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L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauG Bgld 1997 §18 Abs10;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde 1. der Gertraud Hollerleitner und 2. des Ing. Josef Hollerleitner, beide in Weppersdorf, beide vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in 1014 Wien, Tuchlauben 17, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 20. November 2002, Zl. 5-BB- 100-272/1-5 betreffend eine Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 20. Dezember 1995 beantragten die Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf als Baubehörde erster Instanz die nachträgliche baubehördliche Bewilligung für eine im Jahr 1989 errichtete Scheune auf dem Grundstück Nr. 3466, KG Weppersdorf. Auf Grund der eingereichten Unterlagen soll der Schuppen eine Fläche von 15,20 x 10,07 m aufweisen und an der Ostseite des 240 m langen (lt. Bleistifteintragung im Lageplan) und rund 20 m breiten Grundstückes in einer Entfernung von 12 m zu einer Wegparzelle errichtet werden. Für diesen Grundstücksteil gilt seit Oktober 1975 die Flächenwidmung Grünland-Forstgebiet; im westlichen Grundstücksteil besteht bis zu einer Tiefe von 50 m Baulandwidmung, dort befindet sich das Wohngebäude der Beschwerdeführer.
Nach der Aktenlage hat die Baubehörde auf den Antrag der Beschwerdeführer erstmals im März 1998 durch einen Vorhalt reagiert; die Beschwerdeführer gaben an, dass von der projektierten Scheune nur die Fundamente errichtet worden seien. Über Aufforderung durch die Baubehörde gemäß § 35 Abs. 4 des am 1. Februar 1998 in Kraft getretenen Burgenländischen Baugesetzes, LGBl. Nr. 10/1998 (BauG), führte die Gemeinde mit Schreiben vom 17. Juli 1998 aus, das geplante Gebäude käme am Rande eines Waldgrundstückes, umgeben von landwirtschaftlichen Flächen (Wiesen und Äcker), zu liegen. Das Objekt sei von der Baulandgrenze mindestens 150 m entfernt und stehe mit dem bebauten Gebiet durch die Entfernung und auch auf Grund des Geländes und des Waldes nicht im Zusammenhang. Die Gemeindevertretung sei der Ansicht, dass das Bauvorhaben (Lagerhalle) mit den Zielen der örtlichen Raumplanung nicht vereinbar sei. Eine Baulandwidmung sei für dieses Gebiet in Zukunft nicht vorgesehen.
Die Beschwerdeführer legten das Schreiben der Burgenländischen Landwirtschaftskammer, landwirtschaftliches Bezirksreferat Oberpullendorf, vom 27. August 1999 vor. Dort wird ausgeführt, dass die Beschwerdeführer einen landwirtschaftlichen Betrieb von derzeit 6,15 ha bewirtschaften. Die ursprüngliche Abstellmöglichkeit der Geräte sei seit dem Abbruch einer Scheune wegen Errichtung des Wohnhauses nicht mehr gegeben. Die Möglichkeit zur Unterbringung der Geräte sei aber zur Aufrechterhaltung der landwirtschaftlichen Tätigkeit unbedingt erforderlich. Die Fläche, auf der der Schuppen errichtet werden soll, sei seit 15 Jahren nicht bestockt. Der Standort sei über den angrenzenden Feldweg ohne weitere Maßnahmen befahrbar. Ein anderer Standort mit entsprechender Zufahrtsmöglichkeit, Beschaffenheit und Nähe zum Wohnhaus stehe nicht zur Verfügung.
Gegenstand der weiteren Erhebungen war eine allfällige Waldeigenschaft der Projektsfläche; davon wurde in der Folge nicht ausgegangen.
Am 7. Februar 2001 fand die Bauverhandlung statt; die Beschwerdeführer legten eine Aufstellung der forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke (3,72 ha) und eine Auflistung der unterzubringenden Maschinen vor. Es handelt sich um einen Traktor, einen zweiachsigen Anhänger, einen einachsigen Anhänger, einen Holzspalter, eine Anbaumulde, eine Frontladevorrichtung, eine Seilwinde, eine Anbaukreissäge, eine Kreissäge, einen Häcksler, eine Werkbank, Motorsägen, eine Anbauspritze, ein Pflug, eine Egge, ein Schlegelmähwerk, ein Motormäher und Schiebetruhen.
Der Sachverständige für Hochbau erklärte, dass bei Einhaltung der von ihm geforderten Auflagen keine Bedenken gegen eine Bewilligung bestünden. Das Landschaftsbild würde nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
In einem von der Baubehörde eingeholten forstfachlichen Gutachten zur Frage, ob die Baumaßnahme im Zusammenhang mit der widmungsgemäßen Nutzung stünde, führte der Sachverständige aus, er beziehe sein Gutachten ausschließlich auf die Waldgrundstücke der Beschwerdeführer, weil vom forstfachlichen Sachverständigen nur die Nutzung für diese Grundstücke auf ihre Widmungskonformität geprüft werden könne. Er ermittelte unter Bedachtnahme auf den zu erwartenden Holzanfall von etwa 50 Festmeter eine jährliche Maschinengesamtauslastung für Nutzung, Transport, Spaltarbeit und das ofenfertige Schneiden bezüglich der Motorsägen, des Traktors, der Seilwinde, des Anhängers und der Kreissäge. Der Sachverständige verglich die dabei entstehenden Kosten mit jenen Kosten, die bei einer Anmietung solcher Geräte beim Maschinenring Burgenland entstehen würden. Er kam zum Ergebnis, dass von den aufgelisteten Geräten und Maschinen (soweit sie in der Forstwirtschaft Verwendung finden) nur eine Motorsäge als betriebswirtschaftlich sinnvoll angesehen werde. Berücksichtige man die Investition für die Errichtung der Scheune, werde die Unwirtschaftlichkeit der Maschinen und Geräte umso deutlicher. Die anderen Maschinen seien bei weitem nicht ausreichend ausgelastet. Die Anbauspritze, Pflug, Egge, Mäher und Häcksler würden für die forstlichen Arbeiten nicht benötigt werden.
Mit Schreiben vom 2. Juni 2002 beantragten die Beschwerdeführer gemäß § 73 AVG die Entscheidung durch die belangte Behörde.
Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde ihre Zuständigkeit auf Grund des Devolutionsantrages fest und wies das Ansuchen vom 20. Dezember 1995 ab. Die Ausnahmebestimmung des § 35 Abs. 4 BauG komme nicht in Betracht, weil das Vorhaben mit der örtlichen Raumplanung nicht vereinbar sei. Die Widmungskonformität nach § 20 Abs. 5 Raumplanungsgesetz liege nicht vor, weil auf Grund des forsttechnischen Gutachtens ein funktioneller Zusammenhang mit der widmungsgemäßen Nutzung nicht gegeben sei. Forstflächen dieser Größenordnung würden im Allgemeinen ohne auf ihnen errichtete Bauwerke bewirtschaftet werden. Die für eine landwirtschaftliche Nutzung erforderlichen Geräte könnten bei der gegebenen Widmung nicht berücksichtigt werden.
In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Erlangung einer Baubewilligung zur Errichtung einer Scheune im Grünland verletzt. Sie beantragen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der vorliegenden Baubeschreibung soll die bebaute Fläche 153 m2 betragen. Gemäß § 18 Abs. 1 BauG unterliegt die Errichtung eines Gebäudes mit über 150 m2 Nutzfläche der Baubewilligungspflicht. Dass die Nutzfläche des hier vorliegenden Projekts geringer als 150 m2 wäre, wurde nie behauptet und wird auch in der Beschwerde nicht vorgebracht.
§ 18 Abs. 10 BauG macht die Erteilung der Baubewilligung davon abhängig, dass die gemäß § 3 BauG maßgeblichen baupolizeilichen Interessen nicht verletzt werden. Nach der Z. 1 der letztgenannten Bestimmung ist ein Bauvorhaben nur zulässig, wenn es dem Flächenwidmungsplan nicht widerspricht.
Der Flächenwidmungsplan sieht für die gegenständliche Fläche die Widmungsart "Grünland" vor, als Nutzung ist "Forstgebiet" ausgewiesen.
§ 20 Burgenländisches Raumplanungsgesetz LGBl. Nr. 18/1969, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 64/2000 (RPlG), lautet auszugsweise:
"Wirkung des Flächenwidmungsplanes
§ 20. (1) Der genehmigte Flächenwidmungsplan hat neben der Wirkung auf den Bebauungsplan (Teilbebauungsplan) auch die Folge, dass Baubewilligungen nach dem Burgenländischen Baugesetz 1997, LGBl. Nr. 10/1998, in der jeweils geltenden Fassung, sowie Bewilligungen von sonstigen sich auf das Gemeindegebiet auswirkenden Maßnahmen auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften nur zulässig sind, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen.
(2) In Aufschließungsgebieten ...
(3) In Vorbehaltsflächen ...
(4) Baumaßnahmen in Verkehrsflächen und Grünflächen, welche für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig sind, fallen nicht unter die Beschränkungen der Absätze 1 und 2. Dies gilt auch für flächenmäßig nicht ins Gewicht fallende im Zusammenhang mit der Wasser- und Energieversorgung, der Abwasserentsorgung, dem Fernmelde- und Sendewesen oder dem Sicherheitswesen erforderliche Anlagen sowie für Bauten, die nur vorübergehenden Zwecken dienen und für Maßnahmen zur Erhaltung oder Verbesserung des Naturhaushaltes (z.B. Biotope).
(5) Die Notwendigkeit im Sinne des Abs. 4 ist dann anzunehmen, wenn nachgewiesen ist, dass
a) die Baumaßnahme in einem sachlichen oder funktionellen Zusammenhang mit der widmungsgemäßen Nutzung steht,
b) kein anderer Standort eine bessere Eignung im Hinblick auf die widmungsgemäße Nutzung bietet,
c) die Baumaßnahme auf die für die widmungsgemäße Nutzung erforderliche Größe, Gestaltung und Ausstattung eingeschränkt bleibt und
d) raumordnungsrelevante Gründe (z.B. Landschaftsbild, Zersiedelung, etc.) nicht entgegenstehen.
(6) Bescheide, die gegen Abs. 1 verstoßen, sind nichtig. Eine Nichtigerklärung ist nur innerhalb von zwei Jahren nach Zustellung des Bescheides möglich."
Im Beschwerdefall ist zu prüfen, ob das geplante Wirtschaftsgebäude für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig ist; § 20 Abs. 5 RPlG bildet den Prüfungsmaßstab zur Beurteilung dieser Notwendigkeit (Hauer, a.a.O., 411). Dabei hat sich die belangte Behörde auf den Standpunkt gestellt, dass wegen der Nutzung "Forstgebiet" allein die Notwendigkeit des Vorhabens für diese Nutzung zu beurteilen sei. Weil diese Notwendigkeit verneint wurde, wurden weitere Feststellungen über Art und Umfang des Betriebes der Beschwerdeführer, über die Vollerwerbseigenschaft auf Seiten der Erstbeschwerdeführerin sowie über die Notwendigkeit des Projektes auch für den landwirtschaftlichen Betrieb unterlassen.
Nach der vorgelegten Bestätigung der Landwirtschaftskammer werden von den Beschwerdeführern 6,15 ha bewirtschaftet; nach der bei der Bauverhandlung vorgelegen Aufstellung weisen die Waldgrundstücke eine Größe von 3,7 ha auf. Es liegt somit ein land- und forstwirtschaftlicher Mischbetrieb vor.
Geht man zunächst grundsätzlich davon aus, dass auch für einen derartigen landwirtschaftlichen Betrieb (dessen Erhaltung den in § 1 Abs. 2 Z. 8 RPlG genannten Zielen entspricht) die Errichtung eines Geräteschuppens erforderlich sein kann, so würde die Verknüpfung mit der im Flächenwidmungsplan ausgewiesenen Nutzung der Grünlandwidmung dazu führen, dass, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen, stets zwei Gebäude errichtet werden müssen, nämlich eines für landwirtschaftliche Geräte auf einer Fläche mit der Widmung Grünland Landwirtschaft und ein weiteres für forstwirtschaftliche Geräte auf einer Fläche mit der Widmung Grünland Forstwirtschaft. Genauso wie hier würde etwa die Errichtung eines Geräteschuppens, in dem auch Motorsägen und Seilwinden untergebracht werden sollen, auf einer Fläche mit der Widmung Grünland-Landwirtschaft abgelehnt werden.
Eine Anforderung dahingehend, dass je nach Widmung getrennte Gebäude errichtet werden müssen, widerspräche aber eindeutig den im § 20 Abs. 5 lit. d RPlG genannten raumordnungsrelevanten Gründen der Erhaltung des Landschaftsbildes und der Verhinderung der Zersiedlung.
Vielmehr erfordert das aus § 20 Abs. 4 RPlG abzuleitende Gebot, Bauführungen im Grünland möglichst zu beschränken, dass Betriebsgebäude eines gemischten Land- und forstwirtschaftlichen Betriebes für beide Betriebszwecke sowohl auf einer Fläche mit der Nutzung Grünland-Landwirtschaft wie auch auf einer Fläche mit der Nutzung Grünland-Forstwirtschaft errichtet werden können, wenn sämtliche weitere Voraussetzungen des § 20 Abs. 5 RPlG erfüllt sind.
Diese Voraussetzungen wurden nicht geprüft, weil für die Frage der Notwendigkeit die landwirtschaftlichen Geräte der Beschwerdeführer in die Beurteilung nicht miteinbezogen wurden und schon deshalb die Behörde zu einer Versagung gelangte. Ausgehend davon hat sich die belangte Behörde mit den weiteren Voraussetzungen der Bauführung im Grünland, die der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung fordert (siehe die Nachweise bei Hauer a.a.O., 412 ff) nicht auseinander gesetzt.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die von den Beschwerdeführern nicht relevierte Frage, ob die belangte Behörde zu Recht die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 35 Abs. 4 BauG abgelehnt hat.
Der angefochtene Bescheid war daher, da er von einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht gebilligten Rechtsauffassung ausgeht, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 17. Juni 2003
Schlagworte
Planung Widmung BauRallg3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002051518.X00Im RIS seit
24.07.2003Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008