TE OGH 1958/6/25 2Ob228/58

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Veröffentlicht am 25.06.1958
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Norm

ABGB §1293
ABGB §1323

Kopf

SZ 31/89

Spruch

Der merkantile Minderwert für einen beschädigten Kraftwagen gebührt auch bei Erzielung eines günstigeren Preises durch Eintausch des beschädigten Wagens gegen ein neues Modell derselben Type unter Aufzahlung.

Entscheidung vom 25. Juni 1958, 2 Ob 228/58.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Die Untergerichte stellten fest, daß das vom Beklagten gelenkte Motorrad am 7. Oktober 1956 mit dem von der Klägerin gelenkten und ihr gehörigen PKW. Marke Opel-Record (Serie 1956) zusammenstieß, wodurch die Klägerin Körper- und Sachschäden erlitt. Der Beklagte wurde auch wegen dieses Unfalles vom Strafgericht rechtskräftig des Vergehens nach § 335 StG. schuldig erkannt. Der Erstrichter hat dazu unbekämpft festgestellt, daß der Beklagte den Unfall grob fahrlässig allein verschuldete.

Im Revisionsverfahren ist von dem von der Klägerin begehrten Ersatz des Sachschadens nur mehr ein Betrag von 3000 S für den sogenannten merkantilen Minderwert des beim Zusammenstoß beschädigten PKWs. strittig.

Während das Erstgericht der Klägerin diesen Betrag zusprach, änderte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß dieser Teil des Klageanspruches abgewiesen wurde.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei Folge und stellte das erstgerichtliche Urteil wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Auf Grund der Feststellungen der Untergerichte ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der PKW. Opel-Record, Serie 1956, der Klägerin hatte zur Zeit des

Unfalles ohne erlittene Schäden mit Rücksicht auf die von ihm

bereits gefahrenen rund 9000 km einen Zeitwert von rund.........

40.000.- S.

Die Klägerin erhielt von ihrer Kaskoversicherung den gesamten

Reparaturkostenaufwand in der Höhe von .... 16.172.- S abzüglich des

Selbstbehaltes von ..........  1.000.- S, somit

.................................................. 15.172.- S, und

vom Beklagten den Betrag von .......................  1.000.- S für

den Selbstbehalt bereits ersetzt. Den beschädigten Wagen verkaufte

die Klägerin um den Preis von

....................................... 24.000.- S an diem Opel-

Vertretung in ihrem Wohnort zurück.

Der Rückkauf des beschädigten Wagens der Klägerin erfolgte jedoch

nur unter der Bedingung, daß die Klägerin gleichzeitig einen neuen

Opel-Wagen bei der gleichen Vertretung der Fa. Opel erwarb. Die

Klägerin erwarb sohin einen neuen Opel-Record der Serie 1957,

welcher im Preis um rund 5000 S teurer war als ihr erster Wagen der

Serie 1956.

Der Erstrichter steht auf dem Standpunkt, daß die Klägerin, obwohl

sie für den beschädigtem Wagen ....................... 16.172.20 S

und .................................................. 24.000.-- S,

------------ das sind zusammen über................................

40.000.-- S, also ungefähr den Zeitwert ihres Wagens vor dem Unfall, ersetzt erhalten hat, deshalb auch Anspruch auf Ersatz des merkantilen Minderwertes in der vom Erstrichter mit 3000 S angenommenen Höhe habe, weil sie nur dadurch einen so günstigen Preis für ihren Wagen habe erzielen können, daß sie gleichzeitig einen Opel Record der Serie 1957 erworben habe, also eine "Chance" ausgenützt habe, welche nur ihr möglich gewesen und nicht erst durch den Unfall entstanden sei. Diese Differenz brauche sie sich daher nicht im Wege der Vorteilsausgleichung anrechnen zu lassen.

Zu dem merkantilen Minderwert von 3000 S kam der Erstrichter auf Grund der Angaben des von ihm vernommenen Sachverständigen, laut denen der beschädigte Wagen im besten Falle 21.000 S wert gewesen sei. Der Erstrichter nahm deshalb an, daß jeder andere Käufer für den beschädigten Wagen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nur 21.000 S geboten hätte und daß der Klägerin der Verkauf des Wracks um den Preis von 24.000 S nur möglich gewesen sei, weil sie gleichzeitig einen Opel-Record Serie 1957 angeschafft habe, der aber im Preis um zirka 5000 S teurer gewesen sei als ihr erster Wagen der Serie 1956.

Das Berufungsgericht nahm im Gegensatz zum Erstgericht an, daß der Schaden der Klägerin ohnehin bereits voll gedeckt sei und sie daher auch keinen Ersatz des merkantilen Minderwertes begehren könne. Sie müsse sich den Verkaufspreis des Wracks in der Höhe von 24.000 S jedenfalls im Rahmen der Vorteilsausgleichung anrechnen lassen.

Dieser Ansicht des Berufungsgerichtes kann nicht beigepflichtet werden.

Grundsätzlich ist für die Berechnung der Vorteilsausgleichung der Zeitpunkt der Beschädigung maßgebend (vgl. Wolff in Klang 2. Aufl. VI 4; ebenso 3 Ob 206/56, wo ausgesprochen wird, daß der Wert im Zeitpunkt der Schädigung maßgebend ist).

Im Zeitpunkt der Schädigung war der Wagen aber nach den Feststellungen des Erstrichters um 3000 S weniger wert, weil erfahrungsgemäß beschädigte Wagen, auch wenn sie repariert sind, viel schwerer einen Käufer finden und nur einen geringeren Preis erzielen als unbeschädigte.

Daß es der Klägerin in der Folge gelungen ist, infolge besonderer Umstände für das Wrack nicht nur den vom Sachverständigen als angemessen bezeichneten Preis von 21.000 S, sondern einen Preis von 24.000 S zu erzielen, spielt bei der Vorteilsausgleichung schon deshalb keine Rolle, weil sich dieser Verkauf nach dem für die Vorteilsausgleichung maßgebenden Zeitpunkt der Beschädigung ereignet hat.

Insofern sich die Entscheidung des Berufungsgerichtes auf die Entscheidung 2 Ob 553/56 bezieht und meint, daß sich die Klägerin den erzielten Kaufpreis stets anrechnen lassen müsse, ist zu sagen, daß dieser Entscheidung ein anderer Sachverhalt zugrunde lag. Dort hatte der Kläger seinen Wagen bereits vor dem Unfall um einen bestimmten Preis verkauft gehabt, im gegenständlichen Fall dachte die Klägerin aber vor dem Unfall gar nicht an einen Verkauf des Wagens.

Es kann aber auch nicht gesagt werden, daß die Klägerin durch den Verkauf des Wracks um 24.000 S den Betrag von 3000 S, den sie als Ersatz des merkantilen Minderwertes begehrt, bereits erhalten hätte; sie konnte ja diesen Preis nur erzielen, weil sie sich gleichzeitig einen neuen Opel-Record Serie 1957 anschaffte und hiefür um zirka 5000 S mehr zahlen mußte als für den seinerzeitigen Wagen. Dies kann nicht, wie die Revisionsbeantwortung meint, als Prämie für die Befriedigung der klägerischen Lust an einem Neuwagen aufgefaßt werden, denn es steht keineswegs fest, daß die Klägerin, die nach ihren Angaben ihren ursprünglichen Wagen sehr schätzte, sich ohne den Unfall überhaupt einen neuen Wagen gekauft hätte.

Aus diesen Gründen erscheint es gerechtfertigt, der Klägerin den Betrag von 3000 S für den merkantilen Minderwert, der vom Revisionsgericht in ständiger Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt wird (vgl. 2 Ob 636/56, 2 Ob 285/57, 2 Ob 553/57 u. a.), zuzusprechen.

Anmerkung

Z31089

Schlagworte

Kraftfahrzeug merkantiler Minderwert, Merkantiler Minderwert, Eintausch des beschädigten Fahrzeuges, Minderwert, merkantiler, Eintausch des beschädigten Fahrzeuges, Schadenersatz merkantiler Minderwert, Unfallskraftfahrzeug, merkantiler Minderwert

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1958:0020OB00228.58.0625.000

Dokumentnummer

JJT_19580625_OGH0002_0020OB00228_5800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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