TE Vwgh Erkenntnis 2003/10/28 2003/11/0155

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Veröffentlicht am 28.10.2003
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Index

43/01 Wehrrecht allgemein;

Norm

WehrG 1990 §15 Abs1;
WehrG 1990 §23 Abs2;
WehrG 2001 §17 Abs2;
WehrG 2001 §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Dr. Herbert Schachter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rathausplatz 8, gegen den Bescheid des Militärkommandos Wien vom 17. März 2003, Zl. 9253-1112/95/03, betreffend Eignung zum Wehrdienst, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem in Beschwerde gezogenen Stellungsbeschluss vom 17. März 2003, über den dem Beschwerdeführer eine Bescheinigung (vom 17. März 2003, GBNR: W/73/11/04/06-0131) gemäß § 17 Abs. 6 Wehrgesetz 2001 ausgestellt wurde, hat die Stellungskommission des Militärkommandos Wien gemäß § 9 Abs. 1 und § 17 Abs. 2 des Wehrgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 146, geändert durch BGBl. I Nr. 103/2002, die Eignung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst mit "Tauglich" festgestellt. In der Begründung wurde hiezu ausgeführt, der Beschwerdeführer sei am 25. September 2002 bei der Stellungskommission des Militärkommandos Wien der Stellung unterzogen worden. Unter Einbeziehung der vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunde des Allergie-Zentrums Wien-West vom 10. September 2002 und des Facharztes für "Physikalmedizin und Rehabilitation und Sportmedizin" Prof. Dr. M.F. vom 7. August 2002 sei folgender Sachverhalt erhoben worden:

"Adipositas (169 cm, 82 kg)

essentielle Hypertonie

nicht näher bezeichnete Allergie gegen diverse Lebensmittel"

Diesen Sachverhalt habe der Beschwerdeführer im Zuge der Einräumung des mündlichen Parteiengehörs ohne Einwände zur Kenntnis genommen. Die zusätzlich durchgeführten Facharztuntersuchungen im Heeresspital Wien/HNO-Ambulanz und Chirurgische Ambulanz vom 9. Oktober 2002 hätten folgenden

Sachverhalt ergeben:

"Heeresspital Wien/Ambulanz für Hals-, Nasen-, Ohrenkrankheiten vom 9.10.02:

Diagnose: derzeit unauffälliger HNO Befund inklusive Hörvermögen

Heersspital Wien/Chirurgische Ambulanz vom 9.10.02:

Diagnose: Status post Schädelverletzung unklaren Ausmaßes ohne relevantes Radium verheilt; Cervicalsyndrom; Thoraxtrauma - ohne morphologisches Residuum verheilt"

Mit Schreiben der genannten Stellungskommission vom 13. Dezember 2002 sei der Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt und ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme hiezu eingeräumt worden. Eine Stellungnahme habe der Beschwerdeführer nicht abgegeben.

Auf Grund der vorliegenden Befunde bestünden aus militärärztlicher Sicht beim Beschwerdeführer für die Leistung des Grundwehrdienstes zwar gesundheitliche Einschränkungen, welche jedoch bei der Beurteilung der Dienstfähigkeit zu berücksichtigen seien. Die festgestellten Gesundheitseinschränkungen seien nach Art und Ausprägung aus militärmedizinischer Sicht nicht als so erheblich einzustufen, dass die Ausübung einer Soldatenfunktion nicht zugemutet werden könne. Die beim Beschwerdeführer festgestellten Diagnosen, wie Adipositas, essentielle Hypertonie, nicht näher bezeichnete Allergie, Cervikalsyndrom, Brustprellung und Schädelverletzung, könnten auf Grund ihrer Art, des Grades, der Schwere und ihrer Ausprägung sowohl alleine als auch im medizinischen Gesamtbild keine Untauglichkeit begründen. Die festgestellten Gesundheitseinschränkungen schlössen nicht von vorneherein aus, dass sich der Beschwerdeführer zumindest kurzzeitig rasch in Bewegung setzen, erforderlichenfalls Deckung nehmen und von der Handfeuerwaffe Gebrauch machen könne. Die festgestellten Einschränkungen stellten keine Frage der Eignung im Sinne des § 9 Wehrgesetz 2001, sondern eine Frage der Dienstfähigkeit dar. Auch solche Personen seien als "Tauglich" anzusehen, die zwar nur in sehr eingeschränkter Weise militärisch ausgebildet werden könnten, die aber dennoch für bestimmte (systemerhaltende) Dienstverrichtungen nach Absolvierung der allgemeinen Basisausbildung im Bundesheer in Betracht kämen. Nur bei gänzlicher Unmöglichkeit einer militärischen Ausbildung im eigentlichen Sinne sei eine Untauglichkeit gegeben. Gemäß § 10 der Verordnung der Bundesregierung über die allgemeinen Dienstvorschriften für das Bundesheer (ADV), BGBl. Nr. 43/1979, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 134/2001, sei sichergestellt, dass der Beschwerdeführer während der Leistung des Präsenzdienstes auf Grund der truppenärztlichen Untersuchungen nur für jene Funktionen herangezogen werde, für die er auch die Dienstfähigkeit aufweise. Anlässlich der Einstellungsuntersuchung werde daher der Truppenarzt festzulegen haben, ob und gegebenenfalls von welchen Ausbildungsvorhaben der Beschwerdeführer auf Grund seines Gesundheitszustandes zu befreien sei. Die im Stellungsuntersuchungsergebnis enthaltenen "Ausnahmeprofile" seien nur eine Empfehlung an den Truppenarzt, den Beschwerdeführer für bestimmte militärische Ausbildungsvorhaben, die mit einem erheblichen Maß an Heben und Tragen schwerer Lasten verbunden seien, zu befreien. Durch diese Maßnahmen werde sichergestellt, dass eine Verschlechterung der bei der Stellung festgestellten Gesundheitseinschränkungen während der Leistung des Präsenzdienstes vermieden werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die mit Schriftsatz vom 11. Juli 2003 ergänzte Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Wehrgesetz 2001, BGBl. I Nr. 146 i. d.F. BGBl. I Nr. 103/2002, maßgeblich.

Die einschlägigen Bestimmungen lauten (auszugsweise):

"Aufnahmebedingungen

§ 9. (1) In das Bundesheer dürfen nur österreichische Staatsbürger einberufen werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und die notwendige körperliche und geistige Eignung für eine im Bundesheer in Betracht kommende Verwendung besitzen.

...

Aufgaben der Stellungskommissionen

§ 17. ...

(2) Die Stellungskommissionen haben die Eignung der im Abs. 1 genannten Personen zum Wehrdienst auf Grund der zur Feststellung dieser Eignung durchgeführten ärztlichen und psychologischen Untersuchungen mit einem der folgenden Beschlüsse festzustellen:

'Tauglich', 'Vorübergehend Untauglich', 'Untauglich'. Erscheint für diese Feststellung eine fachärztliche Untersuchung erforderlich, so sind die Personen nach Abs. 1 von den Stellungskommissionen einer solchen Untersuchung zuzuführen. Zu den Beschlüssen der Stellungskommission bedarf es der Anwesenheit aller Mitglieder oder der nach § 16 Abs. 2 an ihre Stelle tretenden Ersatzmitglieder und der Mehrheit der Stimmen. Ein auf 'Tauglich' lautender Beschluss bedarf jedoch der Zustimmung des Arztes.

...

(6) Gegen die Beschlüsse der Stellungskommissionen nach Abs. 2 ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Die Stellungskommissionen haben den Personen nach Abs. 1 über diese Beschlüsse eine Bescheinigung auszustellen.

..."

Im hg. Erkenntnis vom 8. August 2002, Zl. 2002/11/0096, hat der Verwaltungsgerichtshof auch im Geltungsbereich des Wehrgesetzes 2001 an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten und ausgeführt, dass Personen, die zwar nur in sehr eingeschränkter Weise militärisch ausgebildet werden können, die aber dennoch für bestimmte Dienstverrichtungen im Bundesheer in Betracht kommen, als "Tauglich" im Sinne des § 17 Abs. 2 Wehrgesetz 2001 zu qualifizieren und gemäß § 41 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. im Rahmen ihrer Dienstfähigkeit zu verwenden sind. Der Dienst im Bundesheer umfasst jedenfalls eine militärische Komponente im engeren Sinn, auf die sich auch die Ausbildung der Grundwehrdiener zu erstrecken hat. In diesem Sinne ist § 9 Abs. 1 Wehrgesetz 2001 zu verstehen. Gefordert ist eine körperliche Leistungsfähigkeit, die das Bedienen einer Waffe und die Aufbringung eines Mindestmaßes an Kraftanstrengung und Beweglichkeit erlaubt, um die Grundausbildung zu absolvieren. Ein auf "Tauglich" lautender Beschluss bedarf gemäß § 17 Abs. 2 letzter Satz Wehrgesetz 2001 der Zustimmung des Arztes. Die einem solchen Beschluss zu Grunde liegende Beurteilung muss erkennen lassen, warum der Arzt der Auffassung ist, der Stellungspflichtige besitze die notwendige körperliche und geistige Eignung im oben beschriebenen Sinn.

Der angefochtene Stellungsbeschluss entspricht diesen Anforderungen.

Die Stellungskommission der belangten Behörde hat sich bei der Feststellung der Eignung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst im angefochtenen Stellungsbeschluss im Wesentlichen auf die Facharztuntersuchungen im Heeresspital Wien und die Befundberichte der dortigen maßgeblichen Ambulanzen je vom 9. Oktober 2002 gestützt. Der leitende Arzt der Ambulanz für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten des Heeresspitals Wien hat auf Grund des unauffälligen HNO-Befundes eine Einschränkung der Tauglichkeit des Beschwerdeführers verneint, der leitende Arzt der Chirurgischen Ambulanz hat in seinem Gutachten auf Grund des erhobenen und festgestellten Befundes keine die Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers ausschließende Gesundheitsschädigung erkannt.

Der vom Beschwerdeführer behauptete Verfahrensmangel liegt nicht vor. Der Beschwerdeführer wurde vom Ergebnis der Beweisaufnahme im Heeresspital Wien mit Schreiben der Stellungskommission des Militärkommandos Wien vom 13. Dezember 2002 verständigt. Er hat von der ihm eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht. In der Beschwerde wird nicht ausgeführt, welche "entscheidungsrelevante Umstände" von der Stellungskommission noch zu berücksichtigen gewesen wären.

Aus den vorliegenden, dem angefochtenen Stellungsbeschluss zu Grunde gelegten nachvollziehbaren ärztlichen Gutachten konnte die belangte Behörde ohne Rechtsirrtum eine Feststellung der Eignung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst mit "Tauglich" treffen. Auch aus dem vom Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten HNO-fachärztlichen Kurzbericht des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in Wien vom 23. April 2003, der schon im Hinblick auf das vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht bewirken kann, ergibt sich nicht, dass der Beschwerdeführer das im Sinne der hg. Rechtsprechung geforderte Mindestmaß an Kraftanstrengung und Beweglichkeit nicht entwickeln könne, um die bei der Leistung des Militärdienstes anfallenden Tätigkeiten und Übungen zu verrichten, die für die Beurteilung des Beschwerdeführers als "Tauglich" erforderlich sind. In dem genannten HNO-fachärztlichen Kurzbericht wird als relevanter Befund nur "subjektiver Hörverlust rechts, vor allem hohe Töne" festgehalten und empfohlen, Lärm zu meiden und einen Lärmschutz zu verwenden. Daraus kann eine fehlende Eignung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst nicht abgeleitet werden.

Da der angefochtene Stellungsbeschluss auf nachvollziehbaren ärztlichen Gutachten beruht, bedurfte es für die abschließende Beurteilung der im Beschwerdefall maßgeblichen Rechtsfragen keiner weiteren fachärztlichen Untersuchungen und medizinischen Sachverständigengutachten, wie dies in der Beschwerde gefordert wird.

Die Beschwerde erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet. Sie war daher in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. Oktober 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003110155.X00

Im RIS seit

19.11.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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