TE Vwgh Erkenntnis 2003/5/20 2001/05/0144

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Veröffentlicht am 20.05.2003
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §18 Abs4;
AVG §66 Abs4;
BauO NÖ 1996 §14;
BauO NÖ 1996 §17 Abs1;
BauO NÖ 1996 §17;
BauO NÖ 1996 §29;
BauO NÖ 1996 §35 Abs2 Z3;
BauRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2002/05/0100

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerden der AGRICOLA Biologischer Landbau und Pferdezucht Gesellschaft m.b.H., nunmehr AGRICOLA CONSULTING GMBH in Wien, vertreten durch Mag. DDr. Ingeborg Guhswald, Rechtsanwalt in Wien 13, Neue Welt-Gasse 5, gegen die Bescheide der Niederösterreichischen Landesregierung 1. vom 1. Februar 2001, Zl. RU1-V-01021/00, betreffend einen Baueinstellungsauftrag (Beschwerde Zl. 2001/05/0144), und 2. vom 27. Dezember 2001, Zl. RU1-V- 01118/01, betreffend einen Abbruchauftrag (Beschwerde Zl. 2002/05/0100) (mitbeteiligte Partei in beiden Beschwerdeverfahren: Gemeinde Muggendorf, vertreten durch den Bürgermeister),

Spruch

I. den Beschluss gefasst:

Die Eventualbegehren der Beschwerdeführerin, der Verwaltungsgerichtshof wolle

A) im Beschwerdeverfahren Zl. 2001/05/0144 den erstangefochtenen Bescheid dahin abändern, dass der Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen die zugrundeliegende Berufungsentscheidung stattgegeben werde, hilfsweise selbst entscheiden;

B) im Beschwerdeverfahren Zl. 2002/05/0100 den zweitangefochtenen Bescheid, sowie den zugrundeliegenden Berufungsbescheid vom 2. Oktober 2001 und den zugrundeliegenden erstinstanzlichen Bescheid vom 23. Februar 2001 dahin abändern, dass der Berufung und der Vorstellung gegen den erstinstanzlichen Bescheid bzw. den Berufungsbescheid stattgegeben werde, hilfsweise selbst entscheiden,

werden zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Im Übrigen werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 664,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, die im Zuge des Jahres 2001 ihre Firmenbezeichnung geändert hat, ist bücherliche Eigentümerin einer Liegenschaft im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde sowie (unbestritten) des auf dieser Liegenschaft errichteten Gebäudes, um welches es hier geht.

Zum Beschwerdeverfahren Zl. 2001/05/0144:

In den Gemeindeakten ist in einem "Gedächtnisprotokoll vom 19.6.00 - 16.45 Uhr" (Amtsvermerk) festgehalten, der Verfasser besichtige die Baustelle der in Bau befindlichen Gerätehütte. Er stelle fest, dass es sich hier nicht um eine teilweise Erneuerung handle, sondern um einen kompletten Neubau. Die Fundamentierungsarbeiten mit sämtlichen Außen- und Zwischenwänden seien völlig neu und mit anderem Material wie der Altbestand neu errichtet worden. Nur der alte Dachstuhl sei immer wieder mit neuen Mauern abgestützt worden. Weiters seien an diesem Tage vier Fotos angefertigt worden.

In den Akten befinden sich 7 Fotos, die auf der Rückseite jeweils die handschriftliche Datierung "10.7.2000" aufweisen, weiters 4 (etwas größere) Fotos, (offensichtlich) mit dem Entwicklungsdatum 19. Juli 2000, bei einer mit der Uhrzeit 16.46, bei den drei weiteren mit der Uhrzeit 16.47 (Anm.: angesichts dessen und des Verfahrensablaufes liegt die Vermutung nahe, dass die Datierung "19.6.00" auf einem Schreibfehler beruht und der 19. Juli (nicht: Juni) gemeint war, zumal auch in der beiden Beschwerden von einer Besichtigung am 19. Juli gesprochen wird).

Hierauf erging die erstinstanzliche Erledigung vom 20. Juli 2000 (deren Bescheidqualität in Frage steht). Es handelt sich dabei (den vorgelegten Akten zufolge) um ein handschriftlich ausgefülltes bzw. adaptiertes, mit Bescheid überschriebenes und bescheidmäßig gegliedertes Formular, das im Kopf links oben die Bezeichnung der Gemeinde aufweist; am Schluss befindet sich eine (unleserliche) Unterschrift, darunter der Vordruck "Bürgermeister", darunter eine Namensstampiglie, links daneben das Rundsiegel der mitbeteiligten Gemeinde. Dem Spruch zufolge untersagt der Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz gemäß § 29 Z 1 NÖ BauO 1996 die Fortsetzung der Ausführung des nicht bewilligten Bauvorhabens auf dem näher bezeichneten Grundstück mit dem Beifügen, sollte nicht bis spätestens Ende August 2000 um die nachträgliche Baubewilligung angesucht werden, habe die Baubehörde die Wiederherstellung des früheren Zustandes zu verfügen. Wegen Gefahr in Verzug werde einer allfälligen Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Begründet wird dies (lediglich) damit, im Zuge der baubehördlichen Überprüfung sei am 19. Juli 2000 festgestellt worden, dass auf dem Grundstück folgendes Vorhaben ohne entsprechende Baubewilligung gemäß § 14 Z 1 NÖ BO 1996 ausgeführt werde: "Abbruch der bestehenden Hütte (Holzlager) u. Neubau eines Gebäudes". Hinsichtlich der Begründung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung heißt es (im formularmäßigen Vordruck), durch Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung sei der baupolizeiliche Auftrag mit sofortiger Vollstreckbarkeit auszustatten, weil der bestehende Zustand eine ehestens zu beseitigende Gefahr für die Sicherheit von Personen darstelle.

Es folgt die Rechtsmittelbelehrung, wonach gegen den Bescheid innerhalb von zwei Wochen, vom Tag der Zustellung an gerechnet, eine Berufung an den Gemeindevorstand erhoben werden könne. Die Berufung sei schriftlich, fernschriftlich oder telegraphisch beim Gemeindeamt einzubringen. Sie müsse den angefochtenen Bescheid genau bezeichnen sowie einen mit einer eingehenden Begründung versehenen Berufungsantrag enthalten und sei mit S 180,-- zu vergebühren.

Gemäß dem angeschlossenen Rückschein wurde diese Erledigung am 21. Juli 2000 von einem Arbeitnehmer des Vertreters der Beschwerdeführerin (es ist dies ein Zivilingenieur für Hochbau) übernommen.

Mit Schriftsatz vom 20. Juli 2000 erhob die Beschwerdeführerin (durch ihren Vertreter, den genannten Ziviltechniker) Berufung. Darin wird unter anderem geltend gemacht,

"die Rechtskraftswirkung des Bescheides ist infolge Formmangels - unleserliche und nicht nachvollziehbare Unterschrift des bescheiderlassenden Organes - nicht gegeben. Infolge der Nichtzuordenbarkeit des ausstellenden Organes ist der gegenständliche Bescheid als nichtig anzusehen und nicht rechtswirksam. Vorliegendes Schriftstück weist diesbezüglich nicht den Charakter eines Bescheides auf. Ich verweise hierbei insbesondere auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes GZ 99/12/0108".

Weiters wurde unter anderem geltend gemacht, insbesondere seien durch die bescheidmäßig ausgesprochene Aberkennung der aufschiebenden Wirkung für den Bescheidempfänger "hohe Kosten betreffend erforderlichen Abbruches der erforderlichen Instandsetzungsarbeiten am gegenständlichen Gebäude gegeben sowie eine Gefährdung der Substanz gegeben, dies insbesonders unter dem Aspekt des in rechtlicher Hinsicht inhaltlich unrichtigen Bescheides".

In einem weiteren Schriftsatz vom 5. August 2000 heißt es unter anderem, die Datierung des Berufungsschriftsatzes werde vom 20. Juli 2000 auf Samstag, den 22. Juli 2000 berichtigt und es heißt in diesem Zusammenhang "Rückkehr des Empfängers infolge Abwesenheit an die Abgabestelle per Samstag, den 22.07.2000".

Mit weiterem Schriftsatz vom 5. August 2000 erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung gegen die erstinstanzliche Erledigung, mit Schriftsatz vom 6. August 2000 wurde ein weiteres Vorbringen erstattet.

Es kam sodann zu einem Schriftverkehr, im Zuge dessen der Bürgermeister mit Erledigung vom 22. August 2000 unter anderem darauf verwies, dass das ordentliche Rechtsmittel gegen die erstinstanzliche Erledigung die Berufung sei.

Am 6. Oktober 2000 erfolgte eine Verhandlung an Ort und Stelle, an welcher unter anderem der Bürgermeister, Sachverständige des Gebietsbauamtes, ein "Rechtsberater der Gemeinde" (Beamter der Bezirkshauptmannschaft), und ein Vertreter der Beschwerdeführerin teilnahmen.

In der Niederschrift heißt es (ua.), laut Katasterplan bestehe auf den Grundstücken 902/4 und 957, die im Eigentum der Beschwerdeführerin stünden, ein Nebengebäude zum Anwesen. Über Genehmigung, Bauart und Nutzung dieses Gebäudes seien keine Aktenunterlagen vorhanden, es sei jedoch von einem genehmigten Altbestand auszugehen. Im August 1999 habe eine Besprechung zwischen dem Vertreter der Beschwerdeführerin und dem Bürgermeister stattgefunden, unter welchen Voraussetzungen eine bewilligungs- und anzeigenfreie Instandsetzung dieses Gebäudes durchgeführt werden könne. Auf Grund "örtlicher Feststellungen" des Bürgermeisters am 19. Juli und am 10. Juli 2000, bei welchen sich ergeben habe, dass Bauarbeiten an diesem Gebäude bereits in Angriff genommen worden seien, habe der Bürgermeister als Baubehörde I. Instanz mit Bescheid vom 20. Juli 2000, zugestellt am 21. Juli 2000, die Einstellung des als bewilligungspflichtig angesehenen Vorhabens gemäß § 29 Z 1 NÖ BO 1996 verfügt und für das Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung eine Frist bis Ende August 2000 eingeräumt (...). In der Berufung sei unter anderem geltend gemacht worden, dass es sich dabei nach Ansicht der Beschwerdeführerin um eine bewilligungs- und anzeigefreie Instandsetzung des Gebäudes im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 4 NÖ BO 1996 und nicht um eine bewilligungspflichtige Abänderung handle, weil weder die Konstruktionsart, das Material noch das äußere Erscheinungsbild verändert worden seien. Weiters habe die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 2. September 2000 bekannt gegeben, dass bei diesem Gebäude der Dachstuhl und die Dacheindeckung saniert bzw. erneuert werde.

Der bautechnische Amtssachverständige führte unter anderem aus, ihm sei dieses Nebengebäude vor Durchführung der Umbaumaßnahmen anlässlich der Erstellung eines Gutachtens für das Hauptgebäude bekannt, wobei ihm die ursprüngliche Bauweise nur im groben Umfang in Erinnerung sei. Das ursprüngliche Gebäude habe aus diversen tragenden Teilen aus Bruchsteinmauerwerk bestanden, wobei im Wesentlichen Sockelmauerwerke bzw. Teile von Außenmauerwerken in Bruchsteinbauweise festgestellt worden seien. Der übrige Teil dieser Außenwände sei seiner Erinnerung nach aus tragenden Holzsäulen mit einfacher Holzverkleidung (Holzverbretterung an der Außenseite) ausgeführt worden. Insbesondere diese Holzteile (Holzverbretterungen) hätten zum damaligen Zeitpunkt augenscheinliche grobe Schäden aufgewiesen. Wie aus den im Bauakt aufliegenden Lichtbildern und aufgrund des an Ort und Stelle durchgeführten Augenscheines festzustellen sei, seien die alten Umfassungswände des Gebäudes (Holzteile und Natursteinmauerwerk) entfernt und neue Fundamente und Umfassungswände aus 25 cm starken Schalsteinmauerwerk hergestellt worden. Soweit aus den Fotos ersichtlich, sei die Dachkonstruktion bei diesen Tätigkeiten abschnittsweise mit geringfügigen Hilfsbauteilen (beispielsweise Holzkeilen) unterstützt und diese Dachkonstruktion somit auf alte und neue Mauerwerksteile den statischen Erfordernissen entsprechend aufgelegt worden. Es seien auf diese Weise nach Angaben des Vertreters der Beschwerdeführerin die Umfassungswände des Nebengebäudes abschnittsweise ausgewechselt worden. Da "nach Angaben" der Fußboden des Gebäudes in der ursprünglichen Form zur rückwärtigen Außenwand angestiegen sei, sei in diesen Bereichen der Boden ebenfalls "gestaltet" worden. Der Dachstuhl des Gebäudes inklusive der Bundträme sei, soweit festgestellt werden könne, bis auf geringfügige Ausbesserungsarbeiten im ursprünglichen Zustand vorhanden. Nach "Angaben" sei unterhalb der Bundträme eine Deckenuntersicht bestehend aus Putzträger und Verputz vorhanden gewesen, die aber entfernt worden sei. Soweit auch festzustellen sei, seien auch aus statischen Gründen die Tor- und Türüberlagen erneuert worden. Als Fußboden sei auf einem Unterbeton ein verfugter Natursteinplattenboden verlegt worden. Das Gebäude sei in zwei Räumlichkeiten unterteilt worden (nach Angaben des Vertreters der Beschwerdeführerin sei auch im alten Gebäude eine Raumteilung vorhanden gewesen) und in dieser neu hergestellten Trennwand sei eine eiserne Verbindungstüre (Brandschutztüre) eingebaut worden. Diese Türe sei nach Angaben des Vertreters der Beschwerdeführerin schon im ursprünglichen Bestand vorhanden gewesen. Zum Zeitpunkt des Augenscheines seien auch das alte doppelflügelige Zugangstor und die alte Zugangstüre vorhanden gewesen. Weiters sei festgestellt worden, dass die alte Holzschindeleindeckung (wie auf den Fotografien ersichtlich) gegen eine neue Eternitrhombuseindeckung ausgetauscht worden sei.

Der "Rechtsberater" führte unter anderem aus, die Frage, ob eine Instandsetzung gemäß § 17 Abs. 1 Z 4 bzw. Z 5 BO 1996 vorliege, könne mit Sicherheit nur dann geklärt werden, wenn die tragenden Bauteile bzw. die Konstruktionsart des bisherigen Gebäudes feststünden. Im Übrigen sei die Baueinstellung schon deshalb aufzuheben, weil die Instandsetzung oder die Abänderung baulich mittlerweile fertiggestellt worden sei und daher eine Einstellung der Baumaßnahmen rein logisch nicht mehr in Betracht komme. "Da jedoch unbestrittenermaßen wesentliche tragende Teile des Gebäudes in seiner jetzt bestehenden Form neu hergestellt wurden, erscheint es sinnvoll und rechtlich notwendig, die durchgeführten Maßnahmen unter Anschluss eines Bestandsplanes und einer Ausführungsbestätigung eines Befugten der Baubehörde anzuzeigen".

Abschließend heißt es: "Der Vertreter des Liegenschaftseigentümers unterwirft sich der rechtlichen Einschätzung der Behörde, dass auf Grund der auf Seiten der Behörde liegenden nicht klaren Nachvollziehbarkeit des Bestandes vor Instandsetzung eine Klarstellung des derzeit vorhandenen Bestandes erforderlich ist und wird demgemäß eine Ausführungserklärung über die ordnungsgemäße Instandsetzung sowie einen Bestandsplan des ggst. Objektes vorlegen. Dies im Zuge der Vorlage des Bestandplanes das Hauptobjekt K ...".

Mit Erledigung vom 18. Dezember 2000 (auch deren Qualifikation als Bescheid ist strittig) wurde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und die bekämpfte erstinstanzliche Erledigung bestätigt. Begründend heißt es unter anderem, der erstinstanzliche Bescheid sei nachweislich am 21. Juli 2000 zugestellt worden und enthalte eine Rechtsmittelbelehrung, in welcher die gesetzliche Berufungsfrist angeführt werde. Dagegen habe die Beschwerdeführerin (durch ihren Vertreter) berufen. Die Baueinstellung sei "unumstritten ein Bescheid". Zum "Zeitpunkt der Ausstellung des Bescheides der Baueinstellung" sei das Bauvorhaben noch nicht abgeschlossen gewesen. "Sämtliche Bescheidelemente sind vorhanden, Bezeichnung, Spruch, Begründung, Rechtsmittelbelehrung auch die Kriterien des § 48 Abs. 4 AVG sind gegeben sowie eine leserliche Beifügung des Namens". Nach § 29 Z 1 NÖ BO 1996 habe die Baubehörde die Baueinstellung zu verfügen, wenn die hiefür notwendige Baubewilligung oder Anzeige nicht vorliege. Wenn es auch zutreffe, dass kein Abbruch bzw. kein Neubau der Hütte vorliege, so sei doch davon auszugehen, dass es sich um ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben nach § 14 Z 4 NÖ BauO 1996 handle. Eine diesbezügliche Baubewilligung sei bislang nicht erwirkt worden. Von einem anzeige- bzw. bewilligungsfreien Vorhaben im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 4 bzw. Z. 5 NÖ BO 1996 könne hier nicht gesprochen werden. Es sei nämlich beim Vorhaben das Dach abgestützt und das vorhandene Mauerwerk bzw. die Holzkonstruktion zur Gänze durch ein neues Mauerwerk ersetzt worden. Die Baueinstellung sei daher zu Recht verfügt worden.

Die Fertigungsklausel lautet: "Der Gemeindevorstand", darunter "Vizebürgermeister", darunter folgt eine unleserliche Unterschrift, darunter folgt maschinschriftlich der Name (Vor- und Zuname).

Mit Erledigung (ebenfalls) vom 18. Dezember 2000 wurde die Beschwerdeführerin vom Bürgermeister aufgefordert, den für die fehlende Baubewilligung erforderlichen Antrag innerhalb von sechs Wochen einzubringen, widrigenfalls die Baubehörde den Abbruch des Bauwerkes anzuordnen habe.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen den Berufungsbescheid Vorstellung.

Darin wird unter anderem geltend gemacht, der Berufungsbescheid weise Formmängel auf,

"insbesonders eine unleserliche und nicht nachvollziehbare Unterschrift des bescheiderlassenden Organes. Zumindest infolge der Nichtzuordenbarkeit des ausstellenden Organes ist der Bescheid als nichtig anzusehen und nicht rechtswirksam und weist diesbezüglich nicht den Charakter eines Bescheides auf. Verwiesen wird hierzu insbesonders auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes GZ 99/12/0108".

Auch wird geltend gemacht, dass die baulichen Maßnahmen "zum Zeitpunkt der bescheidmäßigen Baueinstellung bereits beendet" gewesen seien, weshalb "auch keine rechtsgültige und rechtskonforme Bescheiderstellung zur Einstellung mehr erfolgen haben" könne.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid (vom 1. Februar 2001) hat die belange Behörde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen.

Begründend heißt es insbesondere, in dem von der Gemeinde vorgelegten Verwaltungsakt lägen 4 Fotos ein, die am 19. Juli 2000 entwickelt worden seien (wie sich aus einem Aufdruck auf der Rückseite ergebe), auf den 7 übrigen Fotos sei auf der Rückseite das Datum 10. Juli 2000 handschriftlich festgehalten. Diesen Bildern sei jedenfalls zu entnehmen - und dies sei auch im Zuge des Ortsaugenscheines festgestellt worden - dass die alten Umfassungswände des Gebäudes (Holzteile und Natursteinmauerwerk) entfernt und neue Fundamente und Umfassungswände aus Schalsteinmauerwerk hergestellt worden seien. Dabei sei die Dachkonstruktion abschnittsweise mit geringfügigen "Hilfsmauerteilen" (etwa Holzkeilen) unterstützt und die Dachkonstruktion auf die neuen Mauerwerksteile aufgelegt worden. Nach den Angaben des Vertreters der Beschwerdeführerin seien die Umfassungswände dieses Gebäudes abschnittsweise ausgewechselt worden.

Unstrittig sei davon auszugehen, dass es sich hier um ein Gebäude (im Sinne des § 4 Z 6 NÖ BO 1996) handle. Wenn nun, so wie hier, wesentliche Teile des Gebäudes entfernt worden seien, so sei eine allenfalls bis dahin bestehende Baubewilligung jedenfalls untergegangen. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Dachkonstruktion noch vorhanden sei. Es liege somit keine Instandsetzung vor, sodass es auf die weiteren Voraussetzungen des § 17 Z 4 leg. cit. nicht mehr ankomme. Es sei daher ein neues Gebäude errichtet worden, welches der Bewilligungspflicht nach § 14 Z 1 leg. cit. unterliege. Folgerichtig habe daher die Baubehörde die Fortsetzung der Ausführung des Bauvorhabens untersagt, weil die hiefür notwendige Baubewilligung nicht vorliege. Auch lasse der Hinweis der Beschwerdeführerin in der Vorstellung, wonach die Berufungsbehörde im Berufungsbescheid im Unterschied zum erstinstanzlichen Bescheid von einer Bewilligungspflicht nach § 14 Z 4 NÖ BO 1996 ausgehe, für ihren Standpunkt nichts gewinnen, sei doch die Baueinstellung jedenfalls gerechtfertigt, wenn bewilligungspflichtige Bauvorhaben ohne die erforderliche Bewilligung vorgenommen würden.

Soweit in der Vorstellung die Befangenheit von beteiligten Organwaltern geltend gemacht werde, sei dem entgegenzuhalten, dass nur wesentliche Verfahrensfehler zu einer Verletzung der Rechte der Beschwerdeführerin führen könnten. Da vom ursprünglichen Gebäude keine wesentlichen Teile mehr vorhanden gewesen seien und bei der Wiederherstellung des Gebäudes keine raumbildenden Teile des ursprünglichen Gebäudes verwendet worden seien, könne, wie gesagt, von einer bewilligungs- und anzeigefreien Instandsetzung im Sinne des § 17 Z 4 NÖ BO 1996 nicht gesprochen werden. Somit sei die Beschwerdeführerin in keinem Recht verletzt worden.

Dagegen richtet sich die zur Zl. 2001/05/0144 protokollierte Beschwerde (der Sache nach wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften).

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Auch die mitbeteiligte Gemeinde hat eine Gegenschrift eingebracht.

Die Beschwerdeführerin hat eine Replik erstattet. Zum Beschwerdeverfahren Zl. 2002/05/0100:

Mit Eingabe vom 27. Jänner 2001 (Eingangsvermerk vom 1. Februar 2001) übermittelte die Beschwerdeführerin (durch den sie vertretenden Zivilingenieur) der Baubehörde einen Bestandplan sowie eine Ausführungsbestätigung, jeweils vom 20. November 2000 (im Betreff heißt es "entsprechend Vorschreibung Feststellungsverhandlung vom 06.10.2000 unter Beilage der festgelegten Unterlagen").

Mit Erledigung vom 2. Februar 2001 gab der Bürgermeister der Beschwerdeführerin bekannt, sie sei mit dem Bescheid vom 20. Juli 2000 aufgefordert worden, um nachträgliche Baubewilligung anzusuchen. Diese Aufforderung sei neuerlich mit Schreiben vom 18. Dezember 2000 erfolgt (Anm.: siehe in der Sachverhaltsdarstellung zum erstangefochtenen Bescheid). Bezugnehmend auf die Eingabe vom 27. Jänner 2001 müsse mitgeteilt werden, dass es sich hier nicht um ein anzeigepflichtiges Vorhaben sondern um ein bewilligungspflichtiges Vorhaben handle. Die Beschwerdeführerin werde daher neuerlich aufgefordert, den entsprechenden Antrag und die in der NÖ BO 1996 vorgeschriebenen Einreichunterlagen innerhalb von zwei Wochen der Baubehörde vorzulegen, ansonsten der Auftrag für den Abbruch erlassen werde.

Die Beschwerdeführerin äußerte sich mit Schreiben vom 12. Februar 2001 ablehnend: Mit der Eingabe vom 27. Jänner 2001 samt Beilagen sei das anlässlich der Feststellungsverhandlung festgestellte Formal- und Inhaltserfordernis zur Gänze erfüllt worden. Zusammengefasst wird in dieser Eingabe zum Ausdruck gebracht, das bestehende Gebäude sei konsentiert, der Konsens sei nicht untergegangen, und die durchgeführten baulichen Maßnahmen seien weder bewilligungs- noch anzeigepflichtig.

Hierauf erging die erstinstanzliche Erledigung vom 23. Februar 2001 (deren Qualifikation als Bescheid ebenfalls strittig ist). Es handelt sich dabei um ein mit Bescheid überschriebenes, bescheidmäßig gegliedertes Formblatt, welches maschinschriftlich (im geringen Umfang auch handschriftlich) ergänzt bzw. angepasst wurde.

Diese Erledigung ist an die Beschwerdeführerin gerichtet; im Spruch heißt es, der Bürgermeister als Baubehörde I. Instanz erteilte ihr als Eigentümerin des "Bauwerkes, Vorhaben Sanierung eines Gebäudes - Nebengebäude" (es folgt die Anschrift, die Bezeichnung der Grundstücke, der Einlagezahl und der Katastralgemeinde) gemäß § 35 Abs. 2 Z 3 NÖ BO 1996 den baupolizeilichen Auftrag zum Abbruch des angefügten Bauwerks bis längstens Ende Juni 2001. Begründet wird dies damit, dass die Beschwerdeführerin als Eigentümerin den für die fehlende Bewilligung erforderlichen Antrag nicht innerhalb der von der Baubehörde eingeräumten Frist von zwei Wochen ab der am 8. Februar 2001 zugestellten Aufforderung eingebracht habe. Es sei daher der Abbruch des Bauwerkes anzuordnen gewesen, wobei die gewährte Frist dem Umfang der erforderlichen Maßnahmen und der Dringlichkeit der Behebung des Missstandes angemessen erscheine. Die Fertigung entspricht jener der erstinstanzlichen Erledigung vom 20. Juli 2000.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Darin wurde (ebenfalls) vorgebracht, die

"Rechtskraftwirkung des Bescheides ist infolge Formmangels - unleserliche und nicht nachvollziehbare Unterschrift des bescheiderlassenden Organes - nicht gegeben. Infolge der nicht Zuordenbarkeit des ausstellenden Organes ist der gegenständliche Bescheid als nichtig anzusehen und nicht rechtswirksam. Vorliegendes Schriftstück weist diesbezüglich nicht den Charakter eines Bescheides auf. Ich verweise hierbei insbesonders auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes GZ 99/12/0108".

Mit Berufungsbescheid vom 20. Juni 2001 wurde der Berufung (unter Verlängerung der Frist zum Abbruch bis zum 30. September 2001) nicht Folge gegeben.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung.

Dieser wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. August 2001 Folge gegeben, der Berufungsbescheid vom 20. Juni 2001 behoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde verwiesen, weil es an den erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen mangle.

Mit Berufungsbescheid vom 2. Oktober 2001 wurde der Berufung (abermals) keine Folge gegeben, der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid bestätigt, (aber) die Frist zum Abbruch des Nebengebäudes bis spätestens 31. Dezember 2001 verlängert. Dies wurde näher begründet.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, die mit dem zweitangefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Begründend heißt es insbesondere, den vorgelegten Aktenunterlagen sei zu entnehmen, dass anlässlich einer baubehördlichen Überprüfung der konsenslose Abbruch einer bestehenden Hütte und der Neubau eines Gebäudes festgestellt worden sei. Bei dem Bauvorhaben sei das Dach abgestützt und das vorhandene Mauerwerk bzw. die Holzkonstruktion zur Gänze durch eine neues Mauerwerk ersetzt worden. Die alten Umfassungswände (Holzteile und Steinmauerreste) seien entfernt und neue Fundamente und Umfassungswände aus Schalsteinmauerwerk hergestellt worden.

Unstrittig sei davon auszugehen, dass das Objekt als Gebäude zu qualifizieren sei, was auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten werde. Wenn nun wie hier wesentliche Teile des Gebäudes entfernt würden, so sei eine allenfalls bis dahin bestehende Baubewilligung jedenfalls untergegangen. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Dachkonstruktion noch vorhanden sei. Es liege somit keine Instandsetzung vor. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf zu verweisen, dass auch die Holzkonstruktion durch ein Schalsteinmauerwerk ersetzt worden sei und somit auch nicht von einer Beibehaltung der Materialart ausgegangen werden könne. Es könne daher den Gemeindebehörden nicht entgegengetreten werden, wenn sie von einem bewilligungspflichtigen Neubau im Sinne des § 14 Z 1 NÖ BO 1996 ausgegangen seien. Da die Bauwerberin dem Auftrag, ein Baubewilligungsgesuch einzubringen, nicht nachgekommen sei, sei der Demolierungsauftrag zu Recht erteilt worden.

Dagegen richtet sich die zur Zl. 2002/05/0100 protokollierte Beschwerde (der Sache nach ebenfalls wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften).

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die mitbeteiligte Gemeinde hat eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat beschlossen, beide Beschwerdeverfahren wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist die niederösterreichische Bauordnung 1996, LGBl. 8200, anzuwenden.

Deren § 17 trifft nähere Bestimmungen zu den bewilligungs- und anzeigefreien Vorhaben.

Nach Abs. 1 Z 4 dieser Bestimmung (in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-3) ist bewilligungs- und anzeigefrei die Instandsetzung von Bauwerken, wenn

-

die Konstruktions- und Materialart beibehalten sowie

-

Formen und Farben von außen sichtbaren Flächen nicht verändert werden.

Kern des Streites ist, ob es sich hier um eine Instandsetzung im Sinne dieser Gesetzesstelle handelt oder nicht.

Die Beschwerdeführerin bejaht dies weiterhin und bringt vor (die beiden Beschwerden sind in weiten Teilen wortgleich), im Frühsommer 2000 sei durch ein befugtes Unternehmen bei zwei "desolaten Außenwänden" und einer Innenwand (dieses Gebäudes) "die Bausubstanz ersetzt" worden, wobei die anderen Außenwände und das raumabschließende Dach bestehen blieben. Im Zuge der Eckeinbindungen sei festgestellt worden, dass bei den beiden bleibenden Altmauern Schäden im Mauergefüge und ebenfalls durchgehende Setzungsrissbildung gegeben gewesen seien. Daraufhin seien diese beiden Mauerbereiche ebenfalls "saniert" worden. Zu jeder Zeit hätten "das originale raumbildende gesamte Dach und zumindest 2 Außenwände bestanden, somit ist die vom VwGH in seinen Erkenntnissen abgezielte Raumbildung gegenständlich nie verloren gegangen und somit der bestehende Konsens des Gebäudes nie erloschen". Die Behörden hätten insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes beachten müssen, welcher grundsätzlich davon ausgehe, dass bei einer Erneuerung sämtlicher raumbildender Teile unter Einschluss des Daches sowie unter Bezug auf die Raumdefinition der NÖ BauO 1976 "erst ein neues Gebäude geschaffen" werde (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 7. März 2000, Zl. 96/05/0060), sowie, dass erst die völlige Ersetzung der Bausubstanz eine Instandsetzung ausschließe (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1994, Zl. 92/05/0240). Zu jeder Zeit sei "eine Raumbildung gegeben (gewesen), insbesonders (habe sich) das raumbildende zur Gänze bestehen bleibende Dach (...) immer an der gleichen Stelle befunden" und befinde sich immer noch dort.

Dem zweitangefochtenen Bescheid wird auch entgegengehalten, dass die Beschreibung des Gebäudes unzutreffend sei. Tatsächlich sei das vor der Instandsetzung vorhandene Gebäude konstruktiv ein aus Mauerwerk mit Holzummantelung bestehendes Gebäude gewesen und "unterliegt nach der erfolgten Instandsetzung gleichem konstruktivem Aufbau".

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass im Zuge dieser "Sanierungsarbeiten" die Fundamente und im zeitlichen Zusammenhang - wenngleich sukzessive - alle Umfassungswände "ausgetauscht" wurden. Das ist eine derart weitgehende bauliche Veränderung, dass von einer "Instandsetzung" im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 4 NÖ BO 1996 nicht mehr die Rede sein kann; vielmehr sind diese Maßnahmen als bewilligungspflichtig im Sinne des § 14 leg. cit. anzusehen, wobei es für die Bewilligungspflicht dieser Maßnahmen nicht darauf ankommt, ob sie als solche im Sinne der Z 1 (Neu- und Zubau von Gebäuden) oder als solche im Sinne der Z 4 (Abänderung von Bauwerken unter den dort genannten Voraussetzungen) zu qualifizieren sind. Daraus, dass das Dach stets unverändert blieb und in jeder Phase des Geschehens zwei Außenwände bestanden hätten, somit in rechtlicher Hinsicht jeweils ein Gebäude vorhanden gewesen sei, kommt es nicht an, weil dies nichts daran zu ändern vermag, dass die Fundamente und die Außenwände "ausgetauscht" (die alten Teile abgebrochen und durch neue Bauteile ersetzt) wurden. Die - unzutreffende - Auffassung der Beschwerdeführerin ist auch nicht aus den beiden von ihr genannten hg. Erkenntnissen (Zl. 96/05/0060 vom 7. März 2000 bzw. Zl. 92/05/0240 vom 20. Dezember 1994) abzuleiten, vielmehr hat sie diese Erkenntnisse zumindest missverstanden. Es ging dort darum, dass durch die Erneuerung von Wänden, des Bodens und des Daches ein neues Gebäude geschaffen wurde. Daraus ist aber nicht als Umkehrschluss abzuleiten, dass dann, wenn, so wie hier, das Dach (kunstvoll) - auch in seiner Position (durch Unterstellungen udgl.) bestehen bleibt - aber die Fundamente und (wenngleich sukzessive) die Umfassungswände "ausgetauscht" werden, dies noch als "Instandsetzung" (im Sinne des § 17 NÖ BO 1996) angesehen werden könnte, sind doch unter "Instandsetzung" jene Maßnahmen zu verstehen, welche dazu dienen, ein Gebäude in seiner Substanz zu erhalten. Mit dem Dach allein ist ein relevantes Maß an "Altsubtanz" (in diesem Sinne) nicht mehr vorhanden. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob die neu errichteten Außenwände anders als die früheren nur aus Mauerwerk bestehen oder hinsichtlich ihrer Gliederung in Mauerwerk und Holzteilen den früheren Außenwänden entsprechen, sodass diesem behaupteten Feststellungsmangel des zweitangefochtenen Bescheides keine rechtserhebliche Bedeutung zukommt. Ob die durchgeführten baulichen Maßnahmen technisch notwendig waren, vermag daran, dass es sich um bewilligungspflichtige Maßnahmen handelte, nichts zu ändern, zumal auch daran zu erinnern ist, dass die Bewilligungspflicht baulicher Maßnahmen kein Selbstzweck ist.

Somit ergibt sich schon auf Grund des Tatsachenvorbringens der Beschwerdeführerin die Richtigkeit der Auffassung der Behörden des Verwaltungsverfahrens, dass die Maßnahmen bewilligungspflichtig sind (und die Unrichtigkeit der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin, dass es sich dabei lediglich um bewilligungs- und anzeigefreie Instandsetzungsarbeiten handle).

Im Übrigen ist dem Beschwerdevorbringen noch Folgendes zu erwidern:

Zum zweitangefochtenen Bescheid (Beschwerdeverfahren Zl. 2002/05/0100):

Die Beschwerdeführerin vertritt (mit gleicher Argumentation wie im Verwaltungsverfahren) die Auffassung, dass die erstinstanzliche Erledigung vom 23. Februar 2001 (die sie im Übrigen in Ablichtung in beiden Beschwerdeverfahren vorgelegt hat) "infolge Formmangels - unleserliche und nicht nachvollziehbare Unterschrift des bescheiderlassenden Organes" ein "Nichtbescheid" sei. Diese Auffassung trifft aber nicht zu. Es ist zwar richtig, dass die Unterschrift nicht leserlich ist, was aber im § 18 Abs. 4 AVG - weder in der nun maßgeblichen Fassung gemäß der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 noch in der zuvor geltenden Fassung (die die Beschwerdeführerin möglicherweise im Auge hat) - gar nicht gefordert wird. Im § 18 Abs. 4 AVG in der Fassung vor dieser Novelle wurde die leserliche Beifügung des Namens gefordert (was sich erübrigte, wenn die Unterschrift leserlich war), in der nunmehrigen Fassung wird verlangt, dass die schriftliche Erledigung den Namen des Genehmigenden enthält (wobei diesem Erfordernis unter anderem durch eine leserliche Unterschrift entsprochen werden kann - siehe gerade den vom Beschwerdeführer genannten, sichtlich missverstandenen hg. (richtig) Beschluss (nicht: Erkenntnis) vom 26. Mai 1999, Zl. 99/12/0108, Slg. Nr. 15158).

Gemäß § 35 Abs. 2 Z 3 2. Fall NÖ BO 1996 hat die Baubehörde den Abbruch eines Bauwerkes (auch dann) anzuordnen, wenn für das Bauwerk keine Baubewilligung vorliegt und der Eigentümer den für die fehlende Bewilligung erforderlichen Antrag nicht innerhalb der von der Baubehörde bestimmten Frist ab der Zustellung der Aufforderung hiezu eingebracht hat.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides ausreichend konkret, weil jedenfalls kein Zweifel daran bestehen kann, welches Bauwerk abgebrochen werden soll. Der Umstand, dass im Spruch auch die unpassende Wortfolge "Vorhaben Sanierung eines Gebäudes" aufscheint, vermag daran nichts zu ändern.

Es kann auch keine Rede davon sein, dass die der Beschwerdeführerin eingeräumte Frist zur Einbringung des Baubewilligungsantrages zu kurz bemessen worden wäre (zumal nicht nur eine Aufforderung erfolgte).

Die Beschwerdeführerin bringt auch vor, bei der Verhandlung am 6. Oktober 2000 sei "festgesetzt" worden, dass "einzig seitens der Vorstellungswerberin eine Anzeige an die Baubehörde unter Anschluss eines Bestandsplanes und einer Ausführungsbestätigung vorzulegen ist. Dies wurde von der Vorstellungswerberin vereinbarungsgemäß durchgeführt". Es sei "bei dieser Gelegenheit" weiters mit der Baubehörde erster Instanz vor allen Anwesenden als Zeugen rechtsverbindlich vereinbart und festgehalten (worden), dass mittels Vorlage eines Bestandsplanes und der Ausführungsbestätigung eines Befugten bei der Baubehörde, die seitens der Behörde entsprechend der NÖ-BO für die durchgeführten Herstellungen als rechtlich gesamterforderlich erachteten und seitens des Grundeigentümers zu erbringenden baurechtlichen Unterlagen, das gegenständliche Verfahren rechtsverbindlich als abgeschlossen anzusehen" sei. Die "festgelegten Unterlagen" seien der Behörde bereits vor längerer Zeit, vor Ablauf der festgelegten Frist, übergeben worden.

Dieses Vorbringen geht fehl, insbesondere mangelt es ihm an einer rechtlichen Grundlage. Ob Baumaßnahmen bewilligungspflichtig sind, ist auf Grund des Gesetzes zu beurteilen und kann nicht wirksam Gegenstand einer vertraglichen Vereinbarung sein (sollte das gemeint sein). Gleiches gilt sinngemäß für die hier relevanten Voraussetzungen für die Erteilung eines Abbruchauftrages.

Vor diesem Hintergrund zeigt die Beschwerdeführerin die Relevanz der von ihr behaupteten Verfahrensmängel (so auch die behauptete Befangenheit des Organwalters bei der belangten Behörde) nicht auf.

Zum erstangefochtenen Bescheid (Beschwerdeverfahren Zl. 2001/05/0144):

Die Beschwerdeführerin behauptet, wie auch im zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren, die erstinstanzliche Erledigung vom 20. Juli 2000 und die zweitinstanzliche Erledigung vom 18. Dezember 2000 seien "Nicht-Bescheide". Dass es auf die Leserlichkeit der Unterschrift für sich allein aber nicht ankommt, wurde schon zuvor dargelegt. Auch sonst zeigt sie nicht auf, weshalb diese Erledigungen den maßgeblichen Kriterien des § 18 Abs. 4 AVG nicht entsprechen sollten. Es besteht daher kein Anlass, ihre Qualifikation als Bescheide in Zweifel zu ziehen.

Nach § 29 NÖ BO 1996 hat die Baubehörde die Fortsetzung der Ausführung eines Bauvorhabens unter anderem dann zu untersagen, wenn die hiefür notwendige Baubewilligung nicht vorliegt.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass in einem Baueinstellungsverfahren für die Berufungsbehörde ein während des Berufungsverfahrens geänderter Sachverhalt rechtlich unerheblich und vielmehr zu prüfen ist, ob die Behörde erster Instanz unter Zugrundelegung des damals vorgelegenen Sachverhaltes zu Recht die Voraussetzungen für eine Baueinstellung als gegeben angesehen hat (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 30. August 1994, Zl. 94/05/0067, BauSlg. Nr. 176, zur Wiener Bauordnung).

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin war dieser erstinstanzliche Bescheid kein Mandatsbescheid im Sinne des § 57 AVG. Weder enthielt er einen Hinweis auf § 57 Abs. 1 AVG, noch wäre der im Bescheid enthaltene, auf § 64 Abs. 2 AVG gestützte Ausspruch, einer allfälligen Berufung werde die aufschiebende Wirkung aberkannt, noch auch die Rechtsmittelbelehrung (wonach dagegen das Rechtsmittel der Berufung zulässig sei) mit einem Mandatsbescheid vereinbar (siehe die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, in E 10 ff zu § 57 AVG wiedergegebene hg. Judikatur). Die Beschwerdeführerin hat diesen erstinstanzlichen Bescheid daher (ohnedies) rechtens mit Berufung bekämpft.

Die Behörde zweiter Instanz ist davon ausgegangen, dass die Bautätigkeit bei Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides noch nicht abgeschlossen war. In der Vorstellung heißt es hiezu, die baulichen Maßnahmen seien "zum Zeitpunkt der bescheidmäßigen Baueinstellung bereits beendet" gewesen (ohne dass dies näher ausgeführt wird). In der Beschwerde heißt es dazu, der Bürgermeister habe am 10. Juli 2000 eine Baustellenbegehung durchgeführt, weiters auch am 19. Juli 2000. Seitens der Beschwerdeführerin seien "die Instandsetzungsarbeiten an den Mauern durch Fertigstellung am 20.7. morgens abgeschlossen" worden. An anderer Stelle der Beschwerde wird Bezug auf die Ausführungen in der Niederschrift zur Augenscheinsverhandlung am 6. Oktober 2000 genommen, wo es heißt, im Übrigen sei die Baueinstellung schon deshalb aufzuheben, weil die Instandsetzung oder die Abänderung baulich mittlerweile fertiggestellt worden sei und daher eine Einstellung der Baumaßnahmen rein logisch nicht mehr in Betracht komme, weiters wird in diesem Zusammenhang auf "den realen Zeitpunkt der Fertigstellung am 20.7.2000 morgens, also vor Erstellung des Bescheides der Behörde 1. Instanz und vor Zustellung an unseren ausgewiesenen Vertreter" verwiesen.

Dem ist Folgendes zu entgegnen: Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid unter anderem auch die damit verfügte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bekämpft und in diesem Zusammenhang vorgebracht, dass dadurch für die Beschwerdeführerin "hohe Kosten betreffend erforderlichen Abbruches der erforderlichen Instandsetzungsarbeiten am gegenständlichen Gebäude gegeben sowie eine Gefährdung der Substanz gegeben" wäre (und sagt auch nicht, dass diese Ausführungen unzutreffend wären). Schon auf Grund dessen konnte die Berufungsbehörde nur davon ausgehen, dass die Arbeiten noch nicht abgeschlossen waren. Es kann aber keine Rechtswidrigkeit des Berufungsbescheides darin erblickt werden, dass sich die Berufungsbehörde nicht mit einem im Berufungsverfahren gar nicht (sondern erst in der Vorstellung) erstatteten Vorbringen auseinandergesetzt hat. Darauf, dass am 6. Oktober 2000 die Bauarbeiten abgeschlossen waren, kommt es nicht an, weil, wie gesagt, auf den Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides abzustellen ist.

Der Berufungsbescheid ist auch nicht dahin zu deuten, dass die Berufungsbehörde angenommen hätte, der Vertreter der Beschwerdeführerin wäre im eigenen Namen eingeschritten, wird doch im Kopf des Bescheides auf das Vertretungsverhältnis verwiesen. Der Umstand, dass es in der Begründung verkürzt heißt, dass diese namentlich bezeichnete Person das Rechtsmittel der Berufung eingebracht habe, ohne dass dabei eigens auf seine Eigenschaft als Vertreter verwiesen wird, vermag daran nichts zu ändern.

Richtig ist, dass die Berufungsbehörde der Begründung des Berufungsbescheides zufolge nicht darauf eingegangen ist, dass Berufung auch gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erhoben wurde, es ist aber nicht erkennbar, welche Relevanz dieser Umstand in Bezug auf die hier maßgebliche Baueinstellung haben soll. Allein darauf kommt es aber an.

Jedenfalls vermag die Beschwerdeführerin nicht aufzuzeigen, dass die Baueinstellung rechtswidrig angeordnet worden wäre.

Vor diesem Hintergrund vermag die Beschwerdeführerin die Relevanz der weiters behaupteten Verfahrensmängel, wie die angebliche Befangenheit eines Mitgliedes der Berufungsbehörde oder die angebliche Befangenheit des mit der Sache befassten Organwalters der belangten Behörde, nicht aufzuzeigen.

Die Beschwerdeführerin hat in beiden Beschwerden beantragt, die jeweils angefochtenen Bescheide zur Gänze aufzuheben.

Sie hat in ihrer Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid hilfsweise beantragt, ihn im stattgebendem Sinn abzuändern, hilfsweise, der Verwaltungsgerichtshof wolle "selbst entscheiden".

Gleiche Eventualanträge hatte die Beschwerdeführerin zunächst auch in ihrer Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid gestellt. Im Hinblick auf die Wiederholung dieser Anträge hat der Verwaltungsgerichtshof aus Anlass der Erteilung eines (hier nicht mehr maßgeblichen) Verbesserungsauftrages vom 22. Februar 2000 der Beschwerdeführerin anheim gestellt zu überdenken, ob es für diese Eventualbegehren eine Rechtsgrundlage gebe. Die Beschwerdeführerin hat hierauf diese Eventualanträge wie im Spruch dieses Erkenntnis näher ersichtlich modifiziert.

Die Beschwerdeführerin verkennt hiebei grundlegend, dass der Verwaltungsgerichtshof im Bescheid-Beschwerdeverfahren lediglich als Kassationsgerichtshof einzuschreiten hat, somit zur angestrebten Abänderung oder auch zur Entscheidung in der Sache selbst nicht berufen ist. Diese Eventualbegehren waren daher zurückzuweisen.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG ohne Durchführung der von der Beschwerdeführerin jeweils beantragten mündlichen Verhandlung erfolgen, weil die Schriftsätze der Parteien und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten erkennen lassen, dass eine mündliche Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, zumal sich die Unrichtigkeit der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin, es gehe hier nicht um bewilligungspflichtige Maßnahmen, sondern um bewilligungs- und anzeigenfreie Instandsetzungsarbeiten, sich bereits aus ihrem eigenen Sachverhaltsvorbringen ergibt.

Die Kostenentscheidung beruht jeweils auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. Mai 2003

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4 Unterschrift des Genehmigenden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001050144.X00

Im RIS seit

19.06.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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