TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/23 2002/07/0142

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Veröffentlicht am 23.09.2004
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Index

L82407 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

ALSAG 1989 §3;
ALSAG 1989 §6 Abs1;
ALSAG 1989 §6 Abs2;
AWG 1990 §17 Abs4 idF 2000/I/090;
AWG 1990 §17 Abs4;
AWG 1990 §2 Abs11 idF 2000/I/090;
AWG 1990 §2 Abs11;
AWG 1990 §39 Abs1 litb Z13 idF 2000/I/090;
AWG 1990 §39 Abs1 litb Z13;
AWG 1990 idF 2000/I/090;
AWG 1990;
AWG Tir 1990 §16 Abs2 idF 1998/076;
AWG Tir 1990 §27 Abs1 litg idF 1998/076;
VStG §1 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde des WH in K, vertreten durch Dr. Josef Pfurtscheller und Dr. Markus Orgler, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Anichstraße 29, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 12. September 2002, Zl. uvs-2001/K5/079-5, betreffend Übertretung des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes (weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Die Bezirkshauptmannschaft K erließ gegen den Beschwerdeführer das Straferkenntnis vom 25. Juli 2001 mit folgendem Spruch:

"Herr WH, geb. 21.01.1961, hat es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H-GmbH mit Sitz in K, A Dorf 17, und somit als deren zur Vertretung nach außen berufenes Organ vorsätzlich zu verantworten, dass diese Firma auf dem im Eigentum des Herrn K. P jun., K (...) befindlichen Gst.-Nr. 3007/1, KG K, in Fahrtrichtung von K nach A links neben der S-Straße ca. auf Höhe der Ortstafel A in der Kalenderwoche 25/2001 eine Bodenaushubdeponie ohne die erforderliche Errichtungsbewilligung errichtet hat. Die Deponiefläche zum Zeitpunkt der behördlichen Einstellung des Betriebes am 22.06.2001 betrug ca. 2.600 m2.

Er hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 27 Abs. 1 lit. g Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz, LGBl.

1990/50, in der Fassung LGBl. 1998/76.

     Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über ihn folgende

Strafe verhängt:

     Geldstrafe von S 12.000,-- (EUR 872,07)

     falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tage

     Gemäß § 27 Abs. 2 Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz.

     ..."

     Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

     Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol (die belangte

Behörde) führte am 19. August 2002 eine mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer und zwei näher genannte Zeugen vernommen wurden.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. September 2002 wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e VStG die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen und der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides insofern berichtigt, als im Schuldvorwurf das Wort "vorsätzlich" entfällt und die Übertretungsnorm "§ 16 Abs. 2 iVm § 27 Abs. 1 lit. g Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz" lautet.

Nach Wiedergabe des wesentlichen Berufungsvorbringens führte die belangte Behörde aus, dass zwischen dem Eigentümer des angeführten Grundstückes, PK., und der genannten GmbH, vertreten durch den Beschwerdeführer als deren handelsrechtlichen Geschäftsführer, am 13. April 2001 eine schriftliche Vereinbarung folgenden Inhalts getroffen worden sei:

"Herr PK. überlässt der Firma H Handelsges.m.b.H das Grundstück mit der Grundstücknummer 3007/1 in Ezl. 90102 zur gewerbsmäßigen betriebenen Bodenaushub unter 100.000 m3 neben der Abfallart 'Bodenaushub' Schlüsselnummer 31411, andere Abfallarten abgelagert werden, hat ein durch die Bezirksverwaltungsbehörde das Bewilligungsverfahren nach dem Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) des Bundes zu erfolgen.

Die Schüttung dient der Kultivierung der Gst. 3007/1 landwirtschaftliche Fläche.

Beim Schüttmaterial handelt es sich um reinen Bodenaushub der Schlüsselnummer 31411 laut ÖNORM S 2100 (keinerlei Verunreinigungen durch Baurestmassen).

Die Schüttfläche ist jeweils kleiner als 5.000 m2. Das Schüttvolumen beträgt weniger als 8.000 m3 und wird innerhalb von einem Jahr durchgeführt, bis zur obigen Bewilligung, laut Plan.

Herr PK. erhält hiefür pro Jahr Ats. 20.000,-- zuzüglich 20 % MwSt. jeweils am 1. Mai eines jeden Jahres im vorhinein bis zur Fertigstellung der Kultivierung und Begrünung der Gst. 3007/1 der landwirtschaftlichen Fläche."

In der Folge habe die H-GmbH auf dem genannten Grundstück eine Bodenaushubdeponie errichtet und eine Zu- bzw. Abfahrt für Lkw von der S-Straße zur Deponiefläche angelegt. Diesbezügliche behördliche Bewilligungen seien jedoch nicht vorhanden gewesen.

Am 22. Juni 2001 hätten Beamte der BH einen Lokalaugenschein durchgeführt und dabei festgestellt, dass eine Teilfläche des Grundstückes mit Grobschotter als Zufahrtsbefestigung aufgeschüttet und bereits Bodenaushubmaterial abgelagert worden sei. Auf dem Grundstück hätten sich zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheines ein Löffelbagger und eine Schubraupe, die jedoch nicht in Betrieb gewesen seien, befunden.

Es stehe fest, dass die genannten Veränderungen von der GmbH durchgeführt worden seien und die Ablagerungen zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheines eine Fläche von ca. 2.600 m2 betroffen hätten. Es stehe auch fest, dass die durch den Beschwerdeführer vertretene GmbH die Bodenaushubdeponie jedenfalls über mehrere Jahre hinweg habe betreiben wollen und die Deponie schlussendlich eine Gesamtfläche von ca. 1 ha habe umfassen sollen. Durch die Aufschüttung habe die - auf dem Grundstück befindliche und nur händisch bearbeitbare - steile Böschung abschnittsweise und mit nacheilender Rekultivierung dahingehend korrigiert werden sollen, dass sie gleichmäßig zur Straße hin abfalle.

Mit Bescheid der BH vom 25. Juni 2001 seien der Betrieb der genannten Bodenaushubdeponie mit sofortiger Wirkung eingestellt und die Zufuhr von Bodenaushub sowie jegliche Betriebstätigkeit auf der geschütteten Fläche strengstens untersagt worden. Dieser Bescheid sei am 26. Juni 2001 unter Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung der GmbH zugestellt worden. Anlässlich eines weiteren Lokalaugenscheines am 27. Juni 2001 durch die BH sei festgestellt worden, dass der Betrieb der gegenständlichen Bodenaushubdeponie noch nicht eingestellt gewesen sei und seit dem am 22. Juni 2001 durchgeführten Lokalaugenschein mehrere Lkw-Fuhren Bodenaushub auf die Deponiefläche verbracht worden seien. Außerdem sei eine zweite Zu- bzw. Abfahrt für Lkw von der S-Straße zur Deponiefläche angelegt worden, deren Errichtung zwar beim Baubezirksamt Kufstein beantragt, von diesem jedoch nicht genehmigt worden sei. In der Folge sei auf der Deponiefläche keine weitere Betriebstätigkeit festgestellt worden.

Mit Bescheid der BH vom 25. Juli 2001 sei der GmbH im Wesentlichen aufgetragen worden, den auf der Grundfläche aufgebrachten Bodenaushub vollständig zu entfernen, ordnungsgemäß zu entsorgen und bis 31. August 2001 den gesetzmäßigen Zustand wieder herzustellen.

In ihrer Beweiswürdigung verwies die belangte Behörde auf die glaubwürdigen Angaben der Erhebungsorgane der BH anlässlich der beiden Lokalaugenscheine und die dabei angefertigten Lichtbilder sowie auf die glaubwürdige und nachvollziehbare Aussage des PK. jun. anlässlich der Berufungsverhandlung vom 19. August 2002.

Nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen und eines Informationsschreibens der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 29. November 2001 betreffend Schüttungen, worin auf den Erlass des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 10. November 1995, dem zufolge bei Vorliegen näher genannter Voraussetzungen auf die Einholung einer behördlichen Bewilligung für die Schüttung und die Verwendung von Bodenaushub verzichtet werde, Bezug genommen wurde, führte die belangte Behörde aus, dass im Hinblick auf § 2 Abs. 11 Abfallwirtschaftsgesetz - AWG eine Deponie nur dann nicht vorliege, wenn der Abfall zum Weitertransport zur Behandlung an einem anderen Ort vorbereitet oder nicht länger als ein Jahr zwischengelagert werde. Im vorliegenden Fall stehe zweifelsfrei fest, dass das Bodenaushubmaterial nicht dazu bestimmt gewesen sei, für den Weitertransport zur Behandlung an einem anderen Ort vorbereitet oder längstens für die Dauer eines Jahres zwischengelagert zu werden, sondern könne den Beweisergebnissen eindeutig entnommen werden, dass die Ablagerungstätigkeit auf dem Grundstück des PK. von Anfang an für einen mehrjährigen Zeitraum und in einem größeren Ausmaß als 5.000 m2 Fläche bzw. 8.000 m3 Aushubmaterial geplant gewesen sei. Dies bedeute nun aber, dass die Errichtung einer Anlage zur langfristigen Ablagerung von Abfällen (= Deponie) durch die GmbH im Tatzeitpunkt bereits vollendet gewesen sei.

Der Beschwerdeführer habe zwar in seiner Berufung pauschal behauptet, dass das betreffende Grundstück nur zur Zwischenlagerung von wiederverwertbarem Bodenaushubmaterial verwendet worden sei, er habe jedoch, insbesondere in der Berufungsverhandlung vom 19. August 2002, diesbezüglich weder ein konkretes Vorbringen erstattet noch entsprechende Beweise angeboten. Dies sei im Hinblick auf die ihn treffende Mitwirkungspflicht keinesfalls ausreichend, um die Anwendbarkeit der in § 2 Abs. 11 Z. 1 und 2 AWG normierten Ausnahmetatbestände anzunehmen.

Soweit er sich auf den genannten Erlass vom 10. November 1995 berufe und in diesem Zusammenhang vorbringe, dass die darin genannten Voraussetzungen (nämlich Verwendung von weniger als 8.000 m3 Bodenaushub, berührte Grundfläche von weniger als 5.000 m2, Zeitraum der Schüttung längstens ein Jahr) zum Tatzeitpunkt erfüllt gewesen seien, weshalb noch keine bewilligungspflichtige Deponie vorgelegen sei, sei auszuführen, es möge zwar zutreffen, dass durch die Geländeaufschüttung zum Tatzeitpunkt nur eine Grundfläche von 2.600 m2 berührt worden sei und auch die im Erlass genannte Jahresfrist noch nicht abgelaufen gewesen sei. Dies ändere jedoch nichts daran, dass die GmbH eine bewilligungspflichtige Deponie im Sinn des § 2 Abs. 11 AWG errichtet habe. Abgesehen davon, dass eine erlassmäßige Regelung keine rechtsverbindliche Wirkung entfalte, könne sich der Beschwerdeführer auch deshalb nicht zu Recht auf das Nichtvorliegen einer Bewilligungspflicht berufen, weil nicht alle im Erlass näher umschriebenen Voraussetzungen gegeben gewesen seien. Das Vorhaben sei nämlich von vornherein in einem Ausmaß dimensioniert worden, das weit über die erlassmäßig angeführten Voraussetzungen hinausgegangen sei. Auch sei der Zeitraum der Schüttung von vornherein mit drei bis fünf Jahren geplant gewesen, sodass es sich beim Errichten der Deponie jedenfalls um ein von vornherein bewilligungspflichtiges Vorhaben gehandelt habe.

Was die subjektive Tatseite anlange, so reiche für die Verwirklichung der angelasteten Übertretung Fahrlässigkeit aus und habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden treffe.

Was die Strafbemessung betreffe, so solle durch die vom Beschwerdeführer missachtete Bestimmung des Abfallwirtschaftsgesetzes die Beeinträchtigung von Menschen, Umwelt und Landschaftsbild vermieden werden und habe er diesem Zweck in einem nicht unerheblichen Ausmaß zuwidergehandelt. Auf Grund einer Reihe (nicht einschlägiger) Verwaltungsstrafvormerkungen sei ihm der Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht zugute gekommen. Mildernd sei jedoch zu werten gewesen, dass er sich in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum befunden habe. Erschwerend sei dagegen nichts zu werten gewesen. Die von der BH verhängte Geldstrafe liege im unteren Bereich des Strafrahmens des § 27 Abs. 2 Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz und habe sich auch mit den vom Beschwerdeführer vorgebrachten ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen in Einklang bringen lassen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Spruch des angefochtenen Bescheides zitierten Bestimmungen des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes, LGBl. Nr. 50/1990, in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 76/1998 (TAWG) haben folgenden Wortlaut:

"§ 16

Bewilligungspflicht für ortsfeste Anlagen

...

(2) Die Errichtung einer nicht öffentlichen Behandlungsanlage oder einer nicht öffentlichen Deponie, die nicht unter § 29 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes, § 31b des Wasserrechtsgesetzes 1959 und § 74 ff. der Gewerbeordnung 1994 fällt und auch keiner Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist, sowie jede Änderung einer solchen Anlage, die geeignet ist, die im § 4 Abs. 2 genannten Interessen wesentlich zu beeinträchtigen, bedürfen der Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde. Bedarf ein solches Vorhaben neben der abfallrechtlichen Bewilligung auch der Bewilligung nach einer anderen bundes- oder landesrechtlichen Vorschrift, für deren Erteilung die Landesregierung oder der Landeshauptmann oder der Bundesminister zuständig ist, so kommt die Zuständigkeit zur Entscheidung über ein Ansuchen um die Erteilung der abfallrechtlichen Bewilligung der Landesregierung zu.

...

§ 27

Strafbestimmungen

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer

...

g) eine Behandlungsanlage, Deponie oder Kompostieranlage ohne die erforderliche Errichtungsbewilligung errichtet bzw. wesentlich ändert,

..."

Die Beschwerde bringt (u.a.) vor, dass laut dem Erlass des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 10. November 1995 auf die Einholung einer behördlichen Bewilligung verzichtet werde, wenn nur Bodenaushub von natürlich gewachsenen Böden mit der Schlüsselnummer 31411 laut ÖNORM S 2100 und weniger als 8.000 m3 Bodenaushub gelagert würden, die berührte Grundfläche weniger als 5.000 m2 betrage, die Schüttung der landwirtschaftlichen Rekultivierung bzw. Agrarstrukturverbesserung diene und außerhalb von fließenden Gewässern und außerhalb eines 5 m breiten von der Uferböschung landeinwärts zu messenden Geländestreifens bzw. außerhalb des Hochwasserabflussbereiches, außerhalb von Bereichen stehender Gewässer mit einer Wasserfläche von weniger als 2.000 m2 bzw. eines 500 m breiten landeinwärts zu messenden Geländestreifens solcher Gewässer und außerhalb von Auwäldern, Feuchtgebieten, Gewässerschutzbereichen und verordneten Schutzgebieten liege, wenn Aufzeichnungen über Menge, Art und Ort der Schüttung geführt würden und der Zeitraum der Schüttung längstens ein Jahr betrage. Im vorliegenden Fall seien weniger als 8.000 m3 Bodenaushub gelagert worden, habe die berührte Grundfläche weniger als 5.000 m2 betragen und der Zeitraum der Schüttung ein Jahr nicht überstiegen und seien auch die übrigen Voraussetzungen des Erlasses verwirklicht gewesen. Es könne somit nicht davon ausgegangen werden, dass bereits im Zeitpunkt der Einstellung der Arbeiten eine bewilligungspflichtige Deponie errichtet gewesen sei.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg.

Nach der von der belangten Behörde ihrer Beurteilung zugrunde gelegten Sachverhaltsannahme hatte die GmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, am 22. Juni 2001 auf dem angeführten Grundstück auf einer Fläche von ca. 2.600 m2 Ablagerungen vorgenommen, wobei nach mehreren Jahren von den Ablagerungen eine Gesamtfläche von ca. 1 ha umfasst werden sollte. Durch die Aufschüttung sollte die - auf dem Grundstück befindliche und nur händisch bearbeitbare - steile Böschung abschnittsweise mit nacheilender Rekultivierung dahingehend korrigiert werden, dass sie gleichmäßig zur Straße hin abfalle. In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass diese Ablagerungen von Bodenaushubmaterial für einen mehrjährigen Zeitraum die Errichtung einer Anlage zur langfristigen Ablagerung von Abfällen (= Deponie) darstellten.

Mit dieser Ansicht verkannte die belangte Behörde das Gesetz.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 6. November 2003, Zl. 2001/07/0101, dargelegt hat, ist dem Begriff "Deponie" in § 16 Abs. 2 und § 27 Abs. 1 lit. g TAWG das Begriffsverständnis im Sinn des AWG (vgl. dort § 2 Abs. 11) zugrunde zu legen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 6. November 2003, Zl. 2000/07/0095, zur Frage, wie der Deponiebegriff des § 2 Abs. 11 AWG in der (insoweit bis 31. Dezember 2000 geltenden) Stammfassung - danach ist Deponie im Sinn dieses Bundesgesetzes eine Anlage, die zur langfristigen Ablagerung von Abfällen errichtet bzw. verwendet wird - auszulegen sei, ausgeführt, dass bloße Ablagerungen bzw. Aufschüttungen von Aushubmaterial in der Natur nicht die Tatbestandsvoraussetzungen einer Deponie im Sinn des AWG erfüllen. Zur näheren Begründung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf dieses Erkenntnis verwiesen. Zu ergänzen ist, dass dieses Begriffsverständnis durch die am 1. Jänner 2001 in Kraft getretene und somit zur hier nach § 1 Abs. 2 VStG maßgeblichen Tatzeit geltende Novelle BGBl. I Nr. 90/2000 in Bezug auf die Frage, ob bloße Anschüttungen von Bodenaushubmaterial die Tatbestandsvoraussetzungen einer Deponie im Sinn des § 2 Abs. 11 AWG erfüllen, insoweit keine Änderung erfahren hat, ergibt sich doch aus § 2 Abs. 11 AWG idF der zitierten Novelle noch klarer die vom Gesetzgeber getroffene Unterscheidung zwischen "Anlage" und "abgelagerten Abfällen". So ist in dieser novellierten Gesetzesbestimmung von Anlagen, in denen Abfälle gelagert werden, die Rede und gelten diese Anlagen nicht als Deponien, wenn die Lagerung der Abfälle deshalb erfolgt, damit sie für den Weitertransport zur Behandlung (Verwertung, Ablagerung oder sonstige Behandlung) an einem anderen Ort vorbereitet werden können, oder wenn die Anlagen der Zwischenlagerung von Abfällen dienen, sofern die Dauer der Zwischenlagerung ein Jahr nicht überschreitet. Ebenso unterscheiden § 17 Abs. 4 und § 39 Abs. 1 lit. b Z. 13 AWG auch nach Inkrafttreten der zitierten Novelle weiterhin zwischen den Begriffen "Deponie" und "Ablagern von Abfällen", indem nicht allein auf ein Ablagern von (gefährlichen) Abfällen an sich abgestellt wird, sondern ein weiteres Tatbestandselement hinzutritt, nämlich dass es sich um ein Ablagern von (gefährlichen) Abfällen auf einer Deponie handeln muss.

Eine Auslegung des TAWG, dass das bloße Ablagern von Abfällen bereits als Deponie bzw. die Abfälle für sich allein als Deponieanlage anzusehen sind, scheidet daher aus.

Im vorliegenden Fall ist - auf dem Boden des im angefochtenen Bescheid festgestellten Sachverhaltes - davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer (offenbar inertes) Bodenaushubmaterial in der Natur aufgeschüttet und hiebei zur Ablagerung dieser Materialien keine Anlage errichtet oder verwendet hat. Die bloße Befestigung eines Zufahrtsweges für Lkw auf dem Grundstück stellt in diesem Zusammenhang noch keine Anlage im Sinn des genannten Deponiebegriffes dar.

Von daher hat die belangte Behörde mit ihrer Auffassung, dass derartige (bloße) Aufschüttungen der Bewilligung gemäß § 16 Abs. 2 TAWG bedürften und der Beschwerdeführer im Sinn des § 27 Abs. 1 lit. g leg. cit. eine Deponie ohne die erforderliche Errichtungsbewilligung errichtet habe, die Rechtslage verkannt.

Der angefochtene Bescheid war daher bereits deshalb - ohne dass noch auf das übrige Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden brauchte - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG zusammengesetzten Senat gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 23. September 2004

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Besondere Rechtsgebiete Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002070142.X00

Im RIS seit

20.10.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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