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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde des C in S, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 23. Juni 2000, Zl. UVS-11/10.136
u. 10.137/21-2000, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit; Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem - nach Durchführung öffentlicher mündlicher Verhandlungen -
im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 23. Juni 2000 wurde der Beschwerdeführer - unter Bedachtnahme auf die aus den beiden erstinstanzlichen Straferkenntnissen des Bürgermeisters der Stadt Salzburg vom 25. Februar 1999 übernommenen Spruchteilen - der Begehung von insgesamt sechs Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) dahingehend für schuldig befunden, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P Gesellschaft mbH mit Sitz in S zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin sechs namentlich genannte Ausländer (jeweils chinesische Staatsangehörige) zu dem im Spruch der Straferkenntnisse jeweils umschriebenen Tatzeiten ohne arbeitsmarktbehördliche Genehmigung beschäftigt habe.
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer nach dem ersten Strafsatz des "§ 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a" (richtig wohl: § 28 Abs. 1 Z. 1) AuslBG insgesamt sechs Geldstrafen in Höhe von S 25.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe fünf Tage), S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe vier Tage), zweimal S 17.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils drei Tage und zwölf Stunden) und zweimal S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils drei Tage) sowie Kostenbeiträge von insgesamt S 11.000,-- für das erstinstanzliche Verfahren und insgesamt S 23.210,-- (einschließlich der Dolmetschkosten) für das Berufungsverfahren verhängt.
In tatsächlicher Hinsicht legte die belangte Behörde ihrer Entscheidung - nach ausführlicher Wiedergabe des Verfahrensverlaufes und sämtlicher im Berufungsverfahren abgelegten Aussagen - folgenden Sachverhalt zugrunde:
"Ergebnis dieses Ermittlungsverfahrens ist also, dass die am 3.12.1997 angetroffenen chinesischen Arbeitskräfte unbestrittenermaßen mit Renovierungs-/Umbauarbeiten im gegenständlichen China-Restaurant des Beschuldigten beschäftigt waren, und zwar laut deren Angaben unterschiedlich lange. Daraus resultieren die unterschiedlichen Tatzeiten und letztlich auch die unterschiedlichen Strafhöhen. Die Arbeiter hatten bei der Familie C freie Kost und Quartier, überdies wurde an eine dieser Personen pauschal eine Akontozahlung (S 50.000,-- laut Frau Y, S 80.000,-- laut Rechtsvertretung) geleistet. Die Tätigkeit der chinesischen Arbeitskräfte auf der Baustelle der Familie C erfolgte also entgeltlich. Die Berufungsbehörde kann aufgrund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse den Beschuldigtenangaben, wonach er auf die Vortäuschung einer 'W GesmbH' hereingefallen sei, keinen Glauben schenken. Es haben nämlich nicht nur die festgenommenen Arbeiter überhaupt keine Andeutung in der Richtung gemacht, dass sie bei einer GesmbH in W beschäftigt seien, auch die von der Gattin des Beschuldigten vorgelegten Zeitungsausschnitte sprechen nur kryptisch von einem speziellen Service für Chinesen und enthalten als Kontaktinformation lediglich Telefonnummernangaben, jedoch keinen Hinweis auf eine W Gesellschaft mbH oder sonstige Namens- bzw. Firmenangaben. Möglich ist zwar, dass der Beschuldigte die Vereinbarungen bezüglich des Umbaues mit einem 'Sprecher' der Arbeiter ('Meister X') getroffen hat, für eine Beautragung einer W GesmbH liegen überhaupt keine Anhaltspunkte (vor allem kein Schriftverkehr, wie es unter Firmen üblich ist) vor.
Ein mangelndes Verschulden liegt beim Beschuldigten nicht vor, sondern vielmehr grobe Fahrlässigkeit, wenn er auf die Angaben des Herrn 'X' über das Vorhandensein von entsprechenden Papieren einfach vertraut hat, ohne eigene Überprüfungen durchzuführen. Da hinsichtlich der Tätigkeit dieser am 3.12.1997 festgenommenen chinesischen Arbeitskräfte keine arbeitsmarktbehördliche Bewilligung vorgelegen ist, hat die Erstinstanz zurecht drei Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes konstatiert.
Auch die Schuldsprüche betreffend die am 13.12.1997 angetroffenen Arbeiter ergingen zu Recht. Die Version des Beschuldigten und seiner Gattin, wonach die Arbeiter nur die am 3.12.1997 liegen gelassenen Geräte und Materialien mitnehmen wollten, klingt vor allem aufgrund der Angaben des Zeugen Bez Insp. L äußerst unglaubwürdig. Dieser hat nämlich bei der Kontrolle die Arbeiter zunächst in einem Heizraum, in dem sie sich versteckt hatten, gestellt, und hiebei zB noch nicht eingetrocknete Farbreste auf Kleidung und Haut bei zumindest einem der Arbeiter bemerkt, dazu korrespondierend offene Farbtöpfe. Auch die Arbeiter selbst haben bei ihren Einvernahmen von einer Arbeitsbetätigung auf der Baustelle und nicht von einem Zusammenräumen für die 'W GesmbH' gesprochen. Es ist auch logisch nachvollziehbar, dass die am 3.12.1997 unterbrochenen Umbauarbeiten weitergeführt werden mussten und daher der Beschuldigte sich offensichtlich nach Ersatz für die am 3.12.1997 festgenommenen Arbeiter umgesehen hat. Hinsichtlich dieser Beschäftigung muss dem Beschuldigten daher nicht nur Fahrlässigkeit, sondern Vorsatz vorgeworfen werden, da er spätestens nach dem Vorfall am 3.12.1997 eine besondere Sorgfalt hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes hätte an den Tag legen müssen und hätte wissen müssen, dass er Arbeiter ohne Beschäftigungsbewilligung beschäftigt und somit Verwaltungsübertretungen begeht."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem "Recht auch Nichtbestrafung" verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten der beiden Verwaltungsstrafverfahren vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt als Verfahrensmangel, dass die belangte Behörde im Sinne seiner Beweisanträge "die spruchgegenständlichen Chinesen" nicht ausgeforscht, nicht geladen und nicht als Zeugen einvernommen habe. Die Aussagen der "festgenommenen Chinesen" hätten den Feststellungen nicht zugrunde gelegt bzw. nicht als Beweisergebnis verwertet werden dürfen, weil er bei der Vernehmung dieser Personen sein Fragerecht nicht habe ausüben können.
Der behauptete Verfahrensmangel liegt aus folgenden Erwägungen nicht vor:
Unbestritten ist, dass der Aufenthaltsort der "festgenommenen" bzw. "spruchgegenständlichen" chinesischen Staatsangehörigen unbekannt ist; ladungsfähige Anschriften vermag weder der Beschwerdeführer anzugeben, noch sind solche aus den vorgelegten Verwaltungsakten zu erkennen. Dokumente über die Identität der chinesischen Staatsangehörigen (etwa Reisedokumente) liegen nach den von der Bundespolizeidirektion Salzburg aufgenommenen Niederschriften nicht vor bzw. fehlen Ermittlungsergebnisse darüber, dass die von den chinesischen Staatsangehörigen zu ihrer Person gemachten Angaben tatsächlich richtig sind. In diesem Zusammenhang ist auf die Anhaltemeldung vom 13. Dezember 1997 zu verweisen, wonach einer dieser chinesischen Staatsangehörigen eine Flüchtlingskarte mit einem Lichtbild vorwies, welches in keiner Weise seinem Aussehen entsprach. Nach der Meldung der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 3. Dezember 1997 versuchte einer dieser chinesischen Staatsangehörigen zu flüchten (er wurde daraufhin mit Handfesseln mittels "Heinrich" transportiert) und bei keiner der angetroffenen chinesischen Staatsangehörigen konnte seine Identität geprüft oder festgestellt werden; EKIS-Anfragen mussten - nach der genannten Meldung der Bundespolizeidirektion Salzburg - unterbleiben, weil keinerlei Daten bekannt gewesen seien. Nach den in den vorgelegten Akten der Strafbehörde erster Instanz befindlichen Niederschriften wurden die chinesischen Staatsangehörigen in Schubhaft genommen und nach China abgeschoben; damit waren sie nach dem Inhalt dieser Niederschriften - abgesehen von der Drohung mit Hungerstreik durch zwei dieser chinesischen Staatsangehörigen - einverstanden.
Davon ausgehend sind die Beweisanträge des Beschwerdeführers schon deshalb undurchführbar, weil die belangte Behörde den beantragten Zeugen weder eine Ladung zustellen noch ihr Erscheinen durchsetzen konnte. Dass die beantragten Zeugen in Österreich aufhältig sind, behauptet der Beschwerdeführer nicht. Er vermag zudem nicht darzutun, welche "Ausforschung" die belangte Behörde hinsichtlich dieser nicht im Inland aufhältigen chinesischen Staatsangehörigen - deren Identität zudem zweifelhaft ist - hätte anstellen können bzw. müssen, und inwieweit dies zur Kenntnis von ladungsfähigen Anschriften dieser Personen hätte führen können.
Die mit den chinesischen Staatsangehörigen aufgenommenen Niederschriften durfte die belangte Behörde nach § 51g Abs. 3 Z. 1 VStG verlesen, weil der Aufenthalt dieser Personen unbekannt ist und ihr persönliches Erscheinen wegen entfernten Aufenthaltes (in China) nicht verlangt werden konnte. Zudem haben die Parteien nach der Verhandlungsschrift über die mündliche Verhandlung vor der belangten Behörde einer Verlesung der Vorakten im Sinne des § 51g Abs. 3 Z. 4 VStG zugestimmt. Entgegen den Behauptungen des Beschwerdeführers durften die verlesenen Aussagen der chinesischen Staatsangehörigen demnach verwertet bzw. den Feststellungen zugrunde gelegt werden.
Insoweit der Beschwerdeführer die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen als unvollständig rügt, ist zwar einzuräumen, dass diese äußerst knapp ausgefallen sind, eine wesentliche Unvollständigkeit liegt allerdings noch nicht vor und wird in der Beschwerde auch nicht aufgezeigt. Ein "Arbeits- bzw. Auftragsverhältnis" mit einer W Gesellschaft mbH konnte die belangte Behörde schon deshalb nicht feststellen, weil diese Gesellschaft nicht existiert bzw. ihr Bestand nicht nachgewiesen wurde. Hat die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Gesellschaft (in tatsächlicher Hinsicht) nicht bestanden, dann konnten die an seiner Baustelle verwendeten Ausländer nicht für eine solche "Scheingesellschaft" arbeiten bzw. von diesem nicht existierenden "Rechtssubjekt" nicht beschäftigt werden. Die W Gesellschaft mbH ist - nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens bzw. den Feststellungen der belangten Behörde - als fiktiver (eingebildeter, erdichteter) Arbeitgeber anzusehen. Der Beschwerdeführer vermag kein Beweisergebnis für den Bestand der W Gesellschaft mbH als real existierender Arbeitgeberin darzutun. Die festgestellte - und vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellte - Naturalentlohnung der verwendeten Ausländer durch den Beschwerdeführer bzw. die von ihm vertretene Gesellschaft zeigt vielmehr, dass diese Arbeitskräfte von der vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft beschäftigt wurden. Dieser Sachverhalt wird zudem durch die rechtmäßig verlesene Niederschriften der chinesischen Staatsangehörigen im Zusammenhalt mit der Aussage des Zeugen L gestützt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 22. Oktober 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000090145.X00Im RIS seit
20.11.2003