TE Vwgh Beschluss 2003/12/16 2003/05/0163

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Veröffentlicht am 16.12.2003
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §62 Abs4;
AVG §8;
BauO OÖ 1994 §31;
BauRallg;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §21 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2003/05/0168 2003/05/0175

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, in den Beschwerdesachen der GFL Buntpapierfabrik Gesellschaft mbH in Ansfelden, vertreten durch Dr. Gunther Huber, Rechtsanwalt in Traun, H.-Gruber-Straße 1, gegen den Gemeinderat der Stadtgemeinde Ansfelden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in drei Bauangelegenheiten, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Das Kostenbegehren der Stadtgemeinde Ansfelden wird abgewiesen.

Begründung

Mit drei gesonderten Beschwerden machte die Beschwerdeführerin jeweils die Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde in Bauangelegenheiten geltend. In diesen Verfahren hatte die G.F. Lell Gesellschaft mbH & Co KG, die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin sei, jeweils als Grundeigentümerin (Anrainerin) Einwendungen gegen ein Bauvorhaben erhoben. Auf Grund ihrer Vorstellungen wurden die jeweiligen Berufungsbescheide der belangten Behörde mit Bescheiden vom 6. März 2001 aufgehoben und die Angelegenheiten zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen. Da die belangte Behörde nach Zustellung der Bescheide über mehr als sechs Monate nicht über die Berufungen der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin entschieden habe, brachte sie am 5. September (zur Zl. 2003/05/0163), am 11. September (zur Zl. 2003/05/0168) und am 24. September 2003 (zur Zl. 2003/05/0175) jeweils eine Säumnisbeschwerde ein.

Mit Verfügungen des Verwaltungsgerichtshofs wurde die belangte Behörde jeweils aufgefordert, den Bescheid innerhalb von drei Monaten zu erlassen und dem Verwaltungsgerichtshof eine Abschrift vorzulegen. In drei Gegenschriften vom 16. Oktober 2003 führte die belangte Behörde aus, der einschreitenden Beschwerdeführerin, der GFL Buntpapierfabrik GmbH fehle es an der Beschwerdelegitimation. Partei im jeweils gegenständlichen Verfahren sei die mittlerweile gelöschte G.F. Lell Gesellschaft mbH & Co KG gewesen, deren Gesamtrechtsfolgerin nach den einschlägigen handelsrechtlichen Bestimmungen die FM Beteiligungs- und Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH sei. Bei der nachbarrechtlichen Parteistellung und in weiterer Folge Beschwerdelegitimation komme es ausschließlich auf den Grundbuchsstand an und es könnte sohin allenfalls nur die FM Beteiligungs- und Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH als Rechtsnachfolgerin der G.F. Lell Gesellschaft mbH & Co KG auftreten. Die Beschwerden seien daher kostenpflichtig als unzulässig zurückzuweisen.

Der Beschwerdeführerin wurden die Gegenschriften mit hg. Verfügung vom 23. Oktober 2003 mit der Aufforderung zur Stellungnahme zur Kenntnis gebracht.

In der Eingabe vom 10. November 2003 scheinen als Beschwerdeführer unter 1. die GFL Buntpapierfabrik GmbH, und unter

2. die FM Beteiligungs- und Vermögensverwaltungs GmbH auf. Mit dieser Eingabe legte die Beschwerdeführerin Firmenbuchauszüge und eine Grundbuchabschrift der EZ 97 KG Ansfelden vor. Daraus erhellt, wie auch in der Eingabe ausgeführt wird, dass die G.F. Lell Gesellschaft mbH & Co KG gelöscht wurde (Antrag auf Löschung eingelangt am 23. August 2001, Löschung eingetragen am 26. Oktober 2001). Gemäß § 142 HGB wurde die genannte Gesellschaft von der FM Beteiligungs- und Vermögensverwaltungs GmbH übernommen, die auch Alleineigentümerin des Grundstückes 2765/3 der EZ 97 KG Ansfelden ist. In der Eingabe wird dazu weiters ausgeführt:

"Insofern wird daher die Parteienbezeichnung in Bezug auf die Zweiteinschreiterin in ihrer Gesamtrechtsnachfolge entsprechend berichtigt".

Gemäß Spaltungsgesetz sei sodann eine weitere Abspaltung zur Neugründung der GFL Buntpapierfabrik GmbH durch Übertragung des Betriebes der fabriksmäßigen Buntpapiererzeugung und des Handels von der übertragenden FM Beteiligungs- und Vermögensverwaltungs GmbH erfolgt. Insofern sei auch in Bezug auf die Ersteinschreiterin als nunmehrige Anlageninhaberin, der ebenfalls weiterhin Parteistellung zuzuerkennen sein werde, Gesamtrechtsnachfolge in Form der so genannten partiellen Rechtsnachfolge eingetreten.

In den Beschwerden hat sich die einschreitende GFL Buntpapierfabrik GmbH als Rechtsnachfolgerin der G.F. Lell GmbH & Co KG bezeichnet. Letztgenannte war Adressatin der Bescheide der Aufsichtsbehörde vom 6. März 2001, zu diesem Zeitpunkt war sie (siehe Eintragung im Firmenbuch) auch noch existent und bücherliche Eigentümerin des Grundstückes 2765/3 EZ 97.

§ 31 der Oö BauO 1994 in der Fassung LGBl. Nr. 70/1998 regelt den Nachbarbegriff. Nachbarn sind demnach bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen Stellplätze und Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen die Eigentümer und Miteigentümer der Grundstücke die an das zu bebauende Grundstück unmittelbar angrenzen (Anrainer); bei allen anderen Bauvorhaben sowie für die Nachbarrechte im Sinne des Abs. 5: zusätzlich jene Eigentümer und Miteigentümer der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 m entfernt sind.

Die baurechtlich relevante Nachbareigenschaft ist somit an das Eigentum (Miteigentum) jenes Grundstückes geknüpft, das entweder unmittelbar an das zu bebauende Grundstück angrenzt oder von jenem höchstens 50 m entfernt ist. Das Eigentum an Betriebsanlagen, ohne Verbindung mit dem Grundeigentum, verschafft hingegen keine Parteistellung im Sinne des § 31 der Oö BauO 1994.

Entgegen der Ansicht der Einschreiterin kommt somit der GFL Buntpapierfabrik Gesellschaft mbH als Anlageneigentümerin keine Parteistellung als Anrainerin in Bauverfahren zu. Ihre Beschwerden waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Beschwerdelegitimation als unzulässig zurückzuweisen.

Eine zulässige Berichtigung der Parteienbezeichnung liegt hier nicht vor. Berichtigungsfähig wird idR eine unrichtige Schreibweise oder auch eine unvollständige Parteienbezeichnung sein, wenn an der Identität der einschreitenden Partei keine Zweifel bestehen können. Wird die Parteienbezeichnung dergestalt geändert, dass anstelle einer tatsächlich existierenden Gesellschaft, die die Beschwerde (ohne entsprechende Berechtigung gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG) eingebracht hat, eine andere GmbH treten soll, so liegt darin ein unzulässiges Auswechseln der Partei (vgl. die hg. Beschlüsse vom 21. Juli 1993, Zl. 92/13/0266 und vom 20. Dezember 2002, Zl. 2002/05/1195). In den vorliegenden Beschwerdefällen würde die "Berichtigung" einen unzulässigen Austausch der Beschwerdeführer darstellen. Es steht aber der FM Beteiligungs- und Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH frei, bei weiterer Säumnis der belangten Behörde ihrerseits die Verletzung der Entscheidungspflicht geltend zu machen.

Das Kostenbegehren der Stadtgemeinde Ansfelden war schon deshalb abzuweisen, weil sie nicht anwaltlich vertreten war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Juli 2003, Zl. 2003/05/0001).

Wien, am 16. Dezember 2003

Schlagworte

Baurecht Nachbar Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1 Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003050163.X00

Im RIS seit

30.03.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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