TE Vwgh Erkenntnis 2005/2/16 2004/04/0123

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Veröffentlicht am 16.02.2005
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §79 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der B GmbH in W, vertreten durch Dr. Hilbert Aubauer, Dr. Peter Berethalmy und Dr. Christian Berethalmy-Deuretzbacher, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rosenbursenstraße 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 29. März 2004, Zl. 309.942/3-I/9/04, betreffend Vorschreibung von Auflagen (mitbeteiligte Parteien: C S, H GesmbH & Co KG, N D, M H, S A, H S, H W, C F, Mag. F H, S P, G T, A A, M E, R P, Mag. C G, Dr. C S, A Z, Mag. K B, E B, L H, N G, R I, S I, M K, J S, H S, I P, M A A-Z, G A, H L, M H, A P, D L, A S, Dipl.-Ing. W S, U G, B S, F G, J M, S S, R E, H S, A U, Dipl.-Ing. J H, A B, Mag. G K, G G, R B, Mag. R R-R, Dr. H und C T, F R, E R, J B, L R, R U, M B, Dr. G W, Dr. C S, F R, Dr. G W, Mag. G K, Dr. C S, Dr. P W, Mag. H L, A S, Dipl.-Ing. J H, E R, D WohnungseigentumsgesmbH, E H, G L, A M, L M, H M, K S, E S, G K, L S, C Z, R S, alle in W, alle vertreten durch Dr. M. Alexander Pflaum, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Garnisongasse 7/12a), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 29. März 2004 wurde der Beschwerdeführerin als Betreiberin einer Tankstelle u.a. folgende Auflage gemäß § 79 GewO 1994 vorgeschrieben:

"Die offenen Verbindungen zwischen Tankstellenbereich und Müll- sowie Boilerraum des Wohnhauses sind brandbeständig zu verschließen. Eine mechanische Lüftungsanlage für den Müllraum und den Boilerraum ist zu installieren. Diese Lüftungsanlage ist so zu installieren, dass die Wohnungseigentümer die Absaugung nach Bedarf ein- und ausschalten können."

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin in Wien eine "Arkadentankstelle" betreibe. Die Behörde erster Instanz habe der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin gemäß § 79 GewO 1994 u. a. vorgeschrieben, die offenen Verbindungen zwischen Tankstellenbereich und Koloniaraum sowie Nebenraum brandbeständig zu verschließen. Gegen diese Auflage sei von den Mitbeteiligten mit der Begründung berufen worden, dass durch die vorgeschriebene Verschließung der Öffnungen die Be- und Entlüftung des Müllraumes sowie des Boilerraumes und in der Folge auch die Sauerstoffzufuhr für die Heizungsanlage im Heizungsraum nicht mehr gegeben wäre.

Der gewerbetechnische Sachverständige habe dazu ausgeführt, dass die brandhemmende Abtrennung des Müllraumes und des Boilerraumes vom Tankstellenbereich sowohl aus brandschutztechnischen Gründen als auch zur Hintanhaltung von Geruchsbelästigungen im Haus aus dem Tankstellenbereich notwendig wäre. Es wäre möglich, dass das notwendige alternative Lüftungskonzept für den Müllraum und den Boilerraum der Beschwerdeführerin nicht vorgeschrieben werden könnte, weil die genannten Räume nicht zur Betriebsanlage gehörten. Es wäre daher eine einvernehmliche Lösung anzustreben.

Die Behörde folge den technischen Ausführungen des Sachverständigen, wonach die brandbeständige Abtrennung der Tankstellenanlage vom Müll- und Boilerraum des Wohnhauses unbedingt notwendig sei. Zur strittigen Be- und Entlüftung des Boilerraumes und des Müllraumes sei festzuhalten, dass sich die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 21. Oktober 2003 gegenüber den Wohnungseigentümern bereit erklärt habe, eine mechanische Luftabsaugung zu installieren. Die Vorschreibung dieser Lüftungsanlage sei gemäß § 79 GewO 1994 angezeigt, weil die brandbeständige Verschließung der Öffnungen mit dem Betrieb der Tankstelle zusammenhänge und daher die dadurch reduzierte Entlüftungsmöglichkeit auch dem Tankstellenbetrieb zuzurechnen sei.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser Gerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluss vom 8. Juni 2004, B 646/04). Vor dem Verwaltungsgerichtshof begehrt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligten Parteien erstatteten Gegenschriften je mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Unterbleiben von Auflagen "anlässlich derer in Bereiche eingegriffen werde, welche nicht zur Betriebsanlage der Beschwerdeführerin selbst, sondern zu dem daneben- und darüber liegenden Wohnhaus gehören (Belüftung Müllraum, Boilerraum)" beschwert.

Sie führt dazu aus, dass sie eine sogenannte "Arkadentankstelle" betreibe. Diese Tankstelle sei in eine Eigentumswohnhausanlage integriert. An die Tankstelle grenze der Müllraum und der Boilerraum an. Bei diesen Räumen handle es sich jedoch um keine Teile der Betriebsanlage.

Die Beschwerdeführerin habe keine Einwände gegen die ihr von der Behörde erster Instanz vorgeschriebene brandbeständige Abtrennung der Öffnungen zwischen der Tankstelle und den genannten Räumen gehabt. Die nunmehr vorgeschriebene Installation einer Entlüftungsanlage für diese Räume betreffe jedoch einen Bereich, der nicht zur Betriebsanlage gehöre. Der Boilerraum und der Müllraum gehörten zu den allgemeinen Teilen der Eigentumswohnhausanlage. Die vorgeschriebene Entlüftungsanlage diene nicht der Entlüftung der Tankstelle, sondern der Zufuhr von Frischluft zu den genannten allgemeinen Teilen der Wohnhausanlage. Da die Auflage somit nicht die Betriebsanlage betreffe, sei sie rechtswidrig. Darüber hinaus ergebe sich eine Rechtswidrigkeit auch daraus, dass die Installation der Entlüftungsanlage von der Beschwerdeführerin nicht aus eigenem erfüllt werden könne, weil dazu die Mitwirkung der Wohnungseigentumsgemeinschaft erforderlich sei.

Die belangte Behörde habe sich zu Unrecht auf das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 21. Oktober 2003 gestützt. Mit diesem Schreiben habe sich die Beschwerdeführerin nur unter der Voraussetzung zur Installation einer Lüftungsanlage bereit erklärt, dass die Wohnungseigentümer keine Einwände gegen die Errichtung einer geplanten Kfz-Waschanlage erheben würden. Dieser Vorschlag sei jedoch von den Wohnungseigentümern nicht angenommen worden.

Gemäß § 79 Abs. 1 erster Halbsatz GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich nach Genehmigung der Anlage ergibt, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben.

Die Beschwerdeführerin stellt nicht in Abrede, dass es sich bei der brandbeständigen Verschließung der offenen Verbindungen von der Tankstelle zum Müllraum und zum Boilerraum des Wohnhauses, in das die Tankstelle in Form einer "Arkadentankstelle" integriert ist, um eine zulässige Auflage zur Hintanhaltung von Gefährdungen durch die Betriebsanlage handelt. Unstrittig erfolgte die Be- und Entlüftung des Müllraumes und des Boilerraumes bisher über diese offenen Verbindungen.

Die gegenständlich vorgeschriebene Auflage der brandbeständigen Verschließung der Öffnungen zwischen dem Tankstellenbereich und dem Boilerraum bzw. dem Müllraum sowie die Installation einer alternativen Belüftungseinrichtung verfolgt den Zweck, die Ausbreitung von Bränden über die genannten Öffnungen in einer Weise zu unterbinden, dass die - unstrittig notwendige - Be- und Entlüftung der genannten Räume erhalten bleibt. Sie ist dazu - was in der Beschwerde nicht konkret bestritten wird - auch geeignet und ausreichend bestimmt.

Dem Beschwerdeeinwand, dass es sich beim Müllraum und beim Boilerraum um allgemeine Teile der Eigentumswohnhausanlage - und daher nicht um Teile der Betriebsanlage - handle und daher die Errichtung einer Belüftungsanlage für diese Räume nur bei Mitwirkung der Wohnungseigentumsgemeinschaft möglich sei, ist zu entgegnen, dass es für die Frage der Rechtmäßigkeit einer dem Gewerbeinhaber vorgeschriebenen Auflage unbeachtlich ist, ob der Erfüllung der Auflage privatrechtliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung2 (2003), S. 566 f, Rz 15 zu § 77 GewO 1994 zitierte hg. Rechtsprechung).

Aus all diesen Gründen kann die Vorschreibung der gegenständlichen Auflage nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 16. Februar 2005

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004040123.X00

Im RIS seit

14.03.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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