TE Vwgh Erkenntnis 2005/6/30 2004/20/0049

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Veröffentlicht am 30.06.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §15 Abs1 idF 1999/I/004;
AsylG 1997 §15 Abs2 idF 1999/I/004;
AsylG 1997 §23;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §73 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2004/20/0088

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Berger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerden 1. der Bundesministerin für Inneres und 2. des H in S, geboren 1943, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den am 29. August 2003 verkündeten und am 29. September 2003 schriftlich ausgefertigten Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates, Zl. 226.307/9-II/04/03, betreffend Aufhebung eines Bescheides "im Grunde des § 15 Abs. 2 erster Satz, erster Halbsatz, AsylG", zu Recht erkannt:

Spruch

Insoweit mit dem angefochtenen Bescheid Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides vom 28. Jänner 2002 (Abweisung des Asylantrages gemäß § 7 AsylG) aufgehoben wurde, wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen - nämlich insoweit, als mit dem angefochtenen Bescheid auch Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides vom 28. Jänner 2002 (Feststellung der Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Zweitbeschwerdeführers nach Afghanistan) aufgehoben wurde - wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Zweitbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Zweitbeschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Afghanistans, reiste im Oktober 2001 in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl.

Mit Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides vom 28. Jänner 2002 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Zweitbeschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab. Mit Spruchpunkt II. erklärte es die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Zweitbeschwerdeführers nach Afghanistan für nicht zulässig.

Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Zweitbeschwerdeführer Berufung.

Mit Schreiben vom 7. Mai 2003 hielt die belangte Behörde dem Zweitbeschwerdeführer vor, es sei ihm noch keine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt worden und die belangte Behörde sei "in einem derartigen Fall gehalten ..., auch auf Grund Ihrer lediglich gegen Spruchteil I des angefochtenen Bescheides gerichteten Berufung den gesamten, in Folge Fehlens eines auf § 15 Abs. 1 AsylG gestützten Abspruches unvollständigen Bescheid, demnach auch Spruchteil II des angefochtenen Bescheides, zu beheben".

Mit Schriftsatz vom 21. Mai 2003 trat der Zweitbeschwerdeführer der Absicht der belangten Behörde, den Ausspruch über die Unzulässigkeit seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Afghanistan aus dem Rechtsbestand zu beseitigen, entgegen. Dieser Ausspruch sei rechtskräftig und seine angekündigte Behebung "ein eklatanter Eingriff in die Rechte des Asylwerbers".

Mit dem angefochtenen, in der mündlichen Berufungsverhandlung am 29. August 2003 verkündeten Bescheid behob die belangte Behörde "in Erledigung" der Berufung des Zweitbeschwerdeführers den erstinstanzlichen Bescheid "im Grunde des § 15 Abs. 2 erster Satz, erster Halbsatz, AsylG".

In der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides stützte die belangte Behörde diese Entscheidung - im Wege der "mangels weiter reichender Kapazitäten" auf die Wiedergabe der bei der Verkündung protokollierten Ausführungen beschränkten teilweisen Wiederholung von Ausführungen zur Begründung eines am 27. August 2003 verkündeten Bescheides, die ihrerseits auf einen Bescheid vom 10. Dezember 2002 verwiesen - auf die Ansicht, ihr Vorgehen finde Deckung in näher bezeichneten Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes.

Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden, vom Verwaltungsgerichtshof zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der von den verbundenen Beschwerden betroffene Fall gleicht in den für die Entscheidung wesentlichen Einzelheiten - auch unter Bedachtnahme auf die ergänzenden Ausführungen in den Äußerungen der belangten Behörde vom 4. März 2004 und vom 29. September 2004 -

dem mit dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2004/20/0055, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, entschiedenen Fall. Aus den in diesem Erkenntnis dargelegten Gründen war daher auch im vorliegenden Fall spruchgemäß zu entscheiden.

Der Verwaltungsgerichtshof sah sich nicht in der Lage, die Beschwerdeberechtigung der Bundesministerin für Inneres - wie von der belangten Behörde angeregt - "im gegenständlichen Fall (unter sinngemäßer Einbeziehung des in § 1295 Abs. 2, zweitem Fall, ABGB, ausgedrückten ... Grundgedankens) zu verneinen", wenngleich der belangten Behörde darin beizupflichten ist, dass ein gesetzmäßiges Vorgehen des Bundesasylamtes Bescheiden der hier vorliegenden Art vorgebeugt und Beschwerden dagegen erübrigt hätte.

Was die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers anlangt, so ergibt sich - ebenfalls im Gegensatz zu der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsauffassung - aus dem Umstand, dass das Bundesasylamt, wie die belangte Behörde darlegt, inzwischen mit der Erlassung eines neuen Bescheides säumig sei und sich der Zweitbeschwerdeführer mit einem Devolutionsantrag an die belangte Behörde wenden könnte, nicht die Unzulässigkeit der (weiteren) Beschwerdeführung vor dem Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die rechtswidrige Kassation des erstinstanzlichen Bescheides vom 28. Jänner 2002.

Von der vom Zweitbeschwerdeführer beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abzusehen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 30. Juni 2005

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejaht Parteistellung Parteienantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004200049.X00

Im RIS seit

29.07.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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