TE Vwgh Erkenntnis 2003/7/15 2002/05/0460

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Veröffentlicht am 15.07.2003
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Index

L10014 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt
Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
GdO OÖ 1990 §51;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Gertraud Gabriel in Hofkirchen im Traunkreis, vertreten durch die Anwaltspartnerschaft Dr. Karl Krückl, Dr. Kurt Lichtl in 4020 Linz, Harrachstraße 14/I, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 24. Oktober 2000, Zl. BauR-012587/1-2000-Gr/Mö, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde Hofkirchen im Traunkreis, vertreten durch Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Eisenhowerstraße 27, 2. Peter Wilhelm in 4492 Hofkirchen im Traunkreis 188, 3. Klara Wilhelm, wohnhaft ebendort), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der mitbeteiligten Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen um Baubewilligung gemäß § 28 O.ö. Bauordnung 1994 vom 16. März 2000 beantragten die zweit- und drittmitbeteiligten Parteien die Erteilung der Baubewilligung für den Neubau einer Doppelgarage auf ihrem Grundstück Nr. 220/36, KG Hofkirchen.

Das zu bebauende Grundstück liegt im Bauland. Nach dem bestehenden Bebauungsplan Nr. 13 ist für das Grundstück Wohngebiet sowie für die Hauptgebäude eine Vollgeschossanzahl als Höchstgrenze angeordnet. Die plangemäß 40,80 m2 große Doppelgarage mit den Außenmaßen 7,30 m x 6,50 m soll von der Süd- und Ostgrenze des Grundstückes jeweils 0,50 m und von der Westgrenze (Abstand zur öffentlichen Verkehrsfläche) 15 m entfernt errichtet werden. Ausgehend von einer Kote von 0,00 beim Erdgeschoss des bestehenden Wohnhauses befindet sich die im Westen gelegene Verkehrsfläche auf einer Höhe von 0,77 m und die östlich gelegene, 15 m entfernte Einfahrt der Garage auf einer Höhe von -1,57 m. Die Raumhöhe der projektierten Garage beträgt plangemäß 2,20 m, die Deckenstärke 15 cm. Die Höhe des Daches beträgt bei einer Dachneigung von 25 Grad 2,10 m. Die Traufenhöhe ist mit "+2,60 m" eingezeichnet. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Fehlbezeichnung; im Plan ist mit Bleistift diese Kotierung durchgestrichen und "ca. +100" hinzugefügt.

Im Süden grenzt an das zu bebauende Grundstück das Grundstück Nr. 220/33 der Beschwerdeführerin. (Die beschwerdegegenständliche Garage soll daher 50 cm von der nördlichen Grenze des Grundstückes der Beschwerdeführerin an der Ostseite errichtet werden.)

Die Beschwerdeführerin wendete gegen das Bauvorhaben in der mündlichen Verhandlung vom 5. April 2000 ein:

"1.) Der Lageplan stimmt nicht überein mit dem gegenständlichen Bebauungsplan.

2.) Das geplante Bauvorhaben widerspricht dem geltenden Bebauungsplan und der O.ö. BauO (VwGH Zl. 92/05/0339 vom 31.1.1995).

3.) Durch die Abwässer im Zusammenhang mit der zu errichtenden Zufahrt kommt es zur Verletzung subjektiver Nachbarrechte.

4.) Es wird darauf hingewiesen, dass bestehende Kanalführungen nicht eingezeichnet sind.

5.) Es wird darauf hingewiesen, dass hinsichtlich des zugrunde liegenden Bebauungsplanes eine Überprüfung beim VfGH anhängig ist und einer allenfalls zunächst erteilten Baubewilligung mit Aufhebung des Bebauungsplanes durch den VfGH die Grundlage entzogen wird, sodass schon jetzt die Bauwerber darauf hingewiesen werden, dass dadurch ein rechtswidriger Zustand geschaffen würde und in diesem Zusammenhang mit einer Entfernung gerechnet werden müsste."

Der beigezogene Bausachverständige führte in seinem Befund aus:

"Festzuhalten ist, dass auf Grund der gegebenen Geländeverhältnisse das fertige Straßenniveau um etwa 80 cm über dem von der Garagenbebauung betroffenen Grundstücksbereich liegt. Die Garagenzufahrt wird somit fallend (ausgehend von der öffentlichen Verkehrsfläche) mit eine Neigung von maximal 5 % ausgebildet. Gegen ein Eindringen von Oberflächenwasser in den Garagenraum wird deshalb - im Sinne der Grundrissdarstellung - unmittelbar vor den der Straße zugewandten Garagentoren ein Rigol angeordnet, welches in den bestehenden Regenwasserkanal eingebunden wird. Ferner wird durch die Antragsteller (Bauwerber) erklärt, dass im Zuge der Befestigung des Garagenvorplatzes ein Quergefälle Richtung Norden berücksichtigt wird, sodass die im Bereich dieser Zufahrt anfallenden Oberflächenwässer (Regenwässer) nicht auf Nachbargrund abfließen können. Ebenso werden die anfallenden Dachwässer in den bereits bestehenden Regenwasserkanal eingeleitet.

...

Zur Einwendung unter Punkt 1.) der Stellungnahme der Nachbarin Frau G. (Beschwerdeführerin) ist festzuhalten, dass der Lageplan im vorliegenden Einreichplan grundsätzlich eine Kopie des angeführten Bebauungsplanes darstellt (die Grundgrenzen stimmen mit dem Bebauungsplan überein), lediglich entspricht die Lage des bestehenden Hauptgebäudes (im Einreichplan) nicht grundsätzlich der Ausweisung in der vorgelegten Bebauungsgrundlage.

Da den Gegenstand der heutigen Verhandlung ausschließlich die Errichtung des freistehenden Nebengebäudes bildet, wird die Exaktheit der Lage des (nicht verfahrensgegenständlichen) Wohngebäudes als nicht verfahrensrelevant erachtet.

..."

Im Gutachten führte der Sachverständige aus, dass das Bauvorhaben projektsgemäß (entsprechend dem Bauplan einschließlich der Baubeschreibung) unter Berücksichtigung der bei der Planprüfung im Befund dargestellten Änderungen und Ergänzungen auszuführen sei.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde wurde die beantragte Baubewilligung unter Nebenvorschriften erteilt. U.a. wurde ausdrücklich angeordnet:

"Das Bauvorhaben ist projektgemäß (entsprechend dem Bauplan einschließlich der Baubeschreibung) unter Berücksichtigung der bei der Planprüfung im Befund dargestellten Abänderungen und Ergänzungen auszuführen."

Die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden abgewiesen.

Der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin wurde keine Folge gegeben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Vorstellung der Beschwerdeführerin mit der Feststellung keine Folge gegeben, dass die Beschwerdeführerin durch den Berufungsbescheid in ihren Rechten nicht verletzt wird. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, der Vorwurf der unrichtigen Besetzung des Gemeinderates treffe nicht zu. Richtig sei zwar, dass der Vizebürgermeister anlässlich der mündlichen Bauverhandlung als Verhandlungsleiter fungiert habe. Der daraufhin erlassene Baubewilligungsbescheid vom 26. April 2000 sei jedoch vom Bürgermeister unterzeichnet und daher ausschließlich diesem zuzurechnen. Es sei nicht rechtswidrig, wenn daher der Vizebürgermeister am Zustandekommen der Berufungsentscheidung mitgewirkt habe. Die Mitwirkung eines befangenen Gemeindeorganes bilde nur dann einen wesentlichen Verfahrensmangel, wenn der Gemeinderat bei Abwesenheit des befangenen Organes nicht beschlussfähig gewesen wäre und wenn ohne dessen Stimme die für die Beschlussfassung erforderliche Stimmenmehrheit nicht zustande gekommen wäre. Davon könne jedoch bei 17 Ja-Stimmen und einer Stimmenthaltung keine Rede sein. Vor der Abstimmung sei das Berufungsvorbringen und damit auch die Begründung des Bescheidentwurfes diskutiert worden. Es könne keine Rede davon sein, dass nur der Spruch der Entscheidung der Beschlussfassung unterzogen worden wäre. Die Planunterlagen müssten nur ausreichen, um dem Nachbarn die Möglichkeit zu geben zu erkennen, inwieweit durch das Bauvorhaben in seine Rechte eingegriffen werden könnte. Die fehlerhafte Kotierung in der Schnittdarstellung der Garage stelle sich als nicht relevanter bloßer "Schreibfehler" dar. Dieser Planmangel habe die Beschwerdeführerin nicht außer Stande gesetzt, die Beeinträchtigung ihrer Rechte zu beurteilen. Gleiches gelte für die fehlerhafte Darstellung des Baubestandes im Lageplan und die Nichtdarstellung bestehender Kanäle im Einreichplan. Aus dem Verwaltungsakt gehe hervor, dass die Abwässer über ein Rigol unmittelbar vor den Garagentoren in den bestehenden Regenwasserkanal eingebunden würden.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 25. Februar 2002, B 2228/00-8, die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetreten. Unter anderem führte der Verfassungsgerichtshof in diesem Beschluss aus:

"Soweit in der Beschwerde aber die Gesetzwidrigkeit des Bebauungsplanes Nr. 13 'Berghuber' vom 25. März 1999 der Gemeinde Hofkirchen im Traunkreis behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Zustandekommen eines Bebauungsplans (zB VfSlg. 14.757/1997), zur Rechtmäßigkeit der Planänderung (zB VfSlg. 13.825/1994) und im Hinblick darauf, dass (kleinere) Verstöße gegen Formvorschriften bei der Auflage von Entwürfen und der Verständigung darüber keine Gesetzwidrigkeit des Zustandekommens des Planes bewirken, wenn dadurch die Unterrichtung der betroffenen Gemeindebürger über die beabsichtigten Planungsmaßnahmen nicht beeinträchtigt wird (zB VfSlg. 8.463/1978, 9150/1981, 10.208/1984), die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat."

Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die erstmitbeteiligte Gemeinde erstattete ebenfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin hält auch vor dem Verwaltungsgerichtshof an ihrer Auffassung fest, dass die Abstimmung über die Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid in einer rechtswidrigen Entscheidungsfindung des Gemeinderates unter Zuziehung des Vizebürgermeisters, welcher auch am 5. April 2000 Verhandlungsleiter der Bauverhandlung gewesen sei, zustande gekommen sei.

Mit diesem Vorbringen macht die Beschwerdeführerin eine Befangenheit eines Verwaltungsorganes im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG geltend. Nach dieser Gesetzesstelle haben sich im Berufungsverfahren Verwaltungsorgane der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides in unterer Instanz mitgewirkt haben.

Dieser Befangenheitsgrund liegt - wie auch die belangte Behörde bereits ausgeführt hat - nur dann vor, wenn das Verwaltungsorgan unmittelbar an der Erzeugung des den förmlichen Akt darstellenden Spruches in unterer Instanz teilgenommen hat. Keinesfalls kann aber bereits eine andere Betätigung in dem vorangegangenen Verfahren - wie z.B. die Durchführung der mündlichen Verhandlung - als Mitwirkung an der Erlassung eines Bescheides angesehen werden (vgl. hiezu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998) bei E 112 zu § 7 AVG, Seite 177 f, wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Wenn der Bürgermeister - wie im Beschwerdefall - einen sog. Intimationsbescheid des Gemeinderates unterfertigt, kann auch diese nach der Beschlussfassung über die Berufung vorgenommene Handlung nicht als Mitwirkung am Berufungsverfahren angesehen werden. Durch die bloße Ausfertigung des Beschlusses des Gemeinderates über die Berufung durch den Bürgermeister ist ein Mitwirken an der Erlassung des Berufungsbescheides nicht gegeben (vgl. hiezu Walter/Thienel, a.a.O., Seite 179 f). Selbst wenn ein befangenes Gemeindeorgan an der Entscheidung mitgewirkt hätte, läge nur dann ein wesentlicher Verfahrensmangel vor, wenn der Gemeinderat bei Abwesenheit des befangenen Organes nicht beschlussfähig gewesen wäre oder wenn ohne dessen Stimme die für die Beschlussfassung erforderliche Stimmenmehrheit nicht zustande gekommen wäre. Zutreffend hat die belangte Behörde darauf verwiesen, dass im Beschwerdefall eine allfällige Befangenheit des Vizebürgermeisters nichts an der erforderlichen Stimmenmehrheit für die Abweisung der Berufung der Beschwerdeführerin geändert hätte.

Der Gemeinderat soll die Begründung des Spruches nicht in die Abstimmung einbezogen haben.

Auch dieses Vorbringen der Beschwerdeführerin trifft nicht zu. Im Protokoll zur Gemeinderatssitzung ist ausdrücklich festgehalten, dass der Bescheidentwurf Grundlage für die Beratung und Abstimmung sei. Wenn für die Abstimmung im Gemeinderat auch erforderlich ist, dass auch über die Begründung in den wesentlichen Zügen abzustimmen ist, kann kein Verfahrensmangel darin liegen, dass bereits vor der Entscheidungsfindung im Gemeinderat ein Bescheidentwurf vorlag, wie dies die Beschwerdeführerin meint.

Die Beschwerdeführerin rügt, dass die belangte Behörde nicht als rechtswidrig angesehen habe, dass die Projektsunterlagen hinsichtlich der Höhenkoten falsch seien und die vorhandenen Kanäle nicht in den Lageplan eingezeichnet seien.

Die Beschwerdeführerin zeigt jedoch mit diesem Vorbringen nicht auf, inwiefern sie durch die fehlerhaften Angaben der Höhenkoten und die fehlende Darstellung der vorhandenen Kanäle in ihren geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt ist.

Im Baubewilligungsbescheid wurde ausdrücklich angeordnet, dass das Bauvorhaben projektsgemäß unter Berücksichtigung der im Befund des beigezogenen bautechnischen Sachverständigen angeführten Änderungen und Ergänzungen auszuführen ist. Damit ist Inhalt des Baubewilligungsbescheides, dass die Oberflächenwässer in den vorhandenen Regenwasserkanal einzuleiten seien und im Zuge der Befestigung des Garagenvorplatzes ein Quergefälle derart herzustellen sei, dass die anfallenden Oberflächenwässer nicht auf das Grundstück der Beschwerdeführerin abfließen können. Subjektivöffentliche Rechte der Beschwerdeführerin können daher diesbezüglich nicht beeinträchtigt werden. Eine weitere Präzisierung durch Auflagen war nicht mehr geboten.

Mit ihrem Vorbringen, dass entlang der Garagenzufahrt von den mitbeteiligten Bauwerbern ein Blumenbeet angelegt und ein Holzgerüst mit Pflanzen unmittelbar an die Garagenwand der Beschwerdeführerin montiert worden sei, macht die Beschwerdeführerin keine Verletzung der durch die O.ö. Bauordnung gewährten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte geltend.

Die Beschwerdeführerin vermag daher eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 15. Juli 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002050460.X00

Im RIS seit

13.08.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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