TE Vwgh Erkenntnis 2004/5/17 2001/06/0001

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Veröffentlicht am 17.05.2004
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Index

L80005 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Salzburg;
L82000 Bauordnung;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
ROG Slbg 1992 §24 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der EB in B, vertreten durch Dr. Walter Wienerroither, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 11, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 30. August 2000, Zl. 1/02-35.932/35- 2000, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. FS in B, 2. I Baumeister Ges.m.b.H., vertreten durch Dipl. Ing. HP, B, 3. Marktgemeinde B, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des vorliegenden Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom 3. September 1998, Zl. 97/06/0217, verwiesen. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom 26. August 1997 in der vorliegenden Baurechtsangelegenheit im Hinblick darauf aufgehoben, dass die von der Beschwerdeführerin bekämpfte Baubewilligung einem zu unbestimmten Adressaten, nämlich einer nicht näher feststellbaren "Eigentümergemeinschaft" erteilt worden ist. Im fortgesetzten Verfahren behob die belangte Behörde den vor ihr angefochtenen Bescheid der Gemeindevertretung der Marktgemeinde B vom 22. Juli 1996 und verwies die Angelegenheit mit Bescheid vom 22. Oktober 1998 zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde zurück, wobei sie zur Begründung die Begründung des vorgenannten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes anführte.

Mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 28. Oktober 1999 wurde "das Formgebrechen des Bescheides vom 19.3.1996 ... sowie des Bescheides vom 22.7.1996"

... behoben (mit diesen Bescheiden war im ersten Rechtsgang die Baubewilligung 'der Eigentümergemeinschaft Siedlung G' erteilt worden) und "auf die Bescheidadressaten FS und PH" abgeändert und diesen zugestellt.

Dieser Bescheid wurde auf Grund der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Vorstellung mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. Februar 2000 neuerlich behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde zurückverwiesen. Zur Begründung führte die belangte Behörde wie folgt aus:

"Für die Vorstellungsbehörde ist zwar erkennbar, dass die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes gestellten Anforderungen einer Umsetzung zugeführt wurden. Im Lichte dieser Rechtsprechung kann jedoch durch den Austausch der Grundeigentümer als Antragsteller nicht gesagt werden, dass damit dem Auftrag in nachvollziehbarer Art und Weise begegnet wurde. Im neuerlich durchzuführenden Verfahren wird daher die Aufgabe sein, den Willen der Antragsteller in schriftlich nachvollziehbarer Form darzustellen, wobei es durchaus möglich ist, eine Person als Vertretungsbefugte zu bevollmächtigen. Diesbezüglich erscheint es auch durchaus möglich, die beiden Grundeigentümer, soferne sie auf Grund der langen Verfahrensdauer noch als solche zu bezeichnen sind, als bevollmächtigte Organe einzusetzen. Die Beurteilung anhand eines aktualisierten Grundbuchsauszuges könnte ebenfalls Erleichterung bringen. Wie im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes erkennbar, ist es nicht möglich die Grundeigentümer zwingend auch als Antragsteller zu sehen. Insbesondere im Zusammenhang mit dem Salzburger Baurecht erscheint diese Betrachtungsweise als durchaus gerechtfertigt.

Wie bereits mehrfach angedeutet, ist der zu erstellende Bescheid an den Adressaten zu richten, welcher als Antragsteller wirkt. Da das diesbezügliche Verfahren zur Sanierung dieses Mangels nicht durch die Vorstellungsbehörde behoben werden kann, war spruchgemäß zu entscheiden."

Mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. Juli 2000 wurde ein Bescheid mit folgendem Spruch erlassen:

"Die Gemeindevertretung der Marktgemeinde B hat in ihrer Sitzung am 30.3.2000 beschlossen, das, durch Herrn Dr. RA SG verfasste Schriftstück, aus dem ersichtlich ist, dass die Grundeigentümer DI PH und SF, ident mit der Eigentümergemeinschaft G sind und durch Vollmacht von Arch. KM vertreten wurden, zum gegenständlichen Verfahren aufzunehmen.

Der Sachverhalt des Bescheides der Gemeindevertretung der Marktgemeinde B vom 28.10.1999, Zl. 305/5/96 für die Errichtung eines Garagenblockes mit 7 PKW Abstellplätzen auf der Gp. 607/3 und 607/8, KG B bleibt vollinhaltlich aufrecht. Die Einwendungen von Frau BE vom 25.3.1996 werden als unbegründet abgewiesen."

Zur Begründung wurde ausgeführt, dem Bauakt sei zu entnehmen, dass am 26. März 1998 eine eidesstattliche Erklärung des Erstmitbeteiligten und des DI HP verfasst worden sei, "mit der" Dipl.-Ing. MK für die Einreichung und Erwirkung einer baubehördlichen Bewilligung des gegenständlichen Bauvorhabens beauftragt und bevollmächtigt worden sei. Es seien Grundbuchsauszüge vom 25. Februar 2000 eingeholt worden, in denen der Erstmitbeteiligte und DI HP als Eigentümer der betroffenen Grundstücke aufschienen. Zur Beratung sei im Bau- und Raumplanungsausschuss ein Protokoll von Rechtsanwalt Dr. SG verfasst worden, aus dem hervor gehe, dass Dipl.-Ing. MK im Namen und im Auftrag der Grundbesitzer berechtigt gewesen sei, im Bauverfahren als deren Vertreter aufzutreten. Der Begriff "Eigentümergemeinschaft Siedlung G" sei deshalb entstanden, weil die zu errichtenden Bauten auf Grundstücken mehrerer Eigentümer errichtet worden, aber als bautechnische Einheit angesehen worden seien. Im Übrigen seien entlang der G Bundesstraße im Bebauungsplan ein Schutzwall und Schutzgrün eingezeichnet und im Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde der Bereich als Immissionsschutzstreifen ausgewiesen. Gemäß § 24 Abs. 2 des Raumordnungsgesetzes 1992 könnten Garagen innerhalb des Immissionsschutzstreifens gebaut werden, und es müsse darauf hingewiesen werden, dass nach der Salzburger Garagenordnung eine Garagenbauverpflichtung bestehe.

Die gegen diesen Bescheid gerichtete neuerliche Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. August 2000 als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges im Wesentlichen damit begründet, dass der Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes von der Gemeindevertretung nunmehr "einer Sanierung zugeführt (worden sei), welche jedoch erst im Zusammenhalt von Spruch und Begründung als solche erkannt werden" könne. Es stehe fest, dass die Grundeigentümer der Parzellen 607/3 und 607/8, je KG B, der Erstmitbeteiligte und die durch Dipl. Ing. HP als Geschäftsführer vertretene zweitmitbeteiligte Ges.m.b.H. als Antragsteller fungiert hätten und zur Abwicklung der damit verbundenen Handlungen Dipl. Ing. MK bevollmächtigt hätten. Es sei nunmehr auch klargestellt, dass "in diesem Fall die Grundbesitzer als Antragsteller für das Bauvorhaben anzusehen" seien. Diese in der Vorstellung nachdrücklich bekämpfte Rechtsansicht stelle keine der Vorstellung zugängliche Rechtsverletzung eines subjektiven Rechts der Beschwerdeführerin dar. Vielmehr sei von der belangten Behörde der Bescheid als Ganzes zu beurteilen, das heißt nicht nur der Spruch zu deuten, sondern auch die Begründung in die Beurteilung miteinzubeziehen gewesen. Daraus sei erkennbar gewesen, dass die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde eine Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführerin getroffen habe und gleichzeitig auch die korrekten Adressaten des Bescheides festgestellt habe.

Die in der Vorstellung festgehaltenen Einwendungen des außerbücherlichen Eigentums an den zur Verbauung vorgesehenen Grundstücken seien auf den Zivilrechtsweg zu verweisen. Zur Einwendung, dass keine neuerliche Bauverhandlung anberaumt worden sei, sei festzuhalten, dass der Grundsatz der freien Beweiswürdigung des § 45 Abs. 2 AVG dies ermögliche.

Die gegenständlichen Garagen befänden sich nach den im Akt aufliegenden Planunterlagen in einem Abstand von ca. 10 m zur Grundgrenze der im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Parzelle Nr. 607/9 der KG B. Östlich der Garagenobjekte grenze die G Bundesstraße an und es würden die Garagen in einem Lärmschutzdamm mit Erdüberschüttung eingebettet. Aus den Bestimmungen über die Höhe und die Lage der Bauten im Bauplatz bezogen auf den Abstand zur Vorstellungswerberin ergäben sich keine Verletzungen eines subjektiv-öffentlichen Nachbarrechts. Der Beschwerdeführerin sei es auch anhand der ausreichend präzisen Planunterlagen möglich gewesen, sich einen Eindruck über das Vorhaben zu verschaffen. Auch sei gemäß § 24 Abs. 2 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1992 die Errichtung der gegenständlichen Garagen in einem Immissionsschutzstreifen zulässig, insoferne verwies die belangte Behörde auf die Erläuternden Bemerkungen zur Raumordnungsgesetz-Novelle 1994, LGBl. Nr. 13/1995.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin hält den angefochtenen Bescheid zunächst deswegen für rechtswidrig, weil er der Beschwerdeführerin die Möglichkeit genommen habe, das Rechtsmittel der Berufung gegen die Baubewilligung zu erheben.

Mit diesen Ausführungen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil der Bescheid der Behörde erster Instanz im ersten Rechtsgang unbestritten auch ihr zugestellt und sohin ihr gegenüber erlassen wurde. Die Beschwerdeführerin hat ja auch im ersten Rechtsgang gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 19. März 1996 Berufung erhoben. Daher wurde ihr auch nicht die Möglichkeit der Erhebung des Rechtsmittels der Berufung genommen.

Die Beschwerdeführerin hält den angefochtenen Bescheid weiters deswegen für rechtswidrig, weil sich die belangte Behörde nicht an die im hg. Erkenntnis vom 3. September 1988, Zl. 97/06/0217, getroffenen Vorgaben gehalten habe, im Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. Juli 2000 sei als Bescheidadressat und Grundeigentümer Dipl. Ing. HP persönlich angeführt, nicht dieser, sondern die zweitmitbeteiligte Ges.m.b.H. sei jedoch Eigentümer des Grundstücks Nr. 607/3 der KG B.

Mit diesem Einwand zeigt die Beschwerdeführerin im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. In der Tat wurde in dem vor der belangten Behörde angefochtenen Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde DI HP als Eigentümer der Gp 607/3 der KG B die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Garagenbauwerkes festgestellt und ihm als Antragsteller dieser Bescheid auch persönlich zugestellt. Die Gemeindevertretung verweist in ihrer Begründung auch auf einen neuerlich eingeholten Grundbuchsauszug vom 25. Februar 2000, wonach DI HP Eigentümer des angeführten Grundstücks sei. Der von der "Eigentümergemeinschaft Siedlung G" gestellte Bauantrag sei als Antrag der jeweiligen Eigentümer der beiden Grundstücke zu deuten, sohin sei der Antrag Dipl. Ing. HP - neben dem Erstmitbeteiligten - zuzurechnen und diesem auch die beantragte Baubewilligung als Grundeigentümer zu erteilen. Nach dem von der Gemeindevertretung angeführten Grundbuchsauszug vom 25. Februar 2000 ist Eigentümer dieses Grundstücks jedoch die I Baumeister Ges.m.b.H.

Die belangte Behörde hat diese Aktenwidrigkeit des Bescheides der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. Juli 2000 zwar offensichtlich erkannt, sie hat jedoch versucht, diesen Bescheid durch eine Betrachtung von Spruch und Begründung "im Zusammenhalt" dahin gehend zu deuten, dass als Bescheidadressatin, festgestellte Eigentümerin und Antragstellerin doch die I Baumeister Ges.m.b.H. anzusehen sei, die nur von Dipl. Ing. HP vertreten worden sei. Dieser Betrachtungsweise kann sich der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht anschließen, weil der Spruch des Bescheides der Behörde erster Instanz hinsichtlich der Eigentümergemeinschaft Siedlung G nicht abgeändert wurde.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind an die den Spruch tragenden Gründe eines unangefochten gebliebenen, aufhebenden Bescheides der Vorstellungsbehörde sowohl die Gemeinde als auch in der Folge die Vorstellungsbehörde und der Verwaltungsgerichtshof gebunden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 99/06/0059, m.w.N.). Nach der den Spruch tragenden Begründung des aufhebenden Vorstellungsbescheides vom 10. Februar 2000 war der "zu erstellende Bescheid an den Adressaten zu richten, welcher als Antragsteller wirkt". Darauf hatte die Beschwerdeführerin kraft der Bindungswirkung des Vorstellungsbescheides ein subjektives Recht. Dieses Recht hat die belangte Behörde durch die fehlerhafte Umdeutung des vor ihr angefochtenen Bescheides verkannt, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 17. Mai 2004

Schlagworte

Baubewilligung BauRallg6 Bindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde Ersatzbescheid Inhalt des Spruches Anführung des Bescheidadressaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001060001.X00

Im RIS seit

16.06.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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