TE Vwgh Erkenntnis 2005/3/15 2005/21/0007

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Veröffentlicht am 15.03.2005
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §10 Abs1 Z2;
FrG 1997 §10 Abs4;
FrG 1997 §14 Abs2 idF 2002/I/126;
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §19 Abs2 Z6 idF 2002/I/126;
FrG 1997 §19 Abs2 Z6;
FrG 1997 §20 Abs1;
MRK Art8;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2005/21/0008

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerden 1. der A, und 2. der H, in Bludenz, beide vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 10. Mai 2004, Zlen. 140.038/2- III/4/04 und 140.038/3-III/4/04, jeweils betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Anträge der Beschwerdeführerinnen (die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin), beide türkische Staatsangehörige, vom 26. August 2003 auf Erteilung jeweils einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 14 Abs. 2 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ab.

In den gleich lautenden Begründungen verwies die belangte Behörde darauf, dass die Beschwerdeführerinnen mit einem Reisevisum "C", das vom 22. Juni 2003 bis 15. September 2003 gültig gewesen sei, in das Bundesgebiet eingereist seien und hier die genannten Anträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gestellt hätten. Beide Beschwerdeführerinnen seien noch nie im Besitz eines Aufenthaltstitels für das österreichische Bundesgebiet gewesen, sodass ihr jeweiliger Antrag als ein solcher auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zu werten sei. Gemäß § 14 Abs. 2 (erster Satz) FrG hätten die Anträge der Beschwerdeführerinnen daher vom Ausland aus gestellt werden müssen. Die Beschwerdeführerinnen könnten sich nämlich zulässigerweise nicht auf § 14 Abs. 2 (letzter Satz) FrG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 126/2002 berufen, wonach der Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Inland gestellt werden kann, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 FrG vorliegen. § 10 Abs. 4 FrG setze einen besonders berücksichtigungswürdigen Fall aus humanitären Gründen voraus. In diesem Zusammenhang hätten die Beschwerdeführerinnen nur ausgeführt, dass der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin und Vater der Zweitbeschwerdeführerin im Besitz eines Befreiungsscheines und seit 1991 in Österreich beschäftigt sei. Der Lebensunterhalt und die Unterkunft der Beschwerdeführerinnen in Österreich sei daher gesichert. Diese familiäre Situation stelle jedoch keinen humanitären Grund im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG dar. Die Erstbeschwerdeführerin habe nämlich von ihrem Ehemann nahezu 15 Jahre getrennt gelebt, für die Zweitbeschwerdeführerin gelte dies bereits seit ihrer Geburt. Es sei daher nicht verständlich, weshalb ihnen die Trennung gerade jetzt nicht mehr zumutbar sein solle. Da bekannt sei, dass die Familienzusammenführung im Hinblick auf die "Quotensituation" mit Wartezeiten verbunden sei, hätten die Beschwerdeführerinnen schon früher einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels stellen können, sodass ihnen der Zuzug nunmehr "problemlos möglich" gewesen wäre. Im Übrigen lägen auch keine besonders berücksichtigungswürdigen wirtschaftlichen Gründe vor, weil der Unterhalt der Beschwerdeführerinnen in der Türkei offensichtlich auch bisher durch Geldüberweisungen ihres Ehemannes bzw. Vaters gesichert worden sei.

Mangels ausreichender Gründe im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG könnten sich die Beschwerdeführerinnen auch nicht auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Oktober 2003, G 119, 120/03, berufen, weil auch nach diesem Erkenntnis eine Familienzusammenführung nur in Ausnahmefällen vorgesehen sei. Der Antrag der Beschwerdeführerinnen auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung sei daher schon wegen § 14 Abs. 2 (erster Satz) FrG abzuweisen gewesen.

Ein weiterer Abweisungsgrund liege darin, dass die Beschwerdeführerinnen mit den gegenständlichen Anträgen den durch ein Reisevisum befristet ermöglichten Aufenthalt hätten verlängern wollen, wodurch jeweils der Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z 2 FrG verwirklicht sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 10. Jänner 2005, B 808/04-10 und B 809/04-10, abgetretenen und von den Beschwerdeführerinnen ergänzten Beschwerden wegen des sachlichen und persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdefälle gleichen in tatsächlicher und rechtlichen Hinsicht denjenigen, welche dem hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2004, Zlen. 2004/21/0195 bis 0197, zu Grunde lagen.

Aus den dortigen Erwägungen - auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - erweist sich die Versagung der Niederlassungsbewilligungen nicht als rechtswidrig, zeigen doch auch die Beschwerden keine Anhaltspunkte auf, um ein - nur in Ausnahmefällen zustehendes - Recht auf Familienzusammenführung in Österreich ohne Rücksicht auf die herangezogenen Versagungsgründe und ohne Bedachtnahme auf die Quotenpflicht begründen zu können (vgl. dazu auch das Erkenntnis vom 21. Dezember 2004, Zlen. 2004/21/0187 bis 0190, sowie - die Ausweisung der Beschwerdeführerinnen betreffend - das Erkenntnis vom 22. Februar 2005, Zl. 2004/21/0178).

Der Hinweis der Beschwerde auf die Richtlinie 2003/109/EG vom 25. November 2003 betreffend die Rechtstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen geht schon deshalb ins Leere, weil diese Richtlinie zufolge ihres Artikels 26 von den Mitgliedstaaten erst bis 23. Jänner 2006 umzusetzen ist.

Da nach dem Gesagten bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 15. März 2005

Schlagworte

Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005210007.X00

Im RIS seit

29.04.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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