Index
41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litf;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des H, geboren 1940, vertreten durch Dr. Andreas Oberbichler und Dr. Michael Kramer, Rechtsanwälte in 6800 Feldkirch, Hirschgraben 37, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 14. Jänner 2002, Zl. Pab-4321-23/01, betreffend Entziehung eines Reisepasses und eines Personalausweises, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (der belangten Behörde) vom 14. Jänner 2002 wurden dem Beschwerdeführer gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f und Z. 4 des Passgesetzes 1992 - PassG, BGBl. Nr. 839, der ihm am 7. Juni 1996 ausgestellte Reisepass Nr. A 0545839 und gemäß §§ 19 Abs. 2 und 15 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f und Z. 4 PassG der ihm am 22. Mai 1996 ausgestellte Personalausweis Nr. 5337224 entzogen.
Der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 10. April 2001 gemäß §§ 27 Abs. 1 und 28 Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt worden. Dieser Verurteilung sei zu Grunde gelegen, dass er im Zeitraum Jänner 2000 bis Ende April 2000 Suchtgift in einer großen Menge iSd § 28 Abs. 6 SMG - insgesamt ca. 350 Gramm Kokain - durch Verkäufe in Vorarlberg in Verkehr gesetzt habe. Im Zeitraum von Anfang 2000 bis August 2000 habe er im Raum Bregenz Suchtgift erworben und besessen, wobei er eine geringe Menge Kokain - 1 bis 1,5 Gramm - selbst konsumiert habe. Durch den Verkauf des Kokains habe er einen Gewinn von insgesamt ATS 60.000,-- erzielt. Die Gewinnspanne habe ATS 300,-- pro Gramm betragen. Die Untersuchung des Kokains habe eine Qualität von maximal 67 % und mindestens 49 % der Reinsubstanz Kokain ergeben, sodass der Beschwerdeführer eine Gesamtmenge von mindestens 171,5 Gramm bis maximal 234,5 Gramm Kokain-Reinsubstanz verkauft habe. Die Weitergabemenge habe dem Dreizehnfachen einer "großen Menge" entsprochen. Der Beschwerdeführer habe das Suchtgift mit dem Wissen und dem Willen weitergegeben, den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr zu setzen. Dies sei aus der Regelmäßigkeit, mit der die Weitergaben über einen Zeitraum von ca. vier Monaten erfolgt seien, zu schließen. Diese strafbaren Handlungen seien von Anfang an auf einen längeren Zeitraum und auf eine wiederholte Tatbegehung ausgerichtet gewesen, wodurch die gewinnsüchtigen Motive des Beschwerdeführers deutlich zu Tage treten würden.
Das Strafregister weise zwei weitere Verurteilungen des Beschwerdeführers durch das Landesgericht Feldkirch auf: Am 16. November 1995 sei er gemäß § 232 Abs. 2 StGB wegen Inverkehrsetzens von Falschgeld zu einer für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von eineinhalb Jahren verurteilt worden. Am 5. Februar 1999 sei eine weitere Verurteilung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrafG wegen Abgabenhinterziehung erfolgt. Dabei sei eine Geldstrafe in der Höhe von S 1,800.000,-- verhängt, die Ersatzfreiheitsstrafe mit sechs Monaten festgesetzt und die Hälfte dieser Geldstrafe für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden.
Aus kriminalstatistischer Sicht müsse im Bereich der Suchtgiftkriminalität mit einer hohen Rückfallsquote gerechnet werden, sodass eine Verurteilung nach § 28 SMG die Versagung eines Reisepasses rechtfertige. Die dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Suchtgiftdelikte hätten zwar bislang keinen Auslandsbezug aufgewiesen, jedoch sei die Vorarlberger Drogenszene traditionell eng mit dem Ausland verknüpft. Der Großteil der auf dem Markt befindlichen Drogen werde aus dem nahen Ausland - aus Deutschland und vor allem aus der Ostschweizer Szene (Zürich) - illegal über die österreichische Grenze nach Vorarlberg verbracht. Die Gefahr sei groß, dass der Beschwerdeführer durch sein Naheverhältnis zur Vorarlberger Drogenszene auch mit dem Ostschweizer Suchtmittelmilieu in Berührung komme. In diesem Fall sei nicht zu erwarten, dass ihn ein (gesetzliches) Verbot vom Drogenschmuggel abhalten würde. Der Beschwerdeführer habe durch sein bisheriges Fehlverhalten bereits deutlich zu erkennen gegeben, dass er nicht bereit sei, die österreichische Rechtsordnung im Suchtmittelbereich zu akzeptieren.
Somit lägen Tatsachen iSd § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG vor, die die Annahme rechtfertigen würden, dass der Beschwerdeführer seinen Reisepass und seinen Personalausweis benützen wolle, um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr zu setzen.
Die Weitergabe von Suchtgiften aller Art stelle in Anbetracht des um sich greifenden Drogenmissbrauchs jedenfalls eine Gefährdung der Allgemeinheit (Volksgesundheit) und damit auch eine Bedrohung der inneren Sicherheit der Republik Österreich dar. Gemäß § 28 Abs. 6 SMG ist bei der Festsetzung der großen Menge eines Suchtgiftes insbesondere auf die Eignung des Suchtgiftes, Gewöhnung hervorzurufen und in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Menschen herbeizuführen sowie auf das Gewöhnungsverhalten von Suchtkranken Bedacht zu nehmen. Der Beschwerdeführer habe 1998 etwa das Dreizehnfache der "großen Menge" an Kokain in Verkehr gesetzt und dadurch das Leben oder die Gesundheit von Menschen entsprechend gefährdet. Daher würden Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Beschwerdeführer durch einen Aufenthalt im Ausland auch die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährden würde.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 14 Abs. 1 PassG ist (u.a.) die Ausstellung des Reisepasses zu versagen, wenn (Z. 3) Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will, um (lit. f) entgegen den bestehenden Vorschriften Suchgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen, oder (Z. 4) Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch den Aufenthalt des Passwerbers im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.
Gemäß § 15 Abs. 1 PassG ist ein Reisepass, dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen.
Gemäß § 19 Abs. 2 PassG sind auf die Entziehung von Personalausweisen die diesbezüglichen, die gewöhnlichen Reisepässe betreffenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes einschließlich der §§ 9 Abs. 7 und 15 Abs. 5 mit der Maßgabe anzuwenden, dass Entziehungsverfahren auf gültige Personalausweise beschränkt sind.
2.1. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen betreffend die strafgerichtliche Verurteilung nach dem Suchtmittelgesetz und das dieser Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers. Sie wendet jedoch ein, dass die dem Beschwerdeführer zur Last liegenden strafbaren Handlungen keinerlei Auslandsbezug aufwiesen. Die belangte Behörde stütze ihre Annahme, der Beschwerdeführer wolle seinen Reisepass und seinen Personalausweis dazu benützen, um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen, auf "unstatthafte Hypothesen". Der Entzug des Reisepasses und des Personalausweises habe lediglich "Strafcharakter".
2. 2. Der Beschwerdeführer hat wiederholt über einen längeren Zeitraum (nämlich von Jänner 2000 bis Ende April 2000) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge - insgesamt ca. 350 Gramm Kokain - in Verkehr gesetzt und den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift erworben und besessen. Damit war die von ihm in Verkehr gesetzte Suchtgiftmenge eine solche, die geeignet war, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen (vgl. § 28 Abs. 6 SMG). Nach den unbestrittenen Feststellungen handelte der Beschwerdeführer ausschließlich aus Gewinnsucht, worin eine von ihm ausgehende massive Gefahr in Bezug auf das Leben und die Gesundheit anderer zum Ausdruck kommt. Auch in Anbetracht der wiederholten und auf längere Zeit angelegten Tatbegehung begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass für den Beschwerdeführer eine positive Verhaltensprognose nicht gestellt werden könne, keinem Einwand. Gerade bei Suchtmitteldelikten ist die Wiederholungsgefahr besonders groß. Vor diesem Hintergrund ist der seit den besagten Straftaten verstrichene Zeitraum jedenfalls zu kurz, um die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte als weggefallen oder als auch nur entscheidend gemindert anzusehen.
Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, die ihm zur Last liegenden strafbaren Handlungen wiesen keinen Auslandsbezug auf, so ist ihm zu erwidern, dass es in einem Verfahren iSd § 15 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Z 3 lit. f PassG nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung ist, ob der Beschwerdeführer seinen Reisepass oder seinen Personalausweis bei der Begehung der ihm angelasteten Straftaten nach dem SMG verwendet hat. Es ist eine Erfahrungstatsache, dass der inländische Drogenmarkt und Drogenhandel in den meisten Fällen mit Suchtgiftimporten aus dem Ausland verknüpft ist. Im Übrigen würde die Verwendung eines Reisepasses oder eines Personalausweises dem Beschwerdeführer einen (weiteren) Handel mit Suchtmitteln jedenfalls erleichtern. (Vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2004, Zl. 2003/18/0284, mwH.)
Somit ist vorliegend die Annahme iSd § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG gerechtfertigt, der Beschwerdeführer werde seinen Pass und seinen Personalausweis dazu benützen, Suchtgift in einer großen Menge einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen.
3. Weiters begegnet auf dem Boden der hg. Rechtsprechung - anders als die Beschwerde meint - die Auffassung der belangten Behörde, dass durch einen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Ausland die innere Sicherheit der Republik Österreich (insbesondere die Volksgesundheit) iSd § 14 Abs. 1 Z. 4 PassG gefährdet sein könnte, keinen Bedenken (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Juli 2002, Zl. 99/18/0260, mwH).
4. Mit seinem Vorbringen, die Entziehung seines Reisepasses und seines Personalausweises habe "ausschließlich Strafcharakter", verkennt der Beschwerdeführer, dass die Entziehung eines Passes eine administrativ-rechtliche Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Ordnung und keine Strafe darstellt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. Februar 2003, Zl. 2003/18/0006, mwH, und vom 16. Dezember 2003, Zl. 2003/18/0136).
5. Die Beschwerde erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
6. Ein Kostenzuspruch entfiel, weil die belangte Behörde keine Kosten verzeichnet hat.
Wien, am 30. November 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002180071.X00Im RIS seit
22.03.2005