TE OGH 1986/7/31 9Os108/86

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Veröffentlicht am 31.07.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Juli 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta, Dr.Horak, Dr.Lachner und Dr.Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Weitzenböck als Schriftführer in der Strafsache gegen Herbert Anton S*** wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12. Feber 1986, GZ 3 d Vr 7061/85-28, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufungen wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Herbert Anton S*** des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Darnach hat er ein ihm anvertrautes Gut in einem 100.000 S übersteigenden Wert, nämlich ihm als Autoverkäufer der Firma Reifen S*** Handelsgesellschaft m.b.H. von Kunden der genannten Firma übergebene Inkassobeträge, sich dadurch mit dem Vorsatz zugeeignet, sich unrechtmäßig zu bereichern, daß er die Geldbeträge nicht an seine Dienstgeberfirma abführte, sondern für sich behielt, und zwar

1. am 11. Feber 1984 den von Gerlinde L*** übernommenen Betrag von 32.800 S,

2. am 4. Juni 1984 den von Alfred N*** übernommenen Betrag von

74.712 S,

3. am 27. April 1984 den von Rosa C*** übernommenen Betrag von 60.000 S,

4. am 15. Mai 1984 den von Wolfgang S*** übernommenen Betrag von 100.000 S,

5. am 23. Juli 1984 den von Johann J*** übernommenen Betrag von 78.650 S,

6. am 10. September 1984 den von Gabriele G*** übernommenen Betrag von 81.793 S,

7. am 1. Oktober und 16. November 1984 sowie am 21. Jänner 1985 die von Zivoslav M*** jeweils übernommenen Beträge von 5.000 S, 10.000 S und 14.000 S,

sowie

8. am 20. Dezember 1984 den von Werner K*** übernommenen Betrag von 100.000 S.

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. Den Verfahrensmangel (Z 4) erblickt er in der Abweisung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf Vernehmung des Zeugen Karl N*** jun. zum Beweis dafür, daß diesem von (dem damaligen geschäftsführenden Gesellschafter) Franz S*** ein PKW (Firmenwagen) verkauft worden sei, wobei "eine Rechnung auf einen Betrag ausgestellt wurde, die (gemeint: der) nicht dem tatsächlich bezahlten Betrag" entsprochen habe (S 229). Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab (S 231), aus der Aussage des Zeugen Franz S*** ergebe sich eindeutig, daß das in Rede stehende Firmenfahrzeug - möglicherweise tatsächlich an N*** - verkauft worden sei, und im Hinblick darauf, daß es sich um Anlagevermögen der Firma S*** handelte, angenommen werden könne, daß die hierüber ausgestellte Rechnung, wenngleich diese (derzeit) nicht aufgefunden werden konnte, auch verbucht worden sei. Den Urteilsgründen ist hiezu ergänzend zu entnehmen, daß das Erstgericht der Verantwortung des Angeklagten, Franz S*** und dessen Sohn Herbert S*** hätten Schwarzgeschäfte getätigt, von denen die (weiteren) Gesellschafter Johann S*** sen. und jun. nichts wissen durften, und es seien die zur Abwicklung der Schwarzgeschäfte erforderlichen Geldmittel dadurch beschafft worden, daß kassierte Rechnungsbeträge nicht an die Buchhaltung abgeliefert, sondern vom Angeklagten einbehalten bzw. an Herbert S*** übergeben worden seien, den Glauben versagte. Es hat die Verantwortung des einschlägig vorbestraften Angeklagten nicht nur unter Hinweis auf die für glaubwürdig erachteten, derartige Geschäftspraktiken "strikt in Abrede" stellenden Aussagen der Zeugen Franz und Herbert S*** sowie auf die Angaben der Zeugen Werner M*** (S 72), und Erich L*** (S 118), die "von solchen Schwarzgeschäften nichts wissen", sondern auch mit dem Argument als unrichtig abgelehnt (S 241), daß andernfalls das vom Angeklagten erklärte Anerkenntnis, seine Bereitschaft zur Schadensgutmachung, die hierauf tatsächlich geleisteten Zahlungen wie auch die Übergabe eines Verrechnungsschecks und des Typenscheins eines PKW (zur Besicherung der Forderung der Firma S***) völlig unverständlich wären (S 241, 238). Solcherart hat das Schöffengericht die bezügliche Verantwortung, die die Voraussetzung für die Erheblichkeit der begehrten Beweisaufnahme ist, mit durchaus denkrichtiger und mit den übrigen Verfahrensergebnissen im Einklang stehender Begründung abgelehnt. Versagt aber das Gericht - wie hier - mit unbedenklicher Begründung einem Angeklagten den Glauben an die Richtigkeit der von ihm aufgestellten Behauptung, so ist es nicht gehalten, Beweise aufzunehmen, für deren Erheblichkeit die Richtigkeit dieser als unglaubwürdig abgelehnten Behauptung Voraussetzung wäre (vgl. Mayerhofer/Rieder, StPO 2 E Nr 67 zu § 281 Z 4).

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge geht demnach fehl; es versagt aber auch die Mängelrüge (Z 5).

Die behauptete Unvollständigkeit der Urteilsgründe, die der Beschwerdeführer daraus abzuleiten sucht, daß das Erstgericht die Aussage des Zeugen Michael M*** unerörtert gelassen habe, wonach im Betrieb der Firma S*** über "Schwarzgeschäfte getuschelt" worden sei, liegt nicht vor. Denn das Schöffengericht hat gestützt auf die Aussage der Zeugen M*** und L*** sowie Franz und Herbert S*** und demnach mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, daß es der Darstellung des Angeklagten, es seien aus dem von ihm behaupteten "Schwarzgeldfonds" gebrauchte Fahrzeuge angekauft worden, den Glauben versagt. Da der Zeuge M*** - ein ehemaliger Mitarbeiter der Firma S*** - zudem lediglich bekundete, gerüchteweise von Schwarzgeschäften mit Autos gehört zu haben, im übrigen aber ausdrücklich erklärte, er wisse "nichts definitives über Schwarzgeschäfte, ihm sei eigentlich nichts bekannt" und er könne in diesem Zusammenhang auch keine Namen nennen (vgl. S 225 f), war eine gesonderte Erörterung dieses Teiles seiner Aussage im Interesse einer gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO gebotenen gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe jedenfalls nicht geboten.

Die (neben der primären Bezugnahme auf das Verhalten des Angeklagten unmittelbar nach seiner Beanstandung durch Franz S*** im Jänner 1985, wie auch auf die eingangs bezeichneten weiteren Verfahrensergebnisse nur - wie sich schon aus der Verwendung des Ausdrucks "Illustrationsfakten" ergibt - rein illustrativ) ergänzende Begründung des Erstgerichts, warum es die leugnende Verantwortung des Angeklagten trotz der von ihm ins Treffen geführten Geschäftsfälle "A***", "Z***" und "N***" als widerlegt ansah, ist - der insoweit eine unzureichende Begründung behauptenden Mängelrüge zuwider - im Zusammenhang der Entscheidungsgründe unmißverständlich als eine mit den Denkgesetzen und mit allgemeiner Lebenserfahrung durchaus im Einklang stehende beweiswürdigende Überlegung dahin zu verstehen, daß seine Behauptung, bei der Firma S*** habe ein Schwarzgeldfonds zur Finanzierung des Ankaufs von Gebrauchtwagen bestanden, nicht einmal durch die von ihm in diesem Zusammenhang ausdrücklich genannten (vgl. S 190) (drei) Geschäftsfälle gestützt werde.

Soweit der Beschwerdeführer aber eine Aktenwidrigkeit der Entscheidungsgründe daraus abzuleiten sucht, daß das Erstgericht der Sache nach (auch) von einem "Illustrationsfaktum N***" spreche, obwohl der Genannte gar nicht als Zeuge vernommen worden sei, verkennt er - abgesehen davon, daß dem Schöffengericht zu dem bezüglichen Geschäftsfall auch andere Beweisergebnisse (insbesondere in der Aussage des Zeugen Franz S***, der Einsichtnahme in das Verkaufsbuch (S 220 ff), aber auch in der Verantwortung des Angeklagten) zur Verfügung standen - das Wesen der in Rede stehenden Modalität eines Begründungsmangels; kann doch von einer Aktenwidrigkeit der Entscheidungsgründe nur dann gesprochen werden, wenn sie den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergeben.

Bei der - unter dem Aspekt einer weiteren

Aktenwidrigkeit - behaupteten (angeblichen) Unrichtigkeit der Wiedergabe der vom Angeklagten verfaßten (das Urteilsfaktum 8 betreffenden) Bestätigung (S 41) hinwieder geht der Beschwerdeführer mit seiner Behauptung, der Inhalt der in Rede stehenden Bestätigung, derzufolge er von Werner K*** "117.480 S in bar genommen", der Firma S*** jedoch mit Kassenbestätigung nur 17.480 S abgeliefert habe, könne die Feststellung nicht tragen, daß er den Betrag von 100.000 S tatsächlich "für sich behalten" habe, nicht von allen - eingangs wiedergegebenen - Urteilsprämissen aus, die für die Beurteilung der Schlußfolgerung des Gerichtes auf Denkrichtigkeit maßgeblich sind. Indem der Beschwerdeführer solcherart die für die Beurteilung der getroffenen Feststellung auf deren zureichende Begründung maßgeblichen Urteilsprämissen samt der hiezu gegebenen Begründung übergeht, bringt er die Mängelrüge nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung.

Gleiches gilt für die Rechtsrüge (Z 9 lit a), mit der der Angeklagte das Fehlen von Feststellungen zur subjektiven Tatseite behauptet; insoweit übergeht die Beschwerde nämlich jene Urteilspassagen, wonach der Angeklagte den Gesamtbetrag von 556.955 S nicht an seinen Dienstgeber abführte, sondern entgegen der mit diesem vereinbarten Ablieferungspflicht "für sich behielt und für private Zwecke verwendete" (S 236, 241). Solcherart ist die vom Beschwerdeführer vermißte Konstatierung, daß er bei der Überführung der (einzelnen) Geldbeträge in sein freies Vermögen jeweils mit Zueignungsvorsatz und der (weiteren) Tendenz handelte, sich durch die Zueignung der anvertrauten Geldbeträge unrechtmäßig zu bereichern, nicht bloß dem Urteilsspruch (S 234), sondern auch den Entscheidungsgründen insgesamt in ihrem Sinnzusammenhang völlig unmißverständlich zu entnehmen. Mit seinem weiteren als Rechtsrüge deklarierten Vorbringen schließlich greift der Angeklagte offenkundig auf die Ausführungen zur Mängelrüge zurück, indem er ein Handeln mit Veruntreuungsvorsatz in Abrede stellt. Damit setzt sich die Rüge jedoch in Widerspruch zu den gegenteiligen Urteilskonstatierungen und ist daher - mangels Festhaltens an den Sachverhaltsfeststellungen des Schöffengerichts - gleichfalls nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO) und teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§§ 285 d Abs 1 Z 1, 285 a Z 2 StPO) schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen. Über die Berufungen hingegen wird gesondert bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung abgesprochen werden (§ 296 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E09444

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0090OS00108.86.0731.000

Dokumentnummer

JJT_19860731_OGH0002_0090OS00108_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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