TE OGH 1986/6/19 7Ob599/86

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Veröffentlicht am 19.06.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Matthias S***, Architekt, Eisenstadt, Hauptstraße 6, vertreten durch Dr. Peter Kisler und DDr. Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien

1. Dipl.Ing. Johann O***, Stadtbaumeister, Wien 6., Amerlingstraße 17, und 2. NIO-P***, Allgemeine Bauplanungsgesellschaft mbH, Wien 6., Amerlingstraße 17, beide vertreten durch Dr. Franz Schneider und Dr. Graham Schneider, Rechtsanwälte in Wien, wegen 2,604.888,37 S s.A., infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 25. April 1986, GZ. 2 R 70/86-12, womit infolge Rekurses der N***

A*** B*** MBH, Wien 6., Amerlingstraße 17,

der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 10. März 1986, 10 Cg 114/85-7, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrte als Honorar für Planungsarbeiten von Dipl.Ing. Johann O*** und der NIO-PLAN Allgemeine Bauplanungsgesellschaft, beide Wien 6., Amerlingstraße 17, 2,604.888,37 S samt Anhang. Nachdem, die Zweitbeklagte die in der Klagebeantwortung ihren vollen Firmenwortlaut, nämlich NIO-PLAN Allgemeine Bauplanungsgesellschaft mbH anführte, mangelnde Passivlegitimation eingewendet hatte, änderte die Klägerin die Beibezeichnung der Zweitbeklagten in N***

A*** B*** MBH. Das Erstgericht ließ die Änderung der Parteibezeichnung zu, während das Rekursgericht den Antrag auf Änderung der Bezeichnung der Zweitbeklagten mit der Begründung abwies, durch dieses Vorgehen werde unzulässigerweise ein vorerst nicht geklagtes Rechtssubjekt in das Verfahren hineingezogen.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Klägerin gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht gerechtfertigt.

Richtig ist, daß der Oberste Gerichtshof stets den Standpunkt vertreten hat, bei der Prüfung der Frage, ob eine bloße Änderung der Parteienbezeichnung oder eine Änderung der Parteien vorliege, sei eher großzügig vorzugehen. Er hat eine bloße Änderung der Parteibezeichnung in den Fällen erblickt, in denen der als Partei gemeinte Rechtsträger eindeutig aus der Klage hervorgegangen ist, die unkorrekte Parteibezeichnung aber zufällig auf eine eindeutig nicht gemeinte andere Person gepaßt hat, etwa auf den gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter des als Partei angesprochenen Rechtsträgers (4 Ob 12, 13/78, SZ 19/186 ua.). Die in diesen Entscheidungen ausgedrückte Auffassung sollte in dem neu geschaffenen Absatz 5 des § 235 ZPO festgeschrieben werden. Sie entspricht wesentlich besser als eine streng formale Auffassung von der Parteibezeichnung der Verfahrensökonomie dem Grundsatz, daß mit geringsten Mitteln ein möglichst großer Erfolg erreicht werden soll und bewahrt auch den Kläger vor andernfalls drohenden Schäden durch Fristversäumung. Die nunmehr ausdrücklich vorgesehene Bezugnahme auf den gesamten Inhalt der Klage sowie das Erfordernis, daß die tatsächlich klagende oder beklagte Partei in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise erkennbar sein müssen, folgt der Entscheidung 4 Ob 12, 13/78 (ÖBl. 1985/82). Nach wie vor liegt jedoch eine bloße Berichtigung nur dann vor, wenn die Bezeichnung des als Partei genannten Rechtssubjektes geändert wird, ohne daß dadurch an die Stelle des bisher als Partei angesehenen und als Partei behandelten Rechtssubjektes ein anderes Rechtssubjekt treten soll. Eine Parteiänderung ist hingegen dann anzunehmen, wenn anstelle des bisher als Partei bezeichneten Rechtssubjektes ein anderes Rechtssubjekt in den Rechtsstreit einbezogen werden soll. Als Prozeßpartei ist dabei diejenige Person anzusehen, deren Parteistellung sich aus dem Vorbringen und aus dem Begehren der Klage klar und deutlich ergibt (RZ 1977, 211, SZ 42/146, SZ 44/174, 2 Ob 569/86 ua.). Daran hat auch die Zivilverfahrens-Novelle nichts geändert (7 Ob 591/85).

Im vorliegenden Fall ergibt sich, daß im Handelsregister nach wie vor sowohl eine Firma NIO-PLAN Allgemeine Bauplanungsgesellschaft mbH als auch eine Firma

N*** A*** B*** mbH

eingetragen sind. Es ist also keineswegs so, wie der Rekurswerber behauptet, daß die erstgenannte Firma in die zweitgenannte übergegangen ist. Eine Rechtsnachfolge wurde im Verfahren erster Instanz auch gar nicht behauptet. Wurde also die NIO-PLAN Allgemeine Bauplanungsgesellschaft mbH geklagt, so stellt die Änderung der Bezeichnung auf N*** A***

B*** mbH nicht eine bloße Richtigstellung der Parteienbezeichnung sondern eine Parteiänderung dar, weil anstelle eines bestehenden und geklagten Rechtssubjektes ein anderes Rechtssubjekt in das Verfahren einbezogen würde. Ein derartiger Vorgang ist auch nach der derzeitigen Gesetzeslage unzulässig. Es ist richtig, daß für die Beurteilung der Frage, wer ursprünglich als Beklagter in Anspruch genommen werden sollte, nicht bloß die Angaben im Kopf des Schriftsatzes, sondern der gesamte Inhalt der Klageschrift heranzuziehen sind (6 Ob 685/84 ua.). Auch unter Berücksichtigung dieses Umstandes gelangt man hier jedoch zu keinem anderen Ergebnis als die angefochtene Entscheidung. Aus dem gesamten Inhalt der Klage ist nicht der geringste Hinweis darauf zu entnehmen, daß als Schuldner eine N*** A***

B*** mbH in Frage kommen könnte. Auch die

vorgelegten Rechnungen lassen dies nicht erkennen, weil in ihnen überall das für die Bezeichnung der ursprünglich geklagten Firma wesentliche Wort "NIO-PLAN" aufscheint. Es muß daher nicht mehr geprüft werden, inwieweit das bloße Anschließen von Urkunden für sich allein eine eindeutig auf ein bestimmtes Rechtssubjekt hinweisende Bezeichnung als klar im Sinne der oben aufgezeigten Grundsätze erkennen lassen könnte.

Auch der Umstand, daß in der Klage die Firma der NIO-PLAN Allgemeine Baugesellschaft mbH insoweit nicht vollständig genannt worden ist, als die Buchstaben "m.b.H." fehlten, spielt keine Rolle. Wer als beklagte Partei anzusehen ist, ist an Hand der vom Gesetz geforderten Angaben in der Klage unter Berücksichtigung des gesamten Inhaltes der Klageschrift objektiv zu bestimmen. Dem durch diese Angaben nicht gedeckten Willen der klagenden Partei kommt keine Bedeutung zu (7 Ob 591/85 ua.). Es mag nun dahingestellt bleiben, inwieweit das bloße Weglassen der Buchstaben "m.b.H." die in der Klage genannte Firma NIO-PLAN Allgemeine Bauplanungsgesellschaft berechtigt hätte, eine Annahme der Klage zu verweigern oder nicht. Jedenfalls deutete die in der Klage gewählte Bezeichnung schon im Hinblick auf die besonders spezifische Kombination "NIO-PLAN" derart eindeutig auf die Firma NIO-PLAN Allgemeine Bauplanungsgesellschaft mbH hin, daß nach dem gesamten Inhalt der Klage nur diese Gesellschaft Beklagte sein konnte. Tatsächlich hat auch der Geschäftsführer dieser Firma die Klage in diesem Sinn verstanden und sich als deren Vertreter am Verfahren beteiligt. Für die Einbeziehung der N*** A***

B*** mbH bestand nach den Klagsangaben überhaupt

keine Handhabe. Mit Recht hat daher das Rekursgericht die Klage als gegen die NIO-PLAN Allgemeine Bauplanungsgesellschaft mbH gerichtet gewertet, weshalb die begehrte "Richtigstellung" der Parteibezeichnung in Wahrheit eine versuchte, nicht zulässige Parteiänderung darstellt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E08444

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0070OB00599.86.0619.000

Dokumentnummer

JJT_19860619_OGH0002_0070OB00599_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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