TE OGH 1955/4/20 7Ob187/55

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Veröffentlicht am 20.04.1955
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Norm

Tiroler Höfegesetz §17

Kopf

SZ 28/105

Spruch

Zur persönlichen Bewirtschaftung eines Hofes (§ 17 Z. 4 lit. d Tiroler HöfeG.) ist persönliche Handanlegung und ununterbrochene Anwesenheit des Anerben auf dem Hof nicht erforderlich.

Entscheidung vom 20. April 1955, 7 Ob 187/55.

I. Instanz: Bezirksgericht Innsbruck; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.

Text

Das Abhandlungsgericht hat mit dem Beschluß vom 4. Februar 1955 festgestellt, daß Dipl.-Ing. Fritz G., der älteste Sohn des am 7. Juli 1934 verstorbenen Ludwig G., nach § 17 des Tiroler Höfegesetzes vom 12. Juni 1900, LGBl. Nr. 47, von der Übernahme des zum Nachlaß gehörigen geschlossenen Hofes "Schneider" ausgeschlossen ist.

Das Rekursgericht hat diesen Beschluß dahin abgeändert, daß Dipl.- Ing. Fritz G. Übernehmer des erwähnten geschlossenen Hofes ist.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des zweitältesten Sohnes Hermann G. nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Oberste Gerichtshof vermag die Ansicht des Rekurswerbers, daß ein Grund im Sinne des § 17 Z. 4 lit. d des Tiroler Höfegesetzes vorliege, der Dipl.-Ing. Fritz G. von der Übernahme des geschlossenen Hofes als Anerbe ausschließen würde, nicht zu teilen. Nach dieser Gesetzesstelle ist ein Anerbe von der Übernahme eines geschlossenen Hofes in der Regel ausgeschlossen, wenn er durch seinen Beruf verhindert ist, den Hof von der Hofstelle aus persönlich zu bewirtschaften. Das Hauptgewicht dieser Bestimmung ruht hier auf dem Worte "persönlich". Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung SZ. XXIII 34 ausgesprochen hat, ist für die persönliche Bewirtschaftung die Anwesenheit des Wirtschaftsführers auf dem Hofe erforderlich; er soll die notwendigen Anordnungen persönlich treffen und ihre Einhaltung selbst überwachen. Daß er bei diesen Arbeiten auch unter persönlicher Handanlegung mittue, ist nicht gefordert. Es ist im allgemeinen zutreffend, daß ein wirtschaftlich gesund geführter Bergbauernhof vom Bauern den Einsatz seiner ganzen Arbeitskraft auf dem Hof verlangt, und es genügt in der Regel nicht, wenn er nur gelegentlich nach dem Rechten sieht und im übrigen einem anderen Beruf nachgeht. Wenn der Wirtschaftsführer aber noch anderweitig beruflich gebunden ist, kann es für die Beurteilung der persönlichen Verhältnisse im Sinne der angeführten Gesetzesstelle nicht entscheidend sein, ob der Beruf in untergeordneter Stellung oder wie hier als selbständiger Unternehmer ausgeübt wird. Es kommt vielmehr nur darauf an, ob die mit dem Beruf als solchem verbundene Tätigkeit es verhindert, den Hof von der Hofstelle aus persönlich - und zwar entsprechend - zu bewirtschaften. Der Sachverhalt ist im gegenwärtigen Falle nach der zur Zeit des Beschlusses bestehenden Lage zu beurteilen. Die Untergerichte haben festgestellt, daß Dipl.- Ing. Fritz G. auf dem Hofe wohnhaft ist und hier seinen erlernten Beruf als Architekt ausübt. Eine Besonderheit liegt hier noch insofern vor, als die nur in geringem Umfang betriebene Landwirtschaft mit einem Hotelbetrieb gekoppelt ist. Diesen Umstand haben, wie die Überprüfung ergibt, das Rekursgericht und insbesondere die Höfekommission entgegen der Meinung des Rekurswerbers durchaus nicht außer acht gelassen. Er läßt sich nur nicht zu seinen Gunsten auswerten, weil die Verwaltung eines Hotelbetriebes mit einem landwirtschaftlichen Nebenbetriebe die Arbeitskraft des Besitzers nicht so sehr in Anspruch nimmt wie die Bewirtschaftung eines ausschließlich der Landwirtschaft gewidmeten Bergbauernhofes. Aus dem Gutachten der Höfebehörde ergibt sich, daß Dipl.-Ing Fritz G. durch seinen Beruf nicht verhindert ist, den Hof persönlich zu bewirtschaften. Auch sonst sind aus den Akten keine Umstände zu erkennen, die eine solche Behinderung annehmen ließen. Eine ununterbrochene Anwesenheit des Anerben auf dem Hofe ist nicht zu fordern. Die gelegentliche stunden- oder tageweise Abwesenheit, wie sie mit der Ausübung der Tätigkeit als Architekt verbunden sein kann, stellt den Ausschließungsgrund nicht her. Entgegen der Meinung des Rekurswerbers kommt es nicht darauf an, ob der Anerbe größere oder geringere Fähigkeiten besitzt, die sich ihm entgegenstellenden Schwierigkeiten zu meistern. Gegen die Eignung des Dipl.-Ing. Fritz G. zur Führung des Hotelbetriebes bestehen nach dem Gutachten der Höfekommission, aber auch nach den Angaben und Äußerungen einiger Familienmitglieder, keine Bedenken, so daß die im Rechtsmittel beantragten Erhebungen nicht mehr notwendig erscheinen. Der kleinen Landwirtschaft kommt nach den Ausführungen im Revisionsrekurs nur eine mehr untergeordnete Bedeutung zu. Sie wurde, wie der Rechtsmittelwerber selbst angab, damals, als noch sein Vater lebte, bloß neben dem Hotel mit Hilfe eines Knechtes betrieben. Schließlich muß auch der Umstand, daß Dipl.-Ing. Fritz G. den geschlossenen Hof später verpachten könnte, bei der Beurteilung der gegenwärtigen Frage außer Betracht bleiben.

Der Ausschließungsgrund des § 17 Z. 4 lit. d des Tiroler Höfegesetzes wurde daher vom Rekursgericht mit Recht als nicht gegeben erachtet.

Anmerkung

Z28105

Schlagworte

Bewirtschaftung, Tiroler Höferecht, Höferecht in Tirol, persönliche Bewirtschaftung, Persönliche Bewirtschaftung, Tiroler Höferecht, Tiroler Höferecht, persönliche Bewirtschaftung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1955:0070OB00187.55.0420.000

Dokumentnummer

JJT_19550420_OGH0002_0070OB00187_5500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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