TE OGH 1975/6/19 2Ob110/75

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Veröffentlicht am 19.06.1975
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Norm

ABGB §867
ABGB §1029
Codex Juris Canonici cc. 1530

Kopf

SZ 48/71

Spruch

Die für Mundelgut typische Einschränkung auf die ordentliche Verwaltung ist ein tragender Grundsatz des geltenden kanonischen Rechts. Ähnlich dem Verwalter nach § 233 ABGB können auch die zur Vertretung kirchlicher Rechtsubjekte berufenen Organe in ihrer Handlungsfähigkeit beschränkt sein

Wie der Mangel einer vormundschaftsbehördlichen Genehmigung von Amis wegen wahrzunehmen ist, ist auch der Mangel der für die Wirksamkeit einer alienatio in cc. 1530 ff. aufgestellten Voraussetzungen von Amts wegen aufzugreifen

Die Beschränkung der Handlungsfähigkeit eines kirchlichen Organes wirkt wie die Beschränkung der Handlungsfähigkeit eines Bürgermeisters gegen jeden Dritten. Ein Schutz des Vertrauens auf einen äußeren Tatbestand kommt nicht in Betracht

OGH 19. Juni 1975, 2 Ob 110/75 (LGZ Graz 1 R 52/75; BGZ Graz 4 C 1096/74)

Text

Die klagende Partei (ein Stift) ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 1330 KG E der steiermärkischen Landtafel beim Bezirksgericht für ZRS Graz, zu deren Gutsbestand unter anderem auch das Grundstück 4/1 gehört. Der Erstbeklagte und seine Ehegattin Antonia sind je zur Hälfte Miteigentümer des Grundstückes 4/4 mit dem Haus R Nr. 111, in dem auch ihr Sohn, der Zweitbeklagte, wohnt. An die Südseite des Grundstückes 4/4 schließt ein auf dem Grundstück 4/1 laufender Weg an.

Die klagende Partei begehrt das Urteil, die Beklagten seien schuldig, das Befahren dieses Privatweges zu unterlassen. Sie behauptet, die Beklagten benützen diesen Weg mit Personenkraftwagen, ohne dazu berechtigt zu sein.

Die Beklagten beantragten Abweisung des Klagebegehrens. Sie gaben die Benützung des strittigen Weges mit Kraftfahrzeugen zu, beriefen sich aber auf eine mit der klagenden Partei am 19. Oktober 1951 diesbezüglich geschlossene Vereinbarung und darauf, daß die maßgeblichen Vertreter der klagenden Partei diese Art der Benützung gekannt und rund 20 Jahre hindurch dagegen nichts unternommen haben.

Die klagende Partei erwiderte hierauf, es sei der strittige Weg zur Zeit der erwähnten Vereinbarung kein Fahrweg gewesen, sondern es sei darüber nur Vieh der klagenden Partei auf die Weide getrieben worden. Die behauptete Vereinbarung beziehe sich daher nicht auf den strittigen, sondern auf den nördlich und östlich des Grundstückes 4/4 vorbeiführenden Weg. Aus dem strittigen Weg sei erst vor einigen Jahren ein Fahrweg geworden. Im übrigen sei Dr. S, der für die klagende Partei bei der Vertragserrichtung tätig geworden sei, zur Einräumung von Dienstbarkeiten nicht berechtigt bzw. nicht bevollmächtigt gewesen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Der Erstbeklagte und seine Gattin faßten im Jahr 1951, als sie noch im Stift R beschäftigt waren, den Entschluß, von der klagenden Partei ein Grundstück zwecks Errichtung eines Eigenheimes zu erwerben. Da sie über den Kaufpreis nicht verfügten, kamen sie mit dem damaligen Abt der klagenden Partei T J überein, zunächst einen "Vorvertrag" zu errichten und den endgültigen Kaufvertrag erst abzuschließen, wenn sie in der Lage sind, den Kaufpreis vollständig zu bezahlen. Im Auftrag des Abtes errichtete Dr. S, der damalige Zentralverwalter der klagenden Partei, am 2. Juli 1951 einen Vorvertrag. Ihm war vom Abt Generalvollmacht erteilt worden und er konnte auf Grund dieser Vollmacht im Namen des Abtes Verbindlichkeiten begrunden. Mit diesem "Vorvertrag" verkaufte die klagende Partei dem Erstbeklagten und seiner Gattin einen etwa 1504 m2 großen Teil des Grundstückes 4/1, der nach der Teilung dieses Grundstückes die Bezeichnung Grundstück 4/4 erhielt. Im Punkt 3 dieses Vertrages ist festgehalten, daß die klagende Partei bis zur Regelung des Zugangsweges mit den Eigentümern der Wohnhäuser P, B und S den Käufern den uneingeschränkten Zugang und die Zufahrt über die der klagenden Partei gehörenden Wege und Zufahrten zum Baugrund gestattet. Dieser Vertrag wurde vom Abt T J, dem Erstbeklagten und seiner Gattin eigenhändig unterschrieben. Die letzterwähnte Regelung des Zugangsweges ist bis jetzt noch nicht erfolgt. Der Abt dachte bei der erwähnten Formulierung daran, den streitgegenständlichen Weg, der vom Orte R ausgehend an den Anwesen P, B und S vorbeiführt, einmal der Gemeinde zu übergeben. Bezüglich einer Wasserleitung wurde im Punkt 3 ebenfalls eine gesonderte Vereinbarung getroffen. Laut Punkt 7 geht mit der Unterfertigung dieses "Vorvertrages" das Grundstück in den Besitz der Käufer über. Eine Bestimmung über den Zeitpunkt der Errichtung des verbücherungsfähigen Vertrages enthält diese Abmachung nicht. Mundlich wurde dann den Käufern zugesichert, daß sie die Zufahrt von Süden und Osten auf ihren Baugrund benützen können.

In einem als Servitutsvertrag bezeichneten und vom Zentralverwalter Dr. S allein unterfertigten schriftlichen Aufsatz räumte die klagende Partei, vertreten durch den Abt T J, am 19. Oktober 1951 dem Erstbeklagten und seiner Gattin sowie deren Rechtsnachfolgern im Besitz des Grundstückes 4/4 das Recht ein, das Grundstück 4/1 von der Ostseite aus zum Gebrauch ihres Grundstückes auf den bestehenden Wegen mit Schonung der Kultur als Geh- und Fahrweg zu benützen. Diese Urkunde trägt außer der Stampiglie der Zentralverwaltung der klagenden Partei nur die Unterschrift des Dr. S. Schließlich errichtete Rechtsanwalt Dr. K am 27. Oktober 1951 einen schriftlichen, verbücherungsfähigen Kaufvertrag über das Grundstück 4/4, der hinsichtlich Kaufgegenstand und Kaufpreis mit dem Vorvertrag übereinstimmt. In diesem Vertrag sind aber keine Bestimmungen bezüglich des Weges zum Grundstück enthalten. Den Vertrag fertigten der Abt T J und die Ehegatten T. Hinsichtlich der ersteren bestätigte die Finanzkammer der Diözese Seckau, daß er als Abt der klagenden Partei berechtigt war, den Vertrag namens der klagenden Partei rechtswirksam zu unterfertigen und daß gegen die Verbücherung des Vertrages kirchlicherseits keine Anstände obwalten. Der Vertrag wurde auch von der Grundverkehrskommission genehmigt.

Unmittelbar nach Unterfertigung dieses Vertrages unterschrieben der Erstbeklagte und seine Gattin eine von Dr. S errichtete Information folgenden Inhaltes:

"Aufgenommen am 27. Oktober 1951. Es erscheinen Herr August und Frau Antonia T und geben an: Im Nachhang zu dem heute zwischen uns und dem Stifte R abgeschlossenen Kaufvertrag betreffend das Grundstück 4/4 nehmen wir zustimmend zur Kenntnis:

1. daß uns sowie den übrigen Anrainern gegenüber dem Stift ein Geh- und Fahrweg zusteht, welcher zu einem späteren Zeitpunkt in Form einer Servitut endgültig geregelt werden wird. Wir nehmen hiemit weiters zur Kenntnis, daß der zur Ausübung unseres Rechtes dienende Weg, so wie er jetzt besteht, bleiben wird, ohne daß uns ein Recht zustunde, eine Änderung dieses Weges etwa in Form einer Verbreiterung oder wesentlichen Verbesserung zu verlangen. Hingegen verpflichten wir uns, anteilsmäßig, das heißt nicht nach dem Maße der Benützung, sondern nach dem Ausmaße der Grundstücke zur entsprechenden Erhaltung des Geh- und Fahrweges regelmäßig beizutragen ..."

Über Ansuchen vom August 1951 wurde dem Erstbeklagten und seiner Gattin mit Bescheid vom 21. November 1951 die Baubewilligung zur Errichtung eines Einfamilienwohnhauses von der Gemeinde E erteilt. In dem Bescheid ist festgehalten, daß eine Zufahrt über einen Privatweg besteht und eine Zufahrtsdienstbarkeit auf Stiftsweg vorliegt.

Schon beim Bau des Hauses R Nr. 111 benützte der Erstbeklagte - so wie heute - auch den im Süden vorbeiführenden Weg zum Gehen und Fahren mit Fahrzeugen aller Art, insbesondere auch mit Baufahrzeugen. Seit Beginn wurde auf die Liegenschaft hauptsächlich vom Osten zugegangen, wo sich nur eine Eingangstüre für Fußgänger, aber kein größeres Einfahrtstor befindet. Etwa im Jahr 1954 wurde das Grundstück eingezäunt. Seit diesem Jahr ist auch das Einfahrtstor von Süden über den streitgegenständlichen Weg vorhanden. Eine Garage errichteten die Ehegatten T im Jahr 1967 an der südlichen Grundstücksgrenze. Seit sie ein eigenes Kraftfahrzeug besitzen, fahren sie über diesen Weg zu ihrem Grundstück und zur Garage. Wegen der Benützung dieses Weges wurde der Erstbeklagte bis zum Jahr 1973 nie beanstandet. Im Mai dieses Jahres 1973 wurde er von der klagenden Partei erstmals aufgefordert, die Benützung der südlichen Zufahrt zu seinem Anwesen zu unterlassen.

Seinerzeit versperrte der damalige Verwalter des Stiftes R den Weg mit einem Schranken, um ein Auslaufen der Tiere auf diese Weise zu verhindern. Der Erstbeklagte beschwerte sich darüber bei der klagenden Partei, und der Verwalter mußte den Schranken über Anweisung des Dr. S wieder entfernen, damit der Erstbeklagte in der Benützung des Weges nicht behindert werde.

Vor etwa drei Jahren brachte der Forstmeister der klagenden Partei in der Nähe der südöstlichen Ecke des Grundstückes 4/4 eine Fahrverbotstafel an, um die Benützung des Weges durch Sonntagsausflügler zu verhindern. Als der Erstbeklagte sich darüber beschwerte, wurde eine Zusatztafel "ausgenommen Anrainerverkehr" angebracht, wodurch zum Ausdruck gebracht wurde, daß das Verbot für den Erstbeklagten keine Gültigkeit habe.

Der streitgegenständliche Weg führte seit altersher zu einem Lagerplatz der klagenden Partei und diente allein diesem Platze. Später wurde dort ein Sägewerk errichtet. Dann wurde der Weg auch als Zufahrt zu diesem verwendet. In den letzten neun Jahren wurde der Weg immer mehr befestigt. Vor zwei Jahren erfolgte der Hauptausbau durch massive Beschotterung und Walzen. Diese Maßnahmen wurden von der klagenden Partei für Zwecke des Sägewerkes getroffen.

Der Zweitbeklagte wohnt seit seiner Geburt im Familienverband mit seinen Eltern. Von 1969 bis 1974 benützte er das Fahrzeug seines Vaters, mit dem er über den streitgegenständlichen Weg zur Liegenschaft seiner Eltern zufährt.

Der östlich und der nördlich des Grundstückes 4/4 vorbeiführende Weg dient seit altersher der Bringung von Schottermaterial aus einem nahe gelegenen Steinbruch. Auch die in R ansässigen Bauern konnten dort Schotter gewinnen.

Diesen Sachverhalt würdigte das Erstgericht dahin, daß dem Erstbeklagten und damit auch dem Zweitbeklagten als einem im Familienverband lebenden Sohn auf Grund der von der klagenden Partei selbst schriftlich wie mündlich eingeräumten und auch konkludent durch Billigung im Ablauf der Jahre gewonnenen Befugnisse und auch laut Vertrag vom 2. Juli 1951, einseitiger Erklärung vom 19. November 1951 und selbst der Erklärung vom 27. Oktober 1951 die Berechtigung zum Befahren des streitgegenständlichen Weges zukomme. Die eingeräumte Berechtigung stelle sich als nicht verdinglichte Dienstbarkeit dar. Demzufolge sei das Klagebegehren abzuweisen.

Der Berufung der Klägerin wurde Folge gegeben. Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Sache an das Prozeßgericht erster Instanz zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung. Es sah zwar die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich an, hielt aber noch Feststellungen darüber für erforderlich, wer nach den für die klagende Partei geltenden Ordensregeln zur Einräumung von Dienstbarkeiten befugt sei. Es führte dazu im wesentlichen aus:

Das Erstgericht habe außer acht gelassen, daß im vorliegenden Fall auch die Bestimmungen des Konkordates (BGBl. II 2/1934), dessen innerstaatliche und völkerrechtliche Geltung nicht mehr strittig sei, und das innerkirchliche Recht, auf das durch § 867 ABGB verwiesen werde, zu berücksichtigen seien. Nach Art. XIII § 2 Abs. 2 des Konkordates könne Kirchenvermögen ohne Zustimmung der zuständigen Kirchenbehörde oder des Ordensoberen weder veräußert noch belastet werden. Ob ein Vertrag einer solchen Zustimmung bedürfe, sei nach innerkirchlichem Recht zu beurteilen. Das Fehlen der erforderlichen Zustimmung müßte zur Ungültigkeit des Vertrages führen. Bezüglich des Abschlusses von Servitutsverträgen enthalte der Codex Juris Canonici (CIC) keine ausdrückliche Regelung. Es stelle aber die Einräumung einer Servitut an kirchlichem Vermögen eine sogenannte "alienatio" im Sinne der cc. 1529 bis 1543 CIC dar, welche Bestimmungen auch in dem hier in erster Linie maßgeblichen Ordensrecht gelten. Danach könnten die Ordensoberen Alienationen unter der hier wohl nicht überschrittenen sogenannten Romgrenze unter gewissen Voraussetzungen bewilligen. Die Bewilligung sei in diesem Bereich ohne Rücksicht auf den Wert erforderlich, weil die im

c. 1532 CIC vorgesehene Untergrenze von 1000 Goldlire im Ordensrecht nicht bestehe (c. 534 § 1 CIC). Welcher Obere zur Bewilligung berufen erscheine, sei den Konstitutionen (Ordensregeln) zu entnehmen, auf die c. 534 CIC verweise. Im allgemeinen seien es die superiores maiores. Ob nun im vorliegenden Fall der Abt der klagenden Partei die festgestellte Servitutseinräumung auch ohne Bewilligung eines höheren Ordensoberen habe vornehmen können, wäre somit den Ordensregeln der klagenden Partei zu entnehmen gewesen, deren Inhalt aber nicht festgestellt worden sei. Sollte darnach die Bewilligung eines höheren Ordensoberen erforderlich sein und nicht vorliegen, dann wäre der Klage stattzugeben. Ein Schutz auf das Vertrauen auf einen äußeren Tatbestand komme bei dieser Rechtslage nicht in Betracht. Der damit verbundenen unbilligen wirtschaftlichen Belastung der Beklagten könnte nur durch die Haftung der ungültig abschließenden Funktionäre des kirchlichen Vertragspartners begegnet werden.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Rekursausführungen lassen sich dahin zusammenfassen, daß das Klagebegehren auf Grund der Feststellungen über die zwischen den Bevollmächtigten der klagenden Partei und den Ehegatten T getroffenen Vereinbarungen mit Recht abgewiesen worden sei und daß es einer Prüfung der Frage der formalen Berechtigung der klagenden Partei zum Abschluß eines Servitutsvertrages bzw. des Vorhandenseins aller formalen Genehmigungsklauseln nicht bedurft hätte. Das Fehlen der Zustimmung der zuständigen Kirchenbehörde zu dem Servitutsvertrag sei von der klagenden Partei erstmals in der Berufung behauptet worden. Sofern diese Behauptung überhaupt beachtlich sein sollte, müßte der auf das Fehlen der Zustimmungserklärung der kirchlichen Oberbehörde gestützten Klage aus dem Gründe der Sittenwidrigkeit und der Schikane der Erfolg versagt werden, denn in diesem Falle könnte nur von einer Scheinrechtsausübung gesprochen werden. Abgesehen davon hätte die Vereinbarung, mit der die klagende Partei den Ehegatten T im Zuge des Verkaufes einer Bauparzelle das Recht zum Gehen und Fahren auf einem bestimmten Weg eingeräumt hat, der Genehmigung durch den Kirchenoberen nicht bedurft. Hier gehe es nicht darum, ob den Ehegatten T ein Wegerecht zustehe und ob sie Anspruch auf Verbücherung der entsprechenden Servitut haben, sondern lediglich um die Frage, ob die Beklagten den in Rede stehenden Weg widerrechtlich benützen.

Diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden. Zunächst sei auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes zur Frage der Anwendung innerkirchlichen Rechtes hingewiesen, gegen die die Beklagten sich auch nur mehr insoweit wenden, als sie den Charakter der Einräumung des Rechtes zum Begehen und Befahren eines der klagenden Partei gehörenden Weg-Grundstückes als "alienatio" bezweifeln. Ob die Einräumung von Wegerechten als Alienation im engeren (c. 1530) oder im weiteren Sinn (c. 1533) anzusprechen ist, kann dahingestellt bleiben, weil beide Formen den gleichen Regeln unterliegen, und weil der Begriff der alienatio lato sensu völlig den der alienatio stricto sensu umschließt. Daß durch die Einräumung von Wegerechten, auch wenn die Verbücherung zunächst nicht in Aussicht genommen wurde, die finanzielle Lage des Rechtsträgers verschlechtert werden kann, was in c. 1533 als Kriterium statuiert wird, kann aber nicht zweifelhaft sein, weil eine Belastung mit Wegrechten den Wert des so belasteten Grundstückes vermindert.

Ob im vorliegenden Fall zur Gültigkeit der strittigen Vereinbarung die Einwilligung des Abtes der klagenden Partei hinreichend war, so daß er auch den Verwalter Dr. S zum Abschluß einer solchen Vereinbarung bevollmächtigen konnte, oder ob es dazu der Genehmigung eines weiteren Kirchenoberen (z. B. eines Ordens- oder Provinzialoberen oder des Bischofs) bedurft hätte, ist, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, den Ordensregeln der klagenden Partei zu entnehmen und steht noch nicht fest. Daß auf diese Frage von Amts wegen nicht einzugehen gewesen wäre, weil die klagende Partei in erster Instanz eine diesbezügliche Prozeßbehauptung nicht aufgestellt hat, ist ebenfalls unzutreffend. Welche Folge der Mangel der allenfalls erforderlichen Zustimmung eines Kirchenoberen zu der strittigen Vereinbarung hat, ergibt sich aus § 867 ABGB. Zu den dort genannten, unter der besonderen Vorsorge der öffentlichen Verwaltung stehenden Gemeinden sind nämlich auch die kirchlichen juristischen Personen zu verstehen. Was zur Gültigkeit eines mit ihnen geschlossenen Vertrages erforderlich ist, ist auch dem kanonischen Recht zu entnehmen. So wie eine Gemeinde durch Rechtshandlungen ihres Bürgermeisters nur so weit verpflichtet werden kann, als sie sich im Rahmen der ihm eingeräumten Befugnisse bewegen, und ohne eine im Gesetz vorgesehene Zustimmung anderer Organe oder Behörden nicht rechtsverbindlich sind, so ist auch das von einem kirchlichen Organ geschlossene Geschäft ohne die im kanonischen Recht vorgesehene Genehmigung ungültig. Die Stellung der kirchlichen juristischen Person ist in bezug auf die Vermögensverwaltung ähnlich der eines Minderjährigen. Die für Mundelgut typische Einschränkung auf die ordentliche Verwaltung ist ein tragender Grundsatz des geltenden kanonischen Rechtes (Schnizer, Schuldrechtliche Verträge der katholischen Kirche in Österreich, 17). So wie der Vormund als Verwalter von Mundelvermögen etwa den Beschränkungen des § 233 ABGB unterliegt, so können auch die zur Vertretung kirchlicher Rechtssubjekte berufenen Organe in ihrer Handlungsfähigkeit beschränkt sein. So wie der Mangel einer vormundschaftsbehördlichen Genehmigung von Amts wegen wahrzunehmen ist (SZ 12/137; JBl. 1935, 276; MietSlg. 7869), so ist daher auch der Mangel der für die Wirksamkeit einer alienatio in cc. 1530 ff. aufgestellten Voraussetzungen von Amts wegen aufzugreifen. Die Beschränkung der Handlungsfähigkeit des betreffenden kirchlichen Organes wirkt aber so wie die Beschränkung der Handlungsfähigkeit eines Bürgermeisters (SZ 25/96; SZ 43/213; SZ 38/50; JBl. 1959, 131) gegen jeden Dritten (EvBl. 1974/272). Ein Schutz des Vertrauens auf einem äußeren Tatbestand kommt nicht in Betracht (SZ 25/96). Damit gehen aber die Rekursausführungen bezüglich eines Verstoßes gegen Treu und Glauben bzw. die guten Sitten und die Ausnützung eines Widerstreites zwischen formaler und materieller Rechtslage ins Leere.

Dem Rekurs mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Anmerkung

Z48071

Schlagworte

alienatio iS cc 1530 CIC, Servitut am kirchlichen Vermögen, Kirchliche Rechtssubjekte, Beschränkung der Handlungsfähigkeit der zur, Vertretung - berufener Organe, Vertrauen auf äußeren Tatbestand, kein Schutz des - bei Beschränkung der, Handlungsfähigkeit kirchlicher Organe, Vormundschaftsbehördliche Genehmigung, Mangel einer - ist von Amts wegen, wahrzunehmen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1975:0020OB00110.75.0619.000

Dokumentnummer

JJT_19750619_OGH0002_0020OB00110_7500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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