schadensgutmachung, als erschwerend das Zusammentreffen mehrer Delikte über einen längeren Zeitraum zu werten. Die Absicht der Beschwerdeführerin, die ab September 1990 ausgeübte Tätigkeit zu verheimlichen, um so ihren steuerlichen Verpflichtungen zu entgehen, sei relativ hoch zu bewerten.

Gegen das Erkenntnis des Spruchsenates erhoben sowohl die Beschwerdeführerin als auch der Amtsbeauftragte Berufung.

Unter weit gehender Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens bekämpfte die Beschwerdeführerin die Beweiswürdigung des Spruchsenates. Sie behauptete nach wie vor, sie sei für die Detektei vor ihrer Bestellung zur Geschäftsführerin nur als organisatorische und sonstige betriebliche Hilfskraft tätig geworden. Nur der Lebensgefährte sei auf Grund der von ihm bis Sommer 1990 ausgeübten Tätigkeit in der Lage gewesen, die Detektei zu betreiben. Die Idee, eine Detektei zu gründen, stamme ausschließlich vom Lebensgefährten. Sie wäre auf Grund ihrer Ausbildung niemals auf diese Idee gekommen. Die im Zeitraum September 1990 bis März 1991 ohne Rechtsform betriebene Detektei, die nicht als Vorgründungsgesellschaft der GmbH anzusehen sei, sei daher dem Lebensgefährten zuzurechnen. Der Spruchsenat habe insbesondere aus dem gemeinsamen Erwerb des Einfamilienhauses geschlossen, sie habe mit dem Lebensgefährten ein gemeinsames Unternehmen aufbauen wollen. Dieser Schluss sei unrichtig. Hintergrund des gemeinsamen Erwerbes des Einfamilienhauses sei der Umstand gewesen, dass der Lebensgefährte mangels Bonität keinen Kredit zum von ihm geplanten alleinigen Erwerb des Einfamilienhauses erhalten habe. Sie sei nicht bereit gewesen, eine Bürgschaftserklärung gegenüber der kreditgewährenden Bank abzugeben. Da jedoch der Kauf des Einfamilienhauses für den Betrieb der Detektei unbedingt erforderlich gewesen sei, habe sie sich entschlossen, die Hälfte des Einfamilienhauses zu erwerben. Dass nicht sie, sondern der Lebensgefährte die Detektei bereits ab September 1990 betrieben habe, ergebe sich auch aus der Aussage der Buchhalterin in der mündlichen Verhandlung, wonach diese vom Lebensgefährten im Dezember 1990 beauftragt worden sei, wegen einer bevorstehenden Prüfung Lohnkonten zu führen. Es hätte für den Lebensgefährten wohl kein Handlungsbedarf bestanden, wenn sie sich selbst um die Buchhaltung und die Lohnverrechnung gekümmert hätte. Die Buchhalterin habe überdies ausgesagt, sie halte sie nicht für geeignet, eine eigenverantwortliche Tätigkeit in der Detektei auszuüben. Ab Gründung der GmbH sei der Lebensgefährte deren alleiniger Geschäftsführer gewesen. Da mit der GmbH die bereits im September 1990 gegründete Detektei fortgeführt werden sollte, sei ungeachtet der Frage, ob bereits eine Vorgründungsgesellschaft bestanden habe, die im Zeitraum September 1990 bis März 1991 ohne Rechtsform betriebene Detektei dem Lebensgefährten zuzurechnen. Auf ihre de facto 100 %ige Beteiligung an der GmbH komme es nicht an, weil eine nach einer gesellschaftsrechtlichen Konzeption nur als Gesellschafter ohne Geschäftsführungsfunktion vorgesehene Person nicht im Nachhinein für ein strafrechtliches Verhalten des Geschäftsführers oder eines für den Gewerbebetrieb Handelnden zur Verantwortung gezogen werden könne. Sie habe nach ihrer Bestellung zur Geschäftsführerin der GmbH wegen der chaotischen Verhältnisse das Rechnungswesen aufbauen müssen. Der von ihr nach der im Jänner 1992 durchgeführten Nachschau für Abgabenschulden der GmbH erstatteten Selbstanzeige komme daher durchaus strafbefreiende Wirkung zu. Bei Neuübernahme müssten jedem ein Chaos vorfindenden Geschäftsführer Wochen wenn nicht Monate zugebilligt werden, bis er sich ein klares Bild über bestehende Abgabenschulden verschaffen könne. Bei der Hausdurchsuchung seien alle Unterlagen beschlagnahmt worden. Es wäre ihr daher gar nicht möglich gewesen, Umsatzsteuervoranmeldungen zu erstellen bzw die Umsatzsteuer für die Monate Juli bis Dezember 1992 zu entrichten. Überdies habe ihr der Prüfer mitgeteilt, es bestehe eine Gutschrift von 150.000 S, weswegen sie guten Glaubens eine Verkürzung von Abgaben jedenfalls habe ausschließen können. Zum Beweis dafür, dass sie niemals unternehmerisch tätig geworden sei, vielmehr ausschließlich der Lebensgefährte als Unternehmer bzw Geschäftsführer der GmbH aufgetreten sei, weswegen sie keine abgaberechtliche Verantwortung getroffen habe, werde die Einvernahme ihres Ehemannes und der Buchhalterin beantragt.

Der Amtsbeauftragte rügte die Höhe der verhängten Geldstrafe, wobei er zur Begründung ausführte, der für die Verkürzung der Abgaben durch die Beschwerdeführerin vorgesehene Strafrahmen betrage rund 1,689.000 S. Innerhalb dieses Strafrahmens sei bei der Strafbemessung nach § 23 FinStrG vorzugehen. Hiebei sei die Schuld des Täters, somit der Grad der Vorwerfbarkeit seines unter Strafe gestellten unrechtmäßigen Verhaltens heranzuziehen. Wie der Spruchsenat festgestellt habe, sei das Verschulden der Beschwerdeführerin relativ hoch zu bewerten. Die dem entgegenstehenden angeführten Milderungsgründe könnten nicht in dem Maß wirksam werden, dass in Anbetracht des vorgesehenen Strafrahmens lediglich eine Geldstrafe von 70.000 S verhängt werde. Eine Strafe habe umso strenger bemessen zu werden, je größer der Schaden sei, den der Täter verschuldet und je mehr Pflichten er durch seine Handlungen verletzt habe. Die Beschwerdeführerin habe alle sie treffenden abgabenrechtlichen Pflichten durch einen längeren Zeitraum verletzt, wodurch dem Bund als Abgabengläubiger ein beträchtlicher Schaden entstanden sei. Der Gesetzgeber habe durch die Gestaltung der Strafdrohung bei Verkürzungsdelikten im FinStrG offenbar die Schadenshöhe als wichtigen Maßstab für die Strafbemessung normiert, indem er den Strafrahmen von der Höhe der verkürzten Abgaben abhängig gemacht habe. Es werde daher beantragt, über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe in der Höhe zu verhängen, die dem Unrechtsgehalt und der subjektiven Vorwerfbarkeit ihres Verhaltens unter Berücksichtigung der von ihr zu vertretenden verkürzten Abgaben angemessen sei.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat II als Organ der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz bestritt die Beschwerdeführerin unter weit gehender Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens die ihr vorgeworfenen Abgabenverkürzungen. Sie habe keineswegs die Absicht gehabt, mit dem Lebensgefährten ein gemeinsames Unternehmen aufzubauen. Auf Befragen gab sie bekannt, dass in der Detektei stets zwischen zehn und 15 Dienstnehmer tätig gewesen seien. Sie behauptete zunächst, sie habe mit der Vermietung des Einfamilienhauses nichts zu tun gehabt. Auf Vorhalt eines Beisitzers gab sie jedoch zu, sie habe dem Lebensgefährten alle "Erledigungen" betreffend das Einfamilienhaus überlassen. Die vom Lebensgefährten für die Detektei ausgeübte Tätigkeit sei ihr nicht bekannt gewesen. Sie habe mit dem Lebensgefährten über die abgabenrechtlichen Angelegenheiten der Detektei keine Gespräche geführt. Die im Zeitraum September 1990 bis März 1991 ohne Rechtsform betriebene Detektei sei sie nichts angegangen. Auf Vorhalt eines Beisitzers, die Hausdurchsuchung sei am 9. Juli 1992 gewesen, weswegen die Behauptung, die Umsatzsteuer für die Monate Juli bis Dezember 1992 hätte wegen der Beschlagnahme von Unterlagen nicht entrichtet werden können, nicht den Tatsachen entsprechen könne, führte die Beschwerdeführerin aus, "es ist passiert". Der bei der mündlichen Verhandlung ebenfalls anwesende Lebensgefährte gab bekannt, die Beschwerdeführerin und er hätten sehr wohl die Absicht gehabt, zwecks Sicherung ihrer Zukunft ein gemeinsames Unternehmen aufzubauen. Unter Wiederholung seiner Ausführungen über die zwischen der Beschwerdeführerin und ihm hinsichtlich der Detektei getroffene Arbeitseinteilung führte der Lebensgefährte aus, er habe nur über Ersuchen der Beschwerdeführerin die GmbH mit 1.000 S "mitgegründet". Er habe sodann den Geschäftsführer "spielen" dürfen, ohne dass ihm damals auf Grund seines Alters bewusst gewesen sei, was das für Konsequenzen habe. Er fühle sich schuldig, seine Pflichten als Geschäftsführer der GmbH verletzt zu haben. Auf Vorhalt des Verteidigers der Beschwerdeführerin bestritt der Lebensgefährte, mit der Buchhalterin einen intensiven Kontakt gehabt, geschweige denn, ihr im Dezember 1990 den Auftrag erteilt zu haben, wegen einer bevorstehenden Prüfung Lohnkonten zu führen. Der Lebensgefährte behauptete, die Beschwerdeführerin sei auf den Konten der Detektei stets zeichnungsberechtigt gewesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge. Der Berufung des Amtsbeauftragten gab sie insofern statt, als sie über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von 300.000 S und eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Monaten verhängte.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, die vom Spruchsenat vorgenommene Beweiswürdigung erweise sich als völlig unbedenklich. Der Lebensgefährte habe auch noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat glaubwürdig ausgesagt, in der Detektei sei die Beschwerdeführerin von vornherein für den organisatorischen Bereich einschließlich der Führung der Bücher und Aufzeichnungen und der Verfassung von Abgabenerklärungen und er für den Außendienst einschließlich der Überwachung der Dienstnehmer zuständig gewesen. Da die Buchhalterin und der Ehemann der Beschwerdeführerin bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat vernommen worden seien, wobei die Beschwerdeführerin das Recht gehabt habe, Fragen an diese Zeugen zu stellen, bestehe für die beantragte nochmalige Vernehmung der beiden Zeugen kein Anlass. Die über die Beschwerdeführerin verhängte Geldstrafe unterschreite deutlich 10 % des Strafrahmens. Eine Geldstrafe in dieser geringen Höhe habe nur mehr symbolischen Charakter, der jegliche generalpräventive Wirkung fehle. Da die Beschwerdeführerin durch Jahre hindurch Abgaben verkürzt habe, wäre die vom Spruchsenat verhängte Geldstrafe bei deren bekannt werden für andere potenzielle Finanzstraftäter geradezu ein Anreiz, ihre abgabenrechtlichen Verpflichtungen in ähnlicher Weise wie die Beschwerdeführerin als "vernachlässigbare Größe" zu betrachten. In Nachvollziehung der durch den Spruchsenat festgestellten Erschwerungs- und Milderungsgründe sei ergänzend zu bedenken, dass die Beschwerdeführerin in keiner Weise geständig gewesen sei. Der Beschwerdeführerin gehe daher dieser wichtige Milderungsgrund ab. Auch das von der Beschwerdeführerin zu verantwortende Delikt, keine Bücher und Aufzeichnungen geführt zu haben, sei zusätzlich als erschwerend zu werten. In weiterer Berücksichtigung des Umstandes, dass sie kein Geständnis abgelegt habe, müsse die über sie verhängte Geldstrafe deutlich höher sein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die Beschwerdeführerin bekämpft die Beweiswürdigung der belangten Behörde, wobei sie unter weit gehender Wiederholung ihres Vorbringens im Administrativverfahren behauptet, sie sei für die Detektei vor ihrer Bestellung zur Geschäftsführerin nur als Hilfskraft tätig geworden. Sie habe auch weder die Idee noch die Absicht gehabt, mit dem Lebensgefährten ein gemeinsames Unternehmen aufzubauen. Sie habe die Hälfte des Einfamilienhauses nur erworben, um nicht nur aus dem Titel einer Bürgschaft eine Forderung gegen den Lebensgefährten zu haben, sondern um auch am Einfamilienhaus "mitpartizipieren" zu können.

Nach § 98 Abs 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten als erwiesen angenommen werden. In den Fällen in denen die belangte Behörde in Ausübung der freien Beweiswürdigung zu ihrer Erledigung gelangt, obliegt dem Verwaltungsgerichtshof die Prüfung, ob die Tatsachenfeststellungen auf aktenwidrigen Annahmen beruhen oder in einem mangelhaften Verfahren zu Stande gekommen sind oder gegen die Denkgesetze oder das allgemeine menschliche Erfahrungsgut verstoßen (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 25. November 2002, 97/14/0028).

Dieser Prüfung hält die Beweiswürdigung der belangten Behörde stand.

Die belangte Behörde konnte insbesondere auf Grund der Tatsachen, dass die Beschwerdeführerin an der GmbH bereits ab deren Gründung de facto zu 100 % beteiligt und bereits acht Monate später deren alleinige Geschäftsführerin gewesen ist, sie auch seit 16. Juli 1993 alleinige Eigentümerin des Einfamilienhauses und damit Eigentümerin aller wirtschaftlichen Grundlagen der Detektei geworden ist, unbedenklich den Schluss ziehen, auch die ohne Rechtsform im Zeitraum September 1990 bis März 1991 betriebene Detektei, deren Gewerbebetrieb mit der GmbH fortgeführt werden sollte, sei ihr zuzurechnen. Dass die Beschwerdeführerin die Steuernachzahlungen aus "Zweckmäßigkeit" übernommen hat, spricht ebenfalls für ihr wirtschaftliches Engagement ab Aufnahme des Gewerbetriebes Detektei. Der aus welchen Gründen immer ab Juli 1991 nicht mehr für bzw in der Detektei tätige Lebensgefährte hat im Gegensatz zur Beschwerdeführerin nur für kurze Zeit bloß geringe wirtschaftliche Vorteile aus der gewerblichen Tätigkeit bezogen. Dazu kommt, dass es keineswegs gegen das allgemeine menschliche Erfahrungsgut verstößt anzunehmen, die im selben Jahr 1964 wie der Lebensgefährte geborene Beschwerdeführerin hätte im Jahr 1990 beabsichtigt, ein gemeinsames Unternehmen aufzubauen, um sich so eine wirtschaftliche Existenz zu schaffen. Auch mit ihren punktuellen Einwendungen zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf, die belangte Behörde hätte berechtigte Zweifel haben müssen, die ohne Rechtsform im Zeitraum September 1990 bis März 1991 betriebene Detektei sei der Beschwerdeführerin nicht zuzurechnen. Die Behauptung, sie sei auf den Konten der Detektei nicht zeichnungsberechtigt gewesen, widerspricht den glaubhaften Ausführungen des Lebensgefährten. Denn der Lebensgefährte hat sich - auch von der Beschwerdeführerin unbestritten - überwiegend dem "Außendienst" gewidmet. Die Behauptung, der Lebensgefährte habe die Buchhalterin im Dezember 1990 beauftragt, wegen einer bevorstehenden Prüfung Lohnkonten zu führen, kann nicht den Tatsachen entsprechen. In der vom September 1990 bis März 1991 ohne Rechtsform betriebenen Detektei wurden ebenso wenig Bücher und Aufzeichnungen geführt wie Lohnkonten. Für diesen Gewerbetrieb ist die Buchhalterin mangels Führung von Aufzeichnungen auch nie tätig geworden. Erst anlässlich der im April 1993 durchgeführten Lohnsteuerprüfung wurde festgestellt, die Beschwerdeführerin habe für die in der vom September 1990 bis März 1991 betriebenen Detektei beschäftigten Dienstgeber weder Lohnkonten geführt, noch lohnabhängige Abgaben entrichtet. Der Lebensgefährte hatte daher im Dezember 1990 keine Veranlassung anzunehmen, es werde demnächst eine Lohnsteuerprüfung durchgeführt werden. Weshalb die Buchhalterin die Beschwerdeführerin für ungeeignet gehalten habe, eine eigenverantwortliche Tätigkeit in der Detektei auszuüben, bleibt angesichts der Tatsache, dass die Buchhalterin stets in ihrer Wohnung gearbeitet hat, somit gar nicht die Möglichkeit hatte, ihre Tätigkeit zu beurteilen, ebenso unerklärlich wie der Umstand, dass sie trotz ihrer angeblichen Unkenntnis über wirtschaftliche Vorgänge alleinige Geschäftsführerin der GmbH geworden ist. Die Behauptung, der Ehemann der Beschwerdeführerin habe ausgesagt, die abgabenrechtliche Verantwortung habe den Lebensgefährten getroffen, findet in den vorgelegten umfangreichen Administrativakten keine Deckung.

Die Beschwerdeführerin behauptet, ihr hätte hinsichtlich des Einfamilienhauses - wenn überhaupt - nur 50 % der Abgabenverkürzung angelastet werden dürfen. Überdies wären die mit der Vermietung angefallenen Vorsteuern zu berücksichtigen gewesen.

Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, konnte die belangte Behörde ebenfalls unbedenklich den Schluss ziehen, die Vermietung des Einfamilienhauses an die GmbH sei der Beschwerdeführerin zuzurechnen. Diesen Schluss brauchte die belangte Behörde auf Grund der Aussage der Beschwerdeführerin anlässlich ihrer Vernehmung bei der Hausdurchsuchung, die von der GmbH für die Nutzung des Einfamilienhauses bezahlte Miete werde von ihr allein kassiert, und der Ausführungen des Lebensgefährten in der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat, er wisse nicht, wer die von der GmbH für das Einfamilienhaus bezahlte Miete kassiert habe, nicht in Zweifel ziehen. Mangels Aufzeichnungen bzw Vorlage von Rechnungen hat die belangte Behörde bei der Strafbemessung zu Recht keinen Vorsteuerabzug berücksichtigt.

Unter weit gehender Wiederholung ihres Vorbringens im Administrativverfahren behauptet die Beschwerdeführerin, sie habe sowohl gleich nach der im Jänner 1992 durchgeführten Nachschau für Abgabenschulden der GmbH als auch in Ansehung der nicht entrichteten Umsatzsteuer für die Monate Juli bis Dezember 1992 strafbefreiende Selbstanzeigen erstattet.

Von strafbefreienden Selbstanzeigen kann im Gegensatz zur Behauptung der Beschwerdeführerin keine Rede sein. Die Beschwerdeführerin hat zwar vor Beginn der im Jänner 1992 durchgeführten Nachschau eine Selbstanzeige erstattet, es hiebei jedoch im Sinn des § 29 Abs 2 FinStrG unterlassen, die für die Feststellung der Verkürzung bedeutsamen Umstände offen zu legen und die Abgabenschuld als potenziell Haftende zu entrichten. Im Endeffekt ist es sodann zu einer Teilschätzung der Umsatzsteuer für die Monate Oktober bis Dezember 1991 gekommen. Es mag dahingestellt bleiben, ob der Prüfer der Beschwerdeführerin gesagt hat, sie bekomme eine Gutschrift (Behauptung der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat) oder es bestehe eine Gutschrift (Behauptung der Beschwerdeführerin in der Berufung). Denn die Erteilung bzw der Bestand einer Gutschrift bedingt keineswegs das Vorhandensein eines Guthabens. Dass die Erteilung oder auch der Bestand einer Gutschrift in Ansehung der nicht entrichteten Umsatzsteuer für die Monate Juli bis Dezember 1992 gleichsam die Wirkung einer strafbefreienden Selbstanzeige habe, kann § 29 FinStrG nicht entnommen werden. Selbst bei einer Gutschrift von 150.000 S hätte die Beschwerdeführerin bei der damals aushaftenden Abgabenschuld von rund 298.000 S nicht davon ausgehen dürfen, sie brauche die Umsatzsteuer für die Monate Juli bis Dezember 1992 nicht zu entrichten. Hinsichtlich der Behauptung, wegen der bei der Hausdurchsuchung am 9. Juli 1992 beschlagnahmten Unterlagen wäre es nicht möglich gewesen, Umsatzsteuervoranmeldungen zu erstellen bzw die Umsatzsteuer für die Monate Juli bis Dezember 1992 zu entrichten, genügt es darauf hinzuweisen, dass diese Behauptung schon wegen der zeitlichen Abfolge nicht stimmen kann. In diesem Zusammenhang wird auf die Antwort der Beschwerdeführerin auf den entsprechenden Vorhalt eines Beisitzers in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat (es ist passiert) verwiesen.

Zur Behauptung, die belangte Behörde habe es rechtswidrig unterlassen, ihren Ehemann und die Buchhalterin zu einem bestimmten Beweisthema als Zeugen zu vernehmen, genügt es darauf hinzuweisen, dass die genannten Personen bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat als Zeugen vernommen worden sind, wobei der Beschwerdeführerin sogar eingeräumt worden ist, diese Personen zu befragen. Da die Behörde nicht verhalten ist, Zeugen so lange zu vernehmen, bis deren Aussage zur Zufriedenheit der Partei ausfällt, liegt die behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht vor.

Der Rüge, die belangte Behörde habe es unter Verletzung der ihr auferlegten Ermittlungspflicht unterlassen, den Prüfer zum Thema, ob er der Beschwerdeführerin gesagt habe, sie bekomme eine Gutschrift bzw es bestehe ein solche, als Zeugen zu vernehmen, mangelt es schon aus den oben angeführten Gründen an Relevanz.

Mit der bloßen Bestreitung des Zutreffens der Feststellung der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin sei auf den Konten der Detektei zeichnungsberechtigt gewesen, wird nicht aufgezeigt, dass die Beweiswürdigung der belangten Behörde gegen die Denkgesetze oder das allgemeine menschliche Erfahrungsgut verstößt. Es wäre der Beschwerdeführerin überdies frei gestanden, der bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat aufgestellten Behauptung des Lebensgefährten, sie sei auf den Konten der Detektei stets zeichnungsberechtigt gewesen, durch Vorlage entsprechender Beweismittel entgegenzutreten.

Die Beschwerdeführerin hält dem angefochtenen Bescheid schließlich entgegen, die verhängte Strafe sei im Hinblick auf den gesetzlichen Strafrahmen zu hoch. Die belangte Behörde habe als Erschwerungsgrund ihr mangelndes Geständnis angesehen. Ein Geständnis sei jedoch nur ein Milderungsgrund, hingegen das Nichtvorliegen eines solchen kein Erschwerungsgrund. Die belangte Behörde habe überdies völlig außer Acht gelassen, dass sie den Schaden mit eigenen Mitteln zum Großteil gut gemacht habe und unbescholten sei.

Mit diesen Ausführungen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, ist die Strafbemessung innerhalb des gesetzlichen Rahmens eine Ermessenentscheidung, die vom Verwaltungsgerichtshof nur dahin überprüfbar ist, ob die belangte Behörde vom Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 28. Oktober 1998, 93/14/0183). Die belangte Behörde konnte zu Recht von einem Strafrahmen von rund 1,689.000 S ausgehen. Wenn die belangte Behörde in Ausübung des ihr zustehenden Ermessens bei der Strafbemessung eine Strafe von knapp 18 % der möglichen Höchststrafe verhängt hat, um die Beschwerdeführerin so im Sinn der Spezialprävention vor weiteren Finanzvergehen abzuhalten, sowie der Generalprävention Genüge zu leisten, kann ihr nicht entgegen getreten werden. Denn die belangte Behörde durfte bei der Strafbemessung in Rechnung stellen, dass die Beschwerdeführerin zunächst mit direktem Vorsatz alles daran gesetzt hat, Abgaben zu verkürzen und selbst nach Aufdeckung der Tat ihr rechtswidriges Verhalten beibehalten hat. Auch den langen Begehungszeitraum durfte die belangte Behörde bei der Strafbemessung berücksichtigen. Schließlich durfte die belangte Behörde das von der Beschwerdeführerin zu verantwortende Delikt, keine Bücher und Aufzeichnungen geführt zu haben, als erschwerend werten. Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde ihr mangelndes Geständnis nicht als Erschwerungsgrund, sondern zu Recht als fehlenden Milderungsgrund angesehen. Diese rechtlich zutreffende Bewertung wird auch durch den im Anschluss an die für die Straferhöhung sprechenden Umstände in der Begründung des angefochtenen Bescheides stehenden Satz (In weiterer Berücksichtigung des Umstandes, dass sie kein Geständnis abgelegt hat, muss die über sie verhängte Geldstrafe deutlich höher sein) nicht in Frage gestellt. Wird doch damit offenkundig im Rahmen einer abschließenden Bewertung den Erschwernisgründen das Fehlen des Milderungsgrundes "Geständnis" gegenüber gestellt.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr 501/2001.

Wien, am 29. April 2003

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Ermessensentscheidungen Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1997140039.X00

Im RIS seit

13.06.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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