TE Vwgh Erkenntnis 2005/2/17 2005/18/0007

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.02.2005
beobachten
merken

Index

E2D Assoziierung Türkei;
E2D E02401013;
E2D E05204000;
E2D E11401020;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ARB1/80 Art7;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §6 Abs1 Z3;
FrG 1997 §6 Abs5;
FrG 1997 §7;
MRK Art8 Abs2;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2005/18/0005 E 17. Februar 2005 2005/18/0006 E 17. Februar 2005 2005/18/0004 E 17. Februar 2005

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde der Y in W, geboren 1959, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 25. November 2004, Zl. SD 1221/04, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 25. November 2004 wurde die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin sei mit einem von der österreichischen Botschaft in Ankara ausgestellten und vom 15. Juli bis zum 15. September 2002 gültigen Schengenvisum "C" gemeinsam mit ihren zwei Kindern Makbule Ö. (hg. Zl. 2005/18/0004) und Mustafa Ö. (hg. Zl. 2005/18/0006) in das Bundesgebiet eingereist und habe am 2. Jänner 2003 beim Bundesasylamt einen Asylantrag gestellt, welcher auch auf sämtliche Kinder - eine weitere Tochter, Meliha Ö. (hg. Zl. 2005/18/0005), sei erst am 15. Jänner 2003 mit einem eigenen Reisepass ebenso mit einem Touristensichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist - gemäß § 11 AsylG erstreckt worden sei. Die Asylverfahren seien im Instanzenzug negativ beschieden worden.

Vom 5. Jänner bis zum 28. Mai 2004 sei der Beschwerdeführerin eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz zuerkannt worden. Seither sei die Beschwerdeführerin rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig. Am 24. August 2004 hätten die Beschwerdeführerin und ihre Familienangehörigen beim Landeshauptmann von Wien Anträge auf Erteilung von (quotenpflichtigen) Niederlassungsbewilligungen zum Zweck der Familiengemeinschaft eingebracht.

In Anbetracht des unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet sei die Ausweisung der Beschwerdeführerin im Grund des § 33 Abs. 1 FrG - vorbehaltlich der Bestimmung des § 37 Abs. 1 leg. cit. - gerechtfertigt.

Angesichts der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Ehegatten und ihren drei Kindern (die allerdings ebenfalls hätten ausgewiesen werden müssen) im Bundesgebiet lebe, liege ein mit der Ausweisung verbundener Eingriff in ihr Privat- und Familienleben vor. Die Beschwerdeführerin habe die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften in gravierender Weise missachtet und halte sich seit nunmehr fast einem halben Jahr unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die dadurch bewirkte Beeinträchtigung des maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten und familiären Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten gewesen seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise der Beschwerdeführerin aus dem Bundesgebiet.

Der Umstand, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin einen Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gestellt habe, könne ihre persönlichen Interessen nicht verstärken.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf dem Boden der - unbestrittenen - Feststellungen im angefochtenen Bescheid begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass sich die Beschwerdeführerin unrechtmäßig in Österreich aufhalte und der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG erfüllt sei, keinen Bedenken. Für die belangte Behörde bestand keine Verpflichtung, mit ihrer Entscheidung bis zur Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zuzuwarten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2002, Zl. 2001/18/0263).

2.1. Die Beschwerde bringt vor, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin seit 16 Jahren in Österreich lebe, hier integriert sei und die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an diesen unmittelbar bevor stehe. Dies seien massive Argumente im Sinn des Art. 8 EMRK, die für die Beschwerdeführerin sprechen würden.

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die belangte Behörde hat bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 FrG zu Gunsten der Beschwerdeführerin neben der Dauer ihres inländischen Aufenthaltes seit ihrer Einreise im Juli 2002 berücksichtigt, dass sich hier auch ihr Ehemann und die (ebenfalls von Ausweisungen betroffenen) Kinder aufhalten. Dem Gewicht der Integration der Beschwerdeführerin kommt jedoch nur eingeschränkte Bedeutung zu, weil ihr Aufenthalt jedenfalls seit dem Ende ihrer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz (seit dem 28. Mai 2004) zur Gänze unrechtmäßig ist.

Der vorgebrachte Umstand, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin mit der baldigen Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft zu rechnen habe, bewirkt keine Stärkung der persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin. Die Behörde ist nicht verpflichtet, von fremdenpolizeilichen Maßnahmen Abstand zu nehmen und damit den unrechtmäßigen Aufenthalt eines Fremden zu dulden, bis der Fremde durch die - vor Abschluss des diesbezüglichen Verfahrens jedenfalls immer noch ungewisse - Verleihung der Staatsbürgerschaft an einen Angehörigen eine begünstigte Stellung erwirbt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. September 2004, Zl. 2001/18/0047, mwN).

Den solcherart nicht sehr ausgeprägten persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht gegenüber, dass sie sich, wie bereits ausgeführt, seit Juni 2004, sohin seit ca. sechs Monaten, unrechtmäßig in Österreich aufhält. Dieses Verhalten stellt eine schwerwiegende Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht der Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, dar. Dem im Hinblick auf das Gebot der Achtung des Privat- und Familienlebens im § 37 Abs. 1 FrG verankerten Ausweisungshindernis kann hiebei nicht die Bedeutung zugemessen werden, es wäre zulässig, dass sich ein Fremder durch die Missachtung der fremdenrechtlichen Vorschriften und die derart bewirkten privaten und familiären Bindungen im Bundesgebiet ein Aufenthaltsrecht verschaffe. Auch kann aus Art. 8 EMRK ein allgemeines Recht des Fremden auf Familienzusammenführung in einem bestimmten Staat bzw. eine allgemeine Verpflichtung des Staates, eine Familienzusammenführung auf seinem Gebiet zuzulassen, nicht abgeleitet werden (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2001/18/0047). Die Ausweisung war daher als dringend geboten iS des § 37 Abs. 1 FrG anzusehen.

3. Wenn die Beschwerde ins Treffen führt, dass der angefochtene Bescheid "nicht die Rechtschutzgarantien der Art. 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25.2.1964" aufweise, so ist ihr zu erwidern, dass sich weder aus dem angefochtenen Bescheid noch der Beschwerde Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Beschwerdeführerin zu dem im Art. 6 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 (ARB) näher umschriebenen Personenkreis unselbständig Erwerbstätiger gehört oder dass sie alle Voraussetzungen des Art. 7 ARB erfülle. Die Erteilung eines Reisevisums stellt auch keine Genehmigung im Sinn des Art. 7 ARB dar, zu dem - dem regulären inländischen Arbeitsmarkt angehörenden - türkischen Ehegatten zu ziehen. Dem Beschwerdehinweis auf die Richtlinie des Rates vom 25. Februar 1964, 64/221/EWG, ist daher der Boden entzogen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Jänner 2002, Zl. 2001/18/0263 und vom 18. Jänner 2004, Zl. 2004/18/0407).

4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 17. Februar 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005180007.X00

Im RIS seit

30.03.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten