TE OGH 1982/2/11 12Os193/81

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Veröffentlicht am 11.02.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Februar 1982

unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Faseth, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Nemec als Schriftführerin in der Strafsache gegen Erika A wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach § 146, 147 Abs. 3, 148 2. Fall StGB über die von der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 9.September 1981, GZ. 9 Vr 2869/79-70, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Oskar Wanka und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 3 (drei) Jahre herabgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 11.Februar 1926 geborene Lohnbuchhalterin Erika A (im zweiten Rechtsgang erneut) des in der Zeit vom 1.Jänner 1971 bis August 1979 in Graz als Lohnbuchhalterin der Firma B zum Nachteil dieser Firma mit einem Gesamtschadensbetrag von 3,746.572,52 S verübten Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach § 146, 147 Abs. 3, 148 (zweiter Fall) StGB schuldig erkannt.

Sie bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Z. 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

In Ausführung des ersterwähnte Nichtigkeitsgrundes bezeichnet die Beschwerdeführerin die Urteilsfeststellung, daß sie Lohn- und Gehaltslisten verfälschte und die bezüglich der Endsummen verfälschten Listen dann entweder dem Prokuristen Dkfm. Helmut C oder einem anderen Verfügungsberechtigten der Firma B präsentierte, als aktenwidrig. Hiebei verkennt sie jedoch zunächst das Wesen einer - nur eine formale Vergleichung gestattenden - Aktenwidrigkeit im Sinne dieses Nichtigkeitsgrundes, die nur vorläge, wenn in den Entscheidungsgründen der Inhalt einer eine entscheidungswesentliche Tatsache betreffenden Urkunde, Aussage oder eines sonstigen Beweismittels unrichtig wiedergegeben würde (vgl. Mayerhofer-Rieder, II/2, Nr. 185 ff. zu § 281 Z. 5 StPO), was die Beschwerdeführerin aber nicht geltend macht.

Rechtliche Beurteilung

Die bemängelte Feststellung ist aber auch nicht unvollständig oder unzureichend begründet: Daß sie in den von ihr erstellten Lohnlisten die Lohnsummen fälschte und dann die gefälschten (überhöhten) Summen auch in die Münzlisten übertrug (die der Geldanforderung und Geldbehebung dienten) wurde von der Angeklagten selbst bestätigt (vgl. S. 482, 483/II, in Verbindung mit S. 489/II). Ob aber in weiterer Folge die Lohn- oder Münzlisten (welch letztere dieselben überhöhten Summen auswiesen wie die Lohnlisten) zur Täuschung des Dkfm. C und sonstiger Verfügungsberechtigter der Firma B verwendet wurden, betrifft vorliegend keine entscheidende Tatsache. Wesentlich ist vielmehr nur die von Dkfm. Helmut C bezeugte (vgl. S. 493/II) Tatsache, daß die Angeklagte ihm (und anderen Verfügungsberechtigten der Firma) gegenüber einen überhöhten Bedarf an Lohngeldern vortäuschte und hiedurch die Behebung und Ausfolgung höherer Geldbeträge erreichte, als solche von ihr zur Auszahlung der jeweils tatsächlich fälligen Löhne und Gehälter benötigt wurden.

Geht man aber von diesen (mängelfrei getroffenen) wesentlichen Urteilsannahmen aus, dann kann auch die Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO) der Beschwerdeführerin, mit der sie eine Beurteilung des ihr angelasteten Tatverhaltens als das Verbrechen der Veruntreuung (§ 133 Abs. 1 und Abs. 2 StGB) anstrebt, nicht zum Erfolg führen:

Daß sich die Verantwortlichen der Firma B nicht weiter um die mehrfach erwähnten Lohn- und Münzlisten kümmerten und nicht nachprüften, ob die von der Angeklagten angeforderten Geldbeträge der Höhe der jeweils tatsächlich für Lohn- und Gehaltsauszahlungen benötigten Summen entsprachen, schließt keineswegs - wie die Beschwerdeführerin aber sinngemäß meint - eine Täuschung überhaupt aus. Denn getäuscht kann auch jemand werden, der den Angaben des Täters aus Nachlässigkeit vertraut und bei größerer Aufmerksamkeit in der Lage gewesen wäre, den in ihm hervorgerufenen Irrtum zu vermeiden (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB2, RN. 12 und 20 zu § 146). Schließlich trifft es nicht zu, daß die (demnach sehr wohl vorliegende) Täuschung keine unmittelbare Schädigung (durch eigene Verfügung) des Getäuschten zur Folge gehabt hätte und erst durch die Zueignung der bezüglichen - der Angeklagten für Lohnauszahlungszwecke anvertrauten - Gelder eingetreten wäre. Wurde doch die Firma B bereits durch das Flüssigmachen und die übergabe der in Rede stehenden Geldbeträge an die Angeklagte geschädigt, die solcherart mittels Täuschung und mit betrügerischem Vorsatz zwar bewirkte, daß ihr die bezüglichen Summen zur Bezahlung von - jedoch insoweit in Wahrheit gar nicht bestehenden - Lohn- und Gehaltsforderungen 'anvertraut' wurden, aber schon eben hiedurch den Tatbestand des Betruges verwirklichte, und nicht erst durch den Zueignungsakt den Tatbestand der Veruntreuung (vgl. EvBl. 1981/105; JBl. 1981, 48; sh. auch Kienapfel, BT II, § 133 RN. 112). Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten war mithin zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagte nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren und nahm bei der Strafzumessung als erschwerend die hohe, weit über 100.000 S liegende Schadenssumme und die zusätzliche Qualifikation nach § 147 Abs. 3 StGB, als mildernd das reumütige Geständnis, den ordentlichen Lebenswandel und die im Verhältnis zur Gesamtschadenssumme doch geringfügige Schadensgutmachung an. Die Berufung der Angeklagten, welche Strafherabsetzung begehrt, ist begründet.

Zwar verstößt die Annahme der zweifachen Qualifizierung der Straftat nach dem Strafsatz von einem bis zehn Jahren Freiheitsstrafe (§ 147 Abs. 3, 148, zweiter Fall, StGB) nicht gegen das Doppelverwertungsverbot, weil jeder der diesen Strafsatz begründenden Umstände auch allein und unabhängig voneinander vorliegen können, doch muß der Angeklagten auch eine mangelhafte Kontrolle ihrer Vorgesetzten zugute gehalten werden, wodurch die Verwirklichung der Straftaten in diesem Umfange erst ermöglicht wurde.

Auch hat das Erstgericht der erheblichen Schadensgutmachung von etwa 1 Million Schilling zu wenig Gewicht beigemessen, sodaß unter Berücksichtigung der sonst richtig erkannten Strafzumessungsgründe eine Reduzierung der Strafe auf das im Spruche genannte Ausmaß vertretbar und dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Straftat angemessen erscheint.

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO

Anmerkung

E03543

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0120OS00193.81.0211.000

Dokumentnummer

JJT_19820211_OGH0002_0120OS00193_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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