TE Vwgh Erkenntnis 2005/6/21 2003/06/0087

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Veröffentlicht am 21.06.2005
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Index

L82007 Bauordnung Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

BauO Tir 2001 §22 Abs3;
BauO Tir 2001 §22 Abs4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der B GmbH, vertreten durch Dr. Ewald Jenewein und Dr. Gerhard Zimmermann, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 21, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 8. April 2003, Zl. II-AL-0036e/2003, betreffend Untersagung der Errichtung von Werbetafeln, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der am 24. Oktober 2002 eingebrachten Bauanzeige vom 23. Oktober 2002 zeigte die Beschwerdeführerin der Baubehörde die Errichtung von Werbetransparenten an zwei Gebäuden mit näher bezeichneten Ausmaßen an. Über Aufforderung der Behörde vom 5. November 2002, ergänzende Unterlagen (Lageplan, planliche Darstellung der jeweiligen Fassaden und technische Beschreibung der beabsichtigten Werbeeinrichtungen) binnen drei Wochen vorzulegen, reichte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 18. November 2002 (eingelangt am 20. November 2002) die erforderlichen Projektunterlagen nach.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 16. Jänner 2003 wurde die Ausführung der geplanten Anbringung der Werbeeinrichtungen gemäß § 22 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001) untersagt. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die geplanten (und bereits errichteten) Werbeanlagen nicht nur einen Fremdkörper für die Gebäude und das gegenständliche Orts- und Straßenbild, sondern auch für das gesamte Stadtgebiet von Innsbruck darstellten; zusammenfassend betrachtet riefen sie eine erhebliche Beeinträchtigung des Straßen- und Ortsbildes hervor, was auch an den Fotos der Einreichung zu erkennen sei. Da das Bauvorhaben den gestalterischen Voraussetzungen nicht entspreche, könne ihm nicht zugestimmt werden. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 22. Jänner 2003 zugestellt.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die vermeintlich überproportionale Werbung sei nur ein punktueller Zustand und "wohl kaum ein Schaden für das Straßenbild, eher eine Abwechslung in der Eintönigkeit der Gewerbebetriebe". Haupteinzugsstraßen im Gewerbegebiet hätten durchaus ähnliche Werbeanlagen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung als unbegründet ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass nach dem schlüssigen Gutachten des Stadtplanungsamtes durch eine derart großflächige und bunte Werbeeinrichtung der Straßenraum optisch überlastet und der Rahmen der Wahrnehmung der Passanten gestört werde, woraus ein zufälliges und inhomogenes Straßen- und Ortsbild mit einer aufdringlichen Wirkung entstehe. Da in der Berufung zum Beurteilungskriterium der "erheblichen Beeinträchtigung" des vorliegenden Orts- und Straßenbildes eine Gegendarstellung nicht erfolgt sei, habe die belangte Behörde von der bereits vorliegenden negativen Begutachtung nicht abgehen können.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 22 der Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94, lautet (auszugsweise):

"§ 22.

Bauanzeige

(1) Die Bauanzeige ist bei der Behörde schriftlich einzubringen.

(2) Der Bauanzeige sind die Planunterlagen (§ 23) in zweifacher Ausfertigung anzuschließen. Ist die Bauanzeige unvollständig, so hat die Behörde dem Bauwerber unter Setzung einer höchstens zweiwöchigen Frist die Behebung dieses Mangels aufzutragen. Wird diesem Auftrag nicht entsprochen, so ist die Bauanzeige mit schriftlichem Bescheid zurückzuweisen.

(3) Die Behörde hat das angezeigte Bauvorhaben zu prüfen. Ergibt sich dabei, dass das angezeigte Bauvorhaben bewilligungspflichtig ist, so hat die Behörde dies innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen der vollständigen Bauanzeige mit schriftlichem Bescheid festzustellen. Ist das angezeigte Bauvorhaben nach den bau- oder raumordnungsrechtlichen Vorschriften unzulässig, so hat die Behörde dessen Ausführung innerhalb derselben Frist mit schriftlichem Bescheid zu untersagen. Besteht Grund zur Annahme, dass ein solcher Feststellungs- oder Untersagungsbescheid nicht fristgerecht rechtswirksam zugestellt werden kann, so hat ihn die Behörde nach § 23 des Zustellgesetzes ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen.

(4) Wird innerhalb der im Abs. 3 genannten Frist weder das angezeigte Bauvorhaben als bewilligungspflichtig festgestellt noch dessen Ausführung untersagt oder stimmt die Behörde der Ausführung des angezeigten Bauvorhabens ausdrücklich zu, so darf es ausgeführt werden. In diesen Fällen hat die Behörde dem Bauwerber eine mit einem entsprechenden Vermerk versehene Ausfertigung der Planunterlagen auszuhändigen."

Die Beschwerde bringt vor, der erstinstanzliche Untersagungsbescheid sei erst nach der Zweimonatsfrist des § 22 Abs. 3 TBO 2001 erlassen worden. Werde diese Frist zur Untersagung von der Behörde jedoch nicht eingehalten, dürfe das Bauvorhaben gemäß § 22 Abs. 4 TBO 2001 ausgeführt werden. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, die Einhaltung der Frist des § 22 Abs. 3 TBO 2001 zur Erlassung eines Untersagungsbescheides zu überprüfen.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin begann die Zweitmonatsfrist des § 22 Abs. 3 TBO 2001 zwar erst nach Einlangen der vollständigen Projektunterlagen am 20. November 2002 (wie eingangs dargestellt) - und nicht bereits mit Einlangen der Bauanzeige am 24. Oktober 2002 - zu laufen und endete demnach am 20. Jänner 2003. Der erstinstanzliche Untersagungsbescheid wurde nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten der Beschwerdeführerin jedoch erst am 22. Jänner 2003 zugestellt, obwohl - worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift ausdrücklich hinweist - der Untersagungsbescheid vom 16. Jänner 2003 datiert und noch am selben Tag abgefertigt wurde. Es ist demnach im Beschwerdefall nicht von einer fristgerechten Erlassung des Untersagungsbescheides auszugehen.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. Juni 2005

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003060087.X00

Im RIS seit

01.08.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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