Norm
MRK Art6 Abs3 lita IV1Rechtssatz
Art 6 Abs 3 lit e MRK geht nicht soweit, eine schriftliche Übersetzung des gesamten schriftlichen Beweismaterials oder amtlicher Schriftstücke des Verfahrens in allen Einzelheiten zu verlangen. Der zur Verfügung gestellte Übersetzungsbeistand soll so beschaffen sein, daß er es dem Angeklagten ermöglicht, den ihm zur Last gelegten Fall zu kennen und sich selbst zu verteidigen, und insbesondere seine Version der Ereignisse dem Gericht unterbreiten zu können. Im Hinblick darauf, daß das durch Abs 3 lit e garantierte Recht praktisch und wirksam zu sein hat, ist die Verpflichtung der zuständigen Behörden nicht darauf beschränkt einen Dolmetsch zu bestellen, sondern, wenn wie von besonderen Umständen erfahren, bis zu einem bestimmten Grad auch eine nachfolgende Kontrolle über die Angemessenheit der zur Verfügung gestellten Übersetzung auszuüben. Nach Lage des Falles liegt weder im Fehlen einer schriftlichen Übersetzung der Anklageschrift noch einer solchen des (erstinstanzlichen) Urteils eine Verletzung des Art 6 MRK.
EGMR vom 19.12.1989, Nr 9/1988/153/207 im Fall Kamasinski gegen Österreich = ÖJZ 1990,412
Entscheidungstexte
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:RS0075094Im RIS seit
15.06.1997Zuletzt aktualisiert am
05.11.2010