TE OGH 1987/2/10 2Ob515/86

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Veröffentlicht am 10.02.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***

S***, Leibnitz, Hauptplatz 22, vertreten durch Dr. Leo Häusler, Rechtsanwalt in Leibnitz, wider die beklagte Partei Günther S***, Kaufmann, Hausmannstätten, Grünfeldsiedlung 30, vertreten durch Dr. Gottfried Eisenberger, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 310.101,-- s. A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 16. Oktober 1985, GZ 4 R 167/85-37, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Endurteil des Landes- als Handelsgerichtes Graz vom 24. Juni 1985, GZ 15 Cg 51/83-32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte hat der klagenden Partei die mit S 11.726,25 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 978,75 Umsatzsteuer und S 960,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Nach den unterinstanzlichen Feststellungen hat die klagende Partei der Firma E***Installationstechnik Ges.m.b.H. & Co. KG am 3.6.1982 einen Kontokorrentkredit von S 400.000,-- bis 31.12.1982 zugesagt, welcher von dieser in der Folge voll ausgenützt wurde. Gesellschafter der Kreditnehmerin waren zum Zeitpunkt der Kreditzusage Alois und Edda L***, Herbert U*** und der Beklagte als Kommanditisten sowie die E***Installationstechnik Ges.m.b.H. als Komplementär. Zum Zeitpunkt der Errichtung der Kommanditgesellschaft war der Beklagte Geschäftsführer des Komplementärs. Diese Geschäftsführungsbefugnis ging mit Generalversammlungsbeschluß des Komplementärs vom 21.5.1982, handelsgerichtlich registriert am 28.5.1982, auf Alois und Edda L*** sowie Edeltraud S*** über, wobei nun je zwei Geschäftsführer kollektivvertretungsbefugt waren. Hinsichtlich des zugesagten und in Anspruch genommenen Kredites bürgten Alois und Edda L*** sowie der Beklagte gemäß § 1357 ABGB für die Rückzahlung. Seit 31.12.1982 haftet ein Betrag von S 410.101,-- aus, den die klagende Partei der Firma E***Installationstechnik Ges.m.b.H. & Co. KG sowie dem Beklagten als Solidarbürgen gegenüber zur Rückzahlung fälligstellte.

Mit der vorliegenden Klage wird die Haftung des Beklagten für den offenen Kreditbetrag in Anspruch genommen.

Der Beklagte anerkannte einen Teilbetrag von S 100.000,--. Im übrigen beantragte er die Klagsabweisung mit der Begrüdnung, die Wirksamkeit seiner Bürgschaft sei davon abhängig gemacht worden, daß alle vorgesehenen Mitbürgen die Bürgschaft tatsächlich übernähmen. Herbert U*** habe aber keine Bürgschaft geleistet, weshalb die Auszahlung des Kredites durch die klagende Partei vereinbarungswidrig erscheine. Überdies sei der Kreditvertrag für die Kreditnehmerin von ihm unterzeichnet worden, obwohl er gar nicht mehr deren Geschäftsführer gewesen sei, von welchem Umstand die klagende Partei Kenntnis gehabt habe. Durch die vereinbarungswidrige Vorgangsweise der klagenden Partei sei der Beklagte um seinen Regreßanspruch gegenüber Herbert U*** gekommen, den diesbezüglichen Schaden von S 100.000,-- wende er aufrechnungsweise als Gegenforderung ein.

Das Erstgericht gab der Klage nach Fällung eines Teilanerkenntnisurteiles über S 100.000,-- mit Endurteil unter Verneinung der Gegenforderung statt. Es stellte den auf den Seiten 6 bis 10 seiner Entscheidung enthaltenen Sachverhalt fest. In seiner rechtlichen Beurteilung verwies es auf die Bestimmung des § 1357 ABGB, wonach derjenige, der sich als Bürge und Zahler verpflichte, als ungeteilter Mitschuldner für die Gesamtschuld hafte und es von der Willkür des Gläubigers abhänge, ob er zuerst den Hauptschuldner oder den Bürgen oder beide zugleich in Anspruch nehme. Bei der zum Abschluß des gegenständlichen Kreditvertrages führenden Besprechung sei nicht die Rede davon gewesen, daß der Beklagte die Bürgschaft nur übernehme, wenn alle anderen, also auch Herbert U***, dies täten. Aus den Beweisergebnissen gehe eindeutig hervor, daß gerade auch der Beklagte auf die Auszahlung des Kredites gedrängt habe. Das Berufungsgericht hielt weder die geltend gemachten Berufungsgründe der Aktenwidrigkeit und unrichtigen und mangelhaften Tatsachenfeststellung sowie unrichtigen Beweiswürdigung noch den Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung für gegeben. Der Beklagte habe selbst ausgesagt, daß er nicht erwartet habe, U*** würde als Bürge unterzeichnen. Er selbst habe aber dennoch den Kreditvertrag als Bürge unterfertigt und auch der Kreditauszahlung, die ihm nach eigenen Worten schon innerhalb der nächsten 14 Tage bekannt geworden sei, widerspruchslos zugesehen, ohne sich zu vergewissern, ob U*** als Bürge unterzeichnet habe. Im übrigen erschienen allfällige interne Abmachungen unter den Bürgen für das Außenverhältnis rechtlich bedeutungslos, sodaß kein Feststellungsmangel vorliege.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Berufungsgericht aus, die Einwendung einer durch die Mitwirkung des Herbert U*** bedingten Bürgschaftserklärung sei im Beweisverfahren ohne Grundlage geblieben. Wenn der Beklagte bei Abgabe seiner Unterschrift als Bürge eine solche nach außen nicht zum Ausdruck gebrachte Absicht gehabt habe, so sei dies für den Vertragsinhalt unerheblich. Daß er nur quotenmäßig hafte, habe er gar nicht behauptet. Seinem Einwand, der Kreditvertrag sei nicht firmenmäßig gezeichnet worden, komme keine Berechtigung zu. Für die Kreditnehmerin sei als Geschäftsführer die Komplementärgesellschaft aufgetreten und für diese deren Geschäftsführer. Dies seien nach dem 21.5.1982, also am 3.6.1982 bei der Kreditaufnahme, Alois und Edda L*** sowie Edeltraud S*** gewesen. Der Gesellschafterbeschluß vom 21.5.1982 habe eine Kollektivvertretungsbefugnis durch jeweils zwei Geschäftsführer vorgesehen. Sowohl Alois als auch Edda L*** hätten den Kreditvertrag unterzeichnet, ersterer als Geschäftsführer und als persönlicher Bürge, Edda L*** jedenfalls als Bürgin. Ob ihre Unterschrift ebenfalls als die einer Geschäftsführerin hätte wirken sollen, wäre bei der diesbezüglich unklaren Vertragstextierung zu erörtern gewesen. Eine Klärung dieser Frage könne aber unterbleiben, weil jedenfalls feststehe, daß Edda L*** die Verhandlungen zur Krediterlangung mit der klagenden Partei geführt und von dieser Kreditaufnahme der von ihr vertretenen Gesellschaft somit gewußt habe, also dieser Krediteinräumung nicht nur nicht widersprochen, sondern sie selbst herbeigeführt habe. Damit habe sie zweifellos konkludent ihre Zustimmung zum Vertragsabschluß gegeben. Das Schuldverhältnis, welches der mit der vorliegenden Klage in Anspruch genommenen Bürgschaft des Beklagten zugrundeliege, sei somit wirksam zustandegekommen, obschon allenfalls keine firmenmäßige Fertigung des Kreditvertrages erfolgt sei.

Rechtliche Beurteilung

In der Revision führt der Beklagte zunächst aus, er könne wegen des nur bedingt zustandegekommenen Bürgschaftsvertrages nicht für die Schuld der Kreditnehmerin in Anspruch genommen werden. Dieses Vorbringen steht in Widerspruch zu den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen und ist daher unbeachtlich.

Im weiteren bekämpft der Revisionswerber die berufungsgerichtliche Rechtsansicht, der Kreditvertrag sei trotz allenfalls mangelnder firmenmäßiger Fertigung wirksam zustandegekommen. Er meint, Alois und Edda L*** hätten nur als Bürgen und nicht als zeichnungsberechtigte Geschäftsführer der Gesellschaft unterfertigt. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Nach dem Inhalt der Kreditvereinbarung ./B wurde diese von seiten der Kreditnehmerin, d.i. der E***Installationstechnik Ges.m.b.H. & Co. KG in Raaba, derart unterzeichnet, daß unterhalb der Angabe "E***Installationstechnik Ges.m.b.H. & Co. KG (E*** Installationstechnik Ges.m.b.H.)" Alois L*** und Günther S*** (= der Beklagte), in der Zeile darunter sodann, ohne nähere Angabe der Eigenschaft, Edda L*** und schließlich wiederum, ebenfalls ohne nähere Angabe, der Beklagte unterzeichneten, während die letzte, für Herbert U*** vorgesehene Kolonne frei blieb. Daran, daß Alois L*** als Geschäftsführer unterzeichnete, kann im Hinblick auf die Stelle, an der er unterschrieb, somit kein Zweifel bestehen.

Da zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme - die Kreditvereinbarung ist mit

3.6.1982 datiert - Alois und Edda L*** vertretungsbefugte

Geschäftsführer waren, ist im Sinne der berufungsgerichtlichen

Ausführungen aber auch davon auszugehen, daß Edda L*** diese

Kreditaufnahme, für welche sie sich durch ihre Unterschrift im Sinne

des Punktes 3. des Vertrages persönlich verbürgte, für die von ihr

vertretene Gesellschaft jedenfalls billigte. Sind zwei

Geschäftsführer kollektiv zeichnungsberechtigt, dann genügt

grundsätzlich eine stillschweigende Genehmigung durch den zweiten

Geschäftsführer für die Wirksamkeit des Geschäftes (4 Ob 534/72 = HS

8471 = Ges.RZ 1973, 83; EvBl. 1976/272). Durch die Anwesenheit bei

der Kreditaufnahme und das nachträgliche Verhalten von Edda L*** ist eine solche Genehmigung erfolgt. Selbst wenn der Kreditvertrag nicht durch zwei vertretungsbefugte Geschäftsführer - weil von Edda L*** nur als Bürge - unterzeichnet worden wäre, würde somit ein rechtswirksamer, weil eben von beiden berufenen Geschäftsführern gebilligter Kreditvertrag zustandegekommen sein. Grundsätzlich ist darauf zu verweisen, daß der Dritte ungeachtet des Bestehens einer kollektivvertraglichen Zeichnungsbefugnis zu schützen ist, wenn hervorkommt, daß der ihm gegenüber Auftretende ohnehin die Zustimmung des Mitvertretungsbefugten hatte (1 Ob 124/70, 4 Ob 164/85).

Die Voraussetzung jeder Bürgschaft, nämlich das Bestehen der verbürgten Hauptschuld (SZ 56/21; 3 Ob 185/73; 3 Ob 53/73 ua), ist hier demnach erfüllt. Der Beklagte, der den Kreditvertrag als Bürge gemäß § 1357 ABGB unterfertigte, ist daher persönlich zur Zahlung verpflichtet.

Demgemäß war der Revision nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E10120

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0020OB00515.86.0210.000

Dokumentnummer

JJT_19870210_OGH0002_0020OB00515_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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