TE OGH 1985/9/26 6Ob639/85

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Veröffentlicht am 26.09.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Riedler, Dr. Klinger und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Eheangelegenheit der Verlassenschaft nach Karoline A, im Haushalt, zuletzt wohnhaft gewesen Flachsweg 36, 1220 Wien, vertreten durch Dr. Peter Klein, Rechtsanwalt in Wien, wider Rudolf A, Pensionist, Stratzing 21, 3552 Lengenfeld, vertreten durch Dr. Rudolf Ruisinger, Rechtsanwalt in Eggenburg, wegen Aufteilung der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses des Rudolf A, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 29.Mai 1985, GZ 44 R 79/85-92, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 20.Dezember 1984, GZ 1 F 2/80-83, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die Kostenentscheidung des Rekursgerichtes wendet, zurückgewiesen; im übrigen wird ihm nicht Folge gegeben.

Rudolf A ist schuldig, der Verlassenschaft nach Karoline A die mit S 6.787,50 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 617 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Begründung:

Die erst während des Rechtsmittelverfahrens - am 8. Februar 1985 - verstorbene Frau hat eine Ausgleichszahlung von 300.000 S begehrt; der Mann beantragte die Abweisung dieses Begehrens.

Das Erstgericht wies 1. die Hauptmietrechte an der Ehewohnung, Flachsweg 36, 1220 Wien, und 2. die darin befindlichen

Einrichtungs- und Gebrauchsgegenstände der Frau, 3. die Einrichtungs- und Gebrauchsgegenstände aus der unterdessen verkauften Eigentumswohnung, Himbergerstraße 19/1/4/20, 2320 Schwechat, 'unbeschadet allfälliger Eigentumsrechte dritter Personen' dem Mann zu und verpflichtete 4. den Mann zu einer Ausgleichszahlung von S 170.000 bis spätestens 30.6.1985 und 5. zum Ersatz eines Verfahrenskostenbeitrages von S 25.000 an die Frau; es traf - soweit für die Erledigung des Revisionsrekurses bedeutsam - nachstehende Feststellungen:

Die am 27.8.1938 geschlossene Ehe wurde am 11.9.1979 gemäß § 55 Abs 3 EheG geschieden; im Scheidungsurteil wurde ausgesprochen, daß der Mann die Zerrüttung der Ehe allein verschuldet habe. Kinder entstammen dieser Ehe nicht. Die Frau war ausgenommen eine Dienstverpflichtung während des Zweiten Weltkrieges nicht berufstätig, wohnte bis zu ihrem Tode in der Ehewohnung, Flachsweg 36, 1220 Wien, und bezog vom Mann zuletzt einen monatlichen Unterhalt von S 4.500. Der Mann war nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst bei den Besatzungsmächten und ab 1955 bis zu seinem Ruhestand in der Flugsicherung auf den Flughäfen in Aspern und Schwechat beschäftigt. 1983 betrug sein Ruhegenuß monatlich durchschnittlich S 17.520,03 und 1984 S 17.815,30 netto. Die Parteien lebten bis 1.8.1970 in häuslicher Gemeinschaft in der genannten Ehewohnung. Danach bezog der Mann mit Edith B eine Eigentumswohnung, Himbergerstraße 19/1/4/20, 2320 Schwechat, die ihm bis zu deren Verkauf im August 1983 grundbücherlich zugeschrieben war. Für diese 74 m 2 große Eigentumswohnung mußte er 1957 Eigenmittel von insgesamt S 11.500 aufwenden, die er - zum größten Teil - vor allem durch einen Gehaltsvorschuß selbst aufbrachte. Auch für die laufenden Kosten (Rückzahlung und Betriebskosten) ist er aufgekommen. Diese Mittel hat der Mann allerdings dem gemeinsamen Haushalt entzogen und hiedurch den Lebensstandard der Eheleute vermindert. In der Ehewohnung wurde seit dem Zweiten Weltkrieg kein Erhaltungsaufwand mehr getätigt. Die aus der Zeit vor 1960 stammende Wohnungseinrichtung ist wertlos. Da das Einfamilienhaus, in dem sich die Ehewohnung befindet, vernachlässigt ist und größere Schäden aufweist, kann auch den Hauptmietrechten kein Verkehrswert zugebilligt werden, zumal mit nicht abschätzbaren Kostenbelastungen gerechnet werden muß. Außerdem sind in nächster Zeit die Kosten für den Anschluß an das öffentliche Wasserleitungs- und Kanalversorgungsnetz zu gewärtigen, die - mangels Deckung aus den laufenden Mietzinsen - gemäß § 18 MRG auf den Mieter überwälzt werden können.

Der Verbindung des Mannes mit seiner zweiten Ehefrau Edith B entstammen zwei bereits längst volljährige Kinder, für die er während der ersten Ehe den festgesetzten Unterhalt leistete. Die Kinder wohnten zunächst bei ihrer Mutter, bezogen mit dieser und ihrem Vater die Eigentumswohnung in Schwechat und leben seit einiger Zeit bereits getrennt von ihren Eltern.

Die Frau, die die Eigentumswohnung in Schwechat nie benützt hat, hat die Vorhänge für diese Wohnung genäht.

Der Verkehrswert der Ehewohnung betrug ohne Bedachtnahme auf das sie belastende Darlehen zum 9.3.1983 S 421.700 und zum 1.1.1970 S 362.200. Die Liegenschaft EZ 46 KG Schwechat, auf der sich das Haus in der Himbergerstraße befindet, ist mit einer Hypothek des Wohnhaus-Wiederaufbaufonds belastet. Der auf die dem Mann zugeschriebenen 750/26.846-Anteile entfallende Darlehensteil des Fonds betrug zum 1.1.1961 S 185.101,59; die monatliche Rückzahlungsrate belief sich vom 1.1.1961 bis 31.8.1983 auf S 205,40. Zum 31.7.1970 haftete ein Darlehensrest von 161.480,59 S und am 31.8.1983 ein solcher von S 129.232,79 aus, so daß der Mann in diesem Zeitraum Rückzahlungen von insgesamt S 32.247,80 geleistet hat. Im August 1983 verkaufte er die Eigentumswohnung um S 360.000. Der Käufer zahlte bei der übernahme der Wohnung einen Teil des aushaftenden Darlehensrestes direkt an den Fonds zurück; außerdem wurde die monatliche Rückzahlungsrate beträchtlich erhöht. Der Mann hat einen Teil der Möbel nach dem Verkauf in seine neue Wohnung, Stratzing 21, 3552 Lengenfeld, mitgenommen.

Daraus schloß das Erstgericht, der Bemessung der dem Mann auferlegten Ausgleichszahlung sei der Wert der Eigentumswohnung im Zeitpunkt der Aufteilung zugrundezulegen. Auszugehen sei vom tatsächlich erzielten Kaufpreus, an welchem die Frau angemessen teilhaben solle. Davon seien jedoch die vom Mann von der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft bis zum Verkauf geleisteten Rückzahlungen abzuziehen, so daß ein Betrag von S 330.000 verbleibe. Zwar sei der Beitrag des Mannes etwas höher anzusetzen, weil die Frau keine Kinder habe betreuen müssen, doch wäre es grob unbillig, wenn man nicht berücksichtige, daß der Mann schon bei noch aufrechter Ehe für eine weitere Ehe investiert habe. Der unterschiedliche Lebensstandard müsse zugunsten der Frau zu Buche schlagen. Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu. Es führte aus, es sei zwar richtig, daß die Frau keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen sei und keine Kinder betreuen habe müssen. Daher sei der Beitrag des Mannes zur Anschaffung des Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse etwas höher zu veranschlagen, doch habe dem das Erstgericht ohnedies ausreichend Rechnung getragen. Wohl habe der Mann die Rückzahlungslasten getragen, jedoch damit eine wesentliche Beeinträchtigung des Lebensstandards veranlaßt, was schon darin zum Ausdruck komme, daß in die Ehewohnung nichts mehr investiert worden sei, und der Mann für den Unterhalt seiner im Ehebruch gezeugten Kinder habe aufkommen müssen. Während der Mann mit

seiner - späteren - zweiten Ehegattin in einer neu eingerichteten Eigentumswohnung gelebt habe, habe sich die Frau in ärmlichen Verhältnissen bescheiden müssen, so daß der beiderseitige Lebensstandard kraß unterschiedlich gewesen sei. Die Eigentumswohnung sei eheliches Ersparnis, dessen Wert im Zeitpunkt der gerichtlichen Aufteilung maßgeblich sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Mannes ist, soweit die Kostenentscheidung des Rekursgerichtes angefochten wird, unzulässig (EFSlg.39.915; JBl 1981, 429); im übrigen kommt ihm keine Berechtigung zu.

Die weitwendigen und zum Teil polemischen Ausführungen im Rechtsmittel des Mannes können - soweit sie sich nicht ohnehin gegen die im Rekurs an den Obersten Gerichtshof nicht mehr bekämpfbaren Feststellungen der Vorinstanzen, etwa die Gründe der Frau, die sie zur Aufrechterhaltung der Ehe bewogen haben, sowie die Zweckwidmung der Eigentumswohnung in Schwechat, wenden - im wesentlichen dahin zusammengefaßt werden, daß die genannte Wohnung nicht in die Aufteilungsmasse einzubeziehen sei und im übrigen auch unrichtige Bewertungsgrundsätze zur Anwendung gebracht worden seien. Diese Vorwürfe sind jedoch nicht stichhältig.

Auszugehen ist davon, daß der Mann die Eigentumswohnung während der aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft aus Mitteln angeschafft und eingerichtet hat, die er dem ehelichen Haushalt vorenthalten hat; das kam nicht zuletzt auch darin zum Ausdruck, daß für die Ehewohnung, in der er sich - bis zu seinem Auszug im August 1970 - weiterhin aufgehalten hatte, keinerlei Erhaltungsaufwand getätigt wurde. Gemäß § 81 Abs 1 EheG sind das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse im Falle der Scheidung unter die Ehegatten aufzuteilen. Was unter diesen Vermögensbestandteilen zu verstehen ist, regeln die Absätze 2 und 3 dieser Gesetzesstelle. Eheliches Gebrauchsvermögen sind die beweglichen und unbeweglichen körperlichen Sachen, die während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft dem Gebrauch beider Ehegatten gedient haben; eheliche Ersparnisse sind dagegen Wertanlagen gleich welcher Art, die die Ehegatten während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft angesammelt haben und die ihrer Art nach in üblicher Weise für eine verwertung bestimmt sind. Eine bezugsfertige Eigentumswohnung, die von den Eheleuten nicht in Benützung genommen wurde, weil der Mann beabsichtigte, darin eine ehebrecherische Lebensgemeinschaft mit der Mutter seiner beiden unehelichen Kinder zu führen, kann schon deshalb nicht als Ehewohnung im Sinne des § 81 Abs 2 EheG angesehen werden. Das schließt indessen nicht aus, dieses Vermögensobjekt in die Aufteilungsmasse einzubeziehen. Eine Eigentumswohnung ist in dem Sinne Wertanlage, als darin beträchtliche Vermögenswerte gebunden werden und die mangels Eigennutzung üblicherweise durch Verwertung genützt zu werden pflegt (vgl EFSlg.36.451). Der Mann hat diese Wohnung auch in der Tat einer - allerdings für die Frau nachteiligen - Nutzung zugeführt, als er sie von seiner Lebensgefährtin und seinen beiden unehelichen Kindern benützen ließ. Dazu war er keineswegs verpflichtet, steht doch fest, daß er ohnehin stets für den Unterhalt der beiden Kinder aufgekommen ist. Da es für die Beurteilung von Wertanlagen als eheliche Ersparnisse nur darauf ankommt, daß sie ihrem Wesen nach, also nach der Verkehrsauffassung, für eine Verwertung - gleichviel, ob durch Veräußerung der Substanz oder durch Erzielung von Erträgnissen (EFSlg.36.457) - bestimmt sind und es dabei nicht auf die ursprüngliche Widmung während der Ehe, sondern auf einen objektiven Maßstab ankommt (JBl 1983, 488), kann - entgegen der Auffassung des Rekurswerbers - auch seine Absicht, in absehbarer Zeit darin getrennt von der Ehegattin eine ehebrecherische Lebensgemeinschaft aufzunehmen, an der Beurteilung der Wohnung als Wertanlage und damit als eheliches Ersparnis nichts ändern. Daß die Eigentumswohnung letztlich auch als Wertanlage Verwendung fand, beweist nicht zuletzt der Verkauf, aus dessen Erlös der Mann Verbindlichkeiten abdeckte und gleichzeitig anderweitige Anschaffungen tätigte. Die Frau hat wegen der Anschaffung Entbehrungen (schlechter Zustand der Ehewohnung und geringere Mittel für den Haushalt) auf sich nehmen müssen und zudem selbst Beiträge für diese Wohnung (Nähen der Vorhänge) geleistet; daß ihr der Mann - in kraß ehewidriger Weise - die Mitnutzung der modernen Eigentumswohnung vorenthielt, rechtfertigt weder die Annahme eines Ausnahmetatbestandes (etwa gemäß § 82 Abs 1 Z 2 EheG, der schon deshalb außer Betracht bleibt, weil die während der Ehe angeschaffte Wohnung dem persönlichen Gebrauch beider Ehegatten dienen sollte) noch auch sonst die Ausnehmung dieses Vermögensobjekts von der nachehelichen Aufteilung.

Aber auch der Auffassung des Rechtsmittelwerbers, die Wertsteigerung der Eigentumswohnung nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft sei bei der Bemessung der Ausgleichszahlung nicht zu berücksichtigen, kann nicht beigetreten werden. Es ist zwar richtig, daß in die Aufteilung nur solche Vermögenswerte einzubeziehen sind,die während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft als Ersparnisse angesammelt wurden (AB, 916 BlgNR XIV.GP, 13; 1 Ob 511/80 u.a.), doch geht es im vorliegenden Fall nicht um erst nach der Heimtrennung angesammelte Ersparnisse des Mannes, sondern um solche, die während aufrechter Lebensgemeinschaft angesammelt wurden und zu welchen auch die Frau ihren Beitrag geleistet hat, die aber auch in der Zeit danach eine ohne Zutun des Mannes, in dessen Besitz sie geblieben waren, eingetretene Wertsteigerung erfahren haben. Nach der Rechtsprechung (JBl 1983, 648 mit zust. Glosse von Huber; vgl. auch Pichler in Rummel, ABGB Rdz 9 zu § 84 EheG) sind die der Aufteilung unterliegenden Sachen nicht im Zeitpunkt der Heimtrennung, sondern in dem der gerichtlichen Aufteilung zu bewerten; dieser Wert ist der Bemessung der Ausgleichszahlung zugrundezulegen, wenn die Sache - wie hier - dem bisherigen Eigentümer verbleibt. Vom Sachwert sind allerdings die Schulden abzuziehen, die der Eigentümer allein nach der Heimtrennung getilgt hat. Dieser Auffassung pflichtet auch der erkennende Senat bei. Diesen Grundsätzen haben die Vorinstanzen vollauf Rechnung getragen, zumal - wenn man - darüber hinaus - noch in Anschlag bringt,daß der Mann die Zerrüttung allein verschuldet hat und es der Billigkeit entspricht, daß der unschuldige Teil, wenn auch nur in einem gewissen Ausmaß,besser bedacht wird als der andere (EvBl 1982/113, S.395; Schwind, Eherecht 2 321).

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Daß die Frau während des Verfahrens verstorben ist, steht der weiteren Verfolgung des Anspruchs auf Aufteilung der ehelichen Ersparnisse durch deren Verlassenschaft im Verfahren außer Streitsachen nicht entgegen (SZ 54/166).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG. Im Hinblick auf den gänzlichen Mißerfolg des Rechtsmittels und die kraß unterschiedliche Vermögenslage entspricht es der Billigkeit, den Mann zum Ersatz der Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu verhalten.

Anmerkung

E06668

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0060OB00639.85.0926.000

Dokumentnummer

JJT_19850926_OGH0002_0060OB00639_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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