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25 Strafprozeß, StrafvollzugNorm
B-VG Art137 - Art145Leitsatz
Zurückweisung eines per Fax eingebrachten Antrages auf Gewährung einer Ausnahme von der vierwöchigen Rechtsmittelfrist im Strafprozeßrecht "analog" zum WEB-Prozeß; keine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Erteilung von "Ausnahmebewilligungen" von Rechtsmittelfristen; bei Auslegung als Individualantrag Unzulässigkeit aufgrund res iudicata infolge Aufhebung der fraglichen Frist in §285 Abs1 StPO mit E v 16.03.00, G151/99Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Mit vom 4.4.2000 datiertem Fax stellt der in den USA wohnhafte Einschreiter "den Antrag und bitte(t) den Verfassungsgerichtshof gem. Art6 MRK um Gewaehrung der Ausnahme von der 4-woechigen Rechtsmittelfrist gem. Par. 285 Abs1 StPO, analog zur Entscheidung im WEB-Prozeß".
Begründend bringt der Antragsteller vor, daß gegen ihn am Landesgericht Innsbruck ein Strafverfahren anhängig sei, das ursprünglich am 12.9.1985 vom Landesgericht Wels eingeleitet worden sei und somit bereits seit 15 Jahren anhängig sei. Sowohl das Zwischenverfahren als auch die vom 11.10.1999 bis 24.11.1999 dauernde, 27-tägige Hauptverhandlung seien unter Verletzung des Art6 EMRK geführt worden. Nach einer Anklageausdehnung seien seine Anträge auf Einräumung ausreichender Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung der Verteidigung vom Gericht abgewiesen worden. Die mündliche Urteilsverkündigung sei in seiner Abwesenheit erfolgt; am selben Tag sei auch vom Landesgericht Innsbruck ein Haftbefehl erlassen worden. Das schriftliche Urteil sei seinen Verteidigern in Innsbruck vor kurzem zugestellt worden; die Übermittlung des Urteiles in die USA sowie die Rücksendung dauere mindestens je eine Woche. In den verbleibenden zwei Wochen könne niemand ein Urteil von 450 Seiten lesen, einen Entwurf für eine Nichtigkeitsbeschwerde ausarbeiten und das Urteil widerlegen. Aufgrund der nur 4-wöchigen Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde gem. §285 Abs1 StPO habe er nicht die ihm gem. Art6 EMRK gebührende ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung der Verteidigung. Im übrigen seien seine beiden Verteidiger in der 4-wöchigen Frist schon anderweitig beschäftigt.
2. Der Antrag ist unzulässig.
Der Verfassungsgerichtshof ist für die Erteilung von "Ausnahmebewilligungen" von Rechtsmittelfristen der StPO nicht zuständig. Die Zuständigkeiten des Verfassungsgerichtshofes sind in den Art137 bis 145 B-VG vielmehr taxativ aufgezählt.
Sollte der Antragsteller sich mit seinem Antrag gegen die 4-wöchige Frist des §285 Abs1 StPO wenden, also einen Individualantrag gem. Art140 B-VG intendieren, so liegt hinsichtlich dieser Norm Unzulässigkeit des Antrages aufgrund von res iudicata vor.
Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich über bestimmt umschriebene Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes (hier §285 Abs1 StPO) nur ein einziges Mal zu entscheiden (VfSlg. 10578/1985, 12661/1991, 13085/1992 u.a.).
Die 4-wöchige Frist zur Ausführung einer Nichtigkeitsbeschwerde in §285 Abs1 StPO ist vom Verfassungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom 16.3.2000, G151/99 u.a. aufgehoben worden.
Der Antrag war daher zurückzuweisen.
Dies konnte gem. §19 Abs3 Z1 lita und d VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne mündliche Verhandlung beschlossen werden.
Schlagworte
Auslegung eines Antrages, Rechtskraft, Strafprozeßrecht, Rechtsmittel, VfGH / Aufhebung Wirkung, VfGH / ZuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:G44.2000Dokumentnummer
JFT_09999594_00G00044_00