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L37066 Kurzparkzonenabgabe Parkabgabe Parkgebühren Steiermark;Norm
ParkgebührenG Stmk §2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde der Steiermärkischen Landesregierung gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 8. Mai 2003, Zl. UVS 30.16-147/2002-3, betreffend Übertretung des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes (mitbeteiligte Partei: JF in S), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1.1. Mit dem Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 10. Oktober 2002 wurde dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligten zur Last gelegt, er habe laut der Feststellung eines beeideten Aufsichtsorganes am 26. März 2002 in der Zeit von 16:15 Uhr bis 16:28 Uhr das dem polizeilichen Kennzeichen nach bestimmte mehrspurige Kraftfahrzeug in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Graz an einem näher bezeichneten Ort ohne Parkschein geparkt, obwohl er verpflichtet gewesen wäre, die Parkgebühr bei Beginn des Parkens des Kraftfahrzeuges mit einem ordnungsgemäß gelösten Parkschein zu entrichten; er habe dadurch die vorgeschriebene Parkgebühr hinterzogen. Wegen Verletzung des § 2 des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes 1979, LGBl. Nr. 21/1979 in der geltenden Fassung, in Verbindung mit den §§ 2, 3 und 4 der Grazer Parkgebührenverordnung 1997 in der geltenden Fassung, wurde über den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligten wegen dieser Verwaltungsübertretung daher gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von EUR 72,69 (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage) verhängt.
1.2. Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 8. Mai 2003 wies die belangte Behörde die Berufung des Mitbeteiligten mit der Maßgabe ab, dass bezüglich der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Verwaltungsübertretung gemäß § 21 Abs. 1 VStG (nur) eine Ermahnung erteilt werde.
Der Mitbeteiligte habe seinen PKW innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne Verwendung eines Parkscheines geparkt und daher grundsätzlich die ihm im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses erster Instanz zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten.
Zur "Rechtfertigung" des Mitbeteiligten sei auszuführen - so die Begründung der belangten Behörde in ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid weiter -, dass sich die belangte Behörde insofern von der Richtigkeit der Behauptungen des Mitbeteiligten habe überzeugen können, "als tatsächlich an der Tatörtlichkeit keine blauen Bodenmarkierungen existieren, während ihr mangels derzeitiger Überprüfungsmöglichkeit (Großbaustelle zur Errichtung einer Tiefgarage) jedoch aus der Vergangenheit durchaus bekannt ist, dass am Karmeliterplatz, somit in unmittelbarer Nähe des konkreten Tatortes, durch die auf den Verkehrsflächen aufgebrachten blauen Bodenmarkierungen auf die Existenz einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in diesem Bereich hingewiesen" worden sei.
Grundsätzlich sei zum Vorbringen des Mitbeteiligten auszuführen, dass von einem entschuldbaren Irrtum über die räumliche Ausdehnung der gebührenpflichtigen Kurzparkzone auf Grund nachstehender Ausführungen nicht ausgegangen werden könne:
Die belangte Behörde habe zwar wiederholt "aufgezeigt bzw. gerügt", dass eine innerhalb einer flächendeckend verordneten (hier: gebührenpflichtigen) Kurzparkzone nur teilweise aufgebrachte blaue Bodenmarkierung keinesfalls einen "erstrebenswerten Zustand" darstelle, sodass sich die Ansicht der belangten Behörde in dieser Hinsicht durchaus mit der vom Mitbeteiligten in diesem Zusammenhang "mehrfach gerügten Vorgangsweise der zuständigen Stellen der Stadt Graz" treffe.
Andererseits könne jedoch der diesbezüglich ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht entgegengetreten werden, wonach angesichts des Umstandes, dass die blauen Bodenmarkierungen im Sinne des § 25 Abs. 2 StVO keine verpflichtende Kundmachungsform seien, deren in nicht konsequenter Weise erfolgte Anbringung an einzelnen Stellen nicht zur Annahme berechtige, es würden dadurch Ausnahmen von der in obligatorischer Weise durch Tafeln kundgemachten Anordnungen verfügt (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1998, Zl. 98/17/0163).
Hinsichtlich der Prüfung des Verschuldens sei jedoch sehr wohl zu berücksichtigen, dass der angezeigte Parkvorgang des Mitbeteiligten innerhalb einer flächendeckend verordneten Kurzparkzone stattgefunden habe, innerhalb welcher, auch in unmittelbarer Nähe des Tatortes, blaue Bodenmarkierungen vorhanden gewesen seien. Nach Beurteilung der belangten Behörde sei das Parken des vom Mitbeteiligte verwendeten PKW's außerhalb solcher blauer Bodenmarkierungen aber innerhalb einer flächendeckend verordneten Kurzparkzone nicht so zu beurteilen, als hätten diese vorhandenen blauen Bodenmarkierungen keinerlei normativen Gehalt, beinhalteten doch die Bestimmungen der StVO die Möglichkeit, beispielsweise in Vollziehung des § 24 Abs. 2 StVO durch Bodenmarkierungen auch gesetzliche Halte- oder Parkverbote abzuändern. Wenn somit solche blauen Bodenmarkierungen angebracht seien, dienten diese der Verdeutlichung des Umfanges der gebührenpflichtigen Kurzparkzone und es ergebe somit die rechtliche Beurteilung einer solchen als unklar zu bezeichnenden Situation, sodass im konkreten Fall nur von einem als äußerst geringfügig zu bezeichnenden Verschulden ausgegangen werden könne; darüber hinaus seien die Folgen der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung als unbedeutend zu qualifizieren.
Es lägen somit die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ermahnung vor, zumal auch angenommen werden könne, dass sich der Mitbeteiligte in Hinkunft gesetzeskonform verhalten werde.
1.3. Die Steiermärkische Landesregierung wendet sich in ihrer vorliegenden, auf § 18d des Gesetzes über den Unabhängigen Verwaltungssenat, LGBl. Nr. 78/1990, in der Fassung des Gesetzes vom 12. März 2002, LGBl. Nr. 56, gestützten Amtsbeschwerde ausschließlich dagegen, dass dem Mitbeteiligten (nur) gemäß § 21 Abs. 1 VStG eine Ermahnung erteilt worden sei. Sie macht diesbezüglich Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides geltend.
1.4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Mitbeteiligte hat sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht geäußert.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Gemäß § 21 Abs. 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.
2.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2000, Zl. 96/17/0381, mwN) besteht der Schaden bei der Nichtentrichtung von Parkgebühren sowohl in der Verkürzung der Abgaben als auch in der Verhinderung der Maßnahmen zur Rationierung des Parkraumes. Der unrechtmäßig verstellte Parkplatz steht anderen Verkehrsteilnehmern nicht zur Verfügung, sodass schon aus diesem Grunde nicht unbedeutende Folgen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung vorliegen.
Weil somit im Hinblick auf die wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vom Vorliegen unbedeutender Folgen der Übertretung ausgegangen werden kann, erweist sich die Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG durch die belangte Behörde schon deshalb nicht als gerechtfertigt.
Dazu kommt aber noch, dass der Sachverhalt - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - keinen ausreichenden Anhaltspunkt dafür bietet, dass ein einem Schuldausschließungsgrund nahe kommender Umstand vorgelegen wäre. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem auch von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom 25. Mai 1998, Zl. 98/17/0163, im Anschluss an seine Vorjudikatur ausgesprochen hat, ist die Normativität der Anordnung einer Kurzparkzone allein aus der Kundmachung durch die Vorschriftszeichen gemäß § 52 Z 13d und Z 13e StVO abzuleiten; die Kennzeichnung einer Kurzparkzone durch so genannte blaue Bodenmarkierungen ist hingegen nicht normativ. Daraus folgt, dass mangels Normativität dieser blauen Bodenmarkierungslinien nicht davon ausgegangen werden kann, dass diese, insbesondere wenn sie in einer flächendeckenden Kurzparkzone angebracht werden, eine Ausnahme von dieser Kurzparkzone und der in ihr grundsätzlich bestehenden Gebührenpflicht normieren. Weil die blauen Bodenmarkungen im Sinne des § 25 Abs. 2 StVO keine obligatorischen Kundmachungsformen sind, berechtigt deren in nicht konsequenter Weise erfolgte Anbringung an einzelnen Stellen nicht zu der Annahme, es würden dadurch Ausnahmen von der in obligatorischer Weise durch Tafeln kundgemachten Anordnungen verfügt, was einen entschuldbaren Irrtum über die räumliche Ausdehnung der gebührenpflichtigen Kurzparkzone ausschließt. Eine Undeutlichkeit der allein maßgebenden Kundmachung der flächendeckenden Kurzparkzone durch die genannten Vorschriftszeichen wurde von der belangten Behörde aber nicht festgestellt und wird vom Mitbeteiligten auch nicht behauptet, sodass schon deshalb auf die Folgen eines solchen Kundmachungsfehlers nicht einzugehen war und jedenfalls auch ein einem entschuldbaren Irrtum nahe kommender sonstiger Irrtum als Strafmilderungsgrund ausscheidet.
Darüber hinaus verweist die beschwerdeführende Landesregierung zutreffend darauf, dass der Mitbeteiligte mehrfach einschlägig wegen Übertretungen des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes rechtskräftig bestraft wurde. Auch dieser Umstand steht - zumindest im Beschwerdefall - der Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG entgegen, ist doch nicht ersichtlich, wie die belangte Behörde zur Annahme kommt, eine (bloße) Ermahnung würde ausreichen, um den Mitbeteiligten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass weder ein geringfügiges Verschulden des Mitbeteiligten erkennbar ist noch angenommen werden kann, dass die Folgen der hier vorliegenden Übertretung unbedeutend sind oder dass eine Ermahnung ausreichen würde, den Mitbeteiligten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.
2.3. Diese Rechtslage verkannte die belangte Behörde, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
2.4. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 25. November 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003170222.X00Im RIS seit
22.01.2004