Norm
AO §53Kopf
SZ 42/164
Spruch
Der Ausgleichsbürge kann seine Haftung auf einen bestimmten Höchstbetrag beschränken.
Entscheidung vom 5. November 1969, 5 Ob 277/69.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Das Erstgericht bestätigte den zwischen der Gemeinschuldnerin und ihren Gläubigern bei der Tagsatzung vom 10. Jänner 1969 abgeschlossenen Zwangsausgleich, der im wesentlichen die Behandlung der Massegläubiger sowie der Konkursgläubiger erster und zweiter Klasse gemäß § 150 (1) KO. und die Zahlung einer 25%igen Quote an die Konkursgläubiger dritter Klasse in vier Raten vorsah. Dem Zwangsausgleich traten als Bürgen und Zahler für die Quote und Terminverlust, nicht aber für das Wiederaufleben, bei Vermeidung der unmittelbaren Vollstreckbarkeit in das eigene Vermögen zwölf Personen betragsmäßig beschränkt zwischen 5000 S und 50.000 S bei. Dazu wurde vereinbart, daß zur Geltendmachung der Bürgschaften ausschließlich der Masseverwalter als Sachwalter der Gläubiger legitimiert sei.
Auf Rekurs eines Gläubigers, der sich bei der Abstimmung über den angebotenen Zwangsausgleich gegen dessen Annahme ausgesprochen und eine Forderung von insgesamt 1482.70 S angemeldet hatte, änderte das Rekursgericht den Beschluß der ersten Instanz dahin ab, daß es die Bestätigung des Zwangsausgleiches versagte; dies aus der Erwägung, daß die Begrenzung der Ausgleichsbürgschaften auf einen bestimmten Höchstbetrag unzulässig sei, weil damit Verwicklungen verbunden sein könnten. Daran ändere es nichts, daß zur Geltendmachung der Bürgschaften ausschließlich der Masseverwalter legitimiert sein sollte. Außerdem lägen nach der Aktenlage die erforderliche ausdrückliche Unterwerfungserklärung der Ausgleichsbürgen unter die Überwachungstätigkeit des Sachwalters und die Erklärung des letzteren, die Ausdehnung seiner Amtstätigkeit auf diese Aufgabe anzunehmen, nicht vor. Der Masseverwalter sei daher nicht wirksam mit der Überwachung betraut worden. Die Bestimmung, daß zur Geltendmachung der Bürgschaften nur der Masseverwalter legitimiert sein solle, könne nicht verhindern, daß ein Gläubiger einen der Bürgen in Anspruch nehme. Dieser Bürge müßte dann ohne Rücksicht auf die Ansprüche der übrigen Gläubiger den andrängenden Gläubiger bis zum übernommenen Höchstbetrag seiner Bürgschaft befriedigen, und darüber hinaus erlösche zum Nachteil der übrigen Bürgen seine Haftung. Es werde dann somit durch den angebotenen Zwangsausgleich keine gleichmäßige Behandlung sämtlicher Gläubiger gewährleistet, weshalb der Versagungsgrund des § 154 Z. 1 zweiter Fall KO. gegeben sei.
Der Oberste Gerichtshof gab dem von der Gemeinschuldnerin und 42 Konkursgläubigern, die dem Ausgleich nicht widersprochen hatten, erhobenen Revisionsrekurs Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Es ist allerdings richtig, daß die Auffassung des Rekursgerichtes, die Begrenzung der Garantieerklärung des Ausgleichsbürgen auf eine bestimmte Höchstsumme sei unzulässig, von einem Teil der Lehre geteilt wird (Bartsch - Pollak, Komm.[3] zu § 2 AO. Anm. 13, II. Bd. S. 74, auch Ohmeyer - Klang in Kommentar[2] zu § 1348 ABGB., VI 211, Fußnote 12). Allein das Gesetz kann für diese Lehrmeinung nicht herangezogen werden.
An sich gilt zwar der Grundsatz der Akzessorietät der Bürgschaft, das heißt, die Verpflichtung des Bürgen besteht nur dann und insoweit, als die Hauptschuld besteht, deren Erfüllung der Bürge zugesagt hat (Ohmeyer - Klang, a. a. O. 201). Es steht dem Bürgen jedoch frei, seine Haftung auf einen Teilbetrag der Hauptschuld einzuschränken oder die Erfüllung nur unter besonderen Bedingungen zuzusagen (Ohmeyer - Klang a. a. O. 218 f., Ehrenzweig System II/1 § 308 IV 3 a, b und § 310 II A 1). Da das Gesetz für den Ausgleichsbürgen diesbezüglich keine abweichenden Bestimmungen kennt, sind diese Grundsätze auch für ihn wirksam (vgl. SZ. XV 31). Es kann jedoch gemäß § 154 Z. 1 KO. dem Zwangsausgleich die Bestätigung versagt werden, wenn der Ausgleich dem gemeinsamen Interesse der Konkursgläubiger widerspricht. Eine solche Verletzung der gemeinsamen Interessen der Konkursgläubiger ist dann gegeben, wenn die Konkursgläubiger der dritten Klasse entgegen § 150 (2) KO. im Ausgleich ungleich behandelt werden. Eine derartige ungleiche Behandlung der Konkursgläubiger würde allerdings auch dann vorliegen, wenn der Bürge nur einzelnen Gläubigern gegenüber die Haftung für die Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen des Gemeinschuldners übernähme oder seine Haftung auf die im Ausgleich (Zwangsausgleich) angemeldeten Forderungen einschränkte (vgl. SZ. XI 26). Daneben erscheint es aber durchaus unbedenklich, wenn der Bürge die Haftung nur für einen aliquoten Teil der Verbindlichkeiten des Hauptschuldners übernommen hat (SZ. XV 31, EvBl. 1961 Nr. 40, ebenso 8 Ob 280/68) oder wenn er nur eine Ausfallshaftung übernimmt. Ebenso kann der Bürge die Haftung für den etwa wiederauflebenden Forderungsrest ablehnen (SZ. XXVI 290), er kann andere Zahlungstermine festsetzen oder die Garantieübernahme von der Übergabe einiger oder aller Aktiven des Ausgleichsschuldners abhängig machen (in diesem Sinne auch Ohmeyer - Klang a. a. O. 211; SZ. X 144).
Die Rechtsprechung hat mehrfach ausgesprochen, daß es auch zulässig sei, wenn der Ausgleichsbürge seine Haftung bis zu einem Höchstbetrag der Gesamtverbindlichkeiten des Schuldners beschränkt (SZ. XV 31, RSpr. 1926 Nr. 79, SZ. XXXIII 89; soweit überblickt werden kann, hat sich der Oberste Gerichtshof bisher noch nie zu einer gegenteiligen Auffassung bekannt). Da sich der Ausgleich und damit auch die Ausgleichsbürgschaft jedenfalls auf alle durch den Ausgleich betroffenen Forderungen, also auch auf jene erstreckt, deren Gläubiger am Verfahren nicht teilgenommen haben (vgl. amtl. Slg. NF. 1873, RiZ. 1968 S. 112), der Bürge somit auch für Verbindlichkeiten des Gemeinschuldners aufzukommen hat, die weder im Vermögensverzeichnis angeführt noch im Konkurs bzw. Ausgleich angemeldet wurden, die ihm also bei Übernahme der Bürgschaft gar nicht bekannt waren, könnte die Beschränkung der Haftung des Bürgen auf einen bestimmten Höchstbetrag dazu führen, daß einzelne Gläubiger nicht in den Vorteil der Garantieerklärung des Bürgen kommen, nämlich wenn dieser zunächst die Forderungen der ihm bekannten anderen Gläubiger erfüllt und damit der von ihm übernommene Höchstbetrag erschöpft wird. Wie jedoch Jaeger (Konkursordnung 8 II S. 625 und in Anm. 2 zu § 181) unter Anführung umfangreicher weiterer Literatur - allerdings für den deutschen Rechtsbereich - nachgewiesen hat, verstößt ein solcher Vorgang keineswegs gegen den im § 181 dKO. normierten Gleichheitsgrundsatz, weil diese Vorschrift Nachteile, die einzelnen Gläubigern aus der verspäteten Rechtsverfolgung erwachsen, weder verhindern kann noch verhindern will. Da der Gleichheitsgrundsatz des österreichischen Rechtes den gleichen Inhalt hat, müssen diese Überlegungen auch für den inländischen Rechtsbereich als überzeugend angesehen werden. Diese Auffassung wird auch von Reimer, "Die Ausgleichsordnung und ihre Anwendung auf die offene Handelsgesellschaft und ihre persönlich haftenden Gesellschafter", Manz 1966, S. 129, geteilt, der wohl fordert, daß die Haftungserklärung des Bürgen zugunsten aller Gläubiger abgegeben wird, eine betragsmäßige Beschränkung der Haftungserklärung aber für zulässig hält. Die von Bartsch - Pollak und Ohmeyer - Klang gegen die bisherige Praxis und die zuletzt angeführte Rechtslehre vorgebrachten Bedenken erscheinen nicht so gewichtig, als daß allein wegen der Beschränkung der Haftungserklärung des Bürgen auf einen Höchstbetrag dem Ausgleich die Bestätigung zu versagen wäre.
Im übrigen kann die im Ausgleich vorgesehene Bestellung des Masseverwalters zum Sachwalter der Gläubigerschaft entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes keineswegs als eine (unzulässige) Ausdehnung seiner Amtstätigkeit angesehen werden, da der Sachwalter in dieser Eigenschaft nicht als Organ des Konkursverfahrens tätig wird. Die Ausgleichsbestimmung, daß zur Geltendmachung der Ansprüche der Gläubiger gegen die Ausgleichsbürgen nur der Sachwalter legitimiert ist, ermächtigt ihn keineswegs zu einer Überwachung der Bürgen und steht nicht im Widerspruch zu § 151 KO., weil die materiellen Rechte der Konkursgläubiger gegen die Bürgen durch diese Bestimmung nicht berührt, also auch nicht eingeschränkt werde. Bei dieser Rechtslage kommt dem Hinweis der Rekurswerber auf das Mißverhältnis zwischen der Höhe der angemeldeten Forderung des einzigen Gläubigers, der sich der Bestätigung des Zwangsausgleiches widersetzt hatte, und der Höhe der Forderungen aller übrigen Gläubiger, die mit dem Zwangsausgleich in der vorgesehenen Weise einverstanden sind, keine Bedeutung zu.
Anmerkung
Z42164Schlagworte
Ausgleich, Haftungsbeschränkung des Ausgleichsbürgen, Ausgleichsbürge, Haftungsbeschränkung auf einen Höchstbetrag, Bürge, Haftungsbeschränkung auf einen Höchstbetrag, Gleichheitsgrundsatz, Haftungsbeschränkung des Ausgleichsbürgen, Haftungsbeschränkung, Ausgleichsbürge, Höchstbetrag, Haftungsbeschränkung des Ausgleichsbürgen, Konkurs, Haftungsbeschränkung des Ausgleichsbürgen, Versagungsgrund, Haftungsbeschränkung des Ausgleichsbürgen, Zwangsausgleich, Haftungsbeschränkung des AusgleichsbürgenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1969:0050OB00277.69.1105.000Dokumentnummer
JJT_19691105_OGH0002_0050OB00277_6900000_000