TE OGH 1978/11/27 13Os176/78

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Veröffentlicht am 27.11.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.November 1978

unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Loesch als Schriftführers in der Strafsache gegen Horst A wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von dem Angeklagten erhobene Berufung gegen das Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten als Schöffengerichtes vom 13.September 1978, GZ. 19 Vr 1495/77-18, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwaltes Dr. Hauer, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung des Angeklagten wird Folge gegeben, die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf 10 (zehn) Monate herabgesetzt und gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Bauhilfsarbeiter Horst A des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1 StGB und des Verbrechens des Beischlafes mit Unmündigen nach dem § 206 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er in Tulln (NÖ) die am 10.Jänner 1964 geborene unmündige Elfriede B im Juli 1977

(durch Betasten der Brüste) und am 1.September 1977 (durch Betasten des Geschlechtsteiles, wobei er sie auch an seinem Glied spielen ließ) zur Unzucht mißbrauchte und in der Zeit vom 2.September bis Oktober 1977 wiederholt den außerehelichen Beischlaf an ihr unternahm.

Das Erstgericht verhängte hiefür über den Angeklagten nach dem § 206 Abs. 1 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 StGB eine Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten. Als erschwerend erachtete es bei der Strafbemessung das Zusammentreffen zweier Verbrechen und die Wiederholung der strafbaren Handlungen, als mildernd hingegen das Geständnis des Angeklagten und sein Alter unter 21 Jahren. Die Gewährung einer bedingten Strafnachsicht lehnte es im Hinblick auf das belastete Vorleben des Angeklagten ab.

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, gegen den Strafausspruch wendet er sich mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Obersten Gerichtshof bereits mit Beschluß vom 9.November 1978, GZ. 13 Os 176/78-4, in nichtöffentlicher Beratung zurückgewiesen.

Gegenstand des Gerichtstages war daher nur noch die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung des Strafmaßes und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht anstrebt.

Der Berufung kommt Berechtigung zu.

Zwar trifft es zu, daß der Angeklagte fünf Vorverurteilungen erlitten hat, die aber durchwegs nicht einschlägige Delikte betreffen. Mit Ausnahme der letzten Vorstrafe betreffen sie, wie schon aus den geringen Strafen bzw. dem Absehen von einer Strafverhängung zu erkennen ist, keine schwerwiegenden Verfehlungen; dazu kommt, daß in zwei Fällen § 265 StPO (alter Fassung) angewendet wurde.

Es kann auch nicht außer acht gelassen werden, daß der Unrechtsgehalt der vom Angeklagten zu vertretenden strafbaren Handlungen relativ gering ist: denn Elfriede B stand zur Tatzeit nur wenige Monate vor Vollendung des 14.Lebensjahres, war dem Angeklagten gewogen und hat in die geschlechtlichen Handlungen eingewilligt, die einem gewöhnlichen Verlauf der Dinge entsprechend mit unzüchtigen Betastungen begannen und erst in weiterer Folge zu einem Beischlaf führten. So gesehen kommt auch der formalen Aufgliederung in zwei verschiedene Delikte keine besonders gravierende Bedeutung zu. Dazu kommt, daß auch die Angehörigen des Mädchen dieses Verhältnis wenn schon nicht förderten so doch duldeten.

Bei dieser Sachlage überwiegen die Milderungsgründe - zumindest ihrem Gewichte nach - die Erschwerungsgründe ganz beträchtlich, weshalb die Strafe in Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes des § 41 Abs. 1 Z 4

StGB auf zehn Monate herabzusetzen war.

Es ist aber auch für einen selbst wiederholt Vorbestraften eine bedingte Strafnachsicht nicht in jedem Falle schlechthin ausgeschlossen. Vielmehr ist stets unter Bedacht auf die Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob die bloße Androhung des Vollzuges genügen werde, um den Täter von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, und es nicht des Vollzuges bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Geht man davon aus, daß der Angeklagte nach Verbüßung der letzten wegen Eigentumsdelikten über ihn verhängten Freiheitsstrafe von acht Monaten nicht mehr in gleichartiger Weise rückfällig geworden ist, so kann nicht ausgeschlossen werden, daß zumindest in dieser Hinsicht durch den Strafvollzug seine Resozialisierung gelungen ist. Zumindest sprechen derzeit keine konkreten Umstände gegen diese Annahme. Das von ihm nunmehr zu verantwortende Verhalten liegt abstrakt vom Deliktstypus her auf einer völlig anderen schädlichen Neigung und bleibt konkret im Unrechtsgehalt weit hinter dem bei derartigen Sittlichkeitsdelikten Typischen zurück.

Das diesbezüglich unbelastete Vorleben des Angeklagten bietet für die Befürchtung eines gleichartigen Rückfalles keinen Anhaltspunkt. Zur Erreichung des Strafzweckes genügt daher vorliegend die bloße Androhung einer Strafe, die dem Angeklagten deutlich vor Augen führt, daß er riskiert, sie bei jeglichem Rückfall verbüßen zu müssen.

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01629

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0130OS00176.78.1127.000

Dokumentnummer

JJT_19781127_OGH0002_0130OS00176_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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