Norm
ABGB §427Kopf
SZ 39/140
Spruch
Ein mit Losungswort versehenes Sparbuch wird durch Übergabe und Mitteilung des Losungswortes ins Eigentum des Übernehmers übertragen
Wenn eine Forderung schenkungsweise zediert wird, bedarf es der Form eines Notariatsaktes gemäß § 1 (1) lit. d NotZwG. dann nicht, wenn eine wirkliche Übergabe im Sinne des § 427 ABGB. stattgefunden hat
Entscheidung vom 8. September 1966, 1 Ob 204/66
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien
Text
Am 19. Oktober 1961 starb Anton F., der Vater der Parteien, ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung. Die Verlassenschaft wurde vom Bezirksgericht H. zu 1 A .../61 abgehandelt. Der Nachlaß wurde auf Grund des Gesetzes je zur Hälfte den erblasserischen Kindern Johann F. (Beklagter) und Hermine F. (Klägerin) am 17. November 1961 eingeantwortet. Zum Nachlaß gehörten u. a. die Liegenschaften EZ. 3486 und EZ. 3487, beide KG. O., die je zur Hälfte in das Eigentum der Parteien übergingen. Im Einverständnis mit der Klägerin veräußerte der Beklagte die Liegenschaften im Jänner 1962. Der Beklagte berichtete der Klägerin, der auf sie entfallende Anteil am Veräußerungserlös betrage 350.000 S. Er wies zwar der Klägerin einen Kaufvertrag vor, der nur einen Kaufpreis von 600.000 S enthielt, fügte aber hinzu, den Rest habe er "schwarz" erhalten. Der Beklagte folgte der Klägerin einen Betrag von 200.000 S aus und vereinbarte mit ihr hinsichtlich des Restes von 150.000 S, daß er den Betrag als Darlehen gegen monatliche Zinsen von 1000 S bei einjähriger Kündigungsfrist behalten solle. Bis einschließlich Dezember 1964 entrichtete der Beklagte die Zinsen. Im März 1964 kundigte die Klägerin das Darlehen für März 1965 auf. Sie begehrt nun den vollen Kapitalbetrag und die auf die Monate Jänner bis März 1965 entfallenden Zinsen, somit zusammen 153.000 S s. A.
Gegen die Darlehensforderung selbst erhob der Beklagte verschiedene Einwendungen, von denen er nur noch den Standpunkt durchzusetzen versucht, er habe nicht 150.000 S sondern nur 100.000 S erhalten. Im übrigen wendete er drei Gegenforderungen von zusammen 94.552.30 S ein. In erster Linie behauptete er, der Klägerin seien vier Banksparbücher der Österreichischen Länderbank AG. mit einem Einlagenstand von 180.000 S zugekommen, die zur Verlassenschaft nach Anton F. gehörten, weshalb die Hälfte von 90.000 S ihm gehöre. Weiter begehrte er 1037.30 S als Hälfte eines Betrages von 2074.59 S, den er als Grundsteuer und als Prozeßkosten für die Verlassenschaft aufgewendet habe, und schließlich begehrte er 3515 S d. i. die Hälfte des Betrages von 7030 S, die er aus Mitteln der Verlassenschaft der Klägerin übergeben habe.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren vollinhaltlich statt, stellte die Darlehensgewährung im obigen Sinn fest und befand die Gegenforderungen als nicht zu Recht bestehend. Bezüglich der Gegenforderung von 90.000 S stellte das Erstgericht folgenden Sachverhalt fest:
Der Erblasser habe seinerzeit dem Beklagten und seiner Gattin einen Betrag von mindestens 170.000 S zum Erwerb eines Geschäftes gegeben; vor seiner dem Tod vorausgegangenen Einlieferung in ein Spital habe der Erblasser der Klägerin in dem Willen, dadurch einen Wertausgleich für die Schenkung an den Beklagten zu schaffen, vier Banksparbücher der Österreichischen Länderbank AG. mit einem Einlagenstand von zusammen 180.000 S übergeben, die auf den Namen "F." lauteten und mit einem Losungswort versehen waren; als der Erblasser der Klägerin das Losungswort mitteilen wollte, habe sie dies abgelehnt, weil sie vor der Rückkehr des Vaters aus dem Spital nichts unternehmen wollte, doch habe der Erblasser erwähnt, daß ohnehin ein Zettel mit dem Losungswort vorhanden sei; die Klägerin habe die vier Banksparbücher in ihrer Wohnung aufbewahrt; in der Verlassenschaftsabhandlung nach Anton F. habe der Gerichtskommissär Notar Dr. F. folgende Erklärung der Parteien vom 13. November 1961 zu Protokoll genommen:
"Die Erben führen übereinstimmend an, daß der Erblasser zwar vor seinem Tode vier Banksparbücher der Österreichischen Länderbank AG., Zweigstelle Ottakring, und zwar ..., sämtliche auf den Namen "F.", der erblasserischen Tochter in Schenkungsabsicht übergeben und auch das Losungswort schriftlich bekanntgegeben habe. Diese Aufzeichnung sei aber in Verstoß geraten, sodaß zur Zeit eine Verfügungsmöglichkeit nicht bestehe. Die Erben führen daher diese Bücher formell als Nachlaßgegenstand an, jedoch anerkennt der erblasserische Sohn die Schenkung seines Vaters und erklärt sich ausdrücklich damit einverstanden, daß die Freigabe dieser Bücher lediglich zugunsten der erblasserischen Tochter erfolgt." In dieser Erklärung erblickte das Erstgericht ein konstitutives Anerkenntnis der Schenkung durch den Beklagten. Hinsichtlich des zur Verlassenschaft gehörenden Betrages von 7030 S stellte das Erstgericht fest, der Beklagte habe den Betrag von einem Konto abgehoben und der Klägerin nur die auf sie entfallende Hälfte übergeben, weshalb ihm kein Anteil mehr zustehe.
Weiter stellte das Erstgericht fest, der Beklagte habe die Abwicklung der Erbschaftsangelegenheiten übernommen und die Erbschaftssteuer, Grundsteuer und diverse andere Kosten, wie z. B. Prozeß- und Anwaltskosten, bezahlt. Im Zusammenhang mit der Darlehensgewährung der Klägerin an ihn habe er erklärt, daß jetzt der auf die Klägerin entfallende Anteil an allen Kosten der Verlassenschaft bezahlt sei, sie brauche sich um nichts mehr zu kümmern. Diese Erklärung beurteilte das Erstgericht als Verzicht auf die Geltendmachung weiterer Ansprüche aus diesem Titel.
Das Urteil erster Instanz wurde vom Beklagten insoweit angefochten, als der Klägerin mehr als 8972.71 S s. A. zugesprochen wurden; die Berufung des Beklagten blieb aber erfolglos.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wird geltend gemacht, das Berufungsgericht habe sich mit der Gegenforderung von 1037.29 S nur unzulänglich auseinandergesetzt; das angefochtene Urteil enthalte die "mangelhafte Feststellung", der Beklagte habe auf den Ersatz aller im Verlassenschaftsverfahren entstandenen Auslagen und Kosten verzichtet, woraus sich bezüglich der die Gegenforderung begrundenden "Grundsteuer und Prozeßkosten D." ergebe, daß der Beklagte schon im Jänner 1962 auf eine erst im März 1962 entstandene Forderung verzichtet hätte; das Berufungsgericht sei nicht darauf eingegangen, daß Grundsteuer und Prozeßkosten nicht als Verlassenschaftskosten anzusehen seien. Was zunächst die Behauptungen über die Zeitfolge einerseits der Verzichtserklärung, anderseits der Entstehung der Kosten betrifft, so handelt es sich um eine im Revisionsverfahren unzulässige und daher unbeachtliche Neuerung. Vor dem Erstgericht wurde darüber nichts vorgebracht, die Zeitangaben finden sich erstmalig als schon damals unzulässige Neuerungen in der Berufungsschrift. Soweit diese Ausführungen des Revisionswerbers auch eine Rechtsrüge enthalten, ist diese verfehlt. Das Erstgericht hat eine sehr allgemein gehaltene Verzichtserklärung des Beklagten dem Gründe nach festgestellt. Wenn sie hinsichtlich dessen, was konkret unter die Verzichtserklärung fallen sollte, nicht einzeln alle Positionen aufzählt, so konnte doch die Klägerin die Erklärung im Sinne der Vertrauenstheorie ohne weiteres dahin verstehen, daß auch die "Grundsteuer und Prozeßkosten D." davon erfaßt seien. Insbesondere die Erklärung, die Klägerin brauche sich um nichts mehr zu kümmern, führt zwanglos zu dieser Auslegung. Dem Berufungsgericht fällt also bezüglich dieser Gegenforderung keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens, aber auch keine unrichtige rechtliche Beurteilung zur Last.
Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wird ferner ausgeführt, das Berufungsgericht sei nicht auf das in der Berufung vorgetragene Argument eingegangen, daß eine Zahlung von monatlich 1000 S wohl einen Zinssatz von 8% aus 150.000 S darstellen könne, aber ebenso einen solchen von 12% aus 100.000 S; hätten sich die Untergerichte - so meint der Beklagte - auch mit dieser Frage befaßt, dann wären sie zu dem Ergebnis gekommen, daß er von der Klägerin nicht einen Betrag von 150.000 S, sondern einen solchen von 100.000 S erhalten habe. Damit versucht der Beklagte in Wahrheit einen unzulässigen Angriff auf die Beweiswürdigung. Das Erstgericht hat die Feststellung der Darlehenshöhe auf die Parteiaussage der Klägerin gegrundet, das Berufungsgericht hat die Beweiswürdigung sehr eingehend überprüft und gebilligt. Eine unvollständige Erledigung der Beweisrüge kann dem Berufungsgericht gleichfalls nicht vorgeworfen werden.
Auch die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht ist einwandfrei. Den Gegenstand der Schenkung des Erblassers an die Klägerin bildeten seine Forderungen an die Bank, wobei den Banksparbüchern im Zusammenhang mit dem Losungswort nur die Bedeutung zukam, den Berechtigten gegenüber der Bank zu legitimieren.
Die schenkungsweise Zession einer Forderung bedarf der Form des Notariatsaktes gemäß § 1 (1) lit. d NotZwG. dann nicht, wenn eine wirkliche Übergabe im Sinne des § 427 ABGB. stattgefunden hat (JB. 142). Welche Zeichen als zur wirklichen Übergabe einer Schuldforderung ausreichend anzusehen sind, kann nicht allgemein gesagt werden, sondern ist nach dem einzelnen Fall zu beurteilen. Allgemein kann nur gesagt werden, daß ausreichende Zeichen unzweifelhaft und nach außen hin erkennbar dartun müssen, daß der Schenker die Forderung in das Vermögen und die Verfügungsmacht des Beschenkten überträgt (Swoboda in Klang[1] II/2 627; Stanzl in Klang[2] IV 614; JB. 142 alt; SZ. XXII 27). Nach ständiger Rechtsprechung wird ein mit Losungswort versehenes Sparbuch durch Übergabe und Mitteilung des Losungswortes in diesem Sinne ins Eigentum des Übernehmers übertragen (EvBl. 1959 Nr. 412; GlU. 15.712).
Nach den Feststellungen der Untergerichte hat der Erblasser die vier Banksparbücher unter Hinweis auf einen das Losungswort enthaltenden Zettel der Klägerin in Schenkungsabsicht übergeben, er hat damit eine wirkliche Übergabe gemäß § 427 ABGB. vollzogen. Die den Banksparbüchern entsprechenden Forderungen des Erblassers an die Bank sind daher noch unter Lebenden auf Grund eines formfreien rechtsgeschäftlichen Erwerbstitels in das Vermögen der Klägerin übergegangen, sie haben daher nie zum Nachlaß des Anton F. gehört.
Unter diesen Umständen braucht auf die Frage der Tragweite der Erklärung der Parteien im Abhandlungsverfahren laut Protokoll des Gerichtskommissärs vom 13. November 1961 nicht eingegangen zu werden.
Anmerkung
Z39140Schlagworte
Eigentumsübertragung, Sparbuch mit Losungswort, Forderung, schenkungsweise Zession, Notariatsakt, schenkungsweise Zession einer Forderung, Sparbuch mit Losungswort, Eigentumsübertragung, Übergabe, wirkliche, schenkungsweise Zession einer Forderung, kein, Notariatsakt, Zession, schenkungsweise einer ForderungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1966:0010OB00204.66.0908.000Dokumentnummer
JJT_19660908_OGH0002_0010OB00204_6600000_000