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50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §334 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der R-L reg. Gen.m.b.H in E, vertreten durch Radel Stampf Supper Rechtsanwälte OEG in 7210 Mattersburg, Brunnenplatz 5b, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 15. Februar 2000, Zl. 315.482/1- III/A/9/1999, betreffend Antrag auf Aufhebung rechtskräftig vorgeschriebener Auflagen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 3. Juni 1991 wurden der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin gemäß §§ 79 Abs. 1 und 334 Z. 1 GewO 1973 "hinsichtlich der Betriebsanlage auf den Grundstücken ..." zusätzliche Auflagen vorgeschrieben:
"1. Die Betriebszeit für die gegenständliche Betriebsanlage wird ab sofort auf die Zeit von 06.00 Uhr bis 21.30 Uhr eingeschränkt.
2. Als Basis zur Minderung der einzelnen Schallwellen ist von einem Ziviltechniker oder der Niederösterreichischen Anstalt für Umweltschutz ein detailliertes Lärmschutzprojekt erstellen zu lassen, das folgenden Bedingungen zu entsprechen hat:
a) die Ausarbeitung des Projektes hat durch einen Ziviltechniker oder die Niederösterreichische Anstalt für Umweltschutz zu erfolgen.
b) Die Maßnahmen haben mit der Messung der Schalleistungen der einzelnen relevanten Komponenten während der Erntesaison 1991 zu beginnen. Insbesondere sind der Trockner, die auf dem Trockner angebrachten Ventilatoren, der Trocknerabluftkanal, alle Regler und die Verteilerrohre, sowie alle Gebäudeaußenflächen mit ihrer Schalleistung in die Berechnung einzusetzen.
c) Ausgehend von dieser Schalleistung sind die Immissionsmaße bei den Nachbarn in den Schlafräumen und den Terrassen anzugeben. Die Immissionsmaße in den Schlafräumen sind bei gekippten Fenstern und sonst entsprechend der ÖNORM zu berechnen.
d) die Berechnung hat von den im Vorgutachten festgelegten Grundgeräuschpegel von 40 dB(A) im Freien tags und 30 dB(A) nachts, sowie von einem Grundgeräuschpegel von 25 dB(A) in den Schlafzimmern auszugehen.
3. Das Schallschutzprojekt ist der Behörde bis 1.1.1992 zur Einsichtnahme vorzulegen.
4. In der Folge ist die gegenständliche Betriebsanlage durch die im vorstehend angeführten schallschutztechnischen Projekt ausgearbeiteten Maßnahmen derartig abzuändern, dass hinsichtlich der Emissionsmaße bei den Nachbarn in den Schlafräumen und den Terrassen (wobei die Immissionsmaße in den Schlafräumen bei gekippten Fenstern und sonst entsprechend der ÖNORM zu berechnen sind)
a) falls ein Betrieb auch während der Nachtzeit beabsichtigt ist, in der Zeit von 21.30 Uhr bis 06.00 Uhr Lärmspitzenintensität von 40 dB(A) auch bei voller Auslastung der Anlage nicht überschritten werden und
b) während der Zeit von 06.00 Uhr bis 21.30 Uhr die Überschreitung des Grundgeräuschpegels von 40 dB/A) im Freien durch die nach der ÖAL-Richtlinie Nr. 3 zu berechnenden Beurteilungspegel weniger als 10 dB(A) beträgt.
5. Die Baudurchführung der Maßnahme ist durch einen Fachmann überwachen zu lassen.
6. Die Auflagen 4. und 5. sind bis 15.6.1992 zu erfüllen."
Eine von Nachbarn erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 22. Februar 1993 wegen fehlender Berufungslegitimation als unzulässig zurückgewiesen.
Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Juni 1994, Zl. 93/04/0077, als unbegründet abgewiesen.
Nachdem ein Verfahren zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes (§ 360 Abs. 1 GewO 1994) eingeleitet worden war, stellte die Beschwerdeführerin gemäß § 79c GewO 1994 den Antrag, "die Vorschreibungen des bezogenen Bescheides (des Landeshauptmannes von Burgenland vom 3. Juni 1991) aufzuheben bzw. alternativ abzuändern".
Mit Schriftsatz vom 6. November 1998 "präzisierte" die Beschwerdeführerin ihren Antrag, dass die "zusätzlich vorgeschriebenen Auflagen, und zwar insbesonders die Beischaffung eines detaillierten Lärmschutzprojektes aufzuheben bzw. abzuändern beantragt" werde.
Dem Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 9. Juni 1999 gemäß § 79c in Verbindung mit § 334 Z. 4 GewO 1994 keine Folge gegeben.
Wie es in der Begründung dieses Bescheides heißt, sei seitens des gewerbetechnischen Amtssachverständigen aus lärmtechnischer Sicht folgende Stellungnahme abgegeben worden:
"Die laut Bestätigung der Firma F, vom 3. Nov. 1998, getroffenen Um-, Erneuerungs- und Verbesserungsmaßnahmen an der Silo- und Trocknungsanlage der R-L reg.Gen.m.b.H in W können, ohne entsprechende schalltechnische Messungen zum Nachweis allfälliger Emissionsminderungen, nicht als Maßnahme angesehen werden, die geeignet sind, die mit Bescheid vom 3.6.1991, Zl. VI/1-730/65- 1991, vorgeschriebenen zusätzlichen Auflagen, insbesondere hinsichtlich des auszuarbeitenden detaillierten Lärmschutzprojektes, zu ersetzen. Von den getroffenen Maßnahmen sind allfällige schalltechnische Auswirkungen nicht nachgewiesen.
Das vorgeschriebene Lärmschutzprojekt sollte die einzelnen relevanten Emissionsfaktoren ermitteln und in der Folge gezielte Lärmminderungsmaßnahmen vorsehen.
Selbst nachgewiesene punktuelle Verbesserungen (Lärmminderungsmaßnahmen) an einzelnen Anlagenteilen wären alleine nicht geeignet, die Einhaltung des Auflagenpunktes 4.b) des obzit. Bescheides zu bewirken, da dort festgelegt wurde, dass hinsichtlich der Immissionsmaße bei den Nachbarn der Beurteilungspegel den Grundgeräuschpegel nur um weniger als 10 dB überschreiten darf. Die offensichtlich (siehe Bescheid vom 3.6.1991, Zl. VI/1-730/65-1991) von der Behörde beabsichtigte deutliche Verbesserung der Immissionssituation in schalltechnischer Hinsicht bei den Nachbarn der gegenständlichen Betriebsanlage kann nur durch die Ausarbeitung des Lärmschutzprojektes und Verwirklichung der entsprechend vorgesehenen Maßnahmen erfolgen."
Im Erwägungsteil heißt es sodann, wesentlicher Umstand sei die Feststellung, ob die Voraussetzungen für die Vorschreibung eines Lärmschutzprojektes noch vorlägen. Zum einen entspreche die Betriebsweise sowie die maschinelle Ausstattung der Betriebsanlage noch den Genehmigungsbescheiden. Der Umstand, dass laut Angaben der Beschwerdeführerin bloß ein Drittel der Menge von landwirtschaftlichen Produkten in der Filiale W übernommen werde, rechtfertige nicht die Annahme, dass jedenfalls weniger Emissionen von der Betriebsanlage ausgingen, zumal der volle Betriebsumfang auf Grund der bewilligten Kapazität jederzeit wieder ausgeschöpft werden könne. Eine Anzeige über die Auflassung von Teilen der Betriebsanlage sei nicht erfolgt. Erst in diesem Falle würden Betriebsanlagenteile ihre Zweckbestimmung verlieren. Die alleinige "Produktionseinschränkung" ohne gleichzeitige Stilllegung von Betriebsteilen sowie das Nichtvorliegen von Anrainerbeschwerden rechtfertige noch keine Aufhebung bzw. Abänderung von rechtskräftig vorgeschriebenen Auflagen. Wie aus lärmtechnischer Sicht bestätigt worden sei, seien bloß punktuelle Verbesserungen nicht geeignet, die nachbarseitigen Immissionsmaße zu vermindern.
Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Berufung, und zwar mit folgender Begründung:
"Im Antrag gemäß § 79 c GewO wurde mehrfach aufgezeigt, dass die Voraussetzungen - unter anderem durch geänderten Betriebsablauf und technische Verbesserungen - für die Vorschreibungen, im besonderen Ziffer 2 (Lärmschutz-, Schallschutzprojekt), nicht mehr vorliegen.
Vom Amtssachverständigen wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass kein Nachweis allfälliger Emissionsminderungen erbracht wurde und daher zur Beurteilung der geänderten Verhältnisse im Sinne des § 79 c GewO nicht heranzuziehen sind, vielmehr erscheint die Erbringung eines Schallschutzprojektes erforderlich.
Die erkennende Behörde hat diese Aussage der angefochtenen Entscheidung zu Grunde gelegt, jedoch weiters nicht beachtet, dass es Aufgabe der Behörde ist, entsprechende weitere Ermittlungen - durch Messungen, u.s.w. - einzuholen, um zu einer Entscheidung zu gelangen.
Es ergeht daher der Antrag, der Berufung dahin Folge zu geben, dass die angestrebte Abstandnahme bzw. Änderung der Auflagen ausgesprochen wird."
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.
Zur Begründung heißt es, dass auf Grund der eingeholten technischen Gutachten bei Wegfall der vorgeschriebenen Auflagen - wie im angefochtenen (erstinstanzlichen) Bescheid ausführlich begründet - die Einhaltung der geschützten Interessen der Anrainer (hier Lärm) nicht einmal ansatzweise zu erwarten sei, weshalb die wesentliche Voraussetzung für eine Behebung oder Abänderung nicht vorliege. Daher sei auch in diesem konkreten Fall im Sinne des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Verwaltung von neuerlichen Schallpegelmessungen durch die Gewerbebehörde abzusehen. Im Übrigen werde auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Bescheides verwiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Zur Begründung wird ausgeführt:
"Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 79c GewO um Aufhebung bzw. Abänderung der mit Bescheid des Landeshauptmannes, Zl. VI/1-730/65-1991 vom 03.06.1991, gem. § 79 Abs. 1 GewO vorgeschriebenen Auflagen (Lärmschutzprojekt) mangels Vorliegen der Voraussetzungen (durch organisatorische, betriebs- und maschinentechnische Änderungen) für die Vorschreibungen der Auflagen nach § 79 GewO.
Der Entscheidung über diesen Antrag liegt ein in einem Ermittlungsverfahren eingeholtes Gutachten des technischen Amtssachverständigen zu Grunde, dessen wesentliche Aussage zur Sache das Nichtvorliegen von Messungen bzw. Nachweise schalltechnischer Auswirkungen der getroffenen Um-, Erneuerungs- und Verbesserungsmaßnahmen betrifft und können diese Um-, Erneuerungs- und Verbesserungsmaßnahmen das gem. § 79 Abs. 1 GewO vorgeschriebene Lärmschutzprojekt nicht ersetzen; weitere Erhebungen bzw. Ermittlungen in diese Richtung werden nicht durchgeführt und wird dem Antrag keine Folge gegeben.
In der Berufung gegen diese Entscheidung weist der Beschwerdeführer auf diese Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens und nicht nachvollziehbare Beweiswürdigung auf Grund eines nicht vollständigen Sachverhaltes hin.
Die Entscheidungserwägungen des angefochtenen Bescheides stützen sich auf nicht näher präzisierte technische Gutachten, woraus auf einen zu erwartenden Schutz der Interessen der Anrainer (hier Lärm) nicht einmal ansatzweise zu schließen ist; die wesentliche Voraussetzungen für eine Behebung oder Abänderung liegt daher nicht vor; weiters ist im Sinne des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Verwaltung von neuerlichen Schallpegelmessungen durch die Behörde abzusehen.
Die Beschwerdebehörde stellt somit den Grundsatz der Amtswegigkeit des Ermittlungsverfahrens zur Erlangung einer notwendigen konkreten Tatsachenfeststellung als Grundlage einer nachvollziehbaren Beweiswürdigung hintan.
Dem beschwerten Bescheid liegt somit Rechtswidrigkeit inne, da bei Nichtverletzung der aufgezeigten Verfahrensvorschriften die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können."
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 79c GewO 1994 sind die nach § 77, § 79 oder § 79b vorgeschriebenen Auflagen auf Antrag mit Bescheid aufzuheben oder abzuändern, wenn und soweit die Voraussetzungen für ihre Vorschreibung nicht mehr vorliegen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt - ausgehend vom Erkenntnis vom 10. November 1999, Zl. 99/04/0121 - ausgesprochen hat, stellt diese Regelung nach ihrem eindeutigen Wortlaut keine Durchbrechung der Rechtskraft des die fragliche Auflage vorschreibenden Genehmigungsbescheides dar. Sie gibt vielmehr lediglich der Behörde die Möglichkeit, nachträglichen Änderungen des Sachverhaltes in Form des Wegfalles jener Tatsachen, die nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides die Voraussetzungen für die Vorschreibung der Auflage gebildet haben, Rechnung zu tragen.
Weiters hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht jeder der belangten Behörde unterlaufene Verfahrensverstoß zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof zu führen, sondern nur ein solcher, bei dessen Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Diese Relevanz darzustellen ist, soweit dies nicht offenkundig ist, Sache des Beschwerdeführers (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. September 2000, Zl. 98/04/0093). Derartiges wird in der Beschwerde jedoch nicht unternommen und ist einerseits angesichts der oben dargestellten Rechtslage, wonach es allein auf nachträgliche Änderungen des Sachverhaltes in Form des Wegfalles jener Tatsachen, die die Voraussetzungen für die Vorschreibung der Auflagen gebildet haben, ankommt, andererseits angesichts der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides, auf die im angefochtenen Bescheid verwiesen wird, auch keineswegs offenkundig.
Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht, dass es in der Begründung des angefochtenen Bescheides - für sich genommen - wohl missverständlich heißt, es sei von neuerlichen Schallpegelmessungen "im Sinne des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Verwaltung" abzusehen gewesen. Dieses Begründungselement ist jedoch in seinem Zusammenhang dahin zu deuten, dass die belangte Behörde den Sachverhalt als geklärt angesehen hat, und deshalb "im Sinne des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Verwaltung" von neuerlichen Schallpegelmessungen abgesehen hat, was wiederum nach dem oben Gesagten im Rahmen der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof keinen Bedenken begegnet.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 21. Dezember 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2000040072.X00Im RIS seit
03.02.2005