TE OGH 1987/3/5 7Ob538/87

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Veröffentlicht am 05.03.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuderna, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 8. Dezember 1986 verstorbenen Johanna Maria S***, Private, zuletzt wohnhaft gewesen in Maishofen, Dechantshofen 87, infolge Revisionsrekurses des Mathias T***, Bestattungsunternehmer, Zell am See, Lofererstraße 10, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 4. Februar 1987, GZ. 33 R 35/87-12, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Zell am See vom 21. Jänner 1987, GZ. A 2/87-9, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Johanna Maria S*** ist am 8. Dezember 1986 unter

Hinterlassung mehrerer Liegenschaften (im Einheitswert von zusammen mehr als 3 Mill. S), zweier PKWs und eines größeren Wertpapierguthabens bei einer Schweizer Bank gestorben. Erbserklärungen wurden noch nicht abgegeben.

In einer Eingabe vom 16. Jänner 1987, ON 7, brachte Mathias T***, Inhaber eines Bestattungsunternehmens in Zell am See, vor, er habe die Bestattung der Verstorbenen durchgeführt und eine Kostennote über 18.312 S an Evelyne K*** (die Tochter der Erblasserin) gerichtet. Evelyne K*** habe mehrere Posten seiner Rechnung beanstandet und um Aufklärung ersucht; sie habe vorerst nur 10.000 S an ihn überwiesen. Aus dem der Eingabe angeschlossenen Schreiben Evelyne K***s sei die Besorgnis des Einschreiters um die Nichtbezahlung des Restbetrages von 8.312 S abzuleiten. Mathias T*** stelle darum gemäß § 812 ABGB folgende Anträge:

1. es möge der Betrag von S 8.312 (Rechnungsrest) und der weitere Betrag von S 11.688 (als Sicherheitsleistung für eine eventuelle Prozeßführung sowie Zinsen) vor der Einantwortung separiert werden,

2.

sein Anspruch möge vorgemerkt und

3.

berichtigt werden,

4.

es möge ein Kurator bestellt werden, gegen den er allenfalls vorgehen könne.

Das Erstgericht wies diese Anträge ab. Eine Nachlaßseparation setze eine subjektive Besorgnis einer Gefährdung des Anspruches durch die Vermengung der Verlassenschaft mit dem Vermögen des Erben voraus. Mathias T*** habe eine Vermengung der Verlassenschaft mit dem Vermögen des Erben nicht behauptet, eine solche sei - insbesondere im Hinblick auf den im Inland vorhandenen Liegenschaftsbesitz - auch nicht zu befürchten. Differenzen in bezug auf eine Forderungshöhe könnten einen Antrag auf Nachlaßseparation nicht rechtfertigen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Zwar sei die Nachlaßseparation nicht an strenge Bedingungen zu knüpfen. Es genüge jede hinreichend motivierte Besorgnis, daß der Erbe selbst den Nachlaß und damit den Befriedigungsfonds für die Nachlaßforderung schmälern könnte. Der Gläubiger müsse aber doch jene Umstände konkret anführen, die bei vernünftigen Überlegungen eine subjektive Besorgnis rechtfertigen können. Der Antragsteller habe zur Motivierung seiner subjektiven Besorgnis nicht einmal die abstrakte Möglichkeit angegeben, daß sich die erblasserische Tochter veranlaßt sehen könnte, Verfügungen über den Nachlaß zu treffen. Wenngleich auch bei einem bloß aus einer Liegenschaft bestehenden Nachlaß die Absonderung zulässig sei, müßten doch zur Begründung der Besorgnis solche Umstände vorgebracht werden, daß die Vermengung des Nachlasses mit dem Vermögen des Erben (oder auch nur die Übergabe an den vermögenslosen Erben) den Schluß zuließe, durch die Verfügungsgewalt des Erben über den Nachlaß könnte der Nachlaßgläubiger eine berechtigte Besorgnis wegen Gefährdung seiner Forderung haben. Derartige Umstände habe der Antragsteller nicht aufgezeigt. Der Umstand allein, daß die erblasserische Tochter das Zurechtbestehen der Begräbniskostenforderung der Höhe nach bestreite und die Berichtigung eines Restbetrages verweigere, genüge nicht, um die vom Gesetz geforderte Besorgnis des Erbschaftsgläubigers um seine Forderung zu rechtfertigen. Die Aufgabe eines Absonderungskurators nach § 812 ABGB bestehe nur in der Verhinderung der Vermengung des Nachlasses mit dem Vermögen des Erben, nicht in der Befriedigung von Nachlaßgläubigern. Falls Mathias T*** bereits vor der Abgabe von Erbserklärungen seine Forderungen gegen den Nachlaß geltend machen wolle, werde er gemäß § 811 ABGB die Bestellung eines Kurators beim Abhandlungsgericht zu beantragen haben.

Mathias T*** bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes mit außerordentlichem Revisionsrekurs.

Als aktenwidrig rügt der Rekurswerber eine unrichtige Wiedergabe seines Rekursvorbringens. Aktenwidrigkeit ist aber nur dann gegeben, wenn das Rekursgericht in seiner Entscheidung in einem wesentlichen Punkt den Akteninhalt unrichtig wiedergegeben und solcherart ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der richterlichen Beurteilung unterzogen hat (EFSlg. 47.272 u.a.). Aktenwidrigkeit in diesem Sinn liegt nicht vor, wenn Parteienbehauptungen unrichtig wiedergegeben werden (JBl. 1968, 624), soferne dies nicht kausal für die Unrichtigkeit der Entscheidung des Rekursgerichtes ist (vgl. Fasching IV 317). Dies macht der Rekurswerber aber gar nicht geltend. Mathias T*** wendet sich im übrigen dagegen, daß er nach Ansicht des Rekursgerichtes seine subjektive Besorgnis nicht hinreichend verdeutlicht habe, obwohl er seine Besorgnis um die Berichtigung seiner Forderung durch die Vorlage eines Briefes der Tochter der Verstorbenen, in dem diese ankündige, die (vollständige) Bezahlung der Beerdigungskosten zu verweigern, dargetan habe. Er macht damit inhaltlich unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Liegen gleichlautende Entscheidungen der ersten und zweiten Instanz vor - dies ist der Fall, wenn das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichtes bestätigt, und sei es auch aus anderen Gründen, als sie das Erstgericht für seine Entscheidung angenommen hat (EFSlg. 39.767) -, ist gemäß § 16 AußStrG der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof nur im Fall einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung der zweiten Instanz oder einer begangenen Nullität zulässig. Offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann, und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wird; es bildet daher nicht jede unrichtige rechtliche Beurteilung eine offenbare Gesetzwidrigkeit (EFSlg. 47.208, 47.209).

Rechtliche Beurteilung

Nach § 812 ABGB ist unter bestimmten Voraussetzungen eine Absonderung des Nachlasses vorzunehmen. Welche Umstände im einzelnen ausreichen, die Besorgnis einer Gefährdung zu rechtfertigen, kann jedoch dem Wortlaut des § 812 ABGB nicht entnommen werden. Es handelt sich bei der Lösung dieser Frage vielmehr um die Auslegung einer Gesetzesbestimmung, die verschiedene Interpretationen zuläßt. Ob die von den Vorinstanzen vorgenommene Auslegung richtig ist, kann der Oberste Gerichtshof im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurses nicht prüfen (EFSlg. 44.654).

Die Ausführungen des Rekursgerichtes über die Aufgaben eines Absonderungskurators nach § 812 ABGB und die Möglichkeit, die Bestellung eines Kurators für die Verlassenschaft nach § 811 ABGB zu beantragen, läßt der Beschwerdeführer unbekämpft.

Die geltend gemachten Umstände stellen keinen Rekursgrund im Sinne des § 16 AußStrG dar. Der Revisionsrekurs war deshalb als unzulässig zurückzuweisen.

Anmerkung

E10566

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0070OB00538.87.0305.000

Dokumentnummer

JJT_19870305_OGH0002_0070OB00538_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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