TE Vwgh Beschluss 2005/3/8 2004/01/0328

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Veröffentlicht am 08.03.2005
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Index

DE-20 Privatrecht allgemein Deutschland;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
BGB-D §1626;
StbG 1985 §12 Z4;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die von MM, vertreten durch Dr. Christoph Obermayer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Fleischmarkt 18, namens ihrer mj. Tochter M, erhobene Beschwerde gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 8. März 2004, Zl. 0/912-17566/5- 2004, betreffend amtswegige Wiederaufnahme eines Staatsbürgerschaftsverfahrens, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Einschreiterin, eine österreichische Staatsangehörige, beantragte im März 2003 bei der Tiroler Landesregierung die Verleihung der Staatsbürgerschaft an ihre 1993 in der Schweiz geborene Tochter, eine deutsche Staatsangehörige. Als deren Hauptwohnsitz schien - mit dem Familiennamen des von der Einschreiterin geschiedenen Vaters des Kindes - im Melderegister eine Adresse in Kitzbühel auf.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2003 hielt die Tiroler Landesregierung der Einschreiterin u.a. vor, laut Mitteilung des Amtsgerichtes Schöneberg habe sie den von ihr vorgelegten Beschluss dieses Gerichtes vom 20. Jänner 2003 über die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung des Antrages erschlichen und der Kindesvater habe dem Antrag nicht zugestimmt. Die Einschreiterin wurde aufgefordert, die Zustimmung des Kindesvaters oder eine rechtskräftige Entscheidung über den Zuspruch des alleinigen elterlichen Sorgerechts nachzuweisen.

Mit Schreiben vom 4. Januar 2004 an die Tiroler Landesregierung zog die Einschreiterin den Antrag "angesichts der komplizierten, teilweise noch ungeklärten Sachlage" zurück. Sie ersuchte um Rücksendung der vorgelegten Urkunden.

Am 26. Jänner 2004 wurde die Tochter der Einschreiterin - unter dem Familiennamen der Einschreiterin - an einer Adresse in Salzburg als Hauptwohnsitz angemeldet. Am selben Tag beantragte die Einschreiterin bei der Salzburger Landesregierung die Verleihung der Staatsbürgerschaft an ihre Tochter. Am 17. Februar 2004 (Datum des Eingangsstempels) legte sie auch in diesem Verfahren den Beschluss des Amtsgerichtes Schöneberg vom 20. Jänner 2003 über die vormundschaftliche Genehmigung der Beantragung der österreichischen Staatsangehörigkeit für ihre Tochter vor.

Dieser Beschluss des Amtsgerichtes Schöneberg war inzwischen mit einem bei der Tiroler Landesregierung aktenkundig gewordenen Beschluss desselben Gerichtes vom 15. Dezember 2003, dessen Erhalt die Einschreiterin bestreitet, aufgehoben worden. Begründend war in diesem Beschluss im Wesentlichen ausgeführt worden, die Einschreiterin habe den Beschluss vom 20. Jänner 2003 unter Vorlage der unmittelbar nach der Geburt ihrer Tochter ausgestellten Geburtsurkunde, in der die Einschreiterin noch als unverheiratete Mutter aufscheine, erwirkt.

Am 1. März 2004 verlieh die Salzburger Landesregierung der Tochter der Beschwerdeführerin gemäß § 12 Z 4 StbG die Staatsbürgerschaft.

Noch am selben Tag beantragte die Beschwerdeführerin in Kitzbühel die Ausstellung eines österreichischen Reisedokumentes für ihre Tochter, was am Folgetag zur Übermittlung von Informationen über das in Tirol geführte Verfahren an die Salzburger Landesregierung führte.

Mit dem angefochtenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 8. März 2004 wurde das in Salzburg geführte Verfahren von Amts wegen wieder aufgenommen.

Mit Schriftsatz vom 11. März 2004 erklärte der Kindesvater auch gegenüber der Salzburger Landesregierung, den Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht zu unterstützen. In einer am 20. April 2004 vor der Salzburger Meldebehörde aufgenommenen Niederschrift erklärte die Einschreiterin, ihre Tochter lebe in einem Internat in der Schweiz, gehe seit Jahren in St. Gallen zur Schule und sei "ab und zu zu Besuch in Salzburg".

Gegen die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens erhob die Einschreiterin, vertreten durch Rechtsanwälte in Wien, namens ihrer Tochter zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 28. Juni 2004, B 512/04-8, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie - mit dem ausdrücklichen Hinweis, die Prozessvoraussetzungen seien nicht näher geprüft worden - antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof ab.

Mit Berichterverfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juli 2004 wurde die Ergänzung der abgetretenen Beschwerde u. a. durch Bescheinigung der Vertretungsmacht der Einschreiterin für ihre als Beschwerdeführerin genannte Tochter aufgetragen.

Auf Grund dieses Ergänzungsauftrages brachte die Einschreiterin - ungeachtet eines in der Zwischenzeit gestellten Verfahrenshilfeantrages - durch ihren nunmehrigen anwaltlichen Vertreter den ergänzenden Schriftsatz vom 30. August 2004 ein, der in der Folge noch durch Urkundenvorlagen sowohl des anwaltlichen Vertreters als auch der Einschreiterin selbst ergänzt wurde.

Zur alleinigen Vertretungsberechtigung der Einschreiterin für ihre minderjährige Tochter wurde im Schriftsatz vom 30. August 2004 auf § 1626 BGB (Pflicht und Recht der "Eltern", für das minderjährige Kind zu sorgen) und auf die Bezeichnung der Einschreiterin als gesetzliche Vertreterin im Bescheid vom 27. Jänner 2004 über eine in Salzburg von ihr erwirkte melderechtliche Auskunftssperre verwiesen. Im Hinblick auf den dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Vorwurf der Erschleichung der Verleihung der Staatsbürgerschaft wurde in dem Schriftsatz ausgeführt, die Einschreiterin sei auf Grund näher genannter Entscheidungen und Bestätigungen aus Deutschland und der Schweiz "fest davon überzeugt, dass ihr als Mutter des Kindes die alleinige elterliche Sorge zusteht".

Dem steht jedoch entgegen, dass u.a. in dem von der Einschreiterin vorgelegten Entscheid des Bezirksgerichtes St. Gallen vom 10. Juli 2001 ausdrücklich hervorgehoben wird, die "Zuteilung der Obhut" über die Tochter der Einschreiterin habe "nur vorläufigen Charakter" und lasse "die elterliche Sorge unberührt", und dass die Urkunden, aus denen sich scheinbar die von einer Zustimmung des Kindesvaters unabhängige Vertretungsmacht der Einschreiterin in Bezug auf die Herbeiführung einer Änderung der Staatsangehörigkeit ihrer Tochter ergibt, jeweils auf die Verhältnisse unverheirateter und nicht - wie dies hier unstrittig der Fall ist - geschiedener Eltern abstellen. Eine Zustimmung des Kindesvaters oder eine Regelung des Sorgerechts im Anschluss an die Scheidung, durch die der Einschreiterin nicht nur die "Obhut" über ihre Tochter, sondern auch das alleinige Vertretungsrecht in Bezug auf Angelegenheiten der verfahrensgegenständlichen Art übertragen worden wäre, ist weder von der Einschreiterin vorgelegt worden noch aktenkundig.

Da somit auch die vorliegende Beschwerdeführung nicht wirksam namens der Tochter der Einschreiterin erfolgen konnte, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 8. März 2005

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des Einschreiters Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang gesetzlicher Vertreter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004010328.X00

Im RIS seit

06.05.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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