TE OGH 1955/9/21 2Ob544/55

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.09.1955
beobachten
merken

Norm

EO §378 Abs2
EO §382 Z6
Grundverkehrsgesetz §1
Grundverkehrsgesetz §21

Kopf

SZ 28/204

Spruch

Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung durch Veräußerungs- und Belastungsverbot bei Weigerung des Verkäufers, den mündlichen Kaufvertrag in Schriftform abzuschließen. Die Notwendigkeit der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde ist kein Hindernis.

Entscheidung vom 21. September 1955, 2 Ob 544/55.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Die Gegnerin der gefährdeten Partei erwarb am 7. April 1955 von Marie P. mehrere zur EZ. 19 der Katastralgemeinde B. gehörige Grundstücke. Die grundbücherliche Durchführung dieses Kaufvertrages schob sie auf, weil sie die Grundstücke sogleich weiterverkaufen wollte. Die gefährdete Partei behauptet in der von ihr eingebrachten Klage, daß ihr die Antragsgegnerin die zur EZ. 19 der Katastralgemeinde B. gehörigen Grundstücke Nr. 35/1, 35/2, 35/3 (mit Wohnhaus Nr. 5), 686, 687 und 755/16 durch einen mündlichen Vertrag verkauft habe, daß sie sich weigere, einen schriftlichen Kaufvertrag in einverleibungsfähiger Form zu unterfertigen, und die Grundstücke in der Zwischenzeit anderen Personen zum Kauf angeboten habe. Das Klagebegehren der gefährdeten Partei geht dahin, die Antragsgegnerin schuldig zu erkennen, den Kaufvertrag über die genannten Grundstücke mit dem in der Klage angegebenen Inhalt beglaubigt zu unterfertigen. Die gefährdete Partei beantragt, ihrer Gegnerin durch einstweilige Verfügung zu verbieten, die genannten Grundstücke zu veräußern oder zu belasten, den gegenwärtigen Zustand der Grundstücke nachteilig zu verändern oder den auf dem Grundstück Nr. 755/16 befindlichen Wald am Stock zu veräußern. In der Klagebeantwortung hat die Antragsgegnerin bestritten, daß zwischen den Parteien eine Einigung über die wesentlichen Bestimmungen des Kaufvertrages zustandegekommen sei.

Das Erstgericht erließ die von der gefährdeten Partei beantragte einstweilige Verfügung. Es nahm als bescheinigt an, daß es zwischen der gefährdeten Partei und ihrer Gegnerin am 4. Juni 1955 nach einer eingehenden Besprechung zu einer vollen Willensübereinstimmung gekommen sei, wonach die Beklagte dem Kläger die angeführten Grundstücke um den Preis von 37.800 S verkauft habe. Die Parteien hätten auch noch weitere Vereinbarungen über die näheren Umstände der Zahlung und der Räumung der Grundstücke getroffen. Später habe jedoch die beklagte Partei anderen Personen die Grundstücke neuerlich zum Verkauf angeboten, ohne etwas von dem mit dem Kläger abgeschlossenen Kaufvertrag zu erwähnen. Da zwischen den Streitteilen hinsichtlich aller wesentlichen Punkte des Kaufvertrages eine Einigung zustandegekommen sei und die Beklagte nunmehr das Zustandekommen eines Kaufvertrages bestreite und die Grundstücke sogar anderen Kaufwerbern angeboten habe, seien sowohl der Anspruch des Klägers auf Unterfertigung des Kaufvertrages als auch die Gefährdung dieses Anspruches hinreichend bescheinigt.

Das Rekursgericht wies den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab. Das Klagebegehren gehe lediglich dahin, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, den mündlich abgeschlossenen Kaufvertrag in beglaubigter Form zu unterfertigen, so daß nur eine Exekutionsführung nach den §§ 354, 355 EO. in Frage käme. Da der Kaufvertrag von der Grundverkehrskommission noch nicht genehmigt worden sei, gehe die einstweilige Verfügung über den zu sichernden Anspruch auf Unterfertigung des Kaufvertrages hinaus. Die beklagte Partei habe den Kläger lediglich durch ein Vermittlungsbüro als Kaufwerber kennengelernt und sei nicht darüber unterrichtet, ob der Kläger im Sinne des § 4 des steiermärkischen Landesgrundverkehrsgesetzes die Gewähr für eine ordentliche Bewirtschaftung der Grundstücke biete. Es müsse ihr daher freistehen, auch anderen Kaufwerbern die Liegenschaft zum Kauf anzubieten, damit sie im Falle der Versagung der Genehmigung des Kaufvertrages durch die Grundverkehrskommission aus einem in der Person des Erwerbers liegenden Grund die Liegenschaft an einen anderen Kaufwerber veräußern könne.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der gefährdeten Partei Folge und stellte den erstgerichtlichen Beschluß wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Antragsgegnerin hat in ihrem Rekurse gegen die einstweilige Verfügung die Feststellung des Erstgerichtes, daß über die wesentlichen Punkte des Kaufvertrages eine Einigung zustandegekommen sei, nicht bestritten, jedoch darauf verwiesen, daß der Kaufvertrag die Genehmigung der Grundverkehrsbehörde nicht erhalten werde und ihr Eigentumsrecht im Grundbuch noch nicht eingetragen sei. Die klagende Partei sei auch nicht gefährdet, da sie im Falle einer Weiterveräußerung Schadenersatz verlangen könne. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes erwirbt der Käufer durch den Abschluß eines Kaufvertrages, über dessen Genehmigung die Grundverkehrskommission zu entscheiden hat, einen bedingten Anspruch. Das Rechtsgeschäft ist bis zur Genehmigung der Grundverkehrskommission in Schwebe. Während dieses Schwebezustandes sind die Parteien an den Vertrag gebunden, weshalb auch vor der Genehmigung durch die Grundverkehrskommission auf Zuhaltung des Vertrages geklagt, werden kann (Klang 1. Aufl. I/2 S. 15, 2. Aufl. II 145). Der Oberste Gerichtshof hat zwar seinerzeit ausgesprochen, daß vor Genehmigung des Veräußerungsgeschäftes durch die Grundverkehrskommission eine einstweilige Verfügung durch Verbot der Veräußerung und Belastung nicht bewilligt werden könne. Diese Entscheidung wurde damit begrundet, daß der Veräußerer wegen des Rücktrittsrechtes bis zur Ausstellung einer verbücherungsfähigen Urkunde nicht gebunden ist. Das Grundverkehrsgesetz für das Land Steiermark (LGBl. Nr. 24/1954) enthält jedoch kein Rücktrittsrecht des Veräußerers. Gemäß § 378 Abs. 2 EO. wird die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Anspruch der antragstellenden Partei ein betagter oder bedingter ist. Die Rechtslehre hält ein Verbot nach § 382 Z. 6 EO. für zulässig, wenn der Eigentümer der Liegenschaft diese an die gefährdete Partei veräußert hat und sich weigert, die zur Übertragung des Eigentumsrechtes erforderliche Urkunde auszustellen (Neumann - Lichtblau, Kommentar zur Exekutionsordnung, 3. Aufl. II S. 1198). Wird dem gegenständlichen Kaufvertrag die grundverkehrsbehördliche Genehmigung erteilt, so ist der Kläger auf Grund des mit der beklagten Partei abgeschlossenen Kaufvertrages und des von dieser mit der Vorbesitzerin abgeschlossenen Vertrages in der Lage, gemäß § 22 GBG. um die grundbücherliche Einverleibung seines Eigentumsrechtes anzusuchen. Dem Antrage auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung steht daher nicht entgegen, daß der Kaufvertrag noch nicht grundverkehrsbehördlich genehmigt wurde und daß die Antragsgegnerin nicht grundbücherliche Eigentümerin ist. Daß das Klagebegehren nur auf Unterfertigung des Kaufvertrages lautet, ist ohne Bedeutung, weil die Sicherung des bedingten Anspruches auf grundbücherliche Einverleibung und Übergabe der verkauften Grundstücke nur durch die beantragte einstweilige Verfügung erreicht werden kann. Da zumindest ein bedingter Anspruch auf grundbücherliche Übertragung des Eigentumsrechtes und die Gefährdung dieses Anspruches bescheinigt sind, war dem Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung stattzugeben.

Anmerkung

Z28204

Schlagworte

Belastungsverbot einstweilige Verfügung, Einstweilige Verfügung Veräußerungs- und Belastungsverbot, Grundverkehrsbehörde, einstweilige Verfügung, Veräußerungsverbot, einstweilige Verfügung, Verfügung einstweilige Veräußerungs- und Belastungsverbot

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1955:0020OB00544.55.0921.000

Dokumentnummer

JJT_19550921_OGH0002_0020OB00544_5500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten