TE OGH 1959/5/29 6Ob148/59

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Veröffentlicht am 29.05.1959
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Norm

ZPO §560 Z2

Kopf

SZ 32/72

Spruch

Die Bestimmung des Mietvertrages, wonach eine allfällige Kündigung 14 Tage vorher zu erfolgen hat, bedeutet nach dem Parteiwillen die Zulässigkeit der Kündigung zu jedem beliebigen Termin unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist. Die Anwendung des § 560 Z. 2 lit. d ZPO. ist damit ausgeschlossen.

Entscheidung vom 29. Mai 1959, 6 Ob 148/59.

I. Instanz: Bezirksgericht Judenburg; II. Instanz: Kreisgericht Leoben.

Text

Das Erstgericht hat die auf § 19 Abs. 2 Z. 3 und 4 MietG. gestützte Kündigung für rechtswirksam erklärt. Die Bestimmung des § 560 Z. 2 lit. d ZPO. in der Fassung des Bundesgesetzes vom 2. Dezember 1957, BGBl. Nr. 257, wonach Mietverträge über Wohnungen zum letzten Tag eines Monates derart aufzukundigen seien, daß die Kündigung spätestens einen Monat bzw. drei Monate vor dem Kündigungstermin zuzustellen sei, gelte lediglich dann, wenn zwischen den Parteien keine andere Kündigungsfrist vereinbart sei. Im vorliegenden Fall sei jedoch die laut vorliegendem Mietvertrag vereinbarte 14tägige Kündigungsfrist eingehalten worden, da die Kündigung, welche zum 1. November 1958 ausgesprochen wurde, bereits am 9. Oktober 1958 zugestellt worden sei. Unwesentlich bleibe, daß an Stelle des letzten Oktober der erste November als Kündigungstermin genannt werde. Der Wortlaut der Kündigung: "Zum 1. November 1958 für den 15. November 1958" könne nur dahin verstanden werden, daß der Kläger damit die 14tägige Räumungsfrist des § 573 ZPO. in der Fassung des zitierten Gesetzes berücksichtigt habe. Im übrigen seien die geltend gemachten Kündigungstatbestände, und zwar grob ungehöriges anstößiges Verhalten der Beklagten, welches den Mitbewohnern das Zusammenwohnen mit ihr unmöglich mache (§ 19 Abs. 2 Z. 3 MietG.), sowie erheblich nachteiliger Gebrauch des Bestandobjektes, u. a. durch wiederholte Herbeiführung einer Brandgefahr (§ 19 Abs. 2 Z. 4 MietG.), auf Grund der Beweisergebnisse als erwiesen anzunehmen. Den Mitbewohnern könne ein weiteres Zusammenwohnen mit der Beklagten nicht mehr zugemutet werden, weshalb die Kündigung für rechtswirksam zu erklären sei.

Der dagegen von der Beklagten erhobenen Berufung wurde nicht Folge gegeben und die Revision für zulässig erklärt. Zur Frage des in den Einwendungen als ungesetzlich und daher verfehlt gerügten Kündigungstermins führte das Berufungsgericht aus, daß nach dem Wortlaut des auch heute noch geltenden Mietvertrages vom 30. September 1934 "eine allfällige Kündigung 14 Tage vorher zu erfolgen" habe und "dieselbe keiner weiteren Begründung bedürfe."

Schon daraus in Verbindung mit der Bestimmung, daß bei auftretenden Streitigkeiten nicht die Hilfe des Gerichtes anzurufen, sondern die Sache auf gütlichem Weg, allenfalls durch Kündigung der Wohnung, auszutragen sei, könne nur der Schluß gezogen werden, daß nach dem Willen der Vertragsteile eine 14tägige Kündigung zu jedem beliebigen Termin vereinbart werden sollte. Eine derartige Vereinbarung sei weder zur Zeit des Vertragsabschlusses noch nach der derzeitigen Rechtslage unzulässig. Da sohin im vorliegenden Fall ein besonderes Übereinkommen der Parteien über den Kündigungstermin, nämlich die Möglichkeit der Wahl eines jeden beliebigen Termins, bestehe, komme dem im § 560 Z. 2 lit. d ZPO. in der Fassung des obzitierten Gesetzes vorgesehenen Kündigungstermin des letzten Tages eines Monates für die vorliegende Kündigung keine Bedeutung zu. Die Kündigung sei daher in Anbetracht der vereinbarten 14tägigen Kündigungsfrist termingerecht eingebracht und zugestellt worden. Das Berufungsgericht schließe sich aber auch der Ansicht des Erstgerichtes an, wonach die Kündigung "zum 1. November 1958 für den 15. November 1958" so zu verstehen sei, daß damit auch die 14tägige Räumungsfrist des § 573 ZPO. in der Fassung des obzitierten Gesetzes Berücksichtigung finden sollte.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

§ 560 Z. 1 ZPO. in der Fassung des Bundesgesetzes vom 2. Dezember 1957, BGBl. Nr. 227, besagt, daß im Falle eines besonderen Übereinkommens der Parteien über den Termin und die Frist zur Aufkündigung und Zurückstellung des Bestandgegenstandes die Aufkündigung in der Regel nur unter Einhaltung dieser Termine und Fristen erfolgen darf. Der nach der positiven Anordnung des § 560 Z. 2 lit. d ZPO. in der obigen Fassung bei Mietverträgen von Wohnungen oder Wohnräumen einzuhaltende Kündigungstermin (letzter Tag eines Monates) sowie die nach dieser Anordnung einzuhaltenden Kündigungsfristen finden daher nur Anwendung, wenn es an einem besonderen Übereinkommen der Parteien darüber fehlt (§ 560 Z. 2 erster Absatz ZPO.). Nun hat das Berufungsgericht die Bestimmung des in seinem Wortlaut feststehenden Mietvertrages: "eine allfällige Kündigung hat 14 Tage vorher zu erfolgen und bedarf dieselbe keiner weiteren Begründung" rechtlich richtig dahin ausgelegt, daß nach dem Parteiwillen eine 14tägige Kündigungsfrist zu jedem beliebigen Termin vereinbart werden sollte. Zutreffend gelangt das Berufungsgericht zu dieser Schlußfolgerung schon auf Grund des in der Vertragsurkunde zum Ausdruck gebrachten Willens der Vertragsteile, bei auftretenden Streitigkeiten nicht die Hilfe des Gerichtes anzurufen, sondern die Sache auf gütlichem Weg, allenfalls durch Kündigung der Wohnung, auszutragen. Es hätte daher entgegen der Auffassung der Revision nur dann, wenn die Vertragsteile bestimmte Kündigungstermine in Aussicht genommen hätten, dies ausdrücklich festgehalten werden müssen. Wird aber von dieser zutreffenden Auslegung der Vertragsurkunde ausgegangen, so erscheint im vorliegenden Fall weder die Anwendung des laut positiver Anordnung des § 560 Z. 2 lit. d ZPO. in der obzitierten Fassung vorgesehenen Kündigungstermins (letzter Tag eines Monates) noch der dort vorgesehenen Kündigungsfristen (1 Monat bzw. 3 Monate) zwingend. Zutreffend ist auch die Auffassung der Vorinstanzen, wonach die Kündigung zum 1. November 1958 für den 15. November 1958" dahin zu verstehen ist, daß damit bereits die 14tägige Räumungsfrist des § 573 ZPO. in der Fassung des obzitierten Gesetzes Berücksichtigung finden sollte. Die Auffassung der Revision, daß der 15. November 1958 als Kündigungstermin zu verstehen sei, widerspricht schon deswegen den Denkgesetzen, weil als Beginn des Laufes der Kündigungsfrist keinesfalls ein gewillkürzter Zeitpunkt angenommen werden kann. Der Wortlaut der Kündigung: "zum 1. November 1958 für den 15. November 1958" im Zusammenhang mit dem Räumungsbegehren "bis 15. November 1958" läßt daher keinen Zweifel offen, daß das Bestandverhältnis mit 1. November 1958 für beendet erklärt wird. Die am 27. September 1958 zum 1. November 1958, somit vorzeitig, eingebrachte Kündigung ist somit terminrichtig erfolgt.

Anmerkung

Z32072

Schlagworte

Aufkündigung eines Mietvertrages, vereinbarte Kündigungsfrist, Bestandvertrag vereinbarte Kündigungsfrist, Kündigungsfrist, vereinbarte - für einen Mietvertrag, Mietvertrag vereinbarte Kündigungsfrist, Vereinbarung einer Kündigungsfrist für einen Mietvertrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1959:0060OB00148.59.0529.000

Dokumentnummer

JJT_19590529_OGH0002_0060OB00148_5900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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