TE OGH 1970/10/22 2Ob137/70

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Veröffentlicht am 22.10.1970
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Norm

ABGB §1323

Kopf

SZ 43/186

Spruch

Bei Beschädigung einer Sache besteht die Ersatzleistung regelmäßig in dem Ersatz der Reparaturkosten, wenn die Reparatur möglich und wirtschaftlich vertretbar ist, ohne Rücksicht darauf, ob der Geschädigte die Reparatur vornehmen ließ oder die Sache im beschädigten Zustand veräußerte und welchen Erlös er dabei erzielte

OGH 22. Oktober 1970, 2 Ob 137/70 (OLG Linz 5 R 4/70; KG Wels 1 Cg 268/69)

Text

Am 18. Mai 1969 wurde der Kläger bei einem Verkehrsunfall auf der Bundesstraße Nr 1 zwischen H und E verletzt und sein PKW beschädigt. Das Verschulden am Unfall trifft den Zweitbeklagten, dessen Fahrzeug bei der Erstbeklagten haftpflichtversichert war.

Der Kläger begehrt neben anderen nicht mehr strittigen Beträgen den Ersatz der Kosten der Reparatur seines Fahrzeuges in der Höhe von 32.500 S zuzüglich einer merkantilen Wertminderung von 5300 S und den Ersatz der Kosten eines Ersatzfahrzeuges für die Zeit vom 19. Mai 1969 bis 1. Juli 1969, somit für 44 Tage, in der Höhe von 10.120 S. Es ist unbestritten, daß der Kläger sein Fahrzeug nicht mehr reparieren ließ, sondern es am 1. Juli 1969 beim Kauf eines neuen PKWs im beschädigten Zustand gegen Anrechnung eines Betrages von 25.000 S dem Autohändler überließ. Das beschädigte Fahrzeug hatte vor dem Unfall einen Zeitwert von 53.000 S. Der Kläger nahm zur Bezahlung des restlichen Kaufpreises des neuen Wagens am 3. Juli 1969 ein Darlehen auf, das mit 8% jährlich zu verzinsen ist.

Die Beklagten brachten vor, daß der Kläger nicht den Ersatz der Reparaturkosten einschließlich einer merkantilen Wertminderung, sondern nur die Differenz zwischen dem Zeitwert des beschädigten Wagens vor dem Unfall und dem beim Kauf des neuen Wagens dafür angerechneten Betrag, also 28.000 S (53.000 S weniger 25.000 S), verlangen könne. In diesem Umfang wurde der Anspruch des Klägers anerkannt und Teilanerkenntnisurteil gefällt. Die Beklagten bestritten ferner die Berechtigung des Klägers, höhere als gesetzliche Zinsen und den Ersatz von Kosten eines Mietwagens zu verlangen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren teilweise statt. Es sah das Begehren auf Ersatz des Fahrzeugschadens nur in der von den Beklagten zugestandenen Höhe von 28.000 S, den Anspruch auf Ersatz der Kosten eines Mietwagens und auf 8% Zinsen aber in der begehrten Höhe als begrundet an.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers zur Gänze, der Berufung der Beklagten teilweise folge.

Das Berufungsgericht sprach den als Ersatz des Fahrzeugschadens begehrten Betrag einschließlich der merkantilen Wertminderung samt 8% Zinsen voll, die Kosten für ein Mietfahrzeug aber nur für 21 Tage, d i die Zeit, die eine Reparatur des beschädigten Fahrzeuges gedauert hätte, zu.

Der Oberste Gerichtshof hat der Revision der Beklagten teilweise Folge gegeben; das Berufungsurteil, das im übrigen, soweit es nicht als unangefochten unberührt blieb, bestätigt wurde, wird dahin abgeändert, daß im stattgebenden Teil der Halbsatz: "sowie weitere 4% Zinsen aus 37.800 S seit 15. Juli 1969" richtig: "sowie weitere 4% Zinsen aus 32.500 S seit 15. Juli. 1969" und im abweislichen Teil der Halbsatz: "sowie 4% Zinsen aus 23.934 S seit 15. Juli 1969" richtig: "sowie 4% Zinsen aus 29.234 S seit 15. Juli 1969" zu lauten habe.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

In der Rechtsrüge machen die Beklagten zunächst geltend, daß dem Kläger nicht der Ersatz von Reparaturkosten (einschließlich merkantiler Wertminderung), sondern nur die Differenz zwischen dem Zeitwert des Fahrzeuges vor dem Unfall und dem beim Kauf des Neuwagens für das beschädigte Fahrzeug angerechneten Betrag zustehe, weil das beschädigte Fahrzeug tatsächlich nicht repariert worden sei.

Demgegenüber ist auf § 1323 ABGB zu verweisen, wonach ein Schaden grundsätzlich durch Wiederherstellung des Zustandes vor der Beschädigung gutzumachen ist. Dies bedeutet, daß bei der Beschädigung einer Sache die Ersatzleistung regelmäßig in der Reparatur dieser Sache besteht (ZVR 1961/115; SZ 26/155 u a), sodaß der Geschädigte grundsätzlich die angemessenen Kosten der Reparatur verlangen kann und es ihm überlassen bleibt, ob und wie er die Reparatur durchführen läßt. Ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten besteht nur dann nicht, wenn die Reparatur des beschädigten Fahrzeuges unmöglich oder unwirtschaftlich wäre, also ein Totalschaden angenommen werden müßte (ZVR 1969/115; JBl 1966, 527 u a). Diese Voraussetzungen wurden im vorliegenden Fall mit Recht verneint, weil der Zeitwert des Fahrzeuges vor dem Unfall mit 53.000 S und die Kosten der Reparatur nur mit 32.500 S festgestellt wurden. Es war daher richtig, den Schadensfall nicht auf der Grundlage eines Totalschadens abzurechnen.

Dem Kläger gebührt also Ersatz der Reparaturkosten. Dafür ist nicht Voraussetzung, daß er die Reparatur auch tatsächlich durchführen ließ, weil es Sache des Geschädigten ist, wie er den ihm als Schadensgutmachung zukommenden Betrag verwendet. Es ist seine Sache, ob er damit die Kosten der Reparatur des beschädigten Fahrzeuges bestreitet oder den Betrag sonstwie, etwa bei der Anschaffung eines Neuwagens, verwendet. Ob der Schadensberechnung die Reparaturkosten oder der Wert des Fahrzeuges nach der Beschädigung zugrunde zu legen ist, hängt nur davon ab, ob nach Art und Umfang der Beschädigung die Reparatur möglich und wirtschaftlich war. Ist dies zu bejahen, ist der Ersatzanspruch auf der Grundlage der Reparaturkosten zu berechnen. Da die durch das Schadensereignis eingetretene Vermögensverminderung vollständig ausgeglichen werden muß, gebührt dem Geschädigten nicht nur der Ersatz der durch den Unfall herbeigeführten technischen Wertminderung des Fahrzeuges, sondern auch Ersatz für die dadurch bedingte merkantile Wertminderung. Auch diese ist positiver Schaden, der neben den Kosten der Behebung der technischen Wertminderung, also der Reparatur des Fahrzeuges, zu ersetzen ist, wenn für den Geschädigten der Zustand hergestellt werden soll, der ohne das schädigende Ereignis bestanden hätte. Die merkantile Wertminderung ist nach ständiger Rechtsprechung ohne Rücksicht darauf zu ersetzen, ob das Fahrzeug tatsächlich verkauft wird oder nicht (Waldherr, ZVR 1961, 217 f; ZVR 1958/29; ZVR 1960/50; ZVR 1961/116 u a). Der Zuspruch der Reparaturkosten (einschließlich des merkantilen Minderwertes) ohne Rücksicht darauf, ob der Kläger das beschädigte Fahrzeug reparieren ließ oder in Zukunft lassen wird, war daher begrundet.

Da im vorliegenden Fall die Reparatur des Fahrzeuges möglich gewesen wäre und auf diese Weise der erlittene Schade beseitigt hätte werden können, der Kläger aber aus freien Stücken davon Abstand nahm, kann er das gesetzliche Maß übersteigende Zinsen für ein Darlehen, das er zum Ankauf des neuen Wagens aufnahm, nur von dem Betrag verlangen, der für die Bestreitung der Reparaturkosten erforderlich gewesen wäre. Die Aufnahme eines Darlehens zur Tilgung des merkantilen Minderwertes war nicht notwendig (2 Ob 358/69). In diesem Punkt ist daher die Revision im Recht, sodaß der Betrag, für den 8% Zinsen zugesprochen wurden, um den Betrag von 5300 S zu vermindern war.

Anmerkung

Z43186

Schlagworte

Reparatur, Kostenersatz ohne Rücksicht auf -, Reparaturkosten, Ersatz ohne Rücksicht auf Reparatur, Schadenersatz, Reparaturkosten ohne Rücksicht auf Reparatur, Wiederherstellung, Reparaturkosten ohne Rücksicht auf Reparatur, Wirtschaftlichkeit, Reparatur

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1970:0020OB00137.7.1022.000

Dokumentnummer

JJT_19701022_OGH0002_0020OB00137_7000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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