TE OGH 1987/3/26 8Ob545/87

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Veröffentlicht am 26.03.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen ehelichen Kinder Stefan S***, geboren am 9. Mai 1978, und David S***, geboren am 20. Dezember 1979, infolge Revisionsrekurses des Vater Dr. Einar S***, Richter, 1090 Wien, Roßauer Lände 11/Tür 9, vertreten durch Dr. Axel Friedberg, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 15. Jänner 1987, GZ 42 R 20/87-53, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 3. Dezember 1986, GZ 1 P 40/87-48, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Eltern der beiden Minderjährigen wurde mit Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 3. Februar 1984 nach § 55 a EheG geschieden. Laut pflegschaftsbehördlich genehmigtem Scheidungsvergleich desselben Datums hat sich der Vater ab 1. März 1984 zu monatlichen Unterhaltsleistungen in Höhe von je 2.500 S ohne Familienbeihilfe für die beiden Minderjährigen verpflichtet. Das Erstgericht erhöhte die Unterhaltsverpflichtung für den mj. Stefan ab 1. Juni 1985 auf monatlich 3.200 S sowie für den mj. David auf monatlich 2.800 S für die Zeit vom 1. Juni 1985 bis 16. Februar 1986 und auf monatlich 3.200 S ab 17. Februar 1986, wobei es von folgenden wesentlichen Sachverhaltsfeststellungen ausging:

Dem Vergleich vom 3. Februar 1984 wurde das Einkommen des Vaters im Jahr 1983 zugrunde gelegt. 1983 bezog er 320.332 S (an unselbständigem Einkommen). Daneben erzielte er laut Sachverständigengutachten aus seiner Tätigkeit beim Schiedsgericht der Sozialversicherung Wien insgesamt 327,60 S netto. Hiebei sind jedoch rein steuertechnische Abzüge, nämlich die steuerfreien Werbungskosten von 32.495 S, die Miete von 11.280 S, sowie Stromkosten von 1.492 S nicht berücksichtigt. Der Vater verrichtet nämlich diese Tätigkeit nicht in einer eigenen Kanzlei, weshalb auch keine diesbezüglichen Betriebsausgaben entstehen. Die Frage der Abzugsfähigkeit der geltend gemachten, jedoch unbelegten Kosten für eine Schreibkraft, Geschenke, Essen udgl. können wegen der Geringfügigkeit dahingestellt bleiben. Nach der Ehescheidung verblieb die Ehewohnung der Mutter. Zur Abdeckung des zum Erwerb der Wohnung vom Vater aufgenommenen Gehaltsvorschusses übergab die Mutter dem Vater anläßlich der Scheidung ein Sparbuch mit einem Guthaben von ca. 100.000 S, weshalb die Abzüge für diesen Gehaltsvorschuß nicht zu berücksichtigen sind. Das der Unterhaltsbemessung im Jahre 1983 zugrunde zu legende Nettoeinkommen des Vaters betrug 365.926 S, d.s. monatlich rund 30.500 S. Im Jahr 1985 hat der Vater ein Gehalt von insgesamt 351.906 S netto bezogen. Aus seiner Tätigkeit beim Schiedsgericht verblieb ihm nach dem Sachverständigengutachten ein Nettoeinkommen von 1.548 S. Nach Hinzurechnung der steuerfreien Abzüge von 40.000 S, der Miete von

11.304 S, der Stromkosten von 1.545 S und der Einrichtungskosten von 18.000 S errechnet sich für 1985 ein Nettoeinkommen aus selbständiger Tätigkeit von 72.397 S. Anläßlich der nach der Scheidung für den Vater notwendigen Wohnraumbeschaffung hat dieser einen weiteren Gehaltsvorschuß aufgenommen, dessen Rückzahlungsraten monatlich 950 S betragen. Unter mindernder Berücksichtigung dieses Gehaltsvorschusses ergibt sich für 1985 eine Bemessungsgrundlage von

412.903 S, d.s. rund monatlich 34.400 S. Seit der letzten Unterhaltsbemessung hat sich daher das Einkommen des Vaters um monatlich rund 3.900 S, somit etwa 13 % erhöht. Außer für die beiden Minderjährigen hat der Vater noch für seine weiteren ehelichen Kinder Christine, geboren am 2. Mai 1972, und Rudolf, geboren am 12. Februar 1974, gesetzlich zu sorgen.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, zwischen dem Unterhaltsvergleich und dem gegenständlichen Unterhaltserhöhungsantrag seien rund 1 1/2 Jahre vergangen. Innerhalb eines solchen Zeitraums trete eine derartige Änderung in den Lebensbedürfnissen eines Kindes ein, daß eine Neubemessung des Unterhaltsbeitrages gerechtfertigt erscheine. Überdies seien die Kinder nunmehr im schulpflichtigen Alter und es änderten sich erfahrungsgemäß in diesem Lebensabschnitt die Bedürfnisse derselben laufend. Die Mutter sei im Zuge ihrer Pflege und Erziehung auch verpflichtet, die Anlagen und Fähigkeiten der Kinder zu fördern, deshalb seien der Musikunterricht, die Gymnastikkurse und die anderen sportlichen Betätigungen der Kinder wie Schilaufen und Eislaufen als durchaus gerechtfertigte Bedürfnisse anzusehen. Die damit verbundenen Kosten seien von der Mutter bescheinigt worden. Bei der Bemessung des Unterhaltes sei nach herrschender Lehre und Rechtsprechung im wesentlichen von der Prozentkomponente auszugehen. Nach ständiger Rechtsprechung in gleichgelagerten Fällen sei dem Vater unter Berücksichtigung seiner vorangeführten weiteren Sorgepflichten ein Unterhaltsbeitrag im Ausmaß von 13 % der Bemessungsgrundlage für Stefan sowie für David im Ausmaß von 11 % derselben für die Zeit bis 16. Februar 1986 bzw. von 13 % für die Zeit ab 17. Februar 1986 zumutbar. Daraus errechne sich ein monatlicher Unterhaltsbetrag für Stefan von rund 4.500 S und ein solcher für David von rund 3.800 S bis 16. Februar 1986 bzw. rund 4.500 S ab 17. Februar 1986. Da die Kinder an den Lebensverhältnissen ihrer Eltern angemessen teilhaben sollten, die gegenständlich geforderten Unterhaltsbeiträge weit unter den nach der Prozentkomponente errechneten Beträgen liegen, und der Vater mit dem ihm verbleibenden Einkommen von monatlich rund 28.000 S seinen und seiner weiteren Sorgeberechtigten Unterhalt zweifellos standesgemäß bestreiten könne, erschienen die begehrten Unterhaltsbeiträge durchaus gerechtfertigt. Die vom Vater geltend gemachten Naturalleistungen wie Taschengeld und Geschenke könnten auf den Unterhalt nur mit Zustimmung des Zahlungsempfängers angerechnet werden, auch Ausgaben, die der Unterhaltspflichtige während des ihm zustehenden Besuchsrechtes tätigte, vermögen den Unterhaltsanspruch der Kinder nicht zu schmälern. Ebensowenig minderte die Familienbeihilfe den Unterhaltsanspruch der Kinder (§ 12 a FamLAG).

Der Rekurs des Vaters blieb erfolglos.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs des Vaters aus den Anfechtungsgründen der Nullität, der Aktenwidrigkeit und offenbaren Gesetzwidrigkeit mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Abweisung der Unterhaltserhöhungsanträge; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Der Rechtsmittelwerber bestreitet das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses für den Antrag auf Unterhaltserhöhung, da der von ihm vor der Erhöhung geleistete Unterhalt dem gesetzlichen Unterhalt entsprochen habe, bekämpft unter dem Anfechtungsgrund der Nullität die Auffassung des Rekursgerichtes, es sei gerichtsbekannt, daß Richter, die beim Schiedsgericht der Sozialversicherung für Wien tätig waren, sehr wohl die Möglichkeit hatten und auch nutzten. sämtliche Tätigkeiten für das Schiedsgericht in ihren zur Ausübung der übrigen richterlichen Tätigkeit zur Verfügung gestellten Räumen zu verrichten, sodaß ihnen hinsichtlich ihrer schiedsgerichtlichen Tätigkeit weder Mietkosten noch Stromkosten oder Büroeinrichtungskosten erwachsen sind, da eine derartige Behauptung durch die Antragstellerin nicht aufgestellt worden und durch diese Feststellung sein rechtliches Gehör verletzt worden sei. Weiters rügt er die erstgerichtliche Feststellung, daß ihm die Mutter der Minderjährigen zur Abdeckung des zum Erwerb der Ehewohnung aufgenommenen Gehaltsvorschusses nach ihrem unbestritten gebliebenen Vorbringen anläßlich der Ehescheidung ein Sparbuch mit einem Guthaben von ca. 100.000 S übergeben habe, weshalb das Erstgericht bei Feststellung der Bemessungsgrundlage die Abzüge für diesen Gehaltsvorschuß nicht berücksichtigt habe; das Erstgericht habe diese Feststellung auf Grund der Aussage der Mutter als Auskunftsperson getroffen, wobei diese Aussage unrichtig als Parteivorbringen gewertet, andererseits aber die von ihm beantragten Beweise einschließlich seiner eigenen Vernehmung nicht durchgeführt; in der ihm vom Erstgericht aufgetragenen Stellungnahme zum Vorbringen der Mutter vom 5. November 1985 habe er deshalb nur eine allgemein gehaltene Äußerung erstattet, weil es unzulässig sei, in Schriftsätzen zu Beweisfragen Stellung zu nehmen. Die Wertung der Aussage der Mutter als unbestrittenes Vorbringen sei nichtig, diesbezüglich sei sein Parteiengehör gröblichst verletzt worden. Die Belege über Mehrauslagen der Kinder, die die Mutter behauptet habe, seien ihm ebenfalls nicht vorgelegt worden. Er weise darauf hin, daß sämtliche von ihm als nichtig gerügten Beschwerdepunkte bei richtiger rechtlicher Handhabung zu völlig anderen Feststellungen und mithin zu einer Abweisung des Unterhaltserhöhungsantrages geführt hätten. Das Unterhaltserhöhungsbegehren wäre diesfalls in Ermangelung jeglicher Unterhaltsverletzung abzuweisen gewesen. Aktenwidrig sei die Feststellung, er hätte von der Mutter ein Sparbuch über 100.000 S zur Abdeckung von Gehaltsvorschüssen erhalten. Offenbar gesetzwidrig sei die Annahme, daß sich sein Einkommen seit dem Unterhaltsvergleich um 13 % erhöht habe und daß bei einer solchen Erhöhung des Einkommens des Sorgepflichtigen eine Neubemessung des vereinbarten Unterhaltes gerechtfertigt sei. Offenbar gesetzwidrig hätten das Erstgericht und auch das Rekursgericht die Auffassung vertreten, die von den Minderjährigen begehrten Unterhaltsbeträge lägen wesentlich unter jenen, die sich bei voller Ausschöpfung der Prozentkomponente rein rechnerisch ergeben würden. Auch die Bestellung eines Sachverständigen zur Überprüfung seines Einkommens sei gesetzwidrig erfolgt und hätte als Druckmittel dienen sollen, um ihn zur Zustimmung zur Unterhaltserhöhung zu bestimmen. Bei Unterlassung der aufgezeigten offenbaren Gesetzwidrigkeiten hätten das Erstgericht und auch das Rekursgericht zur Abweisung des Unterhaltserhöhungsantrages kommen müssen.

Diesen Ausführungen ist folgendes zu erwidern:

Gemäß § 14 Abs 2 AußStrG sind Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche unzulässig. Zur Bemessung gehört die Beurteilung der Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten, der zur Deckung dieser Bedürfnisse vorhandenen Mittel, die vor der Leistung des Unterhaltspflichtigen heranzuziehen sind (wie Vermögen, Einkommen, Arbeitsfähigkeit des Unterhaltsberechtigten und Leistungen anderer Personen), und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen, wobei die Beurteilung dieser Umstände durch die zweite Instanz auch dann unanfechtbar ist, wenn es strittig ist, ob sie zur völligen Ablehnung eines Anspruches auf Unterhaltsleistung führt (Punkt II und III des Judikates 60 neu = SZ 27/177). Die Anfechtung einer zweitinstanzlichen Entscheidung über die Unterhaltsbemessung wird durch § 14 Abs 2 AußStrG ausgeschlossen, welcher Fehler immer dem Rekursgericht dabei unterlaufen sein möge; selbst Beschwerdegründe im Sinne des § 16 Abs 1 AußStrG - wie sie der Revisionsrekurswerber heranzuziehen sucht - sind in einem solchen Fall bei Bekämpfung bloßer Bemessungskriterien nicht zu prüfen (EFSlg 30.514; 37.332 f. ua; zuletzt etwa 8 Ob 577/84, 2 Ob 607/85 ua).

Im Sinne des Punktes IV. des Judikates 60 = SZ 27/177 und der diesem folgenden ständigen Rechtsprechung steht der Beurteilung des Obersten Gerichtshofes lediglich die Frage offen, ob und inwieweit die Bemessung eines gesetzlichen Unterhaltsanspruches von der Wirksamkeit oder der Auslegung einer vertraglichen Regelung abhängt. Ein solcher Fall liegt jedoch nur dann vor, wenn die Wirksamkeit des Vergleiches oder dessen Auslegung strittig und damit selbst Gegenstand des Rekurses ist (EFSlg 25.342, 47.167 ua). Wird gar nicht behauptet, daß der Vergleich nicht wirksam zustande gekommen oder unrichtig ausgelegt worden sei, sondern lediglich geltend gemacht, daß eine nach Vergleichsabschluß eingetretene Änderung der Verhältnisse die Neubemessung des Unterhaltes rechtfertige und hängt die Entscheidung allein davon ab, inwieweit seit dem Vergleichsabschluß eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, hat das Rechtsmittel allein die Bemessung des gesetzlichen Unterhaltsanspruches zum Gegenstand und kann daher vom Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüft werden (EvBl 1967/391; EFSlg 27.832; 2 Ob 581/84 ua).

Im Revisionsrekurs wird aber weder die Wirksamkeit des Unterhaltsvergleiches bezweifelt noch wird dessen Auslegung als unrichtig bekämpft, sondern lediglich behauptet, daß die nach dem Vergleichsabschluß eingetretene Erhöhung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen keine Neubemessung des Unterhaltes gerechtfertigt hätte. Diese Rechtsmittelausführungen richten sich daher, wie oben dargelegt, allein gegen die Bemessung des gesetzlichen Unterhaltsanspruches und können daher vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden.

Auch die weiteren Rechtsmittelausführungen richten sich gegen die Festsetzung der Unterhaltsbemessungsgrundlage, insbesondere gegen die Nichtberücksichtigung von Aufwendungen des Vaters im Rahmen seiner Tätigkeit als Stellvertreter des Vorsitzenden des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Wien, und von Abzügen für Gehaltsvorschüsse sowie gegen die Annahme erhöhter Lebensbedürfnisse der Kinder, insbesondere auch für Musikunterricht, Gymnastikunterricht und Schisport. Diese Ausführungen betreffen einerseits die Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen, andererseits jene der Bedürfnisse der Unterhaltsberechtigten und gehören daher zu dem der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogenen Bemessungsbereich. Im Rahmen der Unterhaltsbemessung ist aber auch, wie dargelegt, die Geltendmachung der Anfechtungsgründe des § 16 AußStrG unzulässig und damit der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

Anmerkung

E10785

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0080OB00545.87.0326.000

Dokumentnummer

JJT_19870326_OGH0002_0080OB00545_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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