Index
E000 EU- Recht allgemein;Norm
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des AL in A, Deutschland, vertreten durch Dr. Stefan Hornung, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hellbrunnerstraße 11/2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 5. Dezember 2000, Zl. uvs- 2000/8/030-2, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen. Im Übrigen, also hinsichtlich des Ausspruches über die verhängte Strafe und die diesbezüglichen Kosten des Berufungsverfahrens, wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten LKWs mit Anhänger am 17. Jänner 2000 von Deutschland kommend eine ökopunktpflichtige Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich nach Italien durchgeführt und dabei weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular noch eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt, wie bei einer Kontrolle durch Bedienstete der Zollwachabteilung Kufstein/MÜG am 17. Jänner 2000 um 15.00 Uhr beim Autobahnkilometer 34 im Gemeindegebiet von Gries am Brenner festgestellt worden sei; ein Ecotag-Gerät sei nicht mitgeführt worden.
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 i. V.m. Art. 1 Abs. 1 lit. a und Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 begangen. Über ihn wurde eine Geldstrafe von S 20.000,-- (EUR 1.453,46), Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage, verhängt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass das Ladegut von Borstendorf, Deutschland, nach Azzano San Paolo, Italien zu liefern gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe eine Transitfahrt durchgeführt und dabei weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular noch eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt und auch kein Ecotag-Gerät mitgeführt.
In der dagegen gerichteten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Fahrer eines Lastkraftwagens hat im Hoheitsgebiet Österreichs gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 die nachstehend angeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:
"a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular
oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von
Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als
"Ökokarte" bezeichneten Bestätigung ist im Anhang A enthalten; oder
b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches
Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als "Umweltdatenträger" ("Ecotag") bezeichnet wird; oder
c) die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder
d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist ..."
Soweit das Fahrzeug keinen Umweltdatenträger benutzt, wird nach Art. 2 Abs. 1 der genannten Verordnung die erforderliche Anzahl von Ökopunkten auf die Ökokarte aufgeklebt und entwertet. Die Ökopunkte sind durch die Unterschrift so zu entwerten, dass sich der Schriftzug sowohl auf die Ökopunkte als auch auf das die Ökopunkte tragende Blatt erstreckt. Anstelle einer Unterschrift kann auch ein Stempel verwendet werden.
Nach Art. 4 sind die Ökopunkte zwischen dem 1. Januar des Zuteilungsjahres und dem 31. Januar das darauf folgenden Jahres gültig.
Der Beschwerdeführer lässt in der Beschwerde unbestritten, dass er eine ökopunktpflichtige Transitfahrt durchgeführt habe. Er macht geltend, dass das Ecotag-Gerät nach der Reparatur der Windschutzscheibe nicht mehr im Fahrzeug gewesen sei und er nach Rücksprache mit seinem Arbeitgeber nach München kommen hätte sollen, um ein neues Ecotag-Gerät abzuholen. Dieser Aufforderung sei er aus Zeitmangel nicht nachgekommen. Er habe von seinem Arbeitgeber die Information erhalten, dass sich eine Ökokarte mit den erforderlichen Ökopunkten im LKW befinde. Er habe sich auch hievon überzeugt, allerdings nicht bemerkt, dass die Ökopunkte nicht mehr gültig gewesen seien. Dies könne ihm allerdings nicht als Verschulden zur Last gelegt werden, weil zwar das Jahr 1998 auf den Ökopunkten aufgedruckt gewesen sei, jedoch kein weiterer Hinweis auf den Ablauf der Gültigkeit gegeben werde. Auch aus rechtspolitischen Gründen sei eine Bestrafung nicht notwendig, weil ja nicht bereits verbrauchte Ökopunkte verwendet worden seien. Zweck einer allfälligen Strafverfolgung könne wohl nur der sein, Transitfahrten ohne Entrichtung von Ökopunkten zu verhindern und damit den Transit einzudämmen. Im gegenständlichen Fall seien aber Ökopunkte vorgelegen, die den Beschwerdeführer ohne weiteres berechtigt hätten, die Fahrt einige Monate früher durchzuführen. Das Transitaufkommen habe sich daher insgesamt nicht verändert. Auch aus diesem Grund sei eine Bestrafung nicht angezeigt.
Nach den Feststellungen der belangten Behörde hat der Beschwerdeführer Ökopunkte verwendet, deren Gültigkeitsdauer zum Zeitpunkt der von ihm durchgeführten Transitfahrt bereits ein Jahr abgelaufen war. Angesichts des auf den Ökopunkten befindlichen klar erkennbaren Aufdruckes "Ökopunkt 1998" hätte aber ein durchschnittlich aufmerksamer Fahrer eines Lastkraftwagens als Normadressat für die Erfüllung der Pflicht zu Entrichtung von Ökopunkten zumindest Zweifel an der Gültigkeit der vorhandenen Ökopunkte haben müssen. Bei dieser Sach- und Rechtslage ist es daher unerheblich, ob die Ökopunkte - wie der Beschwerdeführer behauptet - vorher noch bei keiner anderen Transitfahrt verwendet wurden; von einem mangelnden Verschulden des Beschwerdeführers an der Nichtentrichtung der Ökopunkte kann somit keine Rede sein.
Aus dem Spruch des Berufungsbescheides geht auch eindeutig hervor, dass das angefochtene erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt, jedoch insoweit ergänzt wurde, als an die Wendung "festgestellt wurde." nach Ersetzen des Punktes durch einen Strichpunkt die Wendung "ein Ecotag-Gerät wurde nicht mitgeführt" angefügt wurde. Die Begründung zur Ergänzung des Spruches um das Fehlen des Ecotag-Gerätes findet sich in der im Berufungsbescheid wiedergegebenen Aussage des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer ist daher nicht im Recht, wenn er meint, die im Spruch des angefochtenen Bescheides vorgenommene Tatumschreibung verstoße gegen § 44a Z. 1 VStG. Der Verwaltungsgerichtshof vermag keinen derartigen Mangel, der im Übrigen vom Beschwerdeführer nicht näher konkretisiert wurde, zu erkennen. Gleiches gilt für den vom Beschwerdeführer behaupteten, aber ebenfalls nicht näher ausgeführten Begründungsmangel hinsichtlich des von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Sachverhaltes.
Dennoch liegt eine - vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende - inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor. Mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2001, G 181/01 u. a., kundgemacht am 8. Februar 2002 im BGBl. I Nr. 37, stellte der Verfassungsgerichtshof fest, dass die Wortfolge "und Z 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs. 2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593, in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, verfassungswidrig war. Der Verfassungsgerichtshof sprach mit diesem Erkenntnis gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG weiters aus, dass diese Bestimmung "insofern nicht mehr anzuwenden" ist, "als sie sich auf die Z 8 bezieht". Auch der Verwaltungsgerichtshof hat diese Bestimmung daher nicht mehr anzuwenden, sodass eine maßgebliche gesetzliche Grundlage für die Bestrafung des Beschwerdeführers im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren weggefallen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2002, Zl. 2001/03/0002, mwN).
Der angefochtene Bescheid war daher in dem Spruch genannten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 1. Juli 2005
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild) Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verwaltungsstrafrecht Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2 Spruch der Berufungsbehörde Ergänzungen des Spruches der ersten InstanzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2001030061.X00Im RIS seit
02.08.2005