Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Dezember 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Lengauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Peter A und Katharina B wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach dem § 156 Abs. 1 StGB und anderer Delikte über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter A sowie die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich beider Angeklagter gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengerichts vom 5.März 1984, GZ 12 a Vr 1.427/80-67, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generanwaltes Dr. Gehart, der Angeklagten Katharina B sowie der Verteidiger Dr. Kunze und Dr. Gschnitzer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Peter A zu Recht erkannt:
Spruch
Es wird der Nichtigkeitsbeschwerde des Peter A zur Gänze und der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, 1. im Schuldspruch des Peter A (wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 StGB) und im diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch sowie 2. im Freispruch des Peter A von der Anklage wegen des Vergehens nach § 122 GmbHG aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft (gegen den Freispruch der Angeklagten Katharina B) verworfen. Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese (den Angeklagten Peter A betreffende kassatorische) Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Handelsvertreter Peter A des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, 'zwischen Sommer und Ende des Jahres 1977' in Dornbirn als Geschäfsführer der C & A Produktions- und Vertriebsgesellschaft m.b.H. fahrlässig die Zahlungsunfähigkeit dieser Gesellschaft (welche Schuldnerin mehrerer Gläubiger war) herbeigeführt zu haben, indem er gemeinsam mit (dem in diesem Zusammenhang wegen betrügerischer Krida gesondert verfolgten anderen Geschäftsführer) Kurt Walter C den Betrieb des Unternehmens ohne Eigenkapital und ohne Anwendung der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt aufnahm, eine ordnungsgemäße Buchführung unterließ und bei der Anschaffung von Waren unverhältnismäßig Kredit benutzte. Von der weiteren Anklage, in der zuvor genannten Funktion außerdem
a) in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der spätestens seit Anfang 1978
gegebenen Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft fahrlässig die Befriedigung ihrer Gläubiger dadurch vereitelt zu haben, daß er nicht rechtzeitig die Eröffnung des Konkursverfahrens beantragte (Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 2 StGB), und b) gemeinsam mit dem zweiten Geschäftsführer Kurt Walter C am 27. September 1977 in der zum Zweck der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister (beim Landes- als Handelsgericht Feldkirch) gemäß § 10 (in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Z 2) GmbHG abzugebenden Erklärung vorsätzlich die zur Täuschung über den Vermögensstand der Gesellschaft geeignete falsche Angabe gemacht zu haben, daß die (auf das Stammkapital von 100.000 S) in barem Geld zu leistenden Stammeinlagen im (aus der zugleich vorgelegten Gesellschafterliste ersichtlichen) Betrag bar eingezahlt seien und (die eingezahlten Beträge) sich in der freien Verfügung der Geschäftsführer befänden (Vergehen nach § 122 Z 1 GmbHG), wurde Peter A gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Gemäß derselben Verfahrensbestimmung freigesprochen wurde auch die Arbeitslehrerin Katharina B (geschiedene C) von der gegen sie wegen Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1 StGB und wegen Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 2 StGB erhobenen Anklage, als im März 1978 (neu) bestellte Geschäftsführerin der mehrfach genannten Gesellschaft a) 'zwischen Frühjahr und Sommer 1978 in Bregenz und/oder anderen Orten Vorarlbergs' gemeinsam mit dem gesondert verfolgten Kurt Walter C (vorsätzlich) Bestandteile des Gesellschaftsvermögens teils beiseitegeschafft, teils veräußert oder sonst dieses Vermögen verringert und dadurch die Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger vereitelt zu haben, daß sie das im Geschäftslokal in Dornbirn vorhandene Inventar (Büro- und Lagereinrichtung) sowie Warenvorräte 'in unerhobenem Wert' - nach dem vom Staatsanwalt am Schluß der Hauptverhandlung (Band II S 206) 'ergänzten' Anklagevorwurf, auf den das Gericht nur in den Entscheidungsgründen Bezug nimmt (Band II S 219), auch ein (Kraft-)Fahrzeug im Wert von zirka 65.000 S - nach Bregenz verbrachten und in der Folge diese Sachen an Dritte auf eigene Rechnung weiterveräußerten, b) ab etwa Ende März 1978 in Bregenz in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der spätestens seit Anfang 1978 gegebenen Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft die Befriedigung von deren Gläubigern (auch) fahrlässig vereitelt zu haben, indem sie durch Weiterführung des (nach Bregenz verlegten) Unternehmens und durch Aufnahme eines Kredites bei der D in der Höhe von 300.000 S neue Schulden einging, andere Schulden in der Höhe von mindestens 120.000 S bezahlte und die Eröffnung des Konkursverfahrens nicht rechtzeitig beantragte.
Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Peter A mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. Gegen die vorerwähnten Freisprüche, ausgenommen den (Teil-)Freispruch des Angeklagten Peter A vom Vorwurf der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 2 StGB, richtet sich die auf dieselben Nichtigkeitsgründe gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, welche außerdem zum Nachteil des Angeklagten A den Strafausspruch mit Berufung anficht.
I./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Peter A:
Rechtliche Beurteilung
Die Mängelrüge dieses Beschwerdeführers versagt, soweit er dem Erstgericht vorwirft, bei der Feststellung, daß die C & A Produktions- und Vertriebsgesellschaft m.b.H. um die Jahreswende 1977/78 zahlungsunfähig wurde, die Aussage des Zeugen (Anton) E über das Vorhandensein eines Warenlagers im Wert von etwa 80.000 S im damaligen Zeitpunkt übergangen zu haben. Denn eine Deposition mit einer derartigen Wertangabe ist dem die Aussage des Zeugen Anton E enthaltenden Protokoll über die Hauptverhandlung vom 5.März 1984 (Band II S 200-202) nicht zu entnehmen. Abgesehen davon kommt es für die Frage der Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners nicht auf das Vorhandensein von Vermögenswerten schlechthin, sondern darauf an, ob der Schuldner über die zur Abdeckung der gesamten fälligen Schulden nötigen Zahlungsmittel verfügt.
Zahlungsunfähig im Sinn des § 159 StGB ist ein Schuldner dann, wenn er mangels flüssiger Mittel nicht imstande ist, binnen angemessener Frist und bei redlicher wirtschaftlicher Gebarung alle seine fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen (EvBl. 1978/42 u.a.). Zahlungsunfähigkeit setzt aber nicht voraus, daß Gläubiger andrängen (vgl. § 66 Abs. 3 KO n.F.); der Annahme des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft um die Jahreswende 1977/78 steht daher auch nicht entgegen, daß keine Exekutionsverfahren gegen die Gesellschaft vor Ende des Jahres 1977 (wohl aber ab Jänner 1978: ON 14 und 15) eingeleitet worden waren.
Als zutreffend erweist sich jedoch der Einwand, daß die Urteilsfeststellungen nicht ausreichen, um die Fahrlässigkeit des dem Angeklagten Peter A angelasteten Kridaverhaltens und den Kausalzusammenhang mit der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft abschließend beurteilen zu können.
Die Ursachen der Zahlungsunfähigkeit erblickt das Erstgericht in der Aufnahme des Geschäftsbetriebes ohne Eigenkapital, im Fehlen einer ordnungsgemäßen Buchführung und (vor allem) in der unverhältnismäßigen Benutzung von Kredit beim Wareneinkauf. Sämtliche angeführten Handlungsweisen kommen nun allerdings als Kridahandlungen im Sinn des die Tathandlungen nur exemplarisch ('insbesondere') umschreibenden § 159 Abs. 1 Z 1 StGB in Betracht:
Dies gilt schon von der Gründung eines Unternehmens ohne (ausreichendes) Eigenkapital, der zufolge von vornherein zur Anschaffung von Betriebseinrichtungen und Waren sowie zur Bestreitung der auflaufenden Regien Kredite in Anspruch genommen werden müssen, allenfalls auftretende Verluste aber nicht aufgefangen werden können (EvBl. 1969/334 u.a.). Unverhältnismäßige Benutzung von Kredit - als Beispiel einer Kridahandlung im § 159 Abs. 1 Z 1 StGB ausdrücklich genannt - liegt vor, wenn der Umfang der Kreditbenutzung außer jedem Verhältnis zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Schuldners steht, sodaß die Geschäftsführung unter derartiger Kreditbenutzung riskant und gefährlich ist (vgl. abermals EvBl. 1969/334 u.a.). Mängel oder gar das Fehlen einer ordnungsgemäßen Buchführung können zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmers beitragen, zum Beispiel, wenn er dadurch seinen Vermögensstand und die wirtschaftliche Lage seines Unternehmens nicht so zu erkennen und zu überlicken vermag, wie es zur Führung des Betriebs mit entsprechender kaufmännischer Sorgfalt erforderlich ist (vgl. EvBl. 1971/188 u. a.).
Der Angeklagte Peter A berief sich in seiner Verantwortung sinngemäß darauf, daß es trotz mangelnder Eigenkapitalausstattung der von ihm und Kurt Walter C gegründeten Gesellschaft bei anfangs gutem Geschäftsgang nicht zur Insolvenz gekommen wäre, falls C die beim Absatz von Reinigungsmitteln erzielten Erlöse dazu verwendet hätte, die Schulden bei den Lieferanten zu bezahlen; stattdessen habe C ohne Wissen und Zustimmung des Beschwerdeführers die Erlöse für sich behalten und verbraucht. Auch eine ordnungsgemäße Buchführung habe C trotz intensiven Drängens des Beschwerdeführers unterlassen. Das Erstgericht erwähnte diese Verantwortung des Angeklagten Peter A zwar in den Urteilsgründen, nahm aber dazu nicht Stellung, sondern begnügte sich damit, den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft auf die angeführten Faktoren in ihrer Gesamtheit zurückzuführen, die es den beiden Geschäftsführern C und A undifferenziert - letzterem als Fahrlässigkeit im Sinn des § 159 Abs. 1 Z 1 StGB - anlastete.
Differenzierende Feststellungen über das Verhalten jedes der beiden Geschäftsführer und die Kausalität für den Eintritt der Insolvenz wären aber zur Beurteilung der Frage, ob der Angeklagte Peter A fahrlässig im Sinn des § 159 Abs. 1 Z 1 StGB handelte, umso mehr erforderlich gewesen, als sich gegen den gesondert verfolgten Kurt Walter C der Anklagevorwurf richtet, die Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger vorsätzlich unter anderem dadurch vereitelt zu haben (§ 156 StGB), daß er ab September 1977 (mithin von der Unternehmensgründung an) bis zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und darüber hinaus den Erlös aus dem Weiterverkauf von Waren (chemisch-technischen Produkten), die auf Kredit angeschafft worden waren, in der Gesamthöhe von mindestens 100.000 S für eigene, firmenfremde Zwecke, vor allem zur Bestreitung seines aufwendigen Lebenswandels, statt zur Bezahlung von Schulden des Unternehmens verwendete (Faktum I 1 a der Anklageschrift ON 32). Ein im Sinn des § 159 Abs. 1 Z 1 StGB tatbildliches Verhalten kann zwar schon im Unterlassen der pflichtgemäßen überwachung des gesamten Geschäftsbetriebes bestehen (EvBl. 1975/20), zu welcher bei Vorhandensein mehrerer Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung jeder von ihnen grundsätzlich verpflichtet ist und bleibt, weshalb die Geschäftsführer eine Verteilung der Geschäfte nur unter Beibehaltung ihrer Verantwortung für den gesamten Geschäftsbereich vornehmen können (Reich-Rohrwig, Das österr.
GmbH-Recht, S 124, 135). Auch für die Führung der erforderlichen Bücher der Gesellschaft Sorge zu tragen (§ 22 Abs. 1 GmbHG), gehört zu den jedem Geschäftsführer obliegenden gesetzlich zwingenden Pflichten (im Interesse der Gläubiger), bei deren Erfüllung an die erwähnte überwachungspflicht besonders strenge Anforderungen zu stellen sind (SZ 52/116 u.a.).
Ob aber dem Angeklagten Peter A ein derartiges, für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft kausales und vor allem subjektiv sorgfaltswidriges Verhalten im Sinn des § 159 Abs. 1 Z 1 StGB (vgl. dazu ÖJZ-LSK 1982/29) zum Vorwurf gemacht werden kann, blieb mangels entsprechender Konstatierungen gleichfalls ungeklärt. So gesehen haften dem angefochtenen Urteil in Ansehung des gegen den Angeklagten Peter A ergangenen Schuldspruchs Feststellungsmängel an, die zur Aufhebung dieses Schuldspruchs und zur Anordnung einer Verfahrenserneuerung führen müssen.
II./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:
1. Soweit sich die Beschwerde der Anklagebehörde - gestützt auf die Z 5
und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO - gegen den Freispruch des Angeklagten Peter A von der Anklage wegen Vergehens nach § 122 Z 1 GmbHG richtet, kommt ihr Berechtigung zu.
Die zitierte Vorschrift bedroht mit Strafe (unter anderem) vorsätzliche zur Täuschung über den Vermögensstand einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung geeignete falsche Angaben der Geschäftsführer in der zur Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister gemäß § 9 Abs. 2 Z 2 und § 10 Abs. 3 GmbHG abzugebenden Erklärung, daß die in barem Geld zu leistenden Stammeinlagen im aus der (zugleich vorzulegenden) Liste ersichtlichen Betrag bar eingezahlt sind und daß die eingezahlten Beträge sich in der freien Verfügung der Geschäftsführer befinden. Dem Vorsatzerfordernis (dazu EvBl. 1975/20) genügt im Sinn des § 5 Abs. 1 StGB bedingter Vorsatz (Leukauf-Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze 2 S 275).
Das Erstgericht stellte dazu fest, daß die gemäß den angeführten gesellschaftsrechtlichen Vorschriften in der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister von den beiden Geschäftsführern Kurt Walter C und Peter A abgegebene Erklärung (vom 27.September 1977), die (von den Genannten als Gesellschafter) zu leistenden Stammeinlagen seien im (gesetzlichen Mindest-)Betrag von je einem Viertel bar eingezahlt, (objektiv) falsch gewesen, die subjektive Tatseite anlangend jedoch die Verantwortung des Angeklagten Peter A nicht widerlegt sei; darnach habe C ihm 'zugesichert', beide Mindesteinlagen selbst zu leisten, habe aber auf Befragen dazu erklärt, er werde ihm (A) 'nicht zeigen', daß dies geschehen sei, der Angeklagte 'müsse ihm vertrauen' (Band II S 218). Dieser Ausspruch des Erstgerichtes zur subjektiven Tatseite ist, wie die Staatsanwaltschaft der Sache nach zutreffend rügt, in einem entscheidenden Belang undeutlich und reicht zur rechtlichen Beurteilung nicht aus (§ 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit. a StPO). Die vom Gesetz verlangte Erklärung besagt, daß die Stammeinlagen (aus welchen Mitteln auch immer) im angegebenen Betrag bar eingezahlt sind und sich in der freien Verfügung der Geschäftsführer befinden.
Freie Verfügbarkeit eingezahlter Bargeldbeträge setzt den Zugang zu ihnen voraus. Wurde dem Angeklagten der Nachweis verweigert, ob und wo die in Rede stehenden (gesetzlichen Mindest-)Beträge auf die Stammeinlagen 'eingezahlt' sind, so erscheint es aufklärungsbedürftig, ob er dennoch auf die Tatsache der Einzahlung vertraute und meinte, über die eingezahlten Beträge als Geschäftsführer (gemeinsam mit C als dem anderen Geschäftsführer) 'frei verfügen' zu können, und nicht etwa die verlangte Erklärung (für seine Person) mit dem (wenn auch allenfalls nur bedingten: § 5 Abs. 1 zweiter Halbsatz StGB) Vorsatz ihrer Unwahrheit abgab; eindeutige Feststellungen darüber läßt das Urteil vermissen, weshalb der den Angeklagten Peter A betreffende Freispruch von der Anklage nach § 122 Z 1 GmbHG (ebenfalls) aufzuheben und (auch insoweit) die Erneuerung des Verfahrens in erster Instanz anzuordnen war. 2./ Mit ihrem gegen den Freispruch der Angeklagten Katharina B gerichteten Beschwerdevorbringen vermag die Staatsanwaltschaft hingegen nicht durchzudringen.
Der darin erhobene Vorwurf, das Erstgericht habe nicht ausreichend klargestellt, ob, wann und wodurch die Angeklagte Katharina B 'wenn auch ohne rechtsgültige Bestellung zur Geschäftsführerin, so doch wenigstens de facto geschäftsführende Tätigkeiten für die Gesellschaft' besorgte, ist nicht zielführend. Denn der (insoweit verfehlten) Rechtsansicht des Schöffengerichtes zuwider wurde die in der Generalversammlung vom 17.März 1978
durch (einstimmigen) Beschluß aller (damals drei) Gesellschafter verfügte Bestellung der Katharina B zur Geschäftsführerin (Band I S 38) unabhängig von der in § 17 Abs. 1 GmbHG vorgesehenen Eintragung im Handelsregister sofort wirksam (Reich-Rohrwig, Das österr. GmbH-Recht, S 97;
EvBl. 1979/202 u.a.), und zwar ohne Rücksicht auf eine etwaige Rechtsunwirksamkeit der ihr vorangegangenen Abtretung von Teilen der Geschäftsanteile durch Peter A und Kurt Walter C an Katharina B wegen Verstoßes gegen das befristete Abtretungsverbot nach § 79 Abs. 5 GmbHG in der damaligen Fassung oder gegen die Formvorschrift des § 76 Abs. 2 GmbHG (Notariatsakt). In ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin war Katharina B demzufolge auch schon vor ihrer Eintragung im Handelsregister unter den Voraussetzungen (damals) des § 85 GmbHG (nunmehr § 69 Abs. 2 und 3 KO n.F.) zum Antrag auf Eröffnung des Konkurses über die Gesellschaft berechtigt und verpflichtet; ihre Antragslegitimation wäre im Zweifelsfall vom Konkursgericht amtswegig zu erforschen gewesen (vgl. abermals EvBl. 1979/202). Die Bestimmungen des § 161 StGB über die Verantwortlichkeit leitender Angestellter für die in dieser Gesetzesstelle genannten strafbaren Handlungen (unter anderem §§ 156, 159 StGB) wären daher auf die Angeklagte Katharina B als einem leitenden Angestellten der Gesellschaft gleichgestellte Geschäftsführerin (§ 309 StGB) jedenfalls uneingeschränkt und ohne Rücksicht darauf anzuwenden, daß ihre Bestellung nach der Aktenlage (Bl. 85 im Vollstreckungsakt des Finanzamtes Bregenz) erst am 26. März 1979 im Handelsregister eingetragen wurde, worauf sie am 26. April 1979 (nach der Zurückweisung ihres ersten Antrags vom 27. November 1978 abermals) die Eröffnung des Konkurses beantragte (Landesgericht Feldkirch S 31/78 und S 12/79).
Diese Erkenntnis vermag jedoch der im übrigen nur auf § 281 Abs. 1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Freispruch der Katharina B nicht zum Erfolg zu verhelfen: Der Vorwurf einer Undeutlichkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen versagt, weil das Schöffengericht durch die gerügte Bezugnahme auf die als 'unwiderlegt' bezeichnete Verantwortung der Angeklagten B zu erkennen gab, daß es in sachverhaltsmäßiger Beziehung von dem im Urteil wiedergegebenen Inhalt der zitierten Verantwortung ausgeht, die - damit einen Tätervorsatz im Sinn des § 156 StGB negierend - besagt, daß sich Katharina B, abgesehen von der ohne ihr Zutun stattgefundenen exekutiven Verwertung des restlichen Warenbestandes durch das Finanzamt, bei den als Kridadelikte inkriminierten Verfügungen für die einzige Gläubigerin der Gesellschaft hielt, weil sie die (ihr bekannten) Gläubiger mit einem unter ihrer persönlichen Haftung aufgenommenen Bankkredit befriedigt hatte.
Der weitere Vorwurf einer Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe wegen Nichterörterung von 'einzelnen zum Teil widersprechenden Ergebnissen des Beweisverfahrens' ist mangels jeglicher Substantiierung einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich. Da sich der Oberste Gerichtshof bei der überprüfung eines freisprechenden Urteils auf die ausdrücklich oder doch durch deutliche Hinweisung geltend gemachten Nichtigkeitsgründe zu beschränken hat (§ 290 Abs. 1 erster Satz StPO), muß es mit diesen den einzig geltend gemachten formellen Nichtigkeitsgrund erledigenden Ausführungen sein Bewenden haben und eine rechtliche Beurteilung der festgestelluen oder bei richtiger Gesetzesanwendung noch einer Feststellung bedürftigen Tatsachen unterbleiben. In Ansehung des Freispruchs der Katharina B war daher die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft zu verwerfen. 3./ Mit ihrer Berufung war die Staatsanwaltschaft auf die den Angeklagten Peter A betreffende kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Anmerkung
E05082European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0110OS00073.84.1220.000Dokumentnummer
JJT_19841220_OGH0002_0110OS00073_8400000_000