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50 GewerberechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags von Anrainern von Gastgärten in Graz auf Aufhebung einer Verordnung über die Gewerbeausübung in Gastgärten mangels rechtlicher Betroffenheit der AntragstellerSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit ihrem beim Verfassungsgerichtshof am 15. September 2000 eingelangten, auf Art139 Abs1 (letzter Satz) B-VG gestützten Antrag begehren die Antragsteller die Aufhebung der Verordnung des Landeshauptmannes von Steiermark vom 22. Mai 2000 über die Gewerbeausübung in Gastgärten (kundgemacht im Amtlichen Teil der Grazer Zeitung vom 9. Juni 2000, Nr. 190) als gesetzwidrig.
Zur Antragslegitimation führen die Antragsteller u.a. aus, daß sie als Anrainer von Gastgärten in der Stadt Graz vom durch deren Betrieb verursachten Lärm betroffen seien. Die angefochtene Verordnung greife in ihre verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums, auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie der Wohnung und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz ein. Im Bewußtsein, daß sie nicht Normadressaten der angefochtenen Verordnung seien, und in Kenntnis der zur Zulässigkeit von Individualanträgen unter diesem Gesichtpunkt ergangenen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes vertreten die Antragsteller die Auffassung, daß im vorliegenden Fall eine auf den Wortlaut der Regelung abstellende Beurteilung der Zulässigkeit weder sachgerecht noch rechtsschutzfreundlich wäre, zumal es der Verordnungsgeber so durch entsprechende legistische Ausgestaltung einer Verordnung stets in der Hand hätte, sie der Anfechtung zu entziehen. Vielmehr müsse in verstärktem Ausmaß auf den Regelungszusammenhang abgestellt werden und der Kreis der Normadressaten nach inhaltsbezogenen Kriterin beurteilt werden, wie dies etwa in VfSlg. 13.038/1992 und 13.558/1993 geschehen sei.
2. Die Verordnung lautet(e):
"§1
Im Bundesland Steiermark dürfen Gastgärten unter den Voraussetzungen des §148 Abs1 Gewerbeordnung 1994 i. d. g. F. vom 15. Juni 2000 bis einschließlich 15. September 2000 von 9 bis 24 Uhr betrieben werden.
§2
Diese Verordnung tritt an dem der Kundmachung folgenden Tag, das ist der 10. Juni 2000, in Kraft und mit Ablauf des 15. September 2000 außer Kraft."
3. a) Der Landeshauptmann von Steiermark beantragt in seiner Äußerung, den Antrag mangels Legitimation der Antragsteller zurückzuweisen, in eventu ihn als unbegründet abzuweisen. Er vertritt zur Antragslegitimation die Auffassung, daß den Antragstellern im Zusammenhang mit der angefochtenen Verordnung keinerlei rechtliche Positionen zukämen; die von den Antragstellern angestellten Überlegungen, wonach der Verfassungsgerichtshof bei der Prüfung des Vorliegens eines Eingriffes in geschützte Rechtspositionen nicht wie in seiner bisherigen Rechtsprechung primär auf den Wortlaut abstellen, sondern verstärkt den Regelungszusammenhang berücksichtigen und nach inhaltsbezogenen Kriterien vorgehen soll, könnten nur in den Fällen zum Tragen kommen, in denen überhaupt eine Rechtssphäre weiterer Personen - neben den unmittelbaren Normadressaten - vorhanden sei und diese Rechtsposition durch die konkrete Norm berührt werde, wie dies etwa der Fall sei, wenn die Norm die Gestaltung von Verträgen zum Inhalt hat, sich ihrem Wortlaut nach aber nur an einen Vertragspartner richtet. Die an die Gastgärtenbetreiber gerichtete Ermächtigung bewirke zwar unter Umständen eine faktische Beeinträchtigung der Antragsteller, berühre diese jedoch nicht in rechtlichen Positionen.
b) Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit erstattete keine Äußerung.
II. Der Antrag ist unzulässig.
Gemäß Art139 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, daß die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10.353/1985, 11.730/1988).
Die Verordnung richtet sich ausdrücklich an die Betreiber näher bezeichneter Gastgärten. Damit zeigt sich aber, daß die bekämpfte Regelung die Antragsteller - mögen sie auch faktisch dadurch betroffen sein - nicht in ihrer Rechtssphäre berührt, weil sie keine Normadressaten sind (so schon VfSlg. 13.620/1993 zu der Gastgärten betreffenden Regelung des §153 Abs1 GewO 1973 idF BGBl. 29/1993). Für Überlegungen, wie sie die Antragsteller unter Hinweis auf VfSlg. 13.038/1992 und 13.558/1993 fordern, bleibt demnach - worauf die verordnungserlassende Behörde zutreffend hinweist - kein Raum.
Den Antragstellern mangelt es daher schon aus diesem Grund an der Legitimation für die Antragstellung. Ihr Antrag ist sohin als unzulässig zurückzuweisen.
Dieser Beschluß konnte gemäß gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Gewerberecht, Gastgewerbe, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:V84.2000Dokumentnummer
JFT_09989686_00V00084_00