TE Vwgh Erkenntnis 2004/6/15 2003/05/0103

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Veröffentlicht am 15.06.2004
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §8;
BauO OÖ 1875 §15;
BauO OÖ 1875 §5;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde 1. des Erwin Leitgöb, 2. des Gerhard Pichler und 3. der Elisabeth Pichler, alle in Ansfelden, vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann und Dr. Haymo Modelhart, Rechtsanwälte in 4010 Linz, Klosterstraße 1, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 23. Mai 2003, Zl. BauR-012875/6-2003-Gr/Vi, betreffend Parteistellung in einem Baubewilligungsverfahren (mitbeteiligte Partei: 1. Stadtgemeinde Ansfelden, vertreten durch den Bürgermeister, 2. FM Beteiligungs- und Vermögensverwaltungs GmbH in Ansfelden, vertreten durch Dr. Gunther Huber, Rechtsanwalt in 4050 Traun, H.-Gruber-Straße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben insgesamt dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenersatzbegehren der erstmitbeteiligten Stadtgemeinde wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 17. Mai 1973 wurde der Rechtsvorgängerin der zweitmitbeteiligten Partei über deren Ansuchen die Baubewilligung zur Errichtung einer neuen Fabrikshalle mit Nebengebäude auf näher bezeichneten Grundstücken der KG Ansfelden unter Nebenbestimmungen erteilt.

Mit Eingabe vom 20. März 2001, bei der Baubehörde am 23. März 2001 eingelangt, brachten die Beschwerdeführer vor, weder ihnen noch ihren Rechtsvorgängern im Eigentum sei dieser Baubewilligungsbescheid zugestellt worden. Ihnen käme jedoch als Eigentümer berührter Grundstücke die Stellung als Nachbarn in diesem Bauverfahren zu.

Antragsgemäß wurde den Beschwerdeführern der Baubewilligungsbescheid vom 17. Mai 1973 zugestellt.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 18. September 2001 zurückgewiesen. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung wurde mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 30. November 2001 mit der Feststellung keine Folge gegeben, dass die Beschwerdeführer durch den Berufungsbescheid in ihren Rechten nicht verletzt werden.

Mit hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2002/05/0025, wurde der letztgenannte Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof ging in diesem Erkenntnis mangels widersprechender Anhaltspunkte vorläufig davon aus, dass die Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer Eigentümer bzw. Miteigentümer von Grundstücken waren, die durch das mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 17. Mai 1973 bewilligte Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden konnten und, da sie dem Baubewilligungsverfahren nicht beigezogen worden waren, als übergangene Nachbarn anzusehen seien. Den Beschwerdeführern als Rechtsnachfolger im Eigentum der betroffenen Grundstücke käme daher die Rechtsstellung als übergangene Nachbarn zu und sie hätten einen Rechtsanspruch darauf, in jedem Stadium des Baubewilligungsverfahrens in dieses Verfahren einzutreten. Die von den Behörden herangezogene Bestimmung des § 33 O.ö. Bauordnung 1994 könne auf den Beschwerdefall nicht angewendet werden, weil von einem anhängigen individuellen Verwaltungsverfahren im Sinne der Übergangsbestimmung des § 58 Abs. 1 O.ö. Bauordnung 1994 auszugehen sei. Wörtlich führte der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis abschließend aus:

"Ist aber von einem anhängigen Verfahren im Zeitpunkt des Inkrafttretens der O.ö. Bauordnung 1994 auszugehen, ist dieses Verfahren nach den damals angewendeten Rechtsvorschriften im Sinne der oben wiedergegebenen hg. Rechtsprechung weiterzuführen. § 33 der O.ö. Bauordnung 1994 kann daher auf dieses Verfahren nicht angewendet werden. Die Jahresfrist des § 33 Abs. 4 O.ö. Bauordnung 1994 konnte nur in den Fällen zu laufen beginnen, in denen diese Bauordnung zur Anwendung gelangte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1996, Zl. 95/05/0259). Auf die gegenüber den anderen Parteien des Verfahrens eingetretene Rechtskraft des Bewilligungsbescheides kommt es im Anwendungsbereich der O.ö. Bauordnung 1875 und der O.ö. Bauordnung 1976 nicht an.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Ob den Beschwerdeführern bzw. ihren Rechtsvorgängern tatsächlich im Baubewilligungsverfahren Parteistellung zukommt - dies wird von der Zweitmitbeteiligten in ihrer Gegenschrift bestritten -, wird im fortgesetzten Verfahren näher zu prüfen sein."

Die O.ö. Landesregierung hat mit (Ersatz-)Bescheid vom 18. Juli 2002 der Vorstellung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 8. Oktober 2001 mit der Feststellung Folge gegeben, dass die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt werden. Der Bescheid wurde aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeinde Ansfelden zurückverwiesen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Ansfelden vom 13. Dezember 2002 wurde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Baubewilligungsbescheid vom 17. Mai 1973 "als unbegründet abgewiesen und (den Beschwerdeführern) die Parteistellung ... nicht zuerkannt". Begründend führte die Berufungsbehörde aus, dass die Beschwerdeführer ihre Berufungslegitimation im Wesentlichen auf ihre Partei- bzw. Nachbarstellung aus dem "Titel" des Immissionsschutzes (Lärm, Geruch, Gesundheit) gestützt hätten. Die hier maßgebliche Bauordnung für Oberösterreich 1875 habe jedoch den Nachbarn keinerlei Immissionsschutz gewährt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer mit der Feststellung keine Folge gegeben, dass die Beschwerdeführer durch den Berufungsbescheid in ihren Rechten nicht verletzt werden. Begründend wurde hiezu ausgeführt, dass die am 31. Dezember 1976 außer Kraft getretene Bauordnung für Oberösterreich 1875 keine dem § 46 Abs. 1 O.ö. Bauordnung 1976 bzw. dem § 31 Abs. 1 und 2 O.ö. Bauordnung 1994 vergleichbare Legaldefinition des baurechtlichen Nachbarbegriffes gekannt habe. Wer Eigentümer benachbarter Grundstücke sei, könne daher nur an Hand der Lehre und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beurteilt werden. Eine Liegenschaft sei dann benachbart, wenn sie zu der zur Bebauung vorgesehenen Liegenschaft in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehe, dass durch den Bestand oder die konsensgemäße Benützung des geplanten Bauwerks mit solchen Einwirkungen auf die "potenzielle" Nachbarliegenschaft zu rechnen sei, gegen welche die Bestimmungen der betreffenden Bauordnung Schutz gewährten. Die O.ö. Bauordnung 1875 habe jedoch den Nachbarn keinerlei Immissionsschutz gewährt, die Nachbarstellung habe daher im Ergebnis kaum über die Anrainerstellung gereicht. Die gegenständliche Bauparzelle sei von den Grundstücken der Beschwerdeführer mindestens 55 m getrennt. Der Kreis der benachbarten Liegenschaften sei insoweit begrenzt, als mit Einwirkungen des Baues oder seiner konsensgemäßen Benützung zu rechnen sei. Hiebei könnten nur Einwirkungen berücksichtigt werden, gegen welche die in Betracht kommende Bauordnung Schutz gewähre. Da die Bauordnung für Oberösterreich 1875 jedoch keinen Immissionsschutz für Nachbarn gewährt habe, könne die Eigenschaft einer Liegenschaft als benachbart nicht damit begründet werden, dass auf ihr mit Immissionen zu rechnen sei. Das ausschließlich auf den Immissionsschutz bezogene Einschreitervorbringen reiche daher zur Begründung der Nachbarstellung im Sinne der Bauordnung für Oberösterreich 1875 nicht aus.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligten Parteien eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2002/05/0025, bereits näher begründet ausgeführt, dass im Beschwerdefall die Parteistellung der Beschwerdeführer als Nachbarn in dem mit Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 17. Mai 1973 abgesprochenen Bauverfahren an Hand der Bauordnung für Österreich ob der Enns vom 13. März 1875, O.ö. LGBl. Nr. 15, zu prüfen ist.

Gemäß § 1 dieser Bauordnung war zur Führung von Neu-, Zu- oder Umbauten, dann zur Vornahme von wesentlichen Ausbesserungen und Umänderungen an bestehenden Gebäuden die Bewilligung der nach dem Gesetze kompetenten Behörde erforderlich.

§ 5 dieses Gesetzes hatte folgenden Wortlaut:

"§ 5. Vor Erteilung der Baubewilligung ist zur Erhebung der Lokalverhältnisse ein Augenschein im Beisein des Bauherrn, der Nachbarn, des Bauführers, ferner eines beim Baue nicht beteiligten bautechnischen und in Städten und Märkten auch eines ärztlichen Sachverständigen vorzunehmen.

Bei diesem kommissionellen Augenscheine sind die Baupläne einer sorgfältigen Prüfung mit Rücksicht auf die Bestimmungen dieser Bauordnung zu unterziehen.

Werden von den Nachbarn Einwendungen gegen den Bau vorgebracht, so soll die Behörde dieselben soweit wie möglich im gütlichen Wege beizulegen versuchen. Gelingt dies nicht und beziehen sich diese Einwendungen auf Privatrechte, so kann die Baubewilligung nicht erteilt werden.

Die Behörde hat vielmehr die Streitenden auf den Rechtsweg zu verweisen und sich bloß auf die Erklärung zu beschränken, ob und inwieferne der angetragene Bau in öffentlicher Beziehung zulässig ist.

Über alle anderen nicht die Rechtsverhältnisse berührenden Einwendungen der Nachbarn hat die zur Baubewilligung berufene Behörde zu erkennen."

Die belangte Behörde ging in der Begründung ihres Bescheides davon aus, dass den Beschwerdeführern im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren keine Parteistellung zukomme, weil sie keine Nachbarn seien. Die Berufungsbehörde hat die Berufung der Beschwerdeführer zwar abgewiesen, in der Sache jedoch die Parteistellung der Beschwerdeführer in diesem Baubewilligungsverfahren wegen Fehlens der Nachbareigenschaft verneint.

Ob ein Nachbar in einem Baubewilligungsverfahren als übergangen anzusehen ist, kann erst beurteilt werden, wenn feststeht, ob ihm tatsächlich Parteistellung zukommt. Das Tatbestandsmerkmal der Parteistellung bestimmt sich hiebei nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften. Hiefür kommen in der Hauptsache Normen des materiellen Verwaltungsrechtes, aber auch Vorschriften des speziellen Verfahrensrechtes in Betracht (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 1996, Zl. 96/05/0150, und vom 17. Dezember 1996, Zl. 96/05/0167).

In der hier maßgeblichen Bauordnung für Oberösterreich 1875 fehlt eine Bestimmung, wer im Baubewilligungsverfahren Nachbar ist und wem demnach in diesem Verfahren als Nachbar Parteistellung zukommt. Die Parteistellung der Beschwerdeführer ist daher im Sinne des § 8 AVG aus aus dieser Bauordnung zu erschließenden Rechtsansprüchen und rechtlichen Interessen der Nachbarn. Da der Begriff "Nachbar" - wie ausgeführt - nicht näher in der Bauordnung für Oberösterreich 1875 umschrieben wird, ist er nach allgemeinen Grundsätzen zu definieren. Nachbarn in diesem Sinne sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Eigentümer jener Liegenschaften, die zu der zur Verbauung vorgesehenen Liegenschaft in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, dass der geplante Bau oder dessen konsensgemäße Benützung Einwirkungen auf diese Liegenschaften ausüben können, zu deren Abwehr die Bauordnung eine Handhabe bietet. Somit begründet bereits die Möglichkeit der Beeinträchtigung der Rechtssphäre die Eigenschaft als Nachbar. Nachbar ist demnach nicht nur der Anrainer, also derjenige, dessen Grundstück mit dem zu verbauenden eine gemeinsame Grundgrenze hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2004, Zl. 2003/05/0214, mit weiteren Nachweisen). Bedeutungslos für die Qualifikation einer Liegenschaft als benachbart ist die Lage von Baulichkeiten auf dieser Liegenschaft, weil auch der Eigentümer einer unbebauten Liegenschaft gegen das Vorhaben Einwendungen erheben kann, wenn durch dasselbe seine in der Bauordnung begründeten subjektiven öffentlichen Rechte verletzt werden können (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis 26. April 1965, Slg. Nr. 6.670/A). Da das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nur insoweit besteht, als den Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2004, Zl. 2001/05/1155), ist seine Parteistellung auch insoweit beschränkt, als seine durch baurechtliche Vorschriften geschützte Rechtssphäre bei Verwirklichung des Bauvorhabens beeinträchtigt werden könnte (vgl. hiezu Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 5. Auflage, S. 42 f). Wenn nicht besondere Umstände vorliegen - insbesondere den Nachbarn kein subjektives öffentliches Recht gegen die Beeinträchtigung eines Bauvorhabens durch von ihm ausgehende Immissionen zusteht -, ist daher davon auszugehen, dass die Parteistellung als Nachbar im Baubewilligungsverfahren bei einer Entfernung von mehr als 50 m vom zu verbauenden Grundstück nicht mehr gegeben ist (vgl. hiezu die bei Hauer, a.a.O., S. 40, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Da die Beschwerdeführer der von der belangten Behörde getroffenen Feststellung, ihre Grundstücke seien zu den von der Baubewilligung erfassten Grundstücken der erstmitbeteiligten Partei zumindest 55 m entfernt, nicht entgegen getreten sind und ihre Parteistellung nur auf die mögliche Beeinträchtigung des bewilligten Bauvorhabens durch Immissionen stützen, könnte von einer Möglichkeit der Verletzung von ihren Rechten als Nachbarn und damit einer Parteistellung im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren nur dann ausgegangen werden, wenn die O.ö. Bauordnung 1875 den Schutz vor Beeinträchtigungen durch vom zu bewilligenden Bauvorhaben ausgehende Immissionen als subjektivöffentliches Recht normiert hätte, das auch dem besonderen Interesse der Nachbarschaft dient (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 1973, Slg. Nr. 8.481/A). Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch in seinem Erkenntnis vom 26. November 1974, Slg. Nr. 8.713/A, mit weiteren Nachweisen, und seinem Beschluss vom 26. Februar 1980, Zl. 2025/79, zu der hier maßgeblichen O.ö. Bauordnung 1875 ausgeführt, dass diese und ihre Nebengesetze keine Bestimmung enthalten, die den Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht auf Schutz vor Immissionen gewährleistet.

Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, dass der Nachbar einen Anspruch auf Einhaltung einer Flächenwidmung haben kann. Eine Widmungskategorie komme jedoch als eine ein subjektiv-öffentliches Nachbarecht gewährleistende Norm nur insoweit in Betracht, als die dort enthaltenen Beschränkungen der Bauführung nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch den Interessen der Nachbarn dienen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. November 1972, Slg. Nr. 8.317/A). Den Nachbarn steht somit ein Rechtsanspruch auf Einhaltung einer Widmung nur dann zu, wenn die Festlegungen des Flächenwidmungsplanes auch dem Interesse des Nachbarn dienen, also insbesondere dann, wenn sie einen Immissionsschutz gewähren.

Im hier maßgeblichen Zeitpunkt (Baubewilligung im Jahre 1973) bestand für die Baugrundstücke der zweitmitbeteiligten Partei keine Flächenwidmung, die den Nachbarn einen Immissionsschutz im aufgezeigten Sinne gewährte.

Aus der im § 15 O.ö. Bauordnung 1875 normierten Anordnung, dass eine besondere Genehmigung der Betriebsanlage bei einzelnen Gewerben erforderlich ist, ist für die Frage der Parteistellung der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nichts zu gewinnen, weil sich diese Anordnung nur an die Baubehörde richtet und nicht den im Baubewilligungsverfahren zu berücksichtigenden Interessen der Nachbarschaft dient. Die bei Bewilligung einer gewerblichen Betriebsanlage zu berücksichtigenden Interessen der Nachbarn hat die Gewerbebehörde nach den Vorschriften der Gewerbeordnung zu beachten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 1977, Slg. Nr. 9.404/A).

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als frei von Rechtsirrtum. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Stadtgemeinde war abzuweisen, weil sie durch keinen Rechtsanwalt vertreten war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1999, Zl. 96/08/0269).

Wien, am 15. Juni 2004

Schlagworte

Übergangene Partei Planung Widmung BauRallg3 Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1 Baurecht Nachbar übergangener Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003050103.X00

Im RIS seit

07.07.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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