Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Vogel, Dr.Kropfitsch und Dr.Zehetner als Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 27.November 1971 verstorbenen Franz O*** infolge Revisionsrekurses des erbserklärten Erben Helmut O***, Landwirt, Rauscherweg 1, 9372 Eberstein, vertreten durch Dr. Franz Großmann, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 11.November 1986, GZ 3 R 249/86-244, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes St. Veit an der Glan vom 20.Juni 1986, GZ A 118/78-238, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Franz O*** verstarb am 27. November 1971 unter
Hinterlassung dreier volljähriger Kinder, nämlich der Söhne Helmut und Reinhold O*** und der Tochter Ingeborg T***. In einer letztwilligen Verfügung vom 6.Mai 1969, die von den Beteiligten übereinstimmend als Kodizill angesehen wurde, hatte er verschiedene Legate angeordnet. Am 28.Juni 1974 gab Helmut O*** auf Grund des Gesetzes die bedingte Erbserklärung ab, die mit Beschluß des Erstgerichtes vom 7.August 1974 zu Gericht angenommen wurde (Bd II ON 94 und 98). Widersprechende Erbserklärungen liegen nicht vor. Die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft im Sinne des § 145 AußStrG wurde dem erbserklärten Erben nicht überlassen. Es wurde vielmehr mit Beschluß des Erstgerichtes vom 28.September 1972 zunächst Ing. Walter K*** zum Verlassenschaftskurator bestellt (Bd I ON 33); mit Beschluß vom 15. Februar 1982 wurde Ing. K*** dieses Amtes enthoben (Bd III ON 152) und mit Beschluß vom 1.Juli 1982 Dr. Ulrich S*** zum Verlassenschaftskurator mit dem in den Bestimmungen der §§ 129, 145 AußStrG umschriebenen Wirkungskreis bestellt (Bd III ON 179). Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 2. April 1975 wurde unter anderem Helmut O*** "zur
Feststellung der Verminderung der Pflichtteile und Vermächtnisforderungen gemäß § 2 Abs. 2 Z 7 AußStrG auf den Zivilrechtsweg verwiesen", weil der Nachlaß zur Abdeckung der Legate, der Pflichtteile und der Schulden sowie der Kosten des Abhandlungsverfahrens unzureichend sei. Der erbserklärte Erbe habe daher zwecks Minderung der Legate den Zivilrechtsweg zu betreten (Bd II ON 105). Mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 17. Dezember 1979, 16 Cg 81/77-16, wurde die Verlassenschaft nach Franz O*** schuldig erkannt, dem Reinhold O*** die ihm vermachten Liegenschaften EZ 8, 34 und 35 KG Eberstein herauszugeben. Dieses Urteil wurde rechtskräftig. Auf Grund dieses Urteiles wurde am 30.September 1980 das Eigentumsrecht des Reinhold O*** ob den genannten Liegenschaften einverleibt.
Am 18. April 1986 stellte der erbserklärte Erbe beim Erstgericht den Antrag, dem Verlassenschaftskurator aufzutragen, "gemäß § 693 ABGB im Klagswege gegen den Legatar Reinhold O*** vorzugehen, um so sicherzustellen, daß er in den Verlaß seine Pflichtteilsbeträge leistet, die auf seine Legate und seine ihm geschenkten Liegenschaften entfallen". Sachlich wurde dieser Antrag im wesentlichen damit begründet, daß es von Seiten des seinerzeitigen Verlassenschaftskurators Ing. K*** und seines Rechtsvertreters verabsäumt worden sei, im Verfahren 16 Cg 81/77 des Landesgerichtes Klagenfurt gegenüber Reinhold O*** das Kürzungsrecht nach § 692 ABGB geltend zu machen. Auch der nunmehrige Verlassenschaftskurator Dr. S*** habe es bisher verabsäumt, Schritte im Sinne des § 693 ABGB zu unternehmen, was deswegen erforderlich sei, weil es seinerzeit verabsäumt worden sei, § 692 ABGB anzuwenden. Die Verlassenschaft sei vermögenslos, weil es seinerzeit verabsäumt worden sei, im Verfahren 16 Cg 81/77 des Landesgerichtes Klagenfurt das Kürzungsrecht nach § 692 ABGB gegen Reinhold O*** geltend zu machen. Das Verlassenschaftsgericht werde den derzeitigen Verlassenschaftskurator aufzufordern haben, nach § 693 ABGB tätig zu werden, um sicherzustellen, daß der Legatar Reinhold O*** nicht noch länger ungerechtfertigt bereichert sei (Bd IV ON 234).
Das Erstgericht wies diesen Antrag des erbserklärten Erben ab. Es begründete seine Entscheidung im wesentlichen damit, daß Helmut O*** schon ab dem Zeitpunkt, zu dem er zur Feststellung der Verminderung der Pflichtteile und der Legatsforderungen gemäß § 2 Abs. 2 Z 7 AußStrG auf den Zivilrechtsweg verwiesen worden sei (Beschluß vom 2.April 1975, Bd II ON 105), die Möglichkeit gehabt habe, im Klagswege gemäß § 692 ABGB gegen Reinhold O*** vorzugehen. Derzeit sei kein Nachlaßvermögen mehr vorhanden, das durch einen Nachlaßkurator zu verwalten sei. Der zuletzt bestellte Verlassenschaftskurator sei bisher nur deswegen nicht seines Amtes enthoben worden, weil noch über seine Gebührenansprüche zu entscheiden sei und noch Prozeßkosten im Namen der Verlassenschaft hereinzubringen seien. Da Helmut O*** als erbserklärter Erbe selbst legitimiert sei, mit Klage nach § 693 ABGB gegen Reinhold O*** vorzugehen, bestehe kein Anspruch darauf, den Verlassenschaftskurator mit einer solchen Klagsführung zu betrauen. Dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs des erbserklärten Erben gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß keine Folge.
Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, der erbserklärte Erbe gehe ebenso wie das Erstgericht davon aus, daß die Verlassenschaft derzeit vermögenslos sei. Im Gegensatz zum Sachstand am 2.April 1975, als Helmut O*** zur Feststellung der Verminderung der Pflichtteile und der Vermächtnisforderungen auf den Rechtsweg verwiesen worden sei, habe nunmehr der Legatar Reinhold O*** das ihm ausgesetzte Vermächtnis bereits empfangen. Im Hinblick auf diese Änderung der Sachlage brauche auf die Frage der Bindungswirkung dieses rechtskräftigen Verweisungsbeschlusses nicht eingegangen zu werden. Es komme nunmehr auch nicht der Fall des § 692 ABGB, sondern jener des § 693 ABGB in Betracht. In den §§ 690 bis 693 ABGB würden Rechte der Erben behandelt. Es treffe zwar zu, daß dann, wenn anstelle des Erben ein Verlassenschaftskurator den Nachlaß verwalte, diesem auch die Kürzung nach § 692 ABGB obliege. Bei dem Beitragsanspruch nach § 693 ABGB gegen Legatare, die ihre Vermächtnisse bereits empfangen haben, handle es sich jedoch um einen besonderen Kondiktionsanspruch des Erben, nicht aber der durch einen Kollisionskurator vertretenen Verlassenschaft. Die Verlassenschaft sei Subjekt der vererblichen Rechte und Pflichten des Erblassers. Der Kondiktionsanspruch gegen Legatare nach § 693 ABGB gehöre nicht zu den Rechten und Pflichten des Erblassers und stelle keine Aktivforderung des Nachlasses dar. Es müsse dem Erben überlassen bleiben, ob er einen solchen Anspruch gegen Vermächtnisnehmer geltend machen wolle oder nicht. Der Verlassenschaftskurator sei nicht Vertreter von Beteiligten im Abhandlungsverfahren, sondern der vom Gericht bestellte Vermögensverwalter und Vertreter des Nachlasses. In den mit den §§ 129, 145 AußStrG umschriebenen Wirkungskreis des vom Erstgericht bestellten Verlassenschaftskurators falle daher auch nicht die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 693 ABGB. Das Erstgericht habe es daher zu Recht abgelehnt, dem Verlassenschaftskurator aufzutragen, nach dieser Gesetzesstelle gegen den Legatar Reinhold O*** vorzugehen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des erbserklärten Erben Helmut O*** mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen im Sinne der Stattgebung seines im Verfahren erster Instanz gestellten Antrages abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Rechtsmittel ist unzulässig.
Gemäß § 16 Abs. 1 AußStrG findet gegen bestätigende Entscheidungen des Rekursgerichtes nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof statt. Der vom Rechtsmittelwerber allein geltend gemachte Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit liegt nicht vor. Er bezieht sich nach ständiger Rechtsprechung nur auf materiellrechtliche Unrichtigkeiten der Entscheidung (SZ 23/10; JBl. 1966, 152; EvBl. 1967/274 uva) und liegt nur dann vor, wenn die für die Entscheidung maßgebende Frage im Gesetz ausdrücklich und so klar geregelt ist, daß an der Absicht des Gesetzgebers nicht gezweifelt werden kann, trotzdem aber anders entschieden wurde (SZ 25/185; SZ 39/103; NZ 1970, 88 uva).
Die Frage, welche Rechte und Pflichten ein gerichtlich bestellter Kurator bei Erfüllung der ihm übertragenen Aufgabe hat, ist sicher dem materiellen Recht zuzuordnen (vgl. § 282 ABGB). Bezüglich des Verlassenschaftskurators im Sinne des § 78 AußStrG enthält § 129 AußStrG nähere Vorschriften, die seinen Aufgabenkreis regeln und beschränken und ihm allenfalls die Einholung der Genehmigung der Abhandlungsbehörde auferlegen. Gleichartige Regelungen enthält die Vorschrift des § 145 AußStrG. Eine ausdrückliche Gesetzesvorschrift, die das Gericht dazu verpflichtet, unter bestimmten Voraussetzungen dem bestellten Kurator bestimmte Anweisungen darüber zu erteilen, in welcher Weise er die ihm übertragenen Aufgaben zu erfüllen habe, besteht aber nicht, und zwar weder in den Vorschriften des AußStrG noch in jenen der §§ 269 ff ABGB über die Kuratel. Unter diesen Umständen läßt es sich aber nicht dem oben dargestellten Begriff der offenbaren Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 Abs. 1 AußStrG. unterstellen, wenn es die Vorinstanzen ablehnten, dem bestellten Verlassenschaftskurator den vom erbserklärten Erben gewünschten Auftrag zu erteilen. Das Vorliegen der Rechtsmittelgründe der Aktenwidrigkeit oder der Nichtigkeit wird vom Rechtsmittelwerber nicht behauptet; dafür sind auch in der Aktenlage keine Anhaltspunkte gegeben. Schon aus diesen Gründen war der außerordentliche Revisionsrekurs des erbserklärten Erben mangels Vorliegens eines im § 16 Abs. 1 AußStrG normierten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen, ohne daß darauf einzugehen wäre, ob der von ihm im Verfahren erster Instanz gestellte Antrag hinreichend bestimmt war und ob Kondiktionsansprüche im Sinne des § 693 ABGB auch dann gestellt werden können, wenn das Legat auf Grund eines Urteiles geleistet wurde, das in einem Verfahren erging, in dem bereits damals mögliche Einwendungen im Sinne des § 692 ABGB nicht erhoben wurden.
Anmerkung
E10422European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0080OB00506.87.0212.000Dokumentnummer
JJT_19870212_OGH0002_0080OB00506_8700000_000