TE Vwgh Erkenntnis 2003/5/27 2003/07/0014

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Veröffentlicht am 27.05.2003
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Index

000;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

ALSAG 1989 §2 Abs4 idF 1996/201;
ALSAG 1989 §2 Abs5 Z1 idF 1996//201;
ALSAG 1989 §2 Abs5 Z1 idF 1996/201;
ALSAG 1989 §2 Abs5 Z1 idF 2000/I/142;
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1 idF 1996/201;
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z2 idF 1996/201;
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z2;
StruktAnpG 1996 Art87;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Beck und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der Republik Österreich/Bund, vertreten durch das Hauptzollamt Graz, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 19. November 1998, Zl. 03-30.3051-98/17, betreffend eine Feststellung nach dem Altlastensanierungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Gemeindebetriebe F Ges.m.b.H. in F, vertreten durch Eisenberger & Herzog, Rechtsanwalts-Sozietät in Graz, Hilmgasse 10), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei betreibt eine Abfalldeponie. Über ihren Antrag erließ die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung (BH) mit Datum vom 17. Juli 1997 einen Bescheid nach § 10 des Altlastensanierungsgesetzes, BGBl. Nr. 299 (ALSAG) mit vier Spruchteilen.

Mit dem im vorliegenden Zusammenhang allein relevanten Spruchteil II wurde von der BH festgestellt, dass die mitbeteilige Partei für Abfälle, die im Zuge der Sanierung einer näher genannten Altlast zur Vermeidung von Böschungsbrüchen am bergseitigen Rand der Altlast aus bodenmechanischen Gründen abgelagert würden, keinen Altlastensanierungsbeitrag zu bezahlen habe, weil diese Ablagerungen eine konkrete bautechnische Funktion für übergeordnete Baumaßnahmen erfüllten. Gleichzeitig wurde der mitbeteiligten Partei von der BH aufgetragen, zum Ende eines jeden Jahres durch Vorlage eines bodenmechanischen Gutachtens nachzuweisen, welche Müllmengen tatsächlich zur Stabilisierung der Altlast eingebracht worden seien.

Gegen Spruchteil II des Bescheides der BH vom 17. Juli 1997 erhob die beschwerdeführende Partei des nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine Berufung, welche von der belangten Behörde mit einem Bescheid vom 27. August 1997 zurückgewiesen wurde, den der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 26. Februar 1998, 97/07/0170, aufgehoben hat.

Im fortgesetzten Berufungsverfahren holte die belangte Behörde das Gutachten eines Amtssachverständigen für Abfalltechnik zur Frage ein, ob die Ausführungen jenes Sachverständigen, auf dessen Gutachten sich die BH zur Begründung des Abspruches im Spruchteil II des Bescheides vom 17. Juli 1997 gestützt hatte, schlüssig und nachvollziehbar seien.

In diesem Gutachten wird von dem von der BH beigezogenen Sachverständigen zunächst an Amtssachverständigenaussagen im Rahmen eines Verfahrens zur Sanierung einer Altlast erinnert, welchen sich Folgendes habe entnehmen lassen:

Durch den Abbau der älteren Altlasten hangaufwärts ergäben sich frei gelegte steile Flächen, die in dieser Form unmöglich belassen werden könnten, weil sie eine Gefahr für die darunter liegenden Bereiche der Neu- und Altdeponie darstellten. Das steile Gelände schließe die Möglichkeit einer entsprechenden technischen Abdeckung praktisch aus. Eine wirtschaftliche Sanierung der Altlast mit entsprechender Untergrundbehandlung könne nur im Zusammenhang mit dem Aufbau und dem Weiterziehen der Neudeponie durchgeführt werden, weil der Neudeponie eine Stützfunktion für die sanierten Flächen zukomme. Die Vorschüttung müsse dabei unbedingt bis auf diese Höhen erfolgen, wo es zu einem Materialabbau gekommen sei, was sowohl den Altlastbereich als auch den darüber gelegenen Stabilisierungsbereich betreffe. Diese unmittelbare Verbindung von Altlastensanierung und Neudeponieaufbau sei auch deshalb notwendig, weil im Falle einer getrennten Vorgangsweise die Möglichkeit nicht auszuschließen sei, dass der sanierte Bereich der Altlast für die Neudeponie ein erhebliches Gefährdungspotenzial darstellte. Es würden dann zwangsläufig Wässer aus dem Sanierungsbereich in die Neudeponie abfließen, was eine erhebliche Erhöhung des Sickerwasseraufkommens mit sich bringen würde, wobei darüber hinaus damit verbundene Rutschungsgefährdungen sich ungünstig auf die Standfestigkeit der Neudeponie auswirken würden.

Es sei somit durch die Amtssachverständigen schlüssig nachgewiesen worden, wird von dem von der BH beigezogenen Gutachter ausgeführt, dass zur Vermeidung von Böschungsbrüchen am bergseitigen Rand der Altlast im Zuge deren Sanierung Vorschüttungen aus bodenmechanischen Gründen unerlässlich seien. Diese Maßnahme stelle somit aus Sicht der Altlastensanierung eine übergeordnete Baumaßnahme dar und keinesfalls eine Baumaßnahme des Deponiekörpers im Sinne des § 2 Abs. 5 Z 1 ALSAG. Dass die erforderliche Vorschüttung auf dem bewilligten Deponiegelände durchgeführt werden müsse, mache diese Maßnahme nicht zu einer Baumaßnahme des Deponiekörpers, weil sie im Zuge des geplanten und bewilligten Betriebes in diesem Umfang nicht erforderlich sei. Alle Schüttungen, die im Zusammenhang mit der Altlastensanierung durchgeführt würden und eine erforderliche Vorschüttung darstellten, müssten daher als von der Beitragspflicht ausgenommen angesehen werden.

Der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige verwies in seiner Äußerung darauf, dass nach § 2 Abs. 5 Z. 1 ALSAG Abfälle, mit denen Verfüllungen von Geländeunebenheiten und Geländeanpassungen vorgenommen würden, einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen sowie Baumaßnahmen des Deponiekörpers Abfälle seien und damit grundsätzlich als beitragspflichtig anzusehen seien. Die Ausführungen des von der BH beigezogenen Amtssachverständigen seien ebenso wie seine Beurteilung, dass die Stützmaßnahmen im Rahmen der Altlastensanierung als übergeordnete bautechnische Maßnahmen einzustufen seien, aus technischer Sicht als schlüssig anzusehen. Der Vorschlag des von der BH beigezogenen Sachverständigen, die im Vorschütt- und Stützbereich eingebrachten Abfälle im Grunde des § 3 Abs. 1 Z. 2 ALSAG nicht als abgabepflichtig zu beurteilen, erscheine nachvollziehbar. Im Zusammenhang mit der Sanierung der alten Deponie und der damit zusammenhängenden Erweiterung der Schüttflächen der neuen Deponie seien Stütz- und Hinterfüllmaßnahmen erforderlich, für welche, so weit es sich um Bereiche innerhalb der Deponie handle, auch deponiefähige Abfälle geeignet seien, "und welche insgesamt eine übergeordnete bautechnische Maßnahme bzw. eine Baumaßnahme des Deponiekörpers" darstellten. Die Festlegungen im § 2 Abs. 5 Z 1 ALSAG und § 3 Abs. 1 Z 2 leg. cit. seien jedoch so widersprüchlich, dass sie eine eindeutige altlastentechnische Beurteilung nicht zuließen, ob die für die gegenständlichen Stützmaßnahmen verwendeten Abfälle abgabepflichtig seien oder nicht. Dies werde rechtlich zu bewerten sein.

Die mit dieser Stellungnahme des Amtssachverständigen konfrontierte mitbeteiligte Partei verwies darauf, dass im § 2 Abs. 5 Z 1 ALSAG lediglich eine Begriffsbestimmung gegeben werde, während für die Frage der Beitragspflicht allein die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG heranzuziehen sei. Übergeordnete Baumaßnahmen, die eine konkrete bautechnische Funktion erfüllten, unterlägen nicht dem Altlastenbeitrag.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 19. November 1998 traf die belangte Behörde eine Entscheidung mit folgendem Spruch:

"Gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG 1991, BGBl. Nr. 51, i.d.F. BGBl. Nr. 158/1998, wird aus Anlass der Berufung (der beschwerdeführenden Partei ) der bekämpfte Bescheid der (BH) ..., am 17.7.1997 abgeändert wie folgt:

Spruch II hat zu lauten:

Gemäß § 10 Altlastensanierungsgesetz 1989, BGBl. Nr. 299, i. d.g.F., wird festgestellt, dass die (mitbeteiligte Partei) als

Betreiber der Mülldeponie ... für Abfälle, die im Zuge der Sanierung der Altlast ... entsprechend dem Bescheid des 'Amtes der Steiermärkischen Landesregierung', ..., vom 27.12.1995 zur Vermeidung von Böschungsbrüchen am bergseitigen Rand der Altlast im Zuge der Sanierung aus bodenmechanischen Gründen abgelagert werden, einen Altlastenbeitrag nach Maßgabe des § 6 Abs. 4 Altlastensanierungsgesetz 1989, BGBl. Nr. 299, i.d.g.F., zu bezahlen hat."

In der Begründung dieses Bescheides wird von der belangten Behörde nach Wiedergabe der Stellungnahme ihres Amtssachverständigen für Abfalltechnik und der Äußerung der mitbeteiligten Partei ausgeführt, dass die fachlichen Feststellungen der Behörde erster Instanz auch vom beigezogenen Amtssachverständigen der zweiten Instanz fachlich bestätigt worden seien, weshalb ein rechtlich zu bewertender Widerspruch zwischen den Bestimmungen des § 2 Abs. 5 Z 1 ALSAG und des § 3 Abs. 1 Z 2 leg. cit. bestehen bleibe. Aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG könne die Ansicht abgeleitet werden, dass übergeordnete Baumaßnahmen generell von der Altlastenbeitragspflicht befreit seien. In Zusammenschau jedoch mit den Bestimmungen des § 2 Abs. 5 Z 1 ALSAG gehe die Berufungsbehörde davon aus, dass Baumaßnahmen im Deponiekörper selbst beitragspflichtig seien, da die beiden Gesetzesstellen nach Ansicht der belangten Behörde nur im Zusammenhang interpretiert werden könnten.

Mit Bescheid vom 27. November 1998 änderte die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid unter Berufung auf § 62 Abs. 4 AVG dahin ab, dass im neu formulierten Spruchteil II des bekämpften und mit dem angefochtenen Bescheid abgeänderten Bescheides der BH vom 17. Juli 1997 das Gesetzeszitat für den von der mitbeteiligten Partei geschuldeten Altlastenbeitrag von der Bestimmung des § 6 Abs. 4 ALSAG auf jene des § 6 Abs. 1 ALSAG ausgewechselt wurde. Insoweit der Altlastenbeitrag im angefochtenen Bescheid vom 19. November 1998 nach Maßgabe des § 6 Abs. 4 ALSAG an Stelle des § 6 Abs. 1 ALSAG vorgeschrieben worden sei, sei der Behörde ein Schreibfehler unterlaufen, wird in der Begründung dieses auf § 62 Abs. 4 AVG gestützten Bescheides ausgeführt. Dieser Schreibfehler sei auch ganz offenkundig, weil im bekämpften Bescheid der BH ausdrücklich der Altlastenbeitrag nach § 6 Abs. 1 ALSAG vorgeschrieben worden sei und bei Aufrechterhaltung des Spruches des nunmehr korrigierten Bescheides ein Widerspruch zur sonstigen behördlichen Feststellung bestehen würde.

Gegen den Bescheid des LH vom 19. November 1998 (in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 27. November 1998) und gegen den Berichtigungsbescheid vom 27. November 1998 erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Dezember 2002, 99/07/0008 und 0009, wurde der Berichtigungsbescheid des LH vom 27. November 1998 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Das Beschwerdeverfahren gegen den Bescheid des LH vom 19. November 1998 wurde eingestellt.

Die Einstellung wurde damit begründet, dass mit der in diesem Erkenntnis entschiedenen Aufhebung des "Berichtigungsbescheides" die mitbeteiligte Partei mit ihrer Beschwerde gegen den Berufungsbescheid des LH vom 19. November 1998 in seiner berichtigten Fassung klaglos gestellt wurde, weil der Berufungsbescheid durch die Beseitigung der rechtswidrigen "Berichtigung" wieder jene Gestalt gewonnen hat, durch welche sich die mitbeteiligte Partei in ihren Rechten nicht als verletzt angesehen hatte.

Daraufhin stellte die beschwerdeführende Partei einen Antrag auf Wiedereinsetzung, dem mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 2003, 2003/07/0013, stattgegeben wurde.

In der gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag erhobenen Beschwerde vertritt die beschwerdeführende Partei die Auffassung, für die in Rede stehenden Abfälle komme nicht der Beitrag nach § 6 Abs. 4 Z. 3 ALSAG, sondern jener nach § 6 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. in Betracht. Die Überlegungen der belangten Behörde zum rechtlich zu bewertenden Widerspruch zwischen den Bestimmungen der §§ 2 Abs. 5 Z. 1 und 3 Abs. 1 Z. 2 ALSAG könnten schon deshalb nicht von Bedeutung sein, weil es im Deponiebereich selbst keine Verfüllungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 2 ALSAG geben könne, da diese Ablagerungen ausschließlich unter § 3 Abs. 1 Z. 1 ("langfristiges Ablagern von Abfällen") zu subsumieren seien. Es könne daher die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs. 1 Z. 2 ALSAG, wonach von der Beitragspflicht jene Geländeverfüllungen, die im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme eine konkrete bautechnische Funktion erfüllten, ernstlich nicht in Betracht kommen. Auf der gegenständlichen Deponie seien Abfälle abgelagert, deren Ablagerung hinsichtlich ihrer Qualität gemäß den §§ 4 und 5 der Deponieverordnung im entsprechenden Deponietyp nicht zulässig sei und die daher nicht dem Stand der Deponieverordnung entspreche (Hausmüll). Es könne daher auch nicht von einem Abschluss der Anpassung der Deponie an den Stand der Technik ausgegangen werden. Der angefochtene Bescheid lasse jede Begründung dafür vermissen, warum die Abfälle dem Beitrag nach § 6 Abs. 4 ALSAG unterliegen sollten.

Die mitbeteiligte Partei vertritt in der Gegenschrift die Auffassung, der beschwerdeführenden Partei fehle es an der Beschwer. Der angefochtene Bescheid begünstige sie nämlich. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung liege nämlich eine Beitragsfreiheit nach § 2 Abs. 5 Z. 1 ALSAG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. vor. Es liege eine übergeordnete Baumaßnahme vor, die eine konkrete bautechnische Funktion erfülle. Die vom angefochtenen Bescheid erfassten Abfälle unterlägen daher keiner Beitragspflicht nach dem ALSAG.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das ALSAG in seiner in den nachstehenden Zitaten wiedergegebenen Fassung vor der mit 1. Jänner 1999 in Kraft getretenen Novelle BGBl. I Nr. 151/1998 anzuwenden.

Nach § 2 Abs. 5 Z. 1 ALSAG gelten nicht als Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes Abfälle, die einer Wiederverwendung, thermischen oder stofflichen Verwertung zugeführt werden, ausgenommen Verfüllungen von Geländeunebenheiten und das Vornehmen von Geländeanpassungen mit Abfällen einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen sowie Baumaßnahmen des Deponiekörpers (z.B. Deponiezwischenabdeckungen, Fahrstraßen, Rand- und Stützwälle).

Nach § 2 Abs. 8 ALSAG umfasst ein Deponiekörper im Sinne dieses Bundesgesetzes die Gesamtheit der eingebauten Abfälle einschließlich der deponietechnischen Einrichtungen wie das Deponiebasisdichtungssystem, die Deponieoberflächenabdeckung und das Deponieentgasungssystem, sowie sämtliche technischen Bauwerke, die für dessen Standsicherheit erforderlich sind, wie z.B. Rand- und Stützwälle.

Nach § 3 Abs. 1 ALSAG unterliegen dem Altlastenbeitrag

1.

das langfristige Ablagern von Abfällen;

2.

das Verfüllen von Geländeunebenheiten oder das Vornehmen von Geländeanpassungen mit Abfällen einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen, ausgenommen jene Geländeverfüllungen oder -anpassungen, die im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme eine konkrete bautechnische Funktion erfüllen (z.B. Dämme und Unterbauten für Straßen, Gleisanlagen oder Fundamente, Baugruben- oder Künettenverfüllungen);

3.

das Lagern von Abfällen;

4.

das Befördern von Abfällen zur langfristigen Ablagerung außerhalb des Bundesgebietes.

§ 2 Abs. 5 Z. 1 ALSAG statuiert zunächst eine Ausnahme vom Abfallbegriff im Sinne des § 2 Abs. 4 leg. cit. In einem weiteren Schritt enthält § 2 Abs. 5 Z. 1 ALSAG dann wieder eine Ausnahme von dieser Ausnahme, was zur Folge hat, dass die von dem mit dem Wort "ausgenommen" eingeleiteten Satzteil erfassten Abfälle im Sinne des § 2 Abs. 4 ALSAG die Abfalleigenschaft beibehalten.

Unzweifelhaft ist, dass "Verfüllungen von Geländeunebenheiten und das Vornehmen von Geländeanpassungen mit Abfällen, einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen" von dem mit "ausgenommen" eingeleiteten Satzteil erfasst sind und dass daher Abfälle, die für solche Maßnahmen verwendet werden, den Abfallcharakter im Sinne des ALSAG beibehalten.

Hingegen ist auf Grund des Wortlautes und der Struktur des § 2 Abs. 5 Z. 1 ALSAG nicht von vornherein klar, ob Abfälle im Sinne des § 2 Abs. 4 ALSAG, die für "Baumaßnahmen des Deponiekörpers (z.B. Deponiezwischenabdeckungen, Fahrstraßen, Rand- und Stützwälle)" verwendet werden, von der durch die Einleitung des § 2 Abs. 5 Z. 1 leg.cit. statuierten Ausnahme vom Abfallbegriff oder von der mit dem Wort "ausgenommen" eingeleiteten Ausnahme von dieser Ausnahme erfasst werden sollten. Das Wort "sowie", das der Erwähnung dieser Baumaßnahmen vorangestellt ist, lässt beide Deutungen zu.

§ 2 Abs. 5 Z. 1 ALSAG erhielt seine im Beschwerdefall anzuwendende Fassung im Wesentlichen durch Art. 87 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201/1996. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (72 Blg. NR XX GP, 208) heißt es:

"Mit der ALSAG-Novelle 1992 sollten Baurestmassen, die für Verfüllungen oder Geländeanpassungen, Deponiezwischenabdeckungen und ähnliches verwendet werden, als beitragspflichtig normiert werden. Gemäß dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Juni 1995, V 169/94, ist dieser Wille des Gesetzgebers nicht ausreichend im Gesetz selbst zum Ausdruck gekommen. Dies soll nun durch die Aufnahme des Tatbestandes "Verfüllen" für das Entstehen einer Beitragspflicht korrigiert werden."

Durch die Erwähnung der Deponiezwischenabdeckungen - die im Gesetzestext des § 2 Abs. 5 Z. 1 ALSAG als Beispiel für "Baumaßnahmen des Deponiekörpers" angeführt werden - in den Erläuterungen wird klar, dass Abfälle, die für "Baumaßnahmen des Deponiekörpers" verwendet werden, nicht vom Abfallbegriff des ALSAG ausgenommen werden sollten. Die - im Beschwerdefall allerdings noch nicht anwendbare - Neuformulierung des § 2 Abs. 5 Z. 1 ALSAG durch die Novelle BGBl. I Nr. 142/2000 hat dies im Übrigen klargestellt.

§ 3 Abs. 1 Z. 2 ALSAG unterwirft "das Verfüllen von Geländeunebenheiten oder das Vornehmen von Geländeanpassungen mit Abfällen einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen" der Beitragspflicht.

Dieser Tatbestand knüpft seinem Wortlaut nach an § 2 Abs. 5 Z. 1 ALSAG an, erwähnt aber nicht die dort ebenfalls enthaltenen "Baumaßnahmen des Deponiekörpers (z.B. Deponiezwischenabdeckungen, Fahrstraßen, Rand- und Stützwälle)".

Eine Auslegung dahin, dass die Herstellung von Baumaßnahmen des Deponiekörpers mit Abfällen nicht von der Beitragspflicht erfasst sei, verbietet sich dessen ungeachtet von vornherein, weil dann die ausdrückliche Subsumtion solcher Baumaßnahmen unter den Abfallbegriff im § 2 Abs. 5 Z. 1 ALSAG sinnlos wäre. Wie sich nämlich aus den bereits zitierten Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Strukturanpassungsgesetz 1996 ergibt, hat der Gesetzgeber die für solche Baumaßnahmen verwendeten Abfälle gerade deswegen nicht aus dem Abfallbegriff herausgenommen, weil er sie der Beitragspflicht unterwerfen wollte.

Die Verwendung von Abfällen für Baumaßnahmen des Deponiekörpers erfolgt in der Absicht, sie auch im Deponiekörper zu belassen. Eine solche Verwendung stellt somit eine langfristige Ablagerung von Abfällen dar.

Es trifft daher die (auch im Durchführungserlass des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 2. Juli 1997 zum ALSAG vertretene) Auffassung der beschwerdeführenden Partei zu, dass die Herstellung von Baumaßnahmen des Deponiekörpers aus Abfällen ein langfristiges Ablagern von Abfällen darstellt und daher den Beitragstatbestand des § 3 Abs. 1 Z. 1 ALSAG erfüllt. Diesen Tatbestand würden allerdings auch die im § 3 Abs. 1 Z. 2 ALSAG angeführten Maßnahmen erfüllen. Dass für diese ein eigener Beitragstatbestand geschaffen wurde, hängt offenbar damit zusammen, dass für die von diesem Beitragstatbestand erfassten Maßnahmen ein spezieller Ausnahmetatbestand geschaffen wurde.

Die mitbeteiligte Partei unterscheidet nun in ihrer Gegenschrift zwischen "normalen" Baumaßnahmen des Deponiekörpers und "übergeordneten" Baumaßnahmen. Dies könnte insbesondere vor dem Hintergrund der im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen (rechtlichen) Ausführungen des von der BH beigezogenen Sachverständigen dahin gedeutet werden, dass die mitbeteiligte Partei der Auffassung ist, die in Rede stehenden Maßnahmen (Aufschüttung von Abfällen zu Sicherungszwecken) sei keine "Baumaßnahme des Deponiekörpers", sondern eine "übergeordnete Baumaßnahme" im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 2 ALSAG.

Die Einstufung als "übergeordnete Baumaßnahme" im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 2 ALSAG hätte zur Voraussetzung, dass es sich um das "Verfüllen von Geländeunebenheiten oder das Vornehmen von Geländeanpassungen mit Abfällen" im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 2 ALSAG handelt, da die Ausnahme für "übergeordnete Baumaßnahmen" auf diesem Grundtatbestand aufbaut.

Die den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildenden Abfälle werden, wie sich dem angefochtenen Bescheid entnehmen lässt, auf der Deponie abgelagert. Das Ablagern von Abfällen auf einer Deponie erfüllt aber von vornherein nicht den Tatbestand des Verfüllens von Geländeunebenheiten oder des Vornehmens von Geländeanpassungen.

Überdies ist dem im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Gutachten des von der BH beigezogenen Gutachters zu entnehmen, dass die zur Vermeidung von Böschungsanbrüchen am bergseitigen Rand der Altlast im Zuge der Sanierung derselben auf dem Gelände der Deponie der mitbeteiligten Partei erfolgte Schüttung von Abfällen auch zur Sicherung der Deponie der mitbeteiligten Partei erforderlich ist, weil ohne diese Maßnahme für die Deponie Rutschungsgefährdungen auftreten würden. Baumaßnahmen aber, die für die Standsicherheit der Deponie erforderlich sind, sind Baumaßnahmen des Deponiekörpers. Als solche werden sie im Übrigen auch von dem von der belangten Behörde beigezogenen Amtssachverständigen eingestuft.

Die Argumentation der mitbeteiligten Partei, die in Rede stehenden Deponieteile fielen unter den Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1 Z. 2 ALSAG, der jene Geländeverfüllungen- oder -anpassungen von der Beitragspflicht ausnimmt, die im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme eine konkrete bautechnische Funktion erfüllen, erweist sich als unzutreffend. Da Baumaßnahmen des Deponiekörpers von vornherein nicht unter § 3 Abs. 1 Z. 2 ALSAG fallen, kann für diese Baumaßnahmen auch nicht die dort vorgesehene Ausnahme zum Tragen kommen.

Die Auffassung der mitbeteiligten Partei, die im Spruch des angefochtenen Bescheides angesprochenen Maßnahmen (Schüttung von Abfällen zur Sicherung gegen Böschungsbrüche) seien überhaupt nicht beitragspflichtig, weshalb die Subsumtion dieser Maßnahmen unter § 6 Abs. 4 für den Bund begünstigend sei, trifft somit nicht zu.

§ 6 ALSAG, der die Höhe des Beitrags festlegt, lautete in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung:

"(1) Der Altlastenbeitrag beträgt für das langfristige Ablagern oder das Befördern von Abfällen zur langfristigen Ablagerung außerhalb des Bundesgebietes je angefangene Tonne für

1. Baurestmassen

ab 1. Jänner 1997 .....................................

60 S

ab 1. Jänner 1998 .....................................

80 S

ab 1. Jänner 2001 .....................................

100 S

2. Erdaushub

ab 1. Jänner 1998 .....................................

80 S

ab 1. Jänner 2001 .....................................

100 S

3. Abfälle, soweit sie den Kriterien für Baurestmassendeponien der Deponieverordnung (Anlage 1, Tabellen 3 und 4), BGBl. Nr. 164/1996, entsprechen, und ein diesbezüglicher Nachweis durch eine Gesamtbeurteilung gemäß § 6 Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, erbracht sowie eine Eingangskontrolle gemäß § 8 Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, vorgenommen wird

ab 1. Jänner 1997 .....................................

120 S

ab 1. Jänner 1998 .....................................

150 S

ab 1. Jänner 1999 .....................................

300 S

ab 1. Jänner 2001 .....................................

600 S

4. alle übrigen Abfälle

ab 1. Jänner 1997 .....................................

150 S

ab 1. Jänner 1998 .....................................

200 S

ab 1. Jänner 1999 .....................................

400 S

ab 1. Jänner 2001 .....................................

600 S

sofern die Abs. 2 bis 4 nicht anderes bestimmen.

(2) Werden Abfälle auf einer Deponie abgelagert und verfügt die Deponie weder über ein Deponiebasisdichtungssystem noch über eine vertikale Umschließung, erhöht sich der Beitrag je angefangene Tonne für

1.

Abfälle gemäß Abs. 1 Z 1 und 2 um 30 S,

2.

Abfälle gemäß Abs. 1 Z 3 um 200 S,

3.

Abfälle gemäß Abs. 1 Z 4 um 400 S.

Im Falle der Einbringung in geologische Strukturen (Untertagedeponien) ist der Zuschlag nicht abzuführen, wenn das anstehende Gestein einen Wassereintritt dauerhaft verhindert.

(3) Verfügt eine Deponie mit der Bewilligung zur Ablagerung von Hausmüll und hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen über keine dem Stand der Technik entsprechende Deponiegaserfassung und - behandlung, erhöht sich der Beitrag je angefangene Tonne für alle übrigen Abfälle (Abs. 1 Z 4) zusätzlich um 400 S.

(4) Werden Abfälle auf einer Deponie abgelagert, die nach dem in der Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, festgelegten Stand der Technik genehmigt wurde (Neuanlage) oder deren Anpassung an den für den jeweiligen Deponietyp in der Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, festgelegten Stand der Technik, mit Ausnahme der Anforderungen an den Deponiestandort und das Deponiebasisdichtungssystem abgeschlossen wurde (Altanlage), beträgt der Altlastenbeitrag je angefangene Tonne für

1. Baurestmassendeponien

ab 1. Jänner 1997 .....................................

60 S

ab 1. Jänner 2001 .....................................

80 S

ab 1. Jänner 2004 .....................................

100 S

2. Reststoffdeponien

ab 1. Jänner 1998 .....................................

150 S

ab 1. Jänner 2004 .....................................

200 S

3. Massenabfalldeponien

ab 1. Jänner 1998 .....................................

200 S

ab 1. Jänner 2004 .....................................

300 S

Baurestmassen-, Reststoff- oder Massenabfalldeponien im Sinne dieses Bundesgesetzes haben zumindest über ein Deponiebasisdichtungssystem, welches jedenfalls den Anforderungen des § 2 Abs. 8a entspricht, oder über eine vertikale Umschließung, welche jedenfalls den Anforderungen des § 2 Abs. 10 entspricht, zu verfügen.

(5) Der Altlastenbeitrag beträgt für das Verfüllen oder Lagern gemäß § 3 je angefangene Tonne für

1. Baurestmassen

ab 1. Jänner 1997 .....................................

60 S

ab 1. Jänner 1998 .....................................

80 S

ab 1. Jänner 2001 .....................................

100 S

2. Erdaushub

ab 1. Jänner 1998 ....................................

80 S

ab 1. Jänner 2001 .....................................

100 S

3. Abfälle gemäß Abs. 1 Z 3

ab 1. Jänner 1997 .....................................

120 S

ab 1. Jänner 1998 .....................................

150 S

ab 1. Jänner 2001 .....................................

300 S

4. alle übrigen Abfälle

ab 1. Jänner 1997 .....................................

150 S

ab 1. Jänner 1998 .....................................

200 S

ab 1. Jänner 2001 .....................................

300 S.

(6) Der Beitragsschuldner hat nachzuweisen, welche Beitragssätze gemäß Abs. 1, 4 und 5 zur Anwendung kommen sowie dass die Zuschläge gemäß Abs. 2 und 3 nicht zur Anwendung kommen.

(7) Altlastenbeiträge, die vom Beitragsschuldner seinen Kunden gesondert ausgewiesen weiterverrechnet werden, sind in der Höhe des verrechneten Betrages abzuführen."

§ 6 Abs. 4 ALSAG sieht begünstigte Beitragssätze vor, wenn Abfälle auf einer Deponie abgelagert werden, die nach dem in der Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, festgelegten Stand der Technik genehmigt wurde (Neuanlage) oder deren Anpassung an den für den jeweiligen Deponietyp in der Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, festgelegten Stand der Technik, mit Ausnahme der Anforderungen an den Deponiestandort und das Deponiebasisdichtungssystem abgeschlossen wurde (Altanlage).

Nach dem angefochtenen Bescheid sind für die in Rede stehenden Abfälle die begünstigten Beiträge nach § 6 Abs. 4 ALSAG zu entrichten. Eine Begründung hiefür fehlt. Wäre aber die Feststellung, dass für die von der mitbeteiligten Partei zu entrichtenden Beiträge die begünstigten Sätze des § 6 Abs. 4 ALSAG und nicht jene des § 6 Abs. 1 leg.cit. zu entrichten sind, unrichtig, dann wäre damit ein Einnahmenausfall des durch die beschwerdeführende Partei vertretenen Bundes verbunden. Der Begründungsmangel ist daher wesentlich.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Wien, am 27. Mai 2003

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003070014.X00

Im RIS seit

03.07.2003

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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