Index
33 Bewertungsrecht;Norm
BewG 1955 §66 Z1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde der K GesmbH in W, vertreten durch Consultatio Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H. in 1210 Wien, Holzmeistergasse 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IV) vom 21. Juni 1999, Zl. RV/192-11/01/93, betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens, Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent ab dem 1. Jänner 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin nahm laut Verschmelzungsvertrag vom 8. September 1994 in Anwendung von Art. I Umgründungssteuergesetz die O. GmbH als aufnehmende Gesellschaft auf und ist daher deren Gesamtrechtsnachfolgerin.
Die O. GmbH ermittelte ihr Betriebsergebnis nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr zum jeweils 31. März.
Anlässlich der Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1990 wich das Finanzamt insoweit von der in Anwendung des § 65 Abs. 3 Bewertungsgesetz 1955 (in der Folge kurz: BewG) erstellten und beim Finanzamt eingereichten Erklärung der O. GmbH ab, als gemäß § 66 Z. 1 lit. a BewG die Summe der Besitzposten um den Verkaufserlös von 48,6 Mio S des zwischen dem 31. März 1989 und dem 1. Jänner 1990 aus dem Betriebsvermögen ausgeschiedenen Geschäftsgrundstückes erhöht wurde.
In der dagegen erhobenen Berufung wurde darauf hingewiesen, dass es sich bei dem im April 1989 abgeschlossenen Kaufvertrag (hinsichtlich eines der O. GmbH eingeräumten Baurechtes und der auf Grund des Baurechts errichteten Gebäude) um einen "sale and lease back" Vertrag gehandelt habe. Gemäß § 12 des genannten Vertrages sei der Abschluss des Leasingvertrages integrierender Bestandteil des Kaufvertrages, der nur zustande komme, wenn gleichzeitig der Leasingvertrag geschlossen werde. Der Leasingvertrag sei auf unbestimmte Dauer mit einem Kündigungsverzicht für zehn Jahre abgeschlossen worden. Dem Verkaufserlös sei daher die Leasingverpflichtung - zumindest für die Dauer des Kündigungsverzichtes - gegenüberzustellen, zumal auch für Zwecke der Einheitsbewertung der Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu beachten sei. Das monatliche Leasingentgelt betrage S 212.410,-- und sei auf die Dauer des Leasingverhältnisses (Mindestdauer zehn Jahre) wertgesichert. Es werde daher beantragt, die Leasingverpflichtung für die Dauer von zehn Jahren als Schuldpost anzuerkennen. Nach § 15 BewG abgezinst betrage die Leasingverpflichtung ohne Berücksichtigung der Wertsicherung S 20,269.012,--. Weiters wurde vorgetragen, im Wirtschaftsjahr 1987/88 sei zwischen der Geschäftsführung und dem Betriebsrat der Gesellschaft eine Betriebsvereinbarung zur Verminderung, Beseitigung oder Milderung der Folgen einer Betriebsänderung im Sinne des § 109 Abs. 1 ArbVG geschlossen worden. Diese Betriebsvereinbarung habe auf alle Dienstnehmer Anwendung gefunden, welche innerhalb des Zeitraumes vom 1. Februar 1988 bis 31. Dezember 1988 gekündigt worden seien. Für eigens angeführte Dienstnehmer sei diese Betriebsvereinbarung auch dann zur Anwendung gekommen, wenn die Kündigung nach dem 31. Dezember 1988, spätestens jedoch zum 31. Dezember 1989 erfolgt sei. Auf Grund der Betriebsvereinbarung seien 1989 Abfertigungs- und Abfindungszahlungen in Höhe von rund 7,7 Mio S zur Auszahlung gelangt. Diese Zahlungen hätten nur aus dem 1989 erzielten Verkaufserlös getätigt werden können. Da ohne Veräußerung der Liegenschaft eine von der Käuferin übernommene Finanzierungsgarantie zum Tragen gekommen wäre, seien die 1989 nur auf Grund des Verkaufserlöses möglichen Abfertigungs- und Abfindungszahlungen vom Verkaufserlös in Abzug zu bringen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Die Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens sei unbestrittenermaßen auf Grundlage des gleichzeitig überreichten Jahresabschlusses zum 31. März 1989 erstellt worden und "sei somit im Sinne des § 65 Abs. 3 BewG zu werten". Gemäß § 65 Abs. 3 BewG könne für Betriebe, die regelmäßig jährliche Abschlüsse auf einen anderen Tag als den Schluss des Kalenderjahres machten, auf Antrag zugelassen werden, dass der Schluss des Wirtschaftsjahres zu Grunde gelegt werde, das dem Feststellungszeitpunkt vorangehe. An den Antrag bleibe der Betrieb auch für künftige Feststellungen der Einheitswerte insofern gebunden, als stets der Schluss des letzten regelmäßigen Wirtschaftsjahres zu Grunde zu legen sei. Gemäß § 65 Abs. 4 BewG gelte der auf den Abschlusszeitpunkt ermittelte Einheitswert als Einheitswert vom Feststellungszeitpunkt. Gemäß § 66 Z. 1 lit. a BewG sei für den Fall, dass ein Betriebsgrundstück aus dem gewerblichen Betrieb ausgeschieden und der Gegenwert dem Betrieb zugefügt worden sei, zum Ausgleich von Verschiebungen, die in der Zeit zwischen dem Abschlusszeitpunkt und dem Feststellungszeitpunkt eingetreten seien, der Gegenwert dem Betriebsvermögen zuzurechnen. Durch § 66 BewG solle ein Ausgleich der Vermögensveränderungen nach dem Abschlusszeitpunkt geschaffen werden. Da für den Bestand an Grundstücken immer die Verhältnisse im Feststellungszeitpunkt, das sei der Beginn des Jahres, maßgeblich seien, habe zwangsläufig eine unterschiedliche Regelung für Betriebsgrundstücke und andere Wirtschaftsgüter geschaffen werden müssen. Sei ein Betriebsgrundstück zwischen dem Abschlusszeitpunkt und dem Feststellungszeitpunkt ausgeschieden, so würde das Betriebsvermögen unvollständig erfasst, weil das Betriebsgrundstück beim Rechtsnachfolger anzusetzen sei. Deshalb werde der Gegenwert, der für das ausgeschiedene Betriebsgrundstück nach dem Abschlusszeitpunkt dem Betrieb zugeführt worden sei, dem Betriebsvermögen zugerechnet. Zum Begehren, dem in Ansatz gebrachten Verkaufserlös von 48,6 Mio S die Summe des für die Dauer des Kündigungsverzichtes zu zahlenden Leasingentgeltes in Höhe von S 20,269.012,-- als Schuldpost gegenüberzustellen, sei zu bemerken, dass Vermögensveränderungen nach dem Abschlusszeitpunkt nur dann zu berücksichtigen seien, wenn § 66 BewG darüber Vorschriften enthalte. Eine Schuld, die nach diesem Abschlusszeitpunkt, aber vor dem Feststellungszeitpunkt entstanden sei, dürfe nicht abgezogen werden, gleichgültig ob die Schuld auf Vertrag oder Gesetz beruhe. Liege ein vom Feststellungszeitpunkt abweichender Abschlusszeitpunkt zu Grunde, so seien für die Frage der Abzugsfähigkeit einer Schuld bei der Einheitsbewertung die Verhältnisse im Abschlusszeitpunkt entscheidend. Dies bedeute gegenständlich, dass in der Bilanz zum Abschlusszeitpunkt 31. März 1989 eine erst zu einem späteren Zeitpunkt eingegangene und entstandene "Schuld/Leasingverpflichtung" nicht enthalten sei bzw. sein könne, und somit bei der Einheitsbewertung zum 1. Jänner 1990 nicht zum Abzug zu bringen sei. Im Übrigen könne eine solche Leasingverpflichtung auch ertragsteuerlich nicht zum Ansatz gebracht werden (und sei auch von der Beschwerdeführerin im Jahresabschluss zum 31. März 1990 nicht geltend gemacht worden), weil die Leasingraten zur Gänze Betriebsausgaben darstellten. Die Zahlungsverpflichtung sei in der Bilanz nicht auszuweisen. Gleiches gelte hinsichtlich des Abzuges der nach dem Abschlusszeitpunkt aus dem Verkaufserlös getätigten Abfertigungs- und Abfindungszahlungen in Höhe von rund 7,7 Mio S.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Die Beschwerdeführerin räumt ein, dass der Verkauf des Betriebsgrundstückes und das gleichzeitige Eingehen der Leasingverpflichtung zeitlich zwischen dem Abschlussstichtag und dem Feststellungszeitpunkt gelegen sind und deshalb § 66 BewG anzuwenden war. Wie der Norm des § 66 Z. 1 lit. a BewG zu entnehmen sei, sei im Fall des Ausscheidens eines Betriebsgrundstückes zwischen dem Abschlussstichtag und dem Feststellungszeitpunkt dem Betriebsvermögen der Gegenwert hinzuzurechnen. Die Behörde gehe bei der Ermittlung dieses zu berücksichtigenden Gegenwertes jedoch unrichtigerweise vom Bruttoverkaufserlös aus, ohne die "unmittelbar dem Verkaufserlös zuzurechnenden Kosten der Verpflichtungen in Abzug zu bringen". Ohne Eingehen der "Leasingverpflichtung und Übernahme der Schulden daraus", wäre der Kaufpreis von 48,6 Mio S nicht zustande gekommen. Gemäß § 12 des Kaufvertrages sei der Abschluss des Leasingvertrages integrierender Bestandteil des Kaufvertrages, dieser komme nur zustande, wenn gleichzeitig der Leasingvertrag geschlossen werde. Es sei unverständlich, weshalb bei der Ermittlung des Einheitswertes zum Feststellungszeitpunkt die Anpassung nur um den Brutto-Verkaufserlös erfolgen solle, wenn zugleich auch eine "Verpflichtung (Schulden aus Leasingvereinbarung)" entstanden sei, die ohne den Verkauf des Grundstückes nicht existiert hätte bzw. nicht entstanden wäre. Die entsprechende Verpflichtung sei zumindest mit S 20,269.012,-- anzusetzen. Unter "Gegenwert" seien nicht nur die Kapitalschuld und die damit zusammen hängende Bezahlung zu verstehen, sondern auch die erhaltenden Sachleistungen (Wirtschaftsgüter) und damit in Verbindung stehende Schulden. Wenn die belangte Behörde einwende, dass eine Schuld, die nach dem Abschlusszeitpunkt, aber vor dem Feststellungszeitpunkt entstanden sei, nicht abgezogen werden dürfe, so übersehe sie, dass dies nicht für unmittelbar mit dem Kauf zusammenhängende und damit den Gegenwert des Baurechtes mindernde Schulden gelten könne.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Ist zwischen dem Abschlusszeitpunkt und dem Feststellungszeitpunkt ein Betriebsgrundstück aus dem gewerblichen Betrieb ausgeschieden und der Gegenwert dem Betrieb zugeführt worden, so wird gemäß § 66 Abs. 1 lit. a BewG zum Ausgleich der Verschiebung der Gegenwert dem Betriebsvermögen zugerechnet.
Mit der Begründung allein, der Abschluss des Leasingvertrages habe einen integrierenden Bestandteil des Kaufvertrages gebildet, stellt die Beschwerdeführerin einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der (allenfalls nach § 15 BewG abzuzinsenden) Gesamtheit der 10 Jahre nach Abschluss des Vertrages zu zahlenden Leasingraten und dem im Sinne des § 66 Z. 1 lit. a BewG in Ansatz zu bringenden Gegenwert des aus dem Betriebsvermögen ausgeschiedenen Grundstückes nicht dar. Ungeachtet des gleichzeitig abgeschlossenen Kauf- und Leasingvertrages deutet nichts darauf hin, dass insbesondere die Vereinbarung des Kaufpreises nicht allein dem Kaufvertrag vorbehalten war, der Leasingvertrag hingegen nur die näheren Umstände des Leasingengagements regeln sollte. Das Vorbringen, "ohne Eingehen der Leasingverpflichtung und Übernahme der Schulden daraus", wäre der Kaufpreis von 48,6 Mio S nicht zustande gekommen, bleibt eine bloße Behauptung.
Im Übringen übersieht die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen, die belangte Behörde hätte die Schulden aus der Leasingvereinbarung berücksichtigen müssen, dass der Verpflichtung zur Zahlung des Leasingentgeltes die Berechtigung zur Nutzung des Leasinggegenstandes gegenüber steht. Die Beschwerdeführerin hat weder aufgezeigt, dass diese Verpflichtung und Berechtigung einander nicht gleichwertig gegenüber stünden noch eine Begründung für eine eventuelle Wertdifferenz gegeben. Unwidersprochen hat die belangte Behörde schon im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin auch im Jahresabschluss zum 31. März 1990 eine entsprechende "Verpflichtung" nicht in Ansatz gebracht hat.
Aber auch hinsichtlich der nach dem 31. März 1989 gezahlten Abfertigungen bzw. Abfindungen gelingt es der Beschwerdeführerin nicht, einen den gemäß § 66 Abs. 1 lit. a BewG anzusetzenden Gegenwert beeinflussenden Zusammenhang aufzuzeigen. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Betriebsvereinbarung lange vor dem Abschluss des Kaufvertrages über das Baurecht (einschließlich der auf Grund des Baurechts errichteten Gebäude) abgeschlossen und auch davor verlängert wurde. Der Umstand allein, dass ohne den in der Folge erzielten Kaufpreis die in der Betriebsvereinbarung angesprochenen Verpflichtungen seitens der Beschwerdeführerin nicht hätten erfüllt werden können, zeigt einen relevanten Zusammenhang zwischen der früheren Betriebsvereinbarung und dem späteren Kaufvertrag nicht auf, zumal Betriebsvereinbarung und Kaufvertrag zwischen jeweils anderen Parteien abgeschlossen wurden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 3. August 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:1999130156.X00Im RIS seit
12.10.2004