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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO NÖ 1996 §35 Abs2 Z3;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2003/05/0035Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerden der Eva Limbeck in Klosterneuburg, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in 1014 Wien, Tuchlauben 17, gegen die Bescheide der Niederösterreichischen Landesregierung vom 22. August 2002, Zlen.
1.
RU1-V-02078/00, betreffend Versagung einer Baubewilligung und
2.
RU1-V-02078/02, betreffend Abbruchauftrag (mitbeteiligte Partei: jeweils Stadtgemeinde Klosterneuburg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 763,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der Grundstücke Nr. 2003/1 und 2003/2, EZ 2533, GB Klosterneuburg. Für das Grundstück Nr. 2003 (ohne Bruchzahl) war mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 9. September 1952 eine Bewilligung gemäß § 71 der Bauordnung für Wien für eine Gerätehütte erteilt worden.
Am 28. März 2001 wurde eine baupolizeiliche Überprüfung auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin in deren Anwesenheit durchgeführt. Festgestellt wurde, dass in jenem Bereich der Liegenschaft der Beschwerdeführerin, der als Grünland-Landwirtschaft gewidmet ist, eine Gerätehütte mit einer Länge von 4 m, einer Breite von 3 m und einer Gebäudehöhe von 2,10 m in Riegelbauweise errichtet wurde. Das Satteldach ist mit Villas-Schindeln und Dachpappe gedeckt. Nach Angabe der Beschwerdeführerin wurde diese Hütte im Jahre 1994 errichtet. Festgestellt wurde weiters, dass diese Hütte mit der im Jahre 1952 gegen Widerruf (§ 71 WBO) bewilligten Hütte nichts zu tun hat. Die im Jahre 1952 bewilligte Hütte war an einem anderen Standort errichtet gewesen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 29. März 2001 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 der NÖ Bauordnung 1996 aufgetragen, die im Grünland liegende Gerätehütte mit dem Ausmaß von ca. 3 m x 4 m, die im "Landschaftsschutzgebiet Wienerwald" errichtet wurde, innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides zu entfernen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, der Abbruch dieses Objektes stelle für sie eine persönliche Härte dar. In der abzubrechenden Hütte befänden sich Gartengeräte wie Rechen, Vertikutierer, Häcksler, Rasenmäher, etc., die sie infolge ihres Alters nur sehr schwer vom genehmigten Wohnhaus in den lang gezogenen Garten bringen könne. Der Garten unterliege keinerlei landwirtschaftlicher Nutzung, sondern finde als Obstgarten Verwendung.
Gleichzeitig brachte die Beschwerdeführerin ein nachträgliches Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung für die Gerätehütte ein. Nachdem die Beschwerdeführerin aufgefordert worden war, den Antrag um Erteilung der Baubewilligung zu ergänzen und insbesondere ein Betriebskonzept vorzulegen, wurde nach dessen Vorlage ein Gutachten eines Sachverständigen für Agrartechnik eingeholt. In diesem wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe angegeben, keinerlei Landwirtschaft zu betreiben, ihr Obst finde innerhalb der Familie und im Freundeskreis Verwendung. Nach Vorhalt dieses Gutachtens an die Beschwerdeführerin versagte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 25. Jänner 2002 die beantragte Baubewilligung. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin die Werkzeughütte nicht für eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung benötige. Es könne eine Baubewilligung wegen Widerspruch zum Flächenwidmungsplan nicht erteilt werden. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin zusammengefasst aus, es könne sehr wohl ein außerhalb der landwirtschaftlichen Nutzung (hier Obstgarten) stehendes Gebäude erforderlich sein. Die Erforderlichkeitsprüfung umfasse logischer Weise auch die Prüfung der persönlichen Verhältnisse.
Mit Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 3. April 2002 wurde die Berufung gegen die Versagung der Baubewilligung als unbegründet abgewiesen.
Mit Bescheid vom 28. Mai 2002 hat der Stadtrat auch die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Abbruchauftrag als unbegründet abgewiesen.
Den gegen beide Bescheide eingebrachten Vorstellungen der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit jeweils einem Bescheid vom 22. August 2002 keine Folge gegeben.
Die Behandlung der gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 24. Februar 2003, B 1503/02-11, B 1504/02-8, abgelehnt und die Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In den über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerden wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit je einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.
Auch die mitbeteiligte Partei hat für die Aktenvorlage einen Kostenzuspruch beantragt, von der Erstellung einer Gegenschrift jedoch Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zunächst beschlossen, die beiden Beschwerden wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung zu verbinden.
In der Sache selbst hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin räumt ein, dass für die Werkzeughütte keine Baubewilligung erteilt wurde, sie bestreitet aber, dass die Werkzeughütte ein Gebäude und somit bewilligungspflichtig sei.
Gemäß § 4 Z. 3 der NÖ Bauordnung 1996 (BO) ist ein Bauwerk ein Objekt, dessen fachgerechte Herstellung ein wesentlichen Maß an bautechnischen Kenntnissen erfordert und das mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist. Nach Z. 6 dieser Bestimmung ist ein Gebäude ein oberirdisches Bauwerk mit einem Dach und wenigstens zwei Wänden, welches von Menschen betreten werden kann und dazu bestimmt ist, Menschen, Tiere oder Sachen zu schützen.
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass es sich bei der gegenständlichen Werkzeughütte um eine bauliche Anlage mit einem Dach und wenigstens zwei Wänden (nach der Aktenlage weist sie vier Wände auf) handelt. Laut dem Beschwerdevorbringen ist diese Anlage dazu bestimmt, Arbeitsgeräte zu schützen und kann auch betreten werden, um die Arbeitsgeräte unterzubringen bzw. zu entfernen. Aus der Beschwerde geht auch hervor, dass die Hütte auf Grund ihrer Konstruktion jederzeit leicht abgebaut und wieder errichtet werden kann.
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt, so auch im hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1978, Zl. 610/76 (Slg. Nr. 9657/A), ausgesprochen hat, ist eine "Verbindung mit dem Boden" auch dann anzunehmen, wenn eine Anlage zwar so, wie sie ausgeführt wurde bzw. ausgeführt werden soll, keine Verbindung mit dem Boden hat, eine solche aber bei ordnungsgemäßer Ausführung nach den Regeln der technischen Wissenschaften haben müsste. Das Kriterium der Notwendigkeit bautechnischer Kenntnisse muss auch dann angenommen werden, wenn eine Anlage zwar laienhaft gestaltet ist, nach den Regeln der technischen Wissenschaften aber einer Ausführung unter Verwertung bautechnischer Kenntnisse bedürfte, wozu auch Erkenntnisse auf dem Gebiete der Statik gehören, weil sonst in dieser Beziehung der widersinnige Zustand einträte, dass eine nicht ordnungsgemäß ausgeführte Anlage bewilligungsfrei bliebe, während eine ordnungsgemäß ausgeführte Anlage einer Bewilligung unterworfen wäre.
Der Beschwerdefall gibt keine Veranlassung, von dieser Rechtsansicht abzurücken. Die 12 m2 große, 2,10 m hohe Hütte, die mit einem Schindeldach ausgestattet ist, bedürfte zu ihrer fachgerechten, ordnungsgemäßen Herstellung eines solchen wesentlichen Maßes an bautechnischen Kenntnissen, dass ein Ab- oder Einstürzen des Daches sowie eine sturm- und kippsichere Verankerung gewährleistet ist, da nur so das öffentliche Interesse an der Vermeidung von Verletzungen oder Gefahren für Personen berücksichtig wird. Dasselbe gilt für die kraftschlüssige Verbundenheit mit dem Boden: Zufolge dem Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung ist die Hütte auf Ziegelsteinen aufgesetzt ("Punktfundament"), sodass durch das Gewicht des Daches und das Eigengewicht der Außenmauern auf dieses Punktfundament eine kraftschlüssige Verbindung mit dem Boden gegeben ist. Dass diese oder ähnliche Werkzeughütten als Bausatz in einem Baumarkt gekauft werden und ohne besondere Fachkenntnisse aufgestellt werden können, vermag an dem Umstand nichts zu ändern, dass in einem derartigen Fall, ähnlich einem Fertigteilhaus, die erforderlichen bautechnischen Kenntnisse nicht primär am Ort der Aufstellung, sondern zum Teil bereits anlässlich der serienmäßigen Herstellung eingebracht werden.
Entgegen den Beschwerdeausführungen handelt es sich somit bei der Werkzeughütte um ein Gebäude.
Gemäß § 14 Z. 1 BO bedürfen Neu- und Zubauten von Gebäuden einer Baubewilligung.
Gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 BO hat die Baubehörde den Abbruch eines Bauwerks anzuordnen, wenn für das Bauwerk keine Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) vorliegt und das Bauwerk unzulässig ist (§ 15 Abs. 3 und § 23 Abs. 1) oder der Eigentümer den für die fehlende Bewilligung erforderlichen Antrag oder die Anzeige nicht innerhalb der von der Baubehörde bestimmten Frist ab der Zustellung der Aufforderung hiezu eingebracht hat.
Die Beschwerderüge, die Baubehörden hätten die Beschwerdeführerin nicht im Sinne des § 35 Abs. 2 Z. 3 BO aufgefordert, innerhalb einer bestimmten Frist um Baubewilligung anzusuchen, vermag die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil die Beschwerdeführerin rechtzeitig mit der Berufung gegen den Abbruchauftrag des Bürgermeisters ein Ansuchen um Erteilung der nachträglichen Baubewilligung eingebracht hat. Die Behörde ist aber nicht gehalten, bei Vorliegen eines Ansuchens um Erteilung einer Baubewilligung, das der Einschreiter ohne diesbezügliche Aufforderung eingebracht hat, nochmals eine Frist zur Erbringung eines Ansuchens einzuräumen.
In der Verfahrensrüge tadelt die Beschwerdeführerin, dass ihr im Abbruchverfahren das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens betreffend die Erforderlichkeit der Hütte im Sinne des § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 nicht zur Kenntnis gebracht worden sei, sondern dass dies nur im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens geschehen sei. Die Beschwerdeführerin hat es aber dabei unterlassen, durch konkretes tatsächliches Vorbringen aufzuzeigen, zu welchem anderen Ergebnis die Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften hätte kommen können. Damit hat sie die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan, sodass diese Verfahrensrüge der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen kann (vgl. die bei Dolp3, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 616 oben zitierte hg. Judikatur).
Gemäß § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 ist im Grünland ein bewilligungs- oder anzeigepflichtiges Bauvorhaben gemäß der NÖ Bauordnung 1996 nur dann und in jenem Umfang zulässig, als dies für eine Nutzung gemäß Abs. 2 erforderlich ist und eine nachhaltige Bewirtschaftung erfolgt. Bei der Erforderlichkeitsprüfung ist darauf Bedacht zu nehmen, ob für das beabsichtigte Bauvorhaben geeignete Standorte im gewidmeten Bauland auf Eigengrund zur Verfügung stehen.
Nach der ständigen hg. Judikatur ist bei der Beantwortung der Frage, ob eine Baulichkeit für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung erforderlich ist, an die hiefür maßgeblichen Kriterien ein strenger Maßstab anzulegen. Bei der Frage der Zulässigkeit eines Bauvorhabens nach § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 hat die Behörde zunächst zu prüfen, ob eine geplante landwirtschaftliche Nutzung zumindest die Annahme eines landwirtschaftlichen Nebenerwerbs rechtfertigt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 24. April 1990, Zl. 89/05/0232). Zur Vermeidung missbräuchlicher Aushöhlung der Ziele der Raumordnung, insbesondere zur Vorkehrung gegen die Zersiedelung, hat der Verwaltungsgerichtshof daher das Vorliegen betrieblicher Merkmale, d.h., eine planvolle, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit für wesentlich erachtet. In seinem Erkenntnis vom 7. September 1993, Zl. 93/05/0074, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass ein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb nur dann vorliegen kann, wenn nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass die aus der geplanten Tätigkeit zu erwartenden Einnahmen auf Dauer unter den damit zusammenhängenden Ausgaben bleiben. Wie dem Gutachten des Amtssachverständigen für Agrartechnik D.I. S. vom 11. Dezember 2001 zu entnehmen ist, liegt dem Bauansuchen ein Betriebskonzept der Beschwerdeführerin vom 27. November 2001 zu Grunde. In diesem Konzept wird mehrfach festgehalten, dass es sich bei der Liegenschaft um keinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb handelt, sondern um ein privates Wohnhaus mit einem Obstgarten. Die Erträge des Obstgartens würden ausschließlich für den Eigenbedarf genutzt (Familie, Freunde), ein Verkauf werde nicht vorgenommen. Dadurch würden auch keinerlei Einnahmen erzielt. Eine landwirtschaftliche Nutzung bestehe daher im gegenständlichen Fall nicht. Auf Grund der Ausführungen der Beschwerdeführerin und des Gutachtens des Amtssachverständigen konnten schon die Baubehörden zu Recht davon ausgehen, dass das gegenständliche Gebäude für keine landwirtschaftliche Nutzung erforderlich und damit gemäß § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 im Grünland unzulässig ist. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin bietet § 19 Abs. 4 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 keine Möglichkeit, zu der von der Beschwerdeführerin gewünschten Interpretation zu gelangen, wonach die privaten Erfordernisse zu berücksichtigen seien und eine Werkzeughütte zur Bewirtschaftung eines privaten Obstgartens zulässig sei.
Da somit sowohl der Abtragungsauftrag zu Recht ergangen ist als auch mit Recht die Baubewilligung wegen Widerspruchs zur ausgewiesenen Flächenwidmung versagt wurde, erweisen sich die Beschwerden als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Stadtgemeinde war abzuweisen, weil für den Mitbeteiligten gemäß § 48 Abs. 3 VwGG kein Ersatz für den Vorlageaufwand vorgesehen ist.
Wien, am 16. September 2003
Schlagworte
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Planung Widmung BauRallg3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003050034.X00Im RIS seit
17.10.2003