Norm
ABGB §§841 ffKopf
SZ 34/29
Spruch
Auf Grund eines auf Teilung einer Liegenschaft lautenden Urteiles allein ohne Anmerkung der Klage kann gegen denjenigen, der die Liegenschaft vom Beklagten erst nach Streitanhängigkeit erworben hat, nicht Exekution geführt werden. Hatte der Erwerber vom Teilungsprozeß Kenntnis, dann kann gegen ihn mit Erfolg Klage nach § 10 EO. erhoben werden.
Entscheidung vom 1. März 1961, 3 Ob 38/61.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Der Kläger und Anna B., seine frühere Gattin, waren je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ. 772 KG. S. Der Kläger brachte nun gegen die Miteigentümerin zu 2 Cg 307/59 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien eine Klage mit dem Antrag ein, sie zu verurteilen, in die Aufhebung der Gemeinschaft durch Feilbietung einzuwilligen. Hiebei unterließ es, die Anmerkung der Teilungsklage zu verlangen. Mit Urteil vom 5. November 1959 gab das Gericht dem Klagebegehren statt. Mit Kaufvertrag vom 9. November 1959 übertrug Anna B. ihre Hälfte ihrem Sohn, dem nunmehrigen Beklagten, dessen Eigentumsrecht am 11. November 1959 einverleibt wurde.
In der vorliegenden Klage stellte der Kläger das gleiche Begehren gegenüber dem Erwerber der Hälfte. Dieser wendete Unzeit ein.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und erachtete die Einwendungen des Beklagten für unbegrundet.
Bei der mündlichen Berufungsverhandlung stellten die Parteien außer Streit, daß der nunmehrige Beklagte von der Einleitung und dem Inhalt des Rechtsstreites 2 Cg 307/59 Kenntnis gehabt habe und dieses Wissen auch dem Kläger bekannt gewesen sei. Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Es meinte, das frühere Urteil sei auch gegenüber dem nunmehrigen Beklagten bindend, weil diesem nicht das Vertrauen auf den Buchstand zustatten komme. Der Kläger hätte unter Vorlage einer "entsprechenden Urkunde im Sinne des § 9 EO." gegen den jetzigen Beklagten Teilungsexekution führen können, so daß ihm das Rechtsschutzinteresse fehle.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei Folge und sprach aus, daß das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 5. November 1959, 2 Cg 307/59-8, mit Ausnahme der Kostenentscheidung gegen den Beklagten vollstreckbar sei.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Das Berufungsgericht beruft sich auf die Lehrmeinung Sperls (Lehrbuch der bürgerlichen Rechtspflege, S. 836), wonach im Fall der Übertragung der im Streit verfangenen Sache auch der Einzelrechtsnachfolger, selbst wenn er dem Prozeß nicht als Nebenintervenient beigetreten ist, an das Urteil gebunden sei. Die Frage, ob und inwieweit sich die Rechtskraft eines Urteiles auch auf den Einzelrechtsnachfolger erstreckt, ist in Lehre und Rechtsprechung bestritten (einzelne Belegstellen s. im Abschnitt B der Gründe des JB. 63 neu, SZ. XXVIII 265). Wenn sich diese Entscheidung auch im Spruch nur mit der Rechtsnachfolge auf der Gläubigerseite befaßt, so bringt sie doch zum Ausdruck, daß sie sich der insbesondere von Sperl in der Festschrift zur Jahrhundertfeier des ABGB., II S. 453 ff., entwickelten Lehre anschließt, daß sich die Rechtskraftwirkung auch auf die Einzelnachfolger der Parteien erstrecke. Damit wird aber nicht die Frage beantwortet, unter welchen Voraussetzungen gegen den Einzelrechtsnachfolger des Beklagten Exekution geführt werden kann. Bei einer Nachfolge auf der Klägerseite macht die Vorlage einer der Bestimmung des § 9 EO. entsprechenden Urkunde meist keine Schwierigkeiten. Wie das Berufungsgericht ausführt, ist die Ausdehnung der Rechtskraftwirkung durch das Vertrauen auf das Grundbuch beschränkt. Wenn auch dem Kläger bekannt war, daß der Beklagte von der Prozeßführung wußte, so hatte er doch nicht die Möglichkeit, dies durch eine dem § 9 EO. entsprechende Urkunde nachzuweisen. Das Gericht konnte keineswegs die Exekution zur Aufhebung der Gemeinschaft bewilligen und es dem Verpflichteten überlassen, seinen guten Glauben mittels Klage nach § 36 Abs. 1 Z. 1 EO. geltend zu machen. Gemäß § 9 EO. müssen alle Voraussetzungen des Überganges einer Berechtigung oder Verpflichtung durch die dort angeführten Urkunden nachgewiesen werden, wozu im vorliegenden Fall auch die Bösgläubigkeit des Beklagten gehören würde, umso mehr als gemäß § 328 ABGB. im Zweifel ein gutgläubiger Erwerb anzunehmen ist. Auf die Erwägung, daß das nahe Verwandtschaftsverhältnis des Beklagten zur Veräußererin, seiner Mutter, dagegen spricht, kann sich das Bewilligungsgericht nicht einlassen. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes JBl. 1958 S. 75 vertritt daher die Ansicht, daß dann, wenn ein Liegenschaftsanteil veräußert wird, derjenige, dem er im Rechtsstreit gegen den bücherlichen Vormann zugesprochen wurde, gegen den Erwerber eine Klage nach § 10 EO. einbringen müsse. Ein gegen den Erwerber gestelltes neuerliches Leistungsbegehren sei nicht auf etwas anderes gerichtet und daher von Amts wegen im Sinne des § 10 EO. neu zu fassen.
Die zutreffende Rechtsansicht des Berufungsgerichtes über den subjektiven Umfang der Rechtskraft im Verhältnis zum Erwerber einer im Streit verfangenen Sache hat daher zur Folge, daß das Ersturteil in einer dem § 10 EO. entsprechend geänderten Fassung (SZ. XX 87, 3 Ob 620/52) wiederhergestellt werden muß.
Anmerkung
Z34029Schlagworte
Exekutionsverfahren Rechtsnachfolge auf der Beklagtenseite, Rechtsnachfolge, Exekutionsverfahren, Singularsukzession, Exekutionsführung, Teilungsklage, Exekutionsführung gegen RechtsnachfolgerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1961:0030OB00038.61.0301.000Dokumentnummer
JJT_19610301_OGH0002_0030OB00038_6100000_000